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manischen Ländern eine grosse Spracheinheit, und wurden selbst Mitbegründer des vergleichenden Sprachstudiums. Die beiden Gegensätze eines rein verständigen grundlosen Weltbürgerthums und eines engherzigen Gefühlspatriotismus, der selbst in der Wissenschaft hin und wieder zum Mysticismus ausartete, führten zur vernünftigen Erkenntniss einer universellen, in allen Völkern und Zeiten sich individuell offenbarenden Geistesentwickelung.

Als die unmittelbarste Folge dieses Sprachstudiums auf die deutsche Alterthumswissenschaft ist zu betrachten, dass sich innerhalb des Gebiets der letztern die deutsche Sprachforschung mit den zunächst verwandten Disciplinen vereinigt hat, und sich unter dem Namen deutscher Philologie als eine für sich bestehende Wissenschaft von jener abzulösen ́strebt. Während früher das Wenige, was man von deutscher Sprache und Litteratur wusste, nur als Hülfskenntnisse für andere Alterthumsstudien betrachtet, und daher von Tresenreuter u. a. in den Compendien deutscher Alterthümer mit untergebracht wurde, betrachtet man jetzt die Sprache der Nation als ein selbstständiges Product ihres Geistes, und den Sprachzustand als einen wesentlichen Theil ihres Culturzustandes. Man hat eingesehen, dass der Sprachzustand einer Nation durch die gesammte übrige Cultur in einer Weise bedingt ist, die eine gesetzmässige Wechselwirkung zwischen beiden Sphären erkennen lässt, dass die Bildungsstufe der Sprache theils einen gewissen Culturzustand voraussetzt, theils ihn hervorbringt, und dass daher die Sprachgeschichte auch auf die übrige Culturgeschichte Licht verbreitet. Namentlich ist der engste Zusammenhang zwischen der Entwickelung der Sprache als Produkt des Volksgeistes und der Entwickelung der durch sie als Productionsmittel erzeugten Schriftwerke sichtbar geworden.

(Die Fortsetzung folgt.)

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den zu seyn, dem man die Mittel jenes Baues verdankte, - nicht der Schlacht am Eurymedon, wohl aber des bei Knidos ganz neuerdings erfochtenen Sieges. Während die Hauptseite des Frieses den Göttern und als Hauptfigur der Pallas gewidmet bleibt, sind alle drei Nebenseiten der Erinnerung jenes Athen zu neuer Hoffnung begeisternden Sieges zugetheilt. Auf der Giebelseite des Frieses kämpfen Griechen gegen Griechen, Athener gegen Lakedämonier; eine Gruppe, des homerischen Kampfes um Patroklos würdig, tritt glänzend genug aus ihnen hervor, um in der gefallenen Hauptfigur den Spartanischen Feldherrn, den nach längerm Kampf ruhmvoll besiegten Pisander zu erkennen (asíws tis nutqidos (ἀξίως τῆς πατρίδος arŋoén μazóueros Diod. ebd.). ávnoéin μazóμeros Diod. ebd.). Dieser letzte Theil der Schlacht ward zu Schiffe geführt, auf dem eigenen der Vernichtung dargebotenen Fahrzeug des Feldherrn (v iðlav vaõv ¿néotqeyev Diod. ebd.); der übrige Kampf aber ohne Zweifel zu Lande, zwischen den von Konon geführten Persern und den aufs Land geflüchteten spartanischen Bundesgenossen (πάντες οἱ σύμμαχοι πρὸς τὴν γῆν ἔφυγον ebd.). Dass das Gefecht sich dort unentschieden, vielleicht den Griechen günstiger als den Persern zeigt, ist der einzige Umstand, welcher unsrer Erklärung einigermassen widerstrebt. Indess war der Schiffskampf und vielleicht auch ein gleichzeitiges Landgefecht Anfangs zu Gunsten der Spartaner (Пtíoardoos Inporéou Diod. IV, 83); entschieden war die Schlacht erst durch Pisanders Tod, den die Mitte des Bildes darstellt, und dem griechischen Künstler war es würdig den Kampf der Barbaren mit Griechen nicht allzuleicht erscheinen zu lassen, selbst wenn jene im Augenblick der Schlacht und des Baues seinem Vaterland Hülfe leisteten. Wir tragen demnach kein Bedenken die Erbauung des Niketempels in die Zeit des Kononischen Mauerbaus zu setzen, welcher Ol. 96, fällt, und hegen die Hoffnung dass kunsterfahrene Beschauer des im vorliegenden Werke so befriedigend dargestellten Kunstwerks einer hochgebildeten attischen Zeit jenen Zeitpunkt, der die Erbauung des Niketempels dem Praxiteles und Skopas annähert, an und für sich wahrscheinlicher finden werden als die vorperikleische Zeit, für welche die bisherigen Gründe sprachen. E. G.

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ALLGEMEINE

ALTERTHUMSKUNDE.

LITERATUR - ZEITUNG

Julius 1839.

Gattung von Beweismitteln getreten, welche aus der

MÜNCHEN, b. Lentner: Die Deutschen und die Nach- Sprache entlehnt sind, und theils in der Verwandtbarstämme von Kaspar Zeuss u. s. w.

W

(Fortsetzung von Nr. 123.)

ie die Litteratur den Sprachstoff darbot, so hat jetzt umgekehrt das Sprachstudium das Verständniss der Litteratur erschlossen. Nie geahnte Schätze unsrer Nation sind ans Licht getreten, und gewähren den treuesten Spiegel ihrer Gefühls- und Denkweise. Die Sprache wie die Litteratur wird als eine Offenbarung desselben Nationalgeistes anerkannt, und die Erkenntniss dieses Geistes, so weit er sich auf diese doppelte Weise kund giebt, wird nun das Princip dieser neuen Wissenschaft, der deutschen Philologie, die alle verschiedenen sprachlichen Disciplinen, Grammatik, Metrik, Litteraturgeschichte u. s. w. in sich zusammenfasst.

Nicht minder wichtig als diese Veränderung des von der Sprachforschung unmittelbar berührten Theils der deutschen Alterthumswissenschaft ist die Umgestaltung, welche die für diese Wissenschaft noch übrig gebliebenen realen Disciplinen erfahren haben. Ein neues Quellengebiet, das bisher theils weniger beachtet, theils nicht gehörig verstanden und unkritisch benutzt worden war, nämlich der ganze Kreis der in der Muttersprache geschriebenen Geschichts – und Rechtsdenkmäler, der Weisthümer, Rechtsbücher u. s. w. ist geöffnet worden, und wird nun durch sprachkritische Bearbeitungen zugänglich gemacht. Auch sind bereits die Denkmäler der Poesie in den Kreis der Quellen gezogen, und geben oft über die Sitte und Lebensansicht unserer Vorfahren die überraschendste Ausbeute. Namentlich in der ältesten Zeit, wo das Rechtsleben der Deutschen mit ihrer Poesie in dem innigsten Zusammenhange stand, wo jede gerichtliche Handlung von poetischen und symbolischen Formeln begleitet war, hat das Studium der Poesic bereits ganz neue Blicke in die Lebensverhältnisse der Germanen geöffnet. Ferner ist auch die Forschungsmethode eine andere geworden. Zu den schriftlichen und factischen Zeugnissen, aus denen bisher Untersuchungen geführt wurden, ist eine neue

schaft der Sprachen und Mundarten, theils in Worterklärungen bestehen.

In etymologischer Beziehung hatte man zwar schon früher die Sprache zur Aufklärung deutscher Alterthümer angewandt, aber die Unkenntniss hatte den willkürlichsten Gebrauch der Sprache herbeigeführt. Zufällige Laut – und Sinnähnlichkeit einzelner Wörter entschied über die Stammverwandtschaft ganzer Völkerschaften. Auf die lächerlichsten Etymologien wurden ganze Reihen historischer Thatsachen gegründet, und da jeder Prüfstein zur kritischen Würdigung fehlte, von jedem nouen Forscher über vor und urgeschichtlichen Zustände die Hypothesenmenge und dadurch die Verwirrung der Ansichten vermehrt. Durch Jac. Grimm ist die Sprach- und Stammeinheit einzelner Völker auf bestimmte Merkmale zurückgeführt worden; nicht blosser Gleichlaut oder Aehnlichkeit der Wortbedeutung, sondern Verwandtschaft der Wurzelwörter, der Wortbildungsgesetze und der Flexionssysteme sind entscheidend geworden. Er hat ferner die Gesetze der Lautumwandlung in den germanischen Sprachen entdeckt, und diese haben der Etymologie cine feste Grundlage gegeben, und ihrer Anwendung bestimmte Grenzen gesetzt. So ist in den Untersuchungen über Stammverwandtschaft, in der Erklärung von Personen-, Orts- und Völkernamen ein sicherer Boden gewonnen, und vorzüglich in der Rechts- und Culturgeschichte durch Auffindung richtiger Wortbedeutungen über viele Institute und Lebensverhältnisse unserer Vorfahren schon jetzt so grosses Licht verbreitet worden, dass diese Disciplinen seit Grimm eine ganz neue Gestalt gewonnen

haben.

Nicht genug zu bewundern ist es, dass derselbe Mann, der zuerst im Verein mit seinem Bruder das deutsche Sprachstudium schuf, zugleich auch die umfassendste Anwendung davon gemacht, und in den meisten Zweigen der deutschen Alterthumswissenschaft die Früchte seiner Schöpfung selbst zur Reife gebracht hat. Für die rechtliche Seite des germanischen Lebens ist zwar von Eichhorn, Albrecht, Knaut

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v. Fürth u. A. auf der durch Grimm geschaffenen sprachlichen Grundlage ausserordentlich viel geleistet worden, aber Grimm's Rechtsalterthümer, denen sein Aufsatz über die Poesie im Rechte gewissermassen als Vorläufer vorausging, sind doch das Werk, welches am weitgreifendsten gewirkt hat. Ebenso hat seine Mythologic in die religiöse Seite des altdeutschen Lebens zuerst Licht gebracht, und für das häusliche und moralische Leben verspricht sein Werk über die Sitten noch Aehnliches zu leisten. Grimm durch seine Grammatik zuerst nachgewiesen hat, dass die Sprache aller germanischen Völker trotz der innern Mannigfaltigkeit ein grosses aus einer Wurzel entsprossenes Ganze bildet, so ist auch das glänzendste Resultat seiner Rechtsalterthümer und seiner Mythologie, obwohl sich letztere nur auf das eigentliche Deutschland beschränkt, dass alle deutschen Stämme trotz ihrer mannigfachen Verschiedenheit, wie durch eine Sprache, so durch ein Recht und durch einen Glauben verbunden sind.

Was nun Grimm selbst durch die letztgenannten Schriften von seinem sprachwissenschaftlichen Standpunkte aus schon für einzelne Zweige der deutschen Alterthumswissenschaft geleistet hat, sucht der Verfasser des vorliegenden Werkes für ein von dieser Seite noch weniger aufgehelltes Feld zu leisten, nämlich für die germanische Ethnographie. Dieser wissenDieser wissenschaftliche Zweig bildet für alle übrigen Theile der deutschen Alterthumswissenschaft gewissermassen das Fundament. Während diese mehr das geistige Leben des Volkes in seinen verschiedenen Richtungen zu erfassen streben, hat die Ethnographic mehr das physische zu ihrem Gegenstande. Sie untersucht das Volk als Naturproduct, seine Stammverwandtschaft, seine natürlichen Verzweigungen und Wohnsitze, seine durch Boden und Clima erzeugten Eigenthümlichkeiten und Naturanlagen, und ist daher mit der Geographic namentlich in dem Sinne, wie letztere A. v. Humboldt und C. Ritter aufgefasst und begründet haben, unzertrennlich verbunden, Ihr Umfang ist theils weiter, theils enger als der der übrigen Theile; weiter, weil sie alle Stämme ohne Rücksicht auf geistige Cultur und historische Bedeutsamkeit aufnimmt; enger, weil sie in der Culturepoche der Nation, wo der menschliche Geist sich von der Herrschaft der Natur immer mehr. befreit, in ihrer Thätigkeit sehr eingeschränkt ist, und oft da aufhört, wo die übrigen Theile der Alterthumswissenschaft anfangen.

Seit Mannert, der in seinem Werke über die Geographie der Griechen und Römer die ersten gründlichen Untersuchungen über altdeutsche Geographic

und Ethnographie lieferte, sind von Barth, Wilhelm, v. Wersebe, v. Ledebur u. A., ferner in den grösseren Geschichtswerken über die einzelnen von Germanen bewohnten Länder auf diesem Gebiete viel schätzenswerthe Forschungen zu Tage gefördert worden, aber einerseits beziehen sich diese nur auf einzelne Zeiträume und Länder, andererseits ist ihren Verfassern der richtige Gebrauch der durch das Sprachstudium gebotenen Hülfsmittel noch unbekannt. Erst in der neuesten Zeit hat ziemlich gleichzeitig mit dem Verf. Hermann Müller in seinem Buche „die Marken des Vaterlandes", wovon bis jetzt der erste Theil erschienen ist (Bonn 1837), ebenfalls vom sprachwissenschaftlichen Standpunkte aus die altdeutschen Völkerverhältnisse zu erforschen begonnen; aber auch diese Untersuchungen erstrecken sich nur auf die Stamme des ältesten Germaniens vor und zur Zeit Cäsars. Daher ist der Gedanke des Hu. Vfs., eine auf die historischen Zeugnisse und die Sprache gegründete ethnographische Darstellung sämmtlicher germanischen Stämme und Nachbarstämme, d. h. sämmtlicher Nordvölker Europa's von ihrem ersten Auftreten in der Geschichte bis zu ihrer dauernden Consolidirung im Sten, 9ten und 10ten Jahrhundert zu liefern, ein sehr glücklicher zu nennen; und sein Werk hat um so mehr gerechten Anspruch auf freudigen Empfang, als es ihm gelungen ist, bei der Lösung seiner Aufgabe trotz ihres ausserordentlichen Umfangs durch gründliches Quellenstudium und gesunde Kritik nicht nur die mit ethnographischen Untersuchungen verknüpften Gefahren einer lockenden Hypothesen-Production grösstentheils zu vermeiden, sondern auch die meisten Schwierigkeiten, welche die Mannigfaltigkeit, Zerstreutheit und der sich oft widersprechende Inhalt der Quellen, ferner der Mangel an Nachrichten für wichtige Punkte, ohne deren Aufklärung andere Ueberlieferungen oft dunkel bleiben, und namentlich der fortwährende Wechsel der ethnographischen Zustände, das schnelle Auftauchen und Verschwinden, die rasche Ausdehnung und Einschränkung der Völkernamen bieten, glücklich zu

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zeit." Seit dem dritten Jahrhundert wendet sich der Lauf der Ereignisse, und es beginnt die zweite Hälfte des Weltkampfes (S. 303-758). „Der umgestaltende und drängende Geist bemächtigt sich auch des Ostens und tobt mehrere Jahrhunderte hindurch ununterbrochen fort. Was im ersten Zeitraume die Kelten dem Süden nur gedroht haben, vollführen jetzt Germanen und Wenden." Die Macht des Südens wird gebrochen, und auf den Trümmern der alten Ordnung entsteht die neue Welt in Europa, die noch bis in die Gegenwart fortdauert.

Natürlich liegt es nicht in dem Plane des Vfs., eine pragmatische Entwickelung dieses Weltkampfes zu liefern, in welcher die einzelnen Völkerstämme nach dem Grad ihrer Theilnahme an dem Kampfe gewürdigt werden, sondern alle einzelnen Völkerelemente, welche in der Zeit dieses Kampfes den historischen Schauplatz betreten, werden als besondere Individuen grup→ penweis nach ihren auf Stammverwandtschaft und geschichtliche Bedeutsamkeit gegründeten Gliederungen vorgeführt, und das, was wir über ihre Herkunft, ihre Wohnsitze und ihre Wanderungen wissen, kritisch festgestellt, so dass die durch die gegebenen Untersuchungen gewonnenen Resultate einem grösseren Geschichtswerke über diese Periode als Grundlage dienen können.

Der Verf. beginnt (S. 1-16) mit einer sehr gedrängten Uebersicht der physischen Beschaffenheit des historischen Schauplatzes und giebt hierbei in dem Texte zugleich die verschiedenen historisch überlieferten Benennungen der Gebirgszüge und Hauptflüsse, so wie die Ausdehnung ihrer Gültigkeit an. Zu rühmen ist die Sorgfalt, mit welcher der Vf. hier, wie an den meisten Stellen seines Buches, bei den in den Noten angeführten Namenerklärungen die blosse Vermuthung von dem Erwiesenen und von dem Wahrscheinlichen unterscheidet. Erwägt man, welchen Zufälligkeiten Ortsnamen oft noch heut zu Tage ihre Entstehung verdanken, wie der Entstehungsgrund oft gar nicht allgemein bekannt, oft sehr bald vergessen und dann mit andern ähnlich klingenden im Munde des Volkes vertauscht wird; erwägt man ferner, dass es auch jetzt nicht an Sprachgelehrten fehlt, die ohne gründche Einsicht in den Sprachbau, wie Jäkel und Jos. v. Hammer, der Phantasie in diesem Felde den weitesen Spielraum gestatten, so leuchtet ein, dass gerade dese Erklärungsversuche die grösste Vorsicht erfordem. Auch die Sprachgesetze führen durchaus nicht immer auf ganz unzweifelhafte Deutungen; in der Regel lassen sie noch sehr verschiedene Möglichkeiten als gleichberechtigt zu, und der durch die Sprache für und der durch die Sprache für

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die Namenerklärung erhaltene Gewinn besteht nur in der bestimmteren Beschränkung der möglichen Fälle.

Schon in diesem einleitenden Abschnitte findet sich manches Neue. S. 8 wird z. B. Fergunna im chron. Moissiac. zum Jahr 805, welches Pertz (mon. Germ. hist. I. 308.) fälschlich für einen Ortsnamen hält, als altdeutscher Name (Waldgebirge) fürs Erzgebirge in Anspruch genommen, was der Zusammenhang der Stelle völlig bestätigt. S. 10 wird die älteste Benennung des Schwarzwaldes Abnoba bei Plin. und Tac. Germ. I. für ein keltisches Wort erklärt, und aus gal. abhainn (= abhinn), gen. aibhne, Fluss abgeleitet; also der Flusswald, weil ihm die Donau entquillt, oder weil ihn der Rhein umströmt. Diese Erklärung ist deswegen wichtig, weil durch sie der Widerspruch des Tac. und Plin, mit dem Ptolemaeus beseitigt wird, der durch Αβνοβα, Αβνοβατα ὄρη die am Rheinufer nordlich vom Main gelegenen Höhen bezeichnet. Die Flussnamen Danabius, Aenus (Inn), Licca (Loch), Anesus und Anisa (Ens), Druna (Traun), Hilara (Iller), Alemona (Altmühl), ferner Rhenus, Mosa (Maas), Mosella (Mosel), Nicer (Neckar), Mocnus sind nach dem Vf. sämmtlich keltischen Ursprungs.

Nach dieser geographischen Einleitung wird von S. 17-55 aus der Sprache, dem Götterglauben, der Körpergestalt und Lebensweise die Stammverwandtschaft der Germanen mit den beiden andern Hauptvölkermassen, welche an dem Weltkampfe Theil nehmen, den Kelten und Slaven oder Wenden nachgewiesen, und dann noch in demselben Abschnitt bis S. 69 eine Uebersicht der allgemeinen Benennungen dieser drei Völker gegeben. Hierbei ist auffallend, dass der Vf. den sprachlichen, also gerade den wichtigsten Beweis für die Verwandtschaft der Deutschen und Kelten, den er aus A. Pictet's Briefen an W. v. Schlegel: sur l'affinité des langues celtiques avec le sanscrit (im Journal Asiatique Ser. III. T. I. Paris 1836. S. 263 ff. 417 ff. u. T. 2. S. 440 ff.) hätte schöpfen können, aus Mangel an keltischen Sprachüberresten, wie er sagt, schuldig bleibt. Der Name Germani wird auch hier S. 59 für keltisch erklärt; der Verfasser geht aber zu weit, wenn er sich durch den keltischen Ursprung des Namens bewogen fühlt, die Erzählung des Tacitus (Germ. II.) über die Entstehung und Ausbreitung dieses Namens völlig zu verwerfen. Wir verweisen in dieser Beziehung auf die interessante Untersuchung dieses Gegenstandes in H. Müllers oben angeführtem Buche S. 59 ff. u. Anm. S.39 ff.

Hierauf werden in drei Abschnitten 1) von S. 70 bis 160 die deutschen Stämme der alten Zeit, 2) bis S. 264 die Nachbarstämme in West und Süd, die Kel

ten, Illyrier und Thraker und 3) bis S. 302 die Nachbarstämme in Ost und West, die Wenden, Aisten, Finnen und Skythen abgehandelt. Dem ersten Abschnitt über die deutschen Stämme geht bis S. 82 eine allgemeine Uebersicht der Zweige der Deutschen, nämlich der Hermionen, Istävonen, Ingåvonen und der Hillevionen, d. h. der durch die See von den übrigen getrennten Scandinavier voraus, und dann folgen a) bis S. 130 die Völker des Oberlandes, nämlich die Sigambrer, Guberner, Marser, Ubier, Usipier, Tencterer, Tubanten, Ampsivarier, Chamaver, Bructerer u. s. w. b) bis S. 136 die Völker des östlichen Flachlandes, Semnonen, die Variner, die Burgundinnen und die Gothen; c) bis S. 156 die Völker des Küstenstriches, die Friesen, die Chauken, die Cimbern, Teutonen, Ambronen u. s. w., und zuletzt d) bis S. 160 die Völker auf Scandinavien.

die

Der zweite Theil, welcher die Zeit der Umgestaltung seit dem dritten Jahrhundert umfasst, zerfällt in fünf Capitel. Das erste bis S. 400 behandelt die deutschen Westvölker, die Alamannen, Franken, Thüringer, Bajovarier, Sachsen und Friesen; das zweite bis S. 501 die deutschen Ostvölker, zu welchen 4 Gruppen gehören, a) die südöstliche oder die gothischen Völker, b) die südwestliche oder die Ligier, Wandalen, Sueven u. a., c) die nordöstliche oder die Ostseevölker, Heruler, Rugier u. a., d) die nordwestliche oder die Sachsen, Angeln, Juten. Im dritten bis S. 566 werden die scandischen Germanen, im vierten bis 592 die West- und Südnachbarvölker auf den Inseln, am westlichen Rheinlande und an den Alpen, und endlich im fünften die Nachbarstämme in Ost und Nord besprochen, zu welchen die Wenden, die Aisten, die Finnen und die Völker am Pontus, d. h. Sarmaten, Hunnen, Bulgaren, Avaren und Ungrer gerechnet werden.

In der Form hat sich der Vf. Grimm's Werke zum Muster genommen. Er hat nicht nur stets unmittelbar aus den Quellen geschöpft, sondern auch die Quellenstellen in der Ursprache (nur die arabischen in bloser Uebersetzung und die slavischen mit hinzugefügter deutscher Uebertragung) in den Text aufgenommen. Für das Alterthum wurde Ptolemaeus, für die Periode der neuen Völkerumbildung Jornandes als Hauptquelle betrachtet, und da die kritische Bearbeitung beider noch völlig im Argen liegt, so wurde vom Vf. für erstern, ausser der neusten Ausgabe der Ptolemaei'schen Germania von Ed. Sickler (Cassel 1837), die kurz vor der Vollendung des vorliegenden Werkes erschien, erstens die Ulmer und Strassburger lateinische Ueber

setzung, erstere von 1482, letztere, welche die Eigennamen griechisch aus einer alten Handschrift des Grafen Picus v. Mirandola beifügt, von 1513, zweitens die erste griechische Ausgabe, welche durch Erasmus aus einer Handschrift des Arztes Theobald Fettich aus Ingolstadt, Basel 1533, besorgt wurde, drittens die Varianten einer Handschrift der Coislinischen Bibliothek (jetzt auf der königlichen Bibliothek zu Paris) in Montfaucon's bibliotheca Coisliniana, und endlich viertens die bisher noch unbenutzte Wiener Handschrift, welche sich, einige wichtige Abweichungen abgerechnet, der Erasmischen anschliesst; für letzteren, der viele vortreffliche Nachrichten über die östlichen und nördlichen Länder zum Theil unmittelbar aus gothischen Quellen geschöpft hat, zwei Wiener Handschriften aus dem 11ten und 12ten Jahrhundert, eine Münchner aus dem 12ten oder 13ten Jahrhundert, und die Lesarten, welche Muratori (scriptt. rer. Italic. T. I. p. 188) aus einer alten Handschrift der Ambrosischen Bibliothek mitgetheilt hat, verglichen.

Obgleich durch die Benutzung der angeführten Handschriften nicht auffallend neue Resultate gewonnen worden sind, so hat doch die Angabe und Vergleichung der verschiedenen Lesarten theils Sicherheit in der Forschung und der Namenerklärung gewährt, theils erleichtert sie für Andere die Fortsetzung der Untersuchungen. Wünschenswerth wäre aber gewesen, dass der Vf. seinem Urtheile über Ptolemaeus eine nähere Begründung hinzugefügt hätte; denn wenn auch seit Mannert die vorhandenen Werke des grossen Geographen eifrige Vertheidiger gefunden haben, und namentlich gegen die ungerechten Vorwürfe Schlözer's, Adelung's u. a. von Fr. C. H. Kruse in seinem Archiv für alte Geographie u. a. in Schutz genommen worden sind, so hat es doch einestheils auch in neucrer Zeit nicht an gründlichen Forschern (z. B. A. v. W'ersebe: über die Völker und Völkerbündnisse des alten Deutschlands. Hannover 1826. 4. S. 334-364) gefehlt, welche einen grossen Theil der Ptolemäischen Nachrichten für unzuverlässig hielten, anderentheils ist weder die S. 109-111 eingeschaltete Anmerkung über den Einfluss der bei Ptol. vorkommenden Unsicher heit in der Stellung der Gebirge auf seine Verschiebung der Völkerschaften, noch auch das Verfahren wie Hr. Zeuss öfters die abweichenden Nachrichten des Ptolemaeus mit den der übrigen Schriftsteller in Verbindung zu bringen sucht, geeignet, für seine in de Vorrede über diesen Geographen ausgesprochene Ansicht einen hinreichenden Beweis zu liefern.

(Der Beschluss folgt.)

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