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vorfinden werde. Dieses Verfahren ließen sich die Mobilen gefallen, und wäh rend Einer mit gespanntem Hahne seiner Muskete den geängstigten Haushofmeister bewachte, und zwei Andere sich auf der Stiege aufpflanzten, schritten die Uebrigen zu einer Hausdurchsuchung. Inzwischen lief ein Dienstmädchen des Hauses über eine Seitenstiege, welche dem Auge der Untersuchungs-Commission entgangen war, auf die Gasse und zum Magistratsgebäude, wo sie der dortigen Wache den Vorfall anzeigte. Sogleich kamen vier Municipalgarden in Beglei tung von sechs Nationalgarden, und seßten einer Fortsetzung der Untersuchung Schranken, befreiten den Haushofmeister aus seiner peinlichen Lage, und geleiteten die nun milder gestimmten Mobilgarden, welche mittlerweile eine große Unordnung in den Zimmern wohl angerichtet, aber das Gesuchte nirgends gefunden hatten, zum Thore hinaus auf die Gasse, wo eben ein Bewaffneter auf hohem Rosse vorbeisprengte. Als dieser das Häuflein Mobil-, Municipal- und Nationalgarden vor dem Hause sah, ritt er heran und fragte, was es hier gäbe? Die Mobilen erwiederten ihm, daß aus den Fenstern dieses Hauses geschossen wurde.,,Dann muß das Haus demolirt werden!" rief der Reiter. Jeht trat ein Offizier der Nationalgarde zu ihm und fragte ihn, wer er sey, daß er die Leute zu Schandthaten reize. Ich bin Hauptmann der Mobilgarde," war die Antwort. Der Offizier:,,Wollen Sie mir Ihre Karte sehen lassen?" Der Reiter zog eine Pistole aus dem Busen und sprach: „Hier ist meine Karte, wollen Sie solche lesen?" Der Offizier sah ihn verblüfft an, der Hauptmann sprengte davon. — Einige Stunden später, als das Bombardement in vollem Wirken war, kam in dasselbe Haus eben jener Mobilgarde, welcher den Haushofmeister bewacht hatte. Er hatte den Rock eines f. Jägers an und ersuchte den Haushofmeister, ihm doch einen alten Civilrock zu schenken, damit er nicht in seinem jeßigen Aussehen als ein Deserteur angesehen werde, was ihm leicht aus Uebereilung des Militärs eine Kugel durch den Leib jagen könnte. Man willfahrte seinem Wunsche; und dankend zog sich der Mobilgarde ins Privatleben zurück.

Brand des Augußtiner Klostergebäudes,

Es war um 1 Uhr Nachmittags, als bedeutende Massen k. k. Militärs von mehreren Seiten, besonders von der Wieden und Mariahilfer-Hauptstraße gegen die k. Stallungen heranzogen, und sich daselbst aufstellten. Diese Truppenbewegung dauerte bis nach zwei Uhr. Plößlich wurde auf dem neuen Burgthore eine weiße Fahne sichtbar, und es nahm den Anschein als wolle man dasselbe räumen und öffnen. Ein k. Offizier mit einem Gemeinen ritt schnell herbei, um sich von der Sachlage näher zu überzeugen, allein das Thor öffnete sich nicht und er lehrte unverrichteter Dinge zurück. Es scheint aber denen, welche die weiße Fahne aufgesteckt, mit der llebergabe des Thores Ernst gewesen zu seyn; denn obwohl sich auf der Bastei des Burgthores noch immer die schon früher dort aufgestellten

Kanonen befanden, so fehlte es doch an der nöthigen Bedienungs-Mannschaft, indem ein großer Theil derselben sich bereits entfernt hatte.

Um 2', Uhr sah man eine Abtheilung der Mobilgarde, geführt von einem Nationalgarde Offizier über die Augustiner-Bastei gegen den Kaisergarten sich be wegen. Als sie daselbst angelangt waren, commandirte der Offizier:,,Salt!" versorgte seinen Säbel und entfernte sich hinab durch die Allee, anscheinend als müsse er um etwas nachforschen, oder sich mit den übrigen Garden erst ins Einvernehmen seßen. Allein er ging immer weiter fort, bis er endlich den Blicken seiner Abtheilung entschwand, um nicht wieder zu kehren. Wie dieses klug angelegte Benehmen des Offiziers von den, seinen Befehlen anvertrauten Garden aufgenommen und beurtheilt wurde, gaben ihre lauten Aeußerungen deutlich zu erkennen; sie verwünschten ihn, nannten ihn einen Schurken, der sie im Stiche gelassen u. s. w. Was sollten sie nun thun? Dafür fand sich bald Rath. Denn, als sie eben sich zerstreuen und über den Lobkowihplag jeder wohin es im dünkte gehen wollten, kamen andere Abtheilungen der Mobilgarde herangezogen, an deren Spize sich ein Mann, bemerklich angethan mit einem Paletot, einem Kalabrefer auf dem Haupte, dessen auffallende Zierde ein mächtiger Federbusch von blutrother Farbe war. Auch Nationalgarden und Studenten befanden sich in der Abtheilung. Sie führten zwei Kanonen mit sich, deren eine von zwei Pferden, die andere von Garden und Studenten gezogen wurde. An diesen Zug schlossen sich die von ihrem Führer verlassenen Mobilen an, und sie zogen nun alle über die Augustiner-Bastei vor dem Kaisergarten vorbei, eine Kanone führten sie über die Belaria hinauf, die andere auf das neue Burgthor, woselbst die aufgesteckte weiße Fahne sogleich herab gerissen wurde. Was weiter geschehen werde, war nun leicht vorauszusehen. Kaum waren die Kanonen ober dem Burgthore aufgestellt und gerichtet, als schon ein starkes Kreuzfeuer gezen die t. t. Truppen eröffnet wurde, wodurch diese sich gezwungen sahen mit Ernst und im Donner der Kanonen Antwort zu geben. So begann jene traurige Beschießung der Stadt, welche Jedem, der sie mit erlebte, unvergeßlich bleiben wird.

Es war schon 3 Uhr vorüber, als das Bombardement begann; natürlich war die f. f. Hofburg sammt den anstoßenden Gebäuden am meisten dem Feuer ausgeseßt. Gleich beim Beginn drang eine zwölfpfündige Kugel durch die Mauer des 4. Stockes ins Augustiner Kloster, fuhr über den Gang, zerschmetterte die gegenüber befindliche Zimmerthüre sammt Verkleidung und fiel endlich im Zimmer des Institutsmitgliedes Franz von Aichenegg zu Boden. Es wäre dieser selbst bald ein Opfer geworden, denn da er in demselben Augenblicke sich auf dem Gange in der Nähe seines Zimmers befand, fehlte nur etwa eine Handbreite, daß ihn die Kugel nicht zerriß. Eine zweite Kugel fiel auf das Dach des Klosters und stürzte einen Rauchfang herab in den Hof; eine Granate, welche ebenfalls

in den Hof hereingefallen war, zertrümmerte beim Zerplagen bei 40 Fenstertafeln zu ebener Erde, und zwar gerade jenes Saales worin sich das Nothspital befand. Später fanden sich noch ein paar Kugeln, die jedoch keinen Schaden angerichtet. Groß war die Verwirrung, besonders im Nothspitale, wo sich sieben Kranke bes fanden. Niemand konnte diese mehr zurückhalten; deren fünf liefen von selbst aus dem Hause; die Uebrigen zwei aber, welche nicht zu gehen vermochten, wurden in das Nothspital im deutschen Hause geschafft.

Es war noch nicht 4 Uhr als das Dach ober der f. f. Hofbibliothek zu brennen anfing; wie der Brand entstanden, dürfte nicht schwer mit Gewißheit zu ermitteln seyn. Man sah wohl die auf dem Burgthore befindlichen Mobilen ihren Posten verlassen und sich zerstreuen, auch ist nicht bekannt, ob etwa Jemand sich zu selber Zeit auf dem Dachboden des Klosters und der nächsten Umgebung aufges halten; nur dürfte des Erwähnens werth seyn, daß mehrere Stunden vor dem Beginne der Beschießung ein junger Mensch als Techniker gekleidet, im Innern des Augustiner-Thurmes entdeckt wurde, wo er sich verborgen hatte, mit dem Vorgeben, er wolle nicht kämpfen, während er bald darauf versicherte, es würde gekämpft werden so lange noch ein Pulverkorn vorräthig wäre; gegen Andere, die ihn ebenfalls sahen, äußerte derselbe, es sey seine Absicht, die inneren Räume des Thurmes, welche ihm sehr merkwürdig schienen seiner Zeit zu zeichnen, zu welchem Ende er sie jezt vorläufig in Augenschein nehme.

Der Brand griff immer weiter um sich, es fehlte an Löschrequisiten. Zwar wurden Anstalten getroffen, daß vom städtischen Unterkammeramte Sprißen mit der nöthigen Bedienung in die f. k. Burg geschafft werden sollten; wirklich sah man auch eine Feuersprige mit Leuten vom Hof wegfahren; allein schon am Gra ben tönte ihnen von allen Seiten ein,,Halt" entgegen. Da sie jedoch sich nicht daran kehrten, sondern weiter forteilten, geschah es, daß in der Mitte des Kohl, marktes ein Haufe Bewaffneter mit gefällten Bajonetten auf sie losstürzte und fie mit Gewalt zur Umkehr nöthigte. So ist es auch erklärlich, wie der Brand sehr schnell sich ausdehnen konnte.

Beiläufig um 5 Uhr sah man schon dicke Rauchwolken aus den Dachfenstern des t. t. Naturalien-Kabinets herauswirbeln; es währte nicht lange, so stand das ganze Dachwerk in Flammen. Die ganz eigenthümliche bläuliche Farbe der Flammen, das heftige Aufsprühen derselben ließen schließen, daß sie sehr nährenden Stoff gefunden.

Endlich gelang es dem f. f. Militär, ungefähr um 5%. Uhr durch das neue Burgthor einzudringen, die Truppen ordneten sich, dann marschirte ein Theil hinein auf den Franzensplaß; fie zogen mit ihren Fahnen feierlich ein. Die lebri gen umzingelten die Hofburg von Außen; eine eigene Abtheilung wurde aber sogleich auf den Hof beordert um Löschrequifiten herbei zu schaffen. Nach und nach

wurde die ganze Bastei, so weit sie vom Augustinerkloster überblickt werden kann, mit Truppen besezt. Die auf den Hof abgeschickte Abtheilung kehrte bald zurück, eine Sprize mit sich führend, welche gleich vor das Hofbibliotheks-Gebäude postirt wurde. Der Brand griff aber unaufhaltsam weiter; um 6 Uhr Abends standen schon die Augustinerkirche und auch theilweise das Augustiner-Kloster in Flammen. Von dem Kirchendache erhob sich das Feuer um 6%. Uhr Abends bis zu den Fenstern des Thurmes, welche schnell durchbrannten, denn die Verkleidung war ganz von Holz, wodurch die Flammen auch in das Innere des Thurmes eindrangen, in die Höhe und in die Tiefe brannten, so daß außer den beschädigten Mauern nichts übrig blieb. Auch die Hof-Oratorien, wo auch der Plafond verbrannte, sammt Nebenkapellen wurden in ihren Dächern vom Feuer ergriffen.

Um 7', Uhr brachte man eine Hofsprige in die Nähe des Pallastes des E. H. Albrecht, wo schon große Gefahr drohte. Ein über die Terrasse, welche den Augustinergang deckt, geleiteter Schlauch führte das Wasser von der Bastei auf den Dachboden des Augustiner-Gebäudes. Unter den bei der Sprize beschäf tigten Arbeitern befanden sich 22 Mann k. k. Militärs sammt einem Unteroffizier, welche im rühmlichsten Wetteifer und angestrengter Thätigkeit die ganze Nacht hindurch ausharrten, bis um 5 Uhr Früh des andern Tages, um welche Stunde fie mit der Spriße abberufen wurden. Um dieselbe Zeit als man bereits angefangen hatte von der Bastei aus Wasser auf das brennende Klosterdach zu leiten, schaute Franz Stattin, Portier im k. k. höheren weltpriesterlichen BildungsInstitute ganz besorgt aus einem Fenster des vierten Stockes über den Klosterhof auf den gegenüber wüthenden Brand der Kirche und Nebenkapellen. Zunächst seis nen Blicken stand die sogenannte Todtenkapelle, welche an einen Flügel des Au gustiner-Klosters angebaut, mit der Spize fast bis an die Dachung dieses Flügels wo der Brand eben gelöscht werden sollte, hinaufreicht. Hinter der Todtenkapelle sind die . t. Oratorien, jedoch etwas tiefer gelegen. Unmittelbar unter dem damals brennenden Dachboden des Klosters befindet sich die Bibliothek des genannten Institutes, deren leßten zwei Fenster hinter der Todtenkapelle auf die vertiefte Dachung der f. k. Oratorien Aussicht gewähren. Shon war das Dach der Todtenkapelle größtentheils verbrannt, endlich stürzte es ein. Da erblickte Stattin zu seinem Shrecken, daß die auflodernden Flammen der Oratorien hinterhalb des eben einzestürzten Kapellendaches, die daselbst befindlichen zwei Fenster der Instituts-Bibliothek bereits ergriffen hatten. Die Flammen reichten noch über die Fenster hinaus und vereinigten sich mit jenen des ober der Bibliothek befindlichen Daches. Die werthvolle Bibliothek schien verloren, zum empfindlichsten Nachtheile nicht bloß des erwähnten Bildungs-Institutes, sondern noch mehr der t. t. Hofbibliothek; denn diese besigt unmittelbar unter der Instituts-Bibliothek einen geräumigen Saal, welcher sowohl den 3. wie den 2. Stock dieses Traktes

im ehemaligen Augustiner-Kloster einnimmt, worin ohne Zweifel sich eine große Zahl der kostbarsten Bücher und Manuscripte befand. So lange der Augustiner, Convent bestand, war in eben diesem Saale die Kloster-Bibliothek. Es war sehr zu befürchten, daß das Feuer durch den schwachen Fußboden der Instituts-Bibliothek in den unteren Saal hinabdringen werde. Schon waren bei einem Fenster der äußere Fensterstock ganz, der innere zum Theil sammt Kreuz und Rahmen, bei dem zweiten aber nur ein Theil verkohlt, das große nahestehende Büchergestell sammt Büchern von den Flammen bedroht, die Decke des Saales schien sich zu neigen, die der Kirche zugewendete Mauerseite aber zeigte bereits Risse und Sprünge.

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In diesem bedenklichen Augenblicke drang Stattin mit augenscheinlicher Lebensgefahr in den mit dichtestem Rauch erfüllten Saal, goß Wasser auf den Brand, schlug die brennenden Fensterrahmen mit einem Stück Holze hinaus, und that Alles, was Einsicht und Entschlossenheit in solchen Fällen gebieten, um die Schäße der Wissenschaft zu retten. Sehr empfindlich war für den ersten Augenblick der Mangel an hinreichendem Wasser zum Löschen. - Wohl waren beide Brunnen im Augustinerhofe in steter Bewegung, Einige schöpften, Andere trugen das Wasser, allein die weite Entfernung bis in den vierten Stock, und die geringe Anzahl der damals anwesenden Personen machten eine wirksamere Hülfe unmöglich. Kaum war die nächste Gefahr einigermaßen abgewendet, so eilte Stattin auf den Dachboden oberhalb der Bibliothek, damit nicht etwa durch die Decke das Feuer hereinbrenne. Mittlerweile brannte der Kirchthurm unabläßig, die Glocken schmolzen zusammen, und fielen in Stücken herab in die Tiefe, wo sie, da vom Fuße des Thurmes bis an die Spiße der Kuppel der Brand loderte, gänzlich zerschmolzen und größtentheils bis in die Form kleiner Tropfen sich auslösten. Es war um 8 Uhr Abends, als die Kuppel des Thurmes sammt dem Kreuze mehr und mehr sich neigte, und endlich auf das vorne befindliche Dachwerk langsam herabsank. Bald hätte dieser Fall ein Menschenleben gekostet. Ein Schornsteinfeger, der eben auf diesem Dache beschäftigt war, dem vorgreifenden Brande Einhalt zu thun, merkte nicht, was über seinem Haupte sich vor. bereite zum Glück war sein Nachbar aufmerksamer. Dieser packte im entschei denden Augenblicke den Schwerbedrohten, und rettete ihn vom Tode. 9'1⁄2 Um 9 Uhr übernahm Stattin auch auf dem Dache - als der Brand unter demselben in der Bibliothek gelöscht war die Leitung der Löschanstalten. Mit unermüdeter Thätigkeit wurde die ganze Nacht hindurch gearbeitet. Um 5. Uhr früh am 1. November mußte leider die auf der Vastei befindliche Löschmannschaft mit der Spriße sich entfernen, um bei der Wohnung des Hofrathes Schreibers (in der k. k. Burg), welche schon im Innern brannte, Hülfe zu leisten. Da jedoch Stattin sowohl mit dem übrigen Dienstpersonale des höheren Bildungs-Institutes, als auch die Instituts-Direction selbst mit den anwe

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