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der

Biener October-Revolution,

ihre Ursachen und Folgen.

Anfang der Revolution am 6. October 1848.

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Bewaff

Weigerung der deutschen Grenadiere nach Ungarn zu marschiren. nete Demonstration der südlichen Vorstadt-Nationalgarde-Compagnien zu Gunsten der aufständischen Grenadiere. Blutiger Kampf an den Tabor: brücken. Tod des Generals Bredy. Blutiger Conflikt am Karmeliter: Einlaß des Militärs in die Stadt. Berwürfnisse der ReichstagsmitKampf der Garden der Vorstadt Wieden gegen die Straßenkampf zwischen dem Militär und dem Volke in der Ermordung des Kriegsminifiers Latour. Rettung und

plak. glieder.

Stadtgarden.

Stadt.

Abdankung des pr. Ober-Commandanten Streffleur. ten Reichstags-Sicherheitsausschusses,

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Bildung eines permanen

Bestürmung und Brand des kais. Mili

Concentrirung des Militärs unter General Auersperg im Lager im Schwarzenbergischen Garten.

Undisciplinirte Garden nehmen rebellische Soldaten in Schutz. – Fortsetzung der Anarchie in Wien in verstärktem Gräuel mit unauslöschlicher Brandmarkung der bisher glorreichen Geschichte der Stadt Wien.

Was kann in der civilisirten menschlichen Gesellschaft schrecklicher seyn, als Bürgerkrieg, als Bruder gegen Bruder, Bürger gegen Bürger, Söhne eines Landes, eines Staates sich feindlich gegenüber stehen, und gegen einander die Verderben und Tod verbreitenden Geschosse spielen zu sehen!

Es gibt keine Verfassung der Welt, worin die Subordination des Militärs nicht als eine unerläßliche Bedingung, als eine Tugend anerkannt wäre ; VOR diesem Grundsage durchdrungen, muß der 6. October beurtheilt werden.

Schon vor dem 6. October 1848 erhielt das Grenadier-Bataillon Richter welches aus den Grenadieren der Infanterie-Regimenter Heß, Hrabovsky und G. H. Baden zusammengesezt ist, und in welchem eine Gefahr drohende Fraternifirung mit den Mitgliedern des demokratischen und mit der akademischen Legion sympathisirenden Bereine 2c. 2c. bemerkbar wurde, den Befehl nach Ungarn zu marschiren, um zu der k. k. Armee zu stossen.

Dieser Abmarsch sollte den 6. October Morgens erfolgen, und schon den Tag zuvor herrschte auf der Aula, und den umgebenden Straßen, in Folge der Manifeste des Kaisers vom 3. und 4., welche in vielen Tausenden von Exempla= ren von Ausrufern verkauft wurden, eine von magyarischen Einflüsterungen erzeugte Gährung.

Am 8. sollte der Bezirk Mariahilf eine Fahnenweihe feiern. Am 5. begaben fich mehrere Offiziere dieses Bezirkes, der Bezirks-Chef Ph. Braun und der Bat.Commandant Carl Salzer an der Spige, nach Schönbrunn, um Se. Majestät hiezu einzuladen. Sie gingen zuerst zum Generalmajor Fürsten Lobkowiß, um die nöthige Audienz zu erlangen, die ihnen auch sogleich bewilliget wurde. Als sie aus den Appartements des Fürsten traten, um in den Audienz-Saal zu gehen, sagte der Bezirks-Chef Braun zu seinen Offizieren: „Meine Herren! Ich glaube der Fürst hat unsere deutschen Bänder firiert. Es ist zwar bei uns üblich, daß wir sie tragen, aber aus Achtung für unseren guten Kaiser nehmen wir jezt solche ab." Alle nahmen hierauf die Tricolere ab, obschon sie an dem Tragen des deutschen Bandes umsoweniger etwas libles fanden, als doch auf dem k. k. Lustschlosse selbst die deutsche Fahne flatterte, und als wenige der Bewohner Wiens so politisch gebildet waren, um als österr. Patrioten beurtheilen zu können, daß die Tricolore das Aushängschild der deutschen Republik und den Sturz der österreichischen Monarchie bezeichne. Die Offiziere wurden von Sr. Majestät gnädig empfangen und mit der Aeußerung entlassen: Ich kann bei Ihrem Bataillon keine Ausnahme machen, denn ich war bis jetzt noch bei keiner Fahnenweihe der Nationalgarde. Hierauf begaben sie sich zum Erzherzog Franz Karl, der gegen sie äußerte, daß es sein innigster Wunsch sey, daß Alle recht bald die Früchte der Errungenschaften sehen und genießen möchten. Nach 2 Uhr Mittags begaben sich die gedachten Offiziere zum Major Richter in die Gumpendorfer-Kaserne, von welchem sie erfuhren, daß die Offiziere sammt dem ganzen Grenadier-Bataillon am 6. zum Abmarsch nach Ungarn bestimmt seyen, daher er und die Offiziere der Einladung nicht folgen könnten. Hierauf beschlossen die gedachten Offiziere, daß fie die von diesem Bataillon gehabten Exerziermeister mit einem guten Reisegeld versehen; veranstalteten sogleich Sammlungen und übergaben die eingegangenen Geldbeträge denselben. Keiner hatte eine Ahnung von den gräßlich traurigen Ereignissen des folgenden Tages!

Am 5. October Nachmittags zeigten sich bereits auffallende Bewegungen in der Vorstadt Gumpendorf, in welcher sich die Kaserne befindet, wo das obbesagte, durch das vieljährige Verweilen in Wien, dann durch die gemeinschaftlichen Wachen mit der akademischen Legion und Nationalgarde demoralisirte Grenadier-Bataillon bequartirt war.

Gegen 8 Uhr Abends eröffnete der Bezirks-Chef dem Hauptmann Lemann: er wäre bedrängt durch viele Garden seines Bezirkes, die mit Ungestümm in sein Haus drangen und so aufgereizt und dabei so unverständig waren zu glauben, sie müßten und könnten den Abmarsch der Grenadiere des Bataillons Richter verhin dern. Sie äußerten sich gegen Braun ganz unumwunden: wenn es nicht mit Guten gehe, wollen sie es mit Gewalt versuchen. Er stellte ihnen ihre Thorheit vor,

bath sie doch ruhig zu seyn, erklärte ihnen, daß beim Militär gegebene Befehle heilig seyen, und nicht so zurückgenommen werden und werden können, wie es bei der Nationalgarde, leider! der Fall sey. Doch es half kein Reden. Endlich brachte er es so weit, daß sie mit einer Bittschrift sich beschwichtigen ließen, wobei er fie aufmerksam machte, daß das Petitionsrecht jedermann zustehe er ihnen aber prophezeihe, daß eine Gewährung einer derlei Bitte nicht zu denken sey. Es ist einerlei, -war ihre Antwort, wenigstens haben wir dann unsere Schuldigkeit (!) gethan. Er stellte ihnen nochmals vor, daß sie heute keine Unterschriften mehr sammeln können, und die Grenadiere selbst gerne (?) weggehen werden, da jeder Soldat gerne ins Feld rücke; aber es half nichts, er mußte die Bittschrift abfassen und sie auch selbst fertigen. Solche lautete ungefähr: Durch den Abmarsch des Grenadier-Bataillons, welches sich durch sein moralisches (!!) Benehmen das Vertrauen und die Sympathie der Bevölkerung zu erwerben wußte, seyen die Vorstadióewohner (!?) sehr beängstiget (!!!), welche Beängstigung noch durch den Umstand gesteigert werde, daß man befürchte, statt einem deutschen ein polnisches Bataillon hieher zu bekommen. In selben würden wohl ebenso gute Soldaten seyn, aber durch die Verschiedenheit der Sprache könnten leicht Mißverständnisse und hiedurch ernste Conflikte entstehen; man bitte daher das Kriegs-Ministerium, im Falle der Möglichkeit, den. Abmarsch der Grenadiere zurück zu nehmen. Diese Bittschrift übergab Braun dem Garden Schönbrunner zur Einreichung.

Hierauf begab sich der Bezirks-Chef Braun in Begleitung Lemanns und eines Nationalgarden in die Straßen von Gumpendorf, in denen es sehr unruhig aussah, um zu inspiziren. In der Gumpendorfer Hauptstraße war bereits eine große Menge Menschen zu sehen. Die gedachten N. G. Offiziere begaben sich mit Braun in das der Kaserne gegenüber befindliche Caffeehaus, woselbst mehre Offiziere des Grenadier-Bataillons Richter anwesend waren. Ein Mann trat in dasselbe und erzählte, ein Student wiegle im Gasthause beim Hirschen unweit des Caffeehauses bie Grenadiere auf, morgen beim Abmarsch den Gehorsam zu verweigern und nicht abzumarschiren. - Oberlieutenant Goldhan von der G. §. Baden-Division ging in das bezeichnete Gasthaus hinüber, um den Aufwiegler zu arretiren. Braun eilte ihm nach, um ihm zu sagen, er möchte den Studenten nicht in die Kaserne führen, da dort eine zu große Masse Menschen versammelt wäre, sondern ihn in das Gemeindehaus bringen lassen, welches vom Volke noch ganz unbeachtet geblieben. Aber es war zu spät; denn der Oberlieutenant Goldhan kam schon mit dem Studenten, von einer Menge Menschen umringt, gegen die Karserne Hier rief ihm der Bezirks-Chef Braun zu, den Arrestanten ins Gemeindehaus zu führen, weil beim Kasernthore zu viele Menschen seyen. Vergebens! Braun wurde von Schreiern umringt, ebenso Goldhan, der im Gedränge einen Messerstich in die Seite bekam, — während der Student entschlüpfte. Braun

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