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Von einer zu Heßendorf im gräfl. Bethlen'schen Hause anwesenden måhrischen Deputation gelangte ein Schreiben an den Gemeinderath, worin derselbe dringend angegangen wird, dahin zu wirken, daß den f. Truppen fein weiterer Widerstand geleistet werde.

Der N. G. Feldwebel Kafka erstattete aus dem k. L. Zeughause dem Ober-Commando die Anzeige: daß mehrere Garden und Arbeiter die abgelieferten Waffen wieder verlangen, ja die Gemeinde Gaudenzdorf habe sogar schon am 30. ihre abgelieferten Waffen wieder zurückgenommen. Hierauf erhielt er vom Obersten Schaumburg den Bescheid, nichts mehr zu verabfolgen, und im Nothfalle auf irgend eine Weise für den Augenblick die Waffen unbrauchbar zu machen; allein er konnte diesen Auftrag nicht vollziehen, im Gegentheile, er mußte alle Waffen, die das Volk verlangte, hergeben, und benüßte hiezu die in den Werkstätten befindlichen Gewehre. Die Waffenkammern zu ebener Erde und im ersten Stockwerke wußte Kafka vor wiederholter Plünderung zu bewahren. An diesem Tage kamen wieder die Studenten, die mit der Kanone früher hier exercirten, und sogar die Pulvermacher im kaiserlichen Zeughaus fingen an, sich wie früher zu beschäftigen, und man mußte glauben, daß ihnen Gott weiß welche Siegesfreuden vorschwebten.

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Auch strömte eine bedeutende Zahl Bewaffneter unter Anführung von Leuten in der Legions-Uniform zur k. k. Staatsdruckerei, woselbst die Plakate des Fürsten Windischgräß gedruckt wurden, in der Abficht, aus Rache das Ge bäude anzuzünden, und die Maschinen zu zerstören. Kaum war die daselbst aufgestellte Wachabtheilung der 4. Compagnie, 2. Bezirks, unter Commando des Garde-Feldwebels von Mayern im Stande, diese Volksmenge zu beschwichtigen, und von diesem Vorhaben abzubringen, als vom Studenten-Comitee meh rere Abgeordnete daselbst anlangten, und forderten, es solle ein von demselben verfaßtes Plakat daselbst unverzüglich gedruckt werden. Auch dieses wußte diese Wachabtheilung zu verhindern, und diese Volksmenge zu zerstreuen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, wurde dem Feldmarschall Windischgräß von Seite der Plazoffiziere der Burg ein Verzeichniß der in der Hofburg aufgestellten Wachabtheilungen mitgetheilt.

Morgens zogen größere und keineswegs Beruhigung einflößende Volksmassen und Mobilgarden durch das Burgthor und über den Burgplag in die Stadt. Plaßoffizier Untersteiner erwirkte beim Ober-Commando den schriftlichen Befehl zur Absperrung des Burgthores, welches von Seite der Wachabtheilungen wirklich mit vieler Gefahr bewerkstelliget wurde, doch kaum war Untersteiner auf den innern Burgplaß zurückgekehrt, so strömte abermal ein großer Haufe Mobilgarden, geführt von einem berittenen Legionär, über den Franzensplaß, und dieser wies eine Contreordre vor, wodurch die Ordnung und Nuhe auf dem

Burgplaß wieder gestört wurde, und dem schaarenweisen Durchzuge der Proletarier und Mobilgarden kein Einhalt mehr gethan werden konnte.

Aus der mindern Dienerschaft der Hofburg, als Zimmerpußer, Hausknechte c. c. wurde früher schon eine Art Feuerwache militärisch organifirt, die selbe in den verschiedenen Gängen aufgestellt, und als Hofzimmerpußer Da ßler, welcher im Fräuleingang seinen Posten hatte, auf der Wache stand, sah er einen Nationalgardisten durch das Riesenthor gehen, mit vier Pechkränzen auf dem Bajonette, er verschwand jedoch, bevor man seiner habhaft werden konnte.

Ewig unbegreiflich bleibt es, wie ein Theil des Volkes so verblendet seyn konnte, noch am 31. die Ankunft der Ungarn zu erwarten, und das noch mit einer Bestimmtheit, die jeden Widerspruch als ein Verbrechen an der guten Sache ansah, und selbst die Plakate des Gemeinderathes für falsche, von der reactionären Partei untergeschobene hielt. Ja, es verbreitete sich sogar am Morgen dieses Tages das Gerücht, daß die Ungarn sich bereits auf der Landstraße befinden, und daß der Ban gefangen sey. Dieser Glaube hatte in wenig Stunden so fest gewurzelt, daß sich Viele wieder zu bewaffnen anfingen, und an manchen Plägen versammelten sich Bewaffnete, die noch einen Zug in die Vorstädte machen wollten. Wahrlich, es gehörte viel dazu, so verblendet zu seyn, daß man, nachdem man zu wiederholten Malen getäuscht und wieder getäuscht worden, sich seiner Verblendung selbst dann nicht entschlagen konnte, wenn man durch dieselbe stufenweise bis zum größten Unglücke geleitet worden. Wie viel Leid und Ungemach wäre der Stadt erspart worden, hätte sich ihre Bevölkerung nicht von Tag zu Tag durch die Vorspieglungen einer Hülfe aus Ungarn täuschen lassen? Der ehrliche Deutsche war leichtgläubig, und mußte seine Leichtgläubigkeit schwer genug büßen. Doch ist es den Pragern anders ergangen? sind die ernsten, bedächtigen Prager nicht durch eine Unzahl an Windischgräß gelangter Denunciationen der Magyaren, um den Slawen-Congreß zu sprengen, ebenfalls ins Unglück gestürzt worden?! Wahrlich, das Reich an der Ister hat von Seite der Magyaren seit tausend Jahren viel Blut und Barbareien erlebt!

Um 10 Uhr Vormittags erschien der Interims Commandant der Nationalgarde-Artillerie, Konrad Stößl, beim Ober-Commando, und frug sich an, wohin er die Geschüße von den Basteien hinzuführen habe. Daselbst erhielt er den schriftlichen Befehl: die Kanonen von den Basteien auf den Hof, vor das bürgerliche Zeughaus bringen zu lassen, mit der Weisung, diesen Befehl früher von Messenhauser und Fenneberg, welche beide im Gemeinderathe sich befandenunterfertigen zu lassen. Nachdem er das Geeignete veranlaßt hatte, um die nöthige Bespannung zu erhalten, verfügte er sich in den Gemeinderath, und daselbst wurde der Befehl von Messenhauser und Fenneberg mitgefertigt. Mit diesem Befehle ging Stößl auf die Mölker-Bastei, um seinen

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Auftrag auszuführen. Aber kaum wurde bekannt, daß die Kanonen weggeführt werden sollten, stürzte ein Proletarier auf ihn zu, und wollte ihm den Befehl entreißen. Mehrere der Bewaffneten umringten Stößl mit dem Geschrei: Auch ein Verräther, auch ein schwarz gelber Hund, schießt ihn nieder!" und andere ähnliche, an der Tagesordnung gewe sene Beschimpfungen mußte er hören. In diesem Momente erschien ein Offizier der Mobilen und befahl, den Artillerie-Commandanten zu arretiren, und ihn als Arrestant an den Bezirks- Chef Leszczinski zu übergeben. Doch dieser wollte den Arretirten nicht übernehmen, und fandte ihn auf die Aula. Auf dem Wege dahin mußte er die gröbsten Insulten vom Pöbel erdulden. Im Convict-Gebäude saßen sechzehn Studenten an einem langen Tisch; Redl führte den Vorsig. Nach längerer Debatte, und als sich Stößl mit dem schriftlichen Befehle über das Abführen der Kanonen ausgewiesen, wurde er als schuldlos erklärt entlassen.

Das Studenten Comitee übte damals noch einen so mächtigen Einfluß selbst auf die wildesten Proletarier aus, daß keiner es wagte, den von dies sem Tribunal Freigesprochenen auch nur mit einem Worte zu beleidigen.

Auch am 31. hatten die Plaß-Offiziere den Auftrag, so viel als möglich beruhigend auf die in der Stadt befindlichen Mobilen einzuwirken, denn die Nationalgarde war außer den zum Schuße der öffentlichen Gebäude aufgestellten Wachen, wenig mehr unter den Waffen. Solche Missionen waren an diesem Tage wirklich mit Lebensgefahr verbunden. Das Proletariat erkannte das herannahende Ende des Dramas, und die treubrüchigen Soldaten wußten nur zu gut, welches Schicksal sie zu gewärtigen haben. Die Plaz Offiziere suchten so viel als möglich die Mobilen zum Nachhausegehen und zum Ablegen der Waffen zu bewegen, was auch bei Vielen gelang. Bei anderen Abtheilungen aber, besonders von jenen, wo sich übergegangene Militärs befanden, waren sie den größten Insulten ausge seßt, denen sie nur durch ihre Ruhe und Kaltblütigkeit entgingen; sie hörten öfter hinter sich sagen: „Saut sie nieder, sind auch solche Verräther und Hunde vom Ober-Commando!" und andere ähnliche Sprüche. Eine Gruppe von fünf bis sechs übergegangenen Soldaten hingegen erklärte auf die Zusprache, daß sie gerne die Waffen ablegen und suchen würden fortzukommen, wenn sie nur Civil-Kleider bekommen könnten. Der Plaß-Hauptmann Baron du Beine glaubte bemerkt zu haben, daß ein großer Theil der treubrüchigen Soldaten bei den obwaltenden Umständen geneigt wäre, die Waffen abzulegen und das Weite zu suchen, wenn fie sich ihrer Militär-Montur entledigen könnten. Er ging in den Gemeinderath, und machte einige Glieder desselben auf den Umstand aufmerksam, daß, wenn auf eine ähnliche Weise Sorge getragen, dieses wenigstens auf diese Leute weit besser wirken würde, als die zugesicherte Fortbezahlung einer gewißen tägli

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chen Gebühr, welches ihnen nichts nüßen wird, wenn die k. Truppen einrücken. Kurze Zeit darauf wurde eigenmächtig Allarm geschlagen, Mobilen durchströmten die Gassen, zwangen Alle die sie auf den Straßen fanden sich ihnen anzuschließen, insultirten Jeden der sich widerseßte, drangen in die Kaffeh- und Gasthäuser und nahmen Alles mit sich was sie fanden.

Hauptmann Schmid erhielt den Auftrag, mit zwei Zügen von der Stallburg in das landständische Gebäude zu ziehen, um daselbst die Wache zu halten, indem sich das Ober- Commando in dasselbe zurückgezogen hatte. Lieutenant Kißling blieb mit den übrigen zwei Zügen in der Stallburg zurück.

Morgens um 11 Uhr wurde das Bureau des Ober-Commando in das Landhaus verlegt, woselbst auch die Permanenz des Gemeinderathes sich befand. Hauptmann Schneider, Plaß-Oberlieutenant Dunder, die Kanzellisten Schneider, Rettich und Straff übersiedelten mit dem Central-Bureau, den Ober-Commando-Siegeln und Acten dahin. Später kam auch Hauptmann Geinberg. Außer diesen war Niemand vom Ober-Commando anwesend, und erst Nachmittag wurden Messenhauser und Fenneberg sichtbar. Die legte schriftliche Verfügung langte an, nämlich die Ernennung des Feld-Adjutanten Fenneberg zum Mit-Ober- Commandanten, und es wurden alle jest aus gehenden Befehle sowohl von Messenhauser als auch von Fenneberg unterzeichnet. Alles gab sich der Hoffnung hin, daß die eingegangene Kapitulation aufrecht erhalten werden wird, und Oberst Schaumburg versuchte abermals als kräftige Stüge hierzu das Bürger-Regiment zu versammeln, um doch einen Körper beisammen zu haben, auf den er sich verlassen könne; allein es war nicht möglich; es wurden die schriftlichen Befehle an sämmtliche Compagnien abgeschickt, wurden jedoch durch die Nachlässigkeit oder Feigheit der abgeschickten Ordonnanzen, oder durch andere Zufälligkeiten an ihrer Bestimmung nicht abgegeben. Die Befehle zum Aufstecken der weißen Fahnen an allen noch nicht genommenen Linien wurden so wenig befolgt, wie das Aufziehen der kaiserlichen Fahne am Stephansthurme; überall wurden die Ueberbringer und Ausführer solcher Befehle von den Proletariern angehalten und mißhandelt. Es ging so weit, daß ganze Haufen in das Ober-Commando Bureau in die Stallburg famen um sich zu rächen, und alle längst schon bezeichneten Schwarzgelben aufzuhängen, wozu prächtig geschmiedete Nägel und gut gedrehte Stricke, bei welchen man das Reißen nicht zu fürchten brauchte, wie es allgemein verlautete, hergerichtet waren. Wie bereits erwähnt, fanden sich 18 solcher Nägel im Stabs-Auditoriate vor, und es sollten darauf Messenhauser, Schaumburg, Thurn, Schneider, du Beine, Dunder, Eyselsberg, Untersteiner, Heidt, Weißenberger u. angeblich gehangen, oder damit an die Wände genagelt werden. In Folge eben dieser Umstände übersiedelte das Bureau des Ober-Commando ins Landhaus, und

es wurden dem Oberlieutenant Weißenberger folgende zwei schriftliche Befehle zur Besorgung übergeben:

„Die disponiblen Garden der 1. und 2. Cavallerie-Division haben sogleich aufzufigen, und sich vor dem Landhause zum Schuße des Gemeinderathes aufzustellen. Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant. Vidi Stifft, m. p., Vice-Präsident."

Der zweite lautete :

,,Herr Oberlieutenant Weißenberger ist beauftragt, alle disponiblen Garden der Stadt zum Schuße des Landhauses zu requiriren, und dahin zu beordern. Vidi Stifft, m. p., Vice-Präsident. Messenhauser, m. p.“

Weißenberger seßte sich zu Pferde und es gelang ihm von beiden Cavallerie-Divisionen ungefähr 30 Mann zusammenzubringen. Weniger glücklich war er bei der Garde. Er fand sämmtliche Sammelpläge derselben mit Ausnahme des Wimmer-Viertels leer; hier stellte ihm der prov. Bezirks - Commandant Uhlinger ungefähr 25 Mann zur Disposition. Dieses waren zu jener Zeit in der Stadt sämmtliche bewaffnete Nationalgarden. Auf der Aula ging es wieder lebhaft zu; bewaffnete Schaaren sammelten sich am Plaße und forderten vom Studenten-Ausschusse Berhaltungsbefehle. Die Grazer und Mobilen kamen von der Hernalser Linie und wiesen schriftliche Befehle vor, daß der Kampf unterbleiben solle. Der Rest der demokratischen Corps verlangte vom Studenten-Ausschusse eine schriftliche Vollmacht, die Sturmglocke des Stephansdomes läuten lassen zu dürfen. Solches wurde verweigert. Demungeachtet erdröhnte bald darauf jene Glocke als Zeichen des zu beginnenden Kampfes.

Auf die bestimmte Drohung des Feldmarschalls, den Angriff auf die innere Stadt zu eröffnen, wenn dieselbe nicht bis 2 Uhr Nachmittags den Truppen übergeben worden sey, schickte der Gemeinderath noch einen Parlamentär ab, welcher das Belagerungsheer hinter dem Gloggnißer Bahnhof in Sturmcolonnen aufgestellt fand. Der Gemeinderath wünschte eine Frist bis zum folgenden Tag, indem er hoffte, daß es ihm durch Ueberredung und Geldspenden doch gelingen werde, das bewaffnete Proletariat und seine Führer zur Unterwerfung zu bringen. Fürst Windischgräß erklärte sich, obwohl die Kapitulation zweimal gebrochen, bereit, den Angriff auf den folgenden Tag zu verschieben, wenn das Schießen von der Bastei herab auf seine Truppen unterlassen werde. Die Vorstadt Wieden war in dieser Uebereinkunft nicht inbegriffen, und wurde Mittags 12 Uhr von den vorrückenden Colonnen ohne Widerstand genommen und sogleich beseßt, ohne daß auch nur ein Schuß auf das Militär abgefeuert worden, welches auch zur Folge hatte, daß kein Haus von Soldaten betreten wurde. Alle Truppen rückten in geschlossener Ordnung ein.

Die ersten Truppen welche auf der Wieden eingerückt, waren Gränzer,

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