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der Artillerie, Generalen Dietrich, ins Einvernehmen, und nachdem durch legteren mittelst der kräftigsten Beschießung der Linie durch schweres Geschüß die feindliche Artillerie zum Schweigen gebracht ward, wurde der Angriff angeordnet und die Marxer Linie nach Anleitung des Generalen Zeisberg in wenigen Minuten mit Sturm genommen. Fünfzig freiwillige Jäger des 5. Bataillons unter dem Lieutenant Ziellach und zwölf Seressaner General 3eisberg, um ein Beispiel aufopfernden Muthes zu geben — mitten unter ihnen, hatten mit gänzlicher Todesverachtung die ungeheuere Barrikade, welche diese Linie sperrte, erobert. Noch standen einige hundert Vertheidiger dahinter, als sie aber die Jäger und Seressaner diese langen kräftigen Gestalten wohl bewaffnet, in rothen Mänteln erblickten, ergriff sie panischer Schrecken und alles floh in wilder Flucht; selbst die wohlbeseßten Häuser wurden nach einigen Schüssen vers laffen. Nun war die erste Linie von Wien erobert! Dieser Sieg hatte uns wegen seiner Raschheit nur einige Todte an Jägern, Gränzern und Pionieren gekostet, unter welchen sich auch der tapfere Oberlieutenant Gabriel besindet. Gleichzeitig war der umsichtige Oberstlieutenant Knese wie mit drei Compagnien des 3. Oguliner Bataillons durch hölzerne Thore und Umfassungen in die linke Flanke des Feindes eingedrungen und erleichterte dadurch wesentlich das Vorrücken auf der Landstraße und dem Rennwege. Mittlerweile hatte Herr F. M. L. Hartlieb den Wiener-Neustädter Kanal und die Linie passirt und drang unaufhaltsam auf der Landstraße vor, wo er alle Barrikaden bis zum Invalidenpalais theils erstürmen, theils umgehen ließ. Die Brigade Karger dranz auf dem Rennwege vor. General Zeisberg schritt am Kanal fort, ließ durch Pioniere und Zimmerleute die Planken und Umfassungen durchbrechen, wodurch es ihm möglich wurde, die Gärten und Häuser am Kanale zu passiren und die feindlichen Abtheilungen, welche Barrikaden vertheidigten, mit Jägern und Seressanern im Rücken anzugreifen, welches den Generalen Kriegern u. Karger das Vordringen auf dem Rennwege erleichterte. Das glänzende Resultat dieses Tages war, daß der F. M. L. Hartlieb noch vor dem Abende das Invalidenpalais, das Mauthgebäude voll mit sehr werthvollen Gegenständen, das Thierspital, das Belvedere und das Schwarzenberg'sche Palais besegen konnte. Auch wurde hiedurch die Vorrückung in der Leopoldstadt erleichtert, woselbst Oberst Grammont mit fünf Gränz Bataillons noch an demselben Abende mehrere Barrikaden nahm, in der Jägerzeile bis an die Schlagbrücke vorɔ̃rang. Sobald ich die abverlangten Eingaben erhalte, werde ich mich beeilen, Euer Durchlaucht die erforderlichen Detailsberichte zu unterbreiten.

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Jellačič, m. p., F. M. L." Am 30. kam eine angesehene Deputation von Prag nach Olmüß und überreichte drei Adressen dem Kaiser zu Gunsten der Stadt Wien. Die Deputation

bestand aus: I. 1. D. Wanka, Bürgermeister; J. U. D. E. Eifelt, Ferles, J. Jaroš, J. U. D. Rozkošný, V. Rott, K. Suchy, Deputirten des Stadtverordneten - Collegium3; Bernt, J. 1. D. Kliebert, Popler, Teiß, uhljř, Deputirten des Verwaltungs-Rathes der Nationalgarde; L. Aull, J. Jaroš, Palliardi, Ruß, W. Väter, Deputirten der akademischen Legion; J. U. D. Chrudimsky, J. U. D. Gauc, J. U. D. Fr. Hawljček, W. Seidl, J. U. D. Swestla, Wysek, Deputirten der Slowanká lipa; Christl, Güttling, J. U. D. Fr. Klier, Seutter, Zintl, Deputirten des deutschen Vereines.

Die bezüglichen Adressen sind schöne Beweise, daß Prag die einzige Stadt der Monarchie ist, die das Schicksal von Wien mit Kummer erfüllte, und eine angesehene Deputation bittend vor der Thron des Kaisers abzusenden, für gut fand.

31. October.

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Die Nacht verging sehr unruhig; solche war eine der qualvollsten des Octobers, die persönliche Freiheit war gefährdet, von Redefreiheit keine Spur. Das Proletariat übte eine drohende Herrschaft aus, das übergegangene Militär reizte aus erklärlichen Gründen zum Wiederstande auf, eben so die gemeinen Dirnen. Privateigenthum wurde nicht bedroht, es wurden Privathäuser — als anzuhoffendes zukünftiges Eigenthum — respektirt. Man glaubte, im Falle eines in Aussicht stehenden Sieges, die Reichthümer der Bewohner zu theilen. Mancher Gauch von einem Hausmeister, der früher nichts weniger als für das Eigenthum seines Herrn besorgt war, hüthete das Haus mit einer exemplarischen Sorgfalt, denn er wollte sein zukünftiges Eigenthum gut erhalten wissen. Der Gemeinderath verlebte die sorgenvollsten Stunden, die Geflohenen hatten keine Ahnung von den Sorgen, Mühseligkeiten und Gefahren der in Wien Zurückgebliebenen. Es sind Fälle vorgekommen, daß man gutgesinnte Männer am Rücken mit Kreidestrichen bezeichnete; solche waren als Opfer der Volksrache bestimmt.

„Nachricht. Die nachstehende Proklamation ist dem Nationalgarde-OberCommando von Seiten des Herrn Feldmarschalls Fürsten zu Windischgräg durch einen Parlamentär in mehreren Exemplaren zugesendet worden. Wien, am 31. October 1848.

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Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant."

Kundmachung. Ein Corps der ungarischen Insurgenten hat es gewagt, österreichischen Boden zu betreten und heute Früh bis gegen Schwechat vorzurücken. Ich habe solches mit einem Theile meiner Truppen, vereint mit jenen des Banus, angegriffen und zurückgeworfen, wobei sie beträchtliche Verluste erlitten. Einige Abtheilungen find in Verfolgung derselben begriffen. Dieses zur beruhigenden

Kenntniß für alle Gutgesinnten, die vielleicht aus dem Erscheinen dieser Corps Besorgnisse schöpfen könnten, aber eben so auch zur Warnung für jene llebelge finnten, die hierin allenfalls neue Hoffnung für ihre Plane zu finden glaubten, und in der That sich nicht scheuten, die bereits eingegangene Unterwerfung auf das Schmählichste hinterlistig zu brechen. Heßendorf, den 30. October 1848.

Fürst zu Windischgrät, m. p., k. k. Feldmarschall." Nachstehender Bericht des Feldherrn Ban an den Oberbefehlshaber Windischgräß gibt näheren Aufschluß über das Treffen bei Schwechat:

,,Hauptquartier Rothneusiedel, 1. November 1848. Da sich die Ereignisse in diesen Tagen so schnell folgen, so bin ich nicht im Stande Ew. Durchlaucht Detailberichte zu erstatten, und kann nur in Kürze über die Vorgänge der letzten vier Tage relationiren. Am 28. v. M. mußten sich meine Vortruppen jenseits Schwadorf und Fischament gegen weit überlegene feindliche Streitkräfte zurückziehen. Am 29. war es deutlich, die Ungarn rückten mit ihrer ganzen Macht vor, um den Rebellen in Wien Hülfe zu bringen und uns am Einschließen der Stadt zu hindern. Am 29. Abends hatten sich meine Vortruppen, den gegebenen Befehlen gemäß, fechtend und in geschlossener Ordnung bis zu meinem Gros in der Stellung hinter der Schwechat zurückgezogen. Am 30. erfolgten die von Ew. Durch laucht angeordneten Offensivbewegungen der Cavallerie unter dem General Fürsten Liechtenstein vom rechten Flügel aus. Mittlerweile griff der Feind Schwechat Rannersdorf, Mannswörth und Kaiser-Ebersdorf — Mannswörth wurde vom Feinde in Brand gesteckt — mit Nachdruck an. Ich ließ meine Infanterie, um ste dem starken Geschüßfeuer zu entziehen, auf das linke Ufer der Schwechat übergehen. Als aber bis Nachmittags 2 Uhr wegen eingetretener Hindernisse die Umgehung des feindlichen linken Flügels durch unsere Cavallerie nicht erfolgt war, so ergriff der Chef meines Generalstabes, General Zeisberg, bei Schwe chat die Offensive, und rückte mit dem Regimente Wallmoden-Kürassier und zwei Bataillons von Khevenhüller Infanterie, einer zwölfpfündigen und einer sechs pfündigen Batterie vor. Diese Batterien placirte er so vortheilhaft auf einer Höhe rechts von Schwechat, daß er nach einer sehr lebhaften Beschießung von kaum zehn Minuten das Geschüß des feindlichen Centrums zum Schweigen und zum Rückzuge brachte. Hierauf rückte er mit den benannten Truppen rasch vor. Die Batterien hatten einige Pferde und Leute verloren, ingleichen das Kürassier-Regis ment, dessen feste und ruhige Haltung während des heftigen feindlichen Geschüßfeuers der General vorzüglich belobt. Auch General Kempen rückte nun rasch mit dem linken Flügel vor, und ich befahl dem Fürsten Liechtenstein eine gleichzeitige Vorrückung mit der ganzen Cavallerie. Da der Feind alle Terrainvortheile, nähmlich die Anhöhen, auf welchen sein zahlreiches Geschüß sehr vortheilhaft placirt war, für sich hatte, wir aber aus dem Schwechatthale emporstei

gen mußten, so rettete dieß und das Eintreten der Nacht den Feind vor einer gänzlichen Niederlage. Er wurde von uns bis eine Stunde von Schwadorf verfolgt. Die Nacht benüßte der Feind zu einer eiligen Flucht. Gestern den 31. war Früh ein sehr starker Nebel, ich hatte die Armee concentrirt und in Schlachtordnung, allein als das Weichen des Nebels gegen 10 Uhr die Uebersicht gestattete, sahen wir keine feindliche Armee mehr; ihre leichte Reiterei hatte eine schwache Postenkette bezogen, welche sich in größter Eile zurückzog. Der Feind hatte seine frühere Stellung bei Parendorf hinter der Leitha wieder eingenommen. Einige Geschüße wurden am 30. dem Feinde demolirt, sein Berlust an Todten mag einige hundert Mann betragen. Gefangen wurden vier Offiziere und fünfzig Mann eingebracht. Unser Verlust kann in 40-50 Mann bestehen. Verwundet wurden 15 Offiziere, worunter der tapfere Rittmeister Voß von Carl Auersperg Kürassieren, dem eine Kanonenkugel den Fuß zerschmetterte. Major Rodin von Hardegg Kürassieren verlor ein Pferd unter dem Leibe. Der Gemeine John dieses Regimentes starb einen schönen Heldentod; eine Kanonkugel ging durch den Kopf seines Pferdes und mitten durch Küraß und Brust des Mannes. General 3 ei8berg lobt das feste und umsichtige Betragen der beiden Batterie-Commandanten Oberlieutenant Hartlieb und Unterlieutenant Reichhardt, durch deren kräftiges Feuer auch der schöne Markt Schwechat gerettet wurde. Der Feind hatte angefangen, selben mit Granaten zu bewerfen und ein Haus und eine Scheune standen bereits in hellen Flammen; ferner rühmt der General die gute Führung des Generals Baltheser und des Obersten Fejervari von WallmodenKürassieren, des Majors Müller von Khevenhüller-Infanterie; auch OberstLieutenant Herdy des Generalstabes hat viel Einsicht und Tapferkeit bewiesen. Die Posten Elend, Arbesthal, Stixneusiedel, Wilfleinsdorf, Trautmannsdorf und Somerein find stark von meinen Vortruppen beseßt, die Vedettenkette ist fast bis an die Leitha vorgeschoben, das Gros der Armee steht hinter der Fischa, in der vortheilhaften Stellung bei Schwadorf, mit dem linken Flügel an die Donau bei Fischament gestüßt. Jellačič, m. p., F. M. L."

,,Aus dem ungarischen Lager wurde berichtet: „Das Glück war uns vor Wien nicht so günstig, wie es die Tapferkeit unserer Armee verdient hätte, oder vielmehr nicht das Glück war uns nicht günstig, sondern wir wurden in unseren gerechtesten Erwartungen getäuscht, denn die hartbedrängte Stadt Wien, zu deren Entsag unsere tapfere Armee herbeieilte, hat dem Kampfe, den wir fast unter Wiens Mauern um Wiens Freiheit (?) mehr als acht Stunden lang gefochten, unthätig zugeschaut, und nicht nur mit keinem Ausfall uns unterstüßt, sondern nicht einmal einen Schuß von den Wällen gethan, um den Feind einigermaßen zu beschäftigen. Unsere schnell improvifirte, größtentheils ungeübte Armee kann stolz (!) auf diesen Tag des Kampfes seyn. Ueberall, wo sie mit dem Feinde zusam

mentraf, wurde der Feind geworfen (?). Das Dorf Mannswörth wurde mit Sturm genommen, wobei sich besonders der Major Gyön auszeichnete (?). Aus der Höhe von Schwechat wurde der Feind verjagt, der linke Flügel, von großen Massen gegen Lanzendorf bedroht, hat selbe mit einem Kanonenfeuer zu rückgeworfen; als man endlich um 4 Uhr sah, daß Wien zu seiner Rettung selbst nichts thut, der Feind aber, wenn wir weiter vorrücken, bei seiner Ueberlegenheit an Cavallerie unsere linke Flanke umgehen konnte, dabei aus dem Dorfe Schwe chat wie aus einer Festung ein ungeheueres Kanonen- und Kartätschenfeuer sich erneuerte, war es Pflicht, nachdem unsere Truppen ihre Pflicht gegen Wien so tapfer erfüllt, dabei aber von Wien gar nicht unterstügt wurden, unsere Streit, kräfte, die das Vaterland so nothwendig braucht, nicht zu gefährden, und es wurde um 4 Uhr der Befehl ertheilt, daß unsere Armee ihre Stellungen herwärts der Fischa wieder besegen sollte, wobei die Komorner Sensenmänner sich höchst unordentlich und unbesonnen benommen haben, und nicht zum Stehen zu bringen waren. Man ließ sie endlich in Gottes Namen ziehen. Die Armee selbst wird sich nun auf die Vertheidigung unseres eigenen Landes beschränken.

Ein Augenzeuge aus dem Gefolge des Präsidenten des LandesvertheidigungsAusschusses." Dieser kauderwälsche Bericht ohne Datum steht in einem auffallenden Contraste mit jenem des Vans, welch' leßterer den Stämpel der offiziellen Wahrheit und Bündigkeit an der Stirne trägt.

Der Gemeinderath eröffnete Folgendes in einem Plakat:

„Mitbürger! Der Gemeinderath der Stadt Wien hat von jenem Zeitpunkte an, als der hohe Reichstags-Ausschuß demselben aufgetragen hatte, in Vereinigung mit dem Nationalgarde-Obercommando die Stadt in Vertheidigungs-Zustand zu seßen, alle strategischen Maßregeln dem Obercommando überlassen, ohne dasselbe in irgend einer Weise hierin zu beirren, vielmehr dasselbe auf jede ihm zustehende Weise auf das Kräftigste unterstüßt, und in Allem dem Wunsche seiner Mitbürger zu entsprechen gesucht.

Bereits am 26. Abends wurden die Vertreter der gesammten Volkswehr um ihre Ansicht über die Lage der Stadt befragt, und neuerlich am 29. Abends der Obercommandant eingeladen, sich nach dem Kampfe des 28. über die Lage der Stadt zu erklären.

Nachdem derselbe erklärt hatte, nur eine oder zwei Stunden die innere Stadt mehr halten zu können, nachdem sich die Vertrauens männer der sämmtlichen Volkswehr für den Frieden ausgesprochen hatten, die Vorsteher des Handelsstandes und mehrerer Innungen ebenfalls auf Uebergabe der Stadt drangen, hiemit alle hiezu berufenen Bertheidiger der Stadt und der größte Theil des Bürgerstandes selbst seinen Willen ausgesprochen hatte und die Stadt von Fürst Windischgräß mit einer Beschießung bedroht war,

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