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Vor dem Reichstags-Ausschusse machte Messenhauser dieselben Eröffnungen, wobei er jedoch bedeutend unzusammenhängend, ja beklommen sprach. Der Obmann hielt ihm vor, daß er mittelst Unterschrift das Ober- Commando an Fenneberg abgetreten habe. Dunder stand hart hinter Messenhau ser, bestand auf dessen Beibehaltung des Ober-Commando im Interesse der Kapitulation, protestirte im Namen der Nationalgarde und der Bürgerschaft gegen die Ernennung Fenneberg's als Ober-Commandanten, und brachte demsel ben ein Mißtrauensvotum, welches von allen Anwesenden, besonders von den Bürger- und Nationalgarde-Offizieren einstimmig bejahet, und von dem ArtillerieCommandanten Kurth mit einer energisch motivirten Entschiedenheit unterstüßt wurde. Dunder sagte, daß man Habe, Gut und Leben der Wiener, der bestBenden Bürger, der Einheimischen — nicht wegen ehrgeizigen, spekulirenden und fremden Subjekten preisgeben könne; daß man, im Falle Fenneberg als Ober- Commandant auftreten, und die Kapitulation nicht fördern sollte, die Bürgerschaft aufrufen, und vereint mit gutgesinnten Garden den blutigen Gräueln ein Ende machen müsse. *)

Der Reichstags-Ausschuß entschied sich für die Verständigung zwischen Messenhauser und Fenneberg, worauf sich ersterer in Begleitung der Offiziere und Verwaltungsräthe in den Gemeinderath begab **). Unterwegs wurde dem Plaz-Oberlieutenant Dunder berichtet, Fenneberg hätte durch mehrere Beauftragte die Siegel des Ober-Commando requirirt, solche seyen ihm aber von dem Kanzlei-Personale des Central-Bureaus verweigert worden; ferner, daß das Proletariat die Burg und Stallburg zu plündern und anzuzünden drohe. Dunder eröffnete beide Berichte dem Ober-Commandanten, und fragte, ob er, wenn Fenneberg mit Gewalt die Siegel des Ober-Commando fordern sollte, ihn und die es mit ihm zu thun versuchen, durch die treuen Sicherheitswächter niedermachen lassen; dann, ob er alle Bereitschaften zum Schuße der Burg und Stallburg aufbieten solle, und ob vorkommende Gewalthätigkeiten gegen die Burg und Stallburg mit Waffengewalt, und wenn es nöthig, mit schwerem Geschüß zurückgeschlagen werden sollen. Messenhauser entgegnete: & assen Sie Jedermann, der die Siegel requirirt, niedermachen; zum

*) Hier muß bemerkt werden, daß schon damals keiner der anwesenden, für Messenhauser im Interesse der Kapitulation in die Schranken getretenen Oberoffiziere daran zweifelte, daß derselbe am Stephansdome bedroht war, doch von dem Befible an den Bezirk Wieden, wußte feiner.

**) Dieser wahrheitsgetreue Bericht ist nicht aus der Feder des Verfassers dieser Denkschrift hervorgegangen, und es muß derselbe hiermit erklären, daß er als Verfasser seiner Memoiren ganz von der historischen Person des im October handelnden Play-Offiziers Dunder abstrahire. Dieß zur Begegnung etwaiger Blahaiaden.

Schuß des Ober-Commando und der Burg laffen Sie alle Be reitschaften, und bei den Bezirken alle Garden aufbieten, - ich mache Sie für den Vollzug verantwortlich." — Dunder kehrte zum Ober-Commando zurück, befahl den wackeren Sicherheitswichtern, welche dem Central-Bureau zugetheilt waren, Jeden, der die Siegel wegzutragen versuchen sollte, ohne weiters niederzusäbeln. Dann diftirte er den, demselben Bureau zugetheilten wackeren Offizieren den kategorischen Befehl an alle Bezirks- und Abtheilungs-Commandanten, den Schuß der Burg und Stallburg betreffend, welcher auch durch dieselben sogleich mit dem lobenswerthesten Eifer in Vollzug gesezt wurde.

Die Nacht hindurch wurde Messenhauser in seinem Zimmer von den Mitgliedern des demokratischen Central-Vereines unausgesezt für den Widerstand gegen die f. Truppen, jedoch vergeblich, haranguirt, was der hart nebenan im Central-Bureau befindliche Plaß-Oberlieutenant Dunder und die andern anwesenden Plaß-Offiziere, genau Wort für Wort hören konnten. — An diesem verhängnißvollen Lage wurde ein Garde des IV. Bezirkes im Gange der Burg meuchlings erschossen.

An demselben Tage wurden der k. Artillerie - Lieut. Dirschl, und Haupte mann Weigl, von E. H. Franz Carl Infanterie, auf der Wieden vom Volke gefangen genommen, und durch die Unerschrockenheit des Nationalgarde-Offiziers Müller aus den Händen des Proletariats gerettet und an das Ober-Commando abgeführt. Obgleich Messenhauser die Freilassung dieser k. Offiziere angeordnet, so konnte doch kein Plaz-Offizier die Bürgschaft übernehmen, diese ungehindert an ihre Truppenkörper geleiten zu können. Der Hauptmann Knoth des Bürgerregiments und der Plaß - Hauptmann Baron du Beine, welch' beiden diese Offiziere zum Schuße übergeben waren, ersuchten sie, bis zur Uebergabe der Stadt beim Ober-Commando zu bleiben, wo ihnen ein Zimmer angewiesen und für alle ihre Bedürfnisse gesorgt wurde.

Der Reichstag hielt keine Sigung, da die beschlußfähige Zahl der Mitglieder schon zweimal nicht erschienen war, und sie auch auf ihre eigene Kraft alles Bertrauen verloren hatten.

Die Sigung im Gemeinderathe wurde um 6 Uhr Abends eröffnet. Die De putation, welche in der Frühe an den Fürsten Windischgräß abgegangen, war zurückgekommen. Dr. Kubenik erstattete Bericht über die vollbrachte Sen dung. Die Deputation sey um 11 Uhr in Heßendorf angekommen. Der General Baron Cordon war zur Feststellung der Modalitäten über die Entwaffnung der Stadt bevollmächtigt, und diesem der Hofrath Komers, Gubernialrath Breinl und Kreis-Commissär Weidel beigegeben gewesen. Der Deputation wurde ein schon ausgearbeiteter Entwurf vorgelegt, derselbe habe aber in einem Paragraphe für die

Stadt die Verpflichtung zur Auslieferung von vierzehn Personen *) enthalten. Er habe dagegen bemerkt, daß die Unterwerfung der Stadt auf Grundlage der Proklamation des Fürsten Windisch gräß vom 23. und der erläuternden Zuschrift vom 26 October erfolgt, und vom Fürsten angenommen worden sey. Es sey nun in dem Punkt 3 der Proklamation vom 23. zwar die Auslieferung mehrerer erst zu benennenden Personen ausgesprochen worden, allein dieser Punkt ist durch die Zuschrift vom 26. October dahin erläutert worden, daß man die Auslieferung von Pulszky, Bem und Schütte verlange, demnach könne man der Stadt jezt nicht schwerere Bedingungen auferlegen **), Bedingungen, deren Erfüllung noch dazu nicht einmal im Bereiche der Möglichkeit liege. Diese Ansicht wurde nach längerer Debatte zur Geltung gebracht, und dieser Punkt blieb weg. Auch sey es der Deputation gelungen, für die Nationalgarden, die aus Brünn, Graz und Linz unter ordentlicher Führung gekommen seyen, den freien Abzug und die Zurückstellung ihrer Waffen in ihrer Heimat auszuwirken. Der Entwurf wurde sodann vorgelesen, auf Antrag des Berichterstatters mit Stimmeneinhelligkeit angenommen, und Dr. Kubenik wurde ernannt, die von dem Gemeinderathe angenommenen Bedingungen noch in der Nacht in's Hauptquartier zu überbringen.

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Der Deputation des Studenten-Ausschusses, welche die Bestätigung Fenneberg's angesucht, wurde vom Gemeinderathe eröffnet, es sey unnöthig, einen neuen Ober-Commandanten aufzustellen, um so weniger auf die Aufforderung der akademischen Legion, da bereits die Zeit des Diktirens derselben vorüber, und die Bezirks-Chefs und Offiziere der Nationalgarde und Bürger sich feierlichst gegen die Abdankung Messenhauser's ausgesprochen hätten. Hierauf wurde unterhandelt, in Folge dessen Messenhauser mit Fenneberg das Ober: Commando theilen sollten, wie sich solches im Nachfolgenden herausstellt.

Der bereits bekannte Entschluß Messenhauser's, abzudanken, und der Umstand, daß Fenne berg von der Umsturzpartei als neu ernannter Ober-Commandaat allgemein genannt wurde, hatte die Verwirrung vollendet. Niemand gehorchte mehr, die Anarchie war auf den höchsten Punkt gelangt. Viele Offiziere der Nationalzarde kamen in den Sizungssaal des Gemeinderathes, um zu erfahren, woran man sey. Eine höchst verworrene Berathung begann; sie wurde unterbrochen durch einen Legionär, der sich als Abgeordneter des Studenten-Co

*) Die Namen wurden von Dr. Kubenik in jenem Vortrage nicht genannt, später erfuhren wir, es seyen folgende gewesen: Messenhauser, Haut, Braun, Fenneberg, Kuchenbecker, Burian, Wutschel, Hammerschmidt, Becher, Engländer, Tausenau, (dieser ist, wie erwähnt, schon am 15. nachh Ungarn entflohen), Grigner, Deutsch und Mahler.

**) Zur Zeit der Verhandlung in Hegendorf war der Bruch der Kapitulation noch nicht bekannt.

mitee's vorstellte, und die Ernennung Fenneberg's zum Ober-Commandanten verlangte. Die verschiedensten Gerüchte waren über die Absichten Fenneberg's und seiner Genossen verbreitet. Der Antrag des angeblichen Abgeordneten wurde entschieden zurückgewiesen. Eine lebhafte Scene erfolgte. Der Legionär erklärte sich für beleidigt und verließ den Saal. Die verschiedensten Anträge wurden gemacht, alle aber verworfen. Dr. Kubenik beantragte, Messenhauser bei seiner Ehre aufzufordern, das Ober-Commando fortzuführen, indem seine Entlassung vom Minister Krauß, der ihn ernannt, noch nicht angenommen sey, und für den Fall, als sich Messenhauser weigere, sollte der Gemeinderath selbst einen Ober-Commandanten ernennen, indem sich der Minister Krauß im kaiserlichen Lager befinde, und der Gemeinderath in der Stadt jezt die einzige Exekutivbehörde sey. Beide Anträge wurden verworfen, und jener Bernbrunn's, welcher dahin lautete: man sollte den Ober-Commandanten und Fenneberg durch zwei Abgeordnete ersuchen, sich sogleich in den Gemein derath zu begeben, angenommen. Bernbrunn und Dr. Kubenik wurden gewählt, diesen Beschluß sogleich auszuführen. Die beiden Abgeordneten erschie nen bald darauf mit Messenhauser, den sie in der Stallburg getroffen, im Gemeinderathe; dieser erstattete zuerst den Bericht über die Schlacht der Ungarn; er sagte: „Aufgefordert bestieg ich den Thurm, (obwohl er es nicht aussprach, ersah man doch aus seinem ganzen Wesen, daß er es gegen seine Ueberzeugung gethan). Ich erhielt wenigstens zwanzigmal schon die schriftliche Anzeige, die Ungarn greifen an, allein jedesmal war es nur eine Chimäre. So dachte ich auch heute, allein diesesmal wurde es zur Wirklichkeit. Anfangs glaubte ich selbe auch siegreich, und dies, veranlaßte mich, den ersten Zettel ergehen zu lassen. Allein bald wurde ich enttäuscht, und sah deutlich die Niederlage und die wilde Flucht der Ungarn. Messenhauser erklärte ferner, daß er durch ein vom Studenten-Comitee und dem demokratischen Vereine erhaltenes Mißtrauensvotum bewogen worden sey, vom Ober-Commando abzutreten, indem er nur mit dem Vertrauen der ganzen Garde geehrt, Ober-Commandant bleiben könne.

Der Präsident Stifft antwortete ihm, daß das Resultat des gestrigen Tages auf eine glänzende Weise gezeigt, in welchem hohen Grade er (Messenhauser) das Vertrauen der Garde besiße; daß das Mißtrauensvotum des StudentenComitee's und des demokratischen Vereines dagegen nicht in Beachtung kommen könne. Messenhauser erklärte nun, das Ober-Commando fortführen zu wollen; er sprach die Hoffnung aus, der Gemeinderath werde ihn unterstüßen; er werde die Stadtgarden ausrücken und sie nicht eher abtreten lassen, als bis die Stadt übergeben sey. In Folge des Borhergehenden erschien nachstehendes Plakat:

„Von Seite des Gemeinderathes der Stadt Wien wird hiermit bestätigt, daß Herr Ober-Commandant Messenhauser so eben in der Plenarversamm

lung des Gemeinderathes die Erklärung abgegeben habe, daß er seine bereits niedergelegte Stelle als Ober-Commandant der Nationalgarde, in Berücksichtigung der gegenwärtigen gefahrvollen Verhältnisse, noch so lange behaupten wolle, bis das begonnene Friedenswerk vollendet ist, um so mehr, als die gehoffte Hülfe der Ungarn seiner Ansicht zu Folge weder verläßlich, noch genügend seyn würde. Wien, 30. October 1848. Bom Gemeinderathe der Stadt Wien."

Die Aufgabe Messenhausers, die llebergabe der innern Stadt an die f. f. Truppen, war unter den obwaltenden Umständen von den größten Schwierigkeiten begleitet. Die Ernennung Fenneberg's zum Ober-Commandanten war in den vom Militär noch nicht beseßten Vorstädten schon bekannt. Man erwartete nur energische revolutionäre Schritte, indem man noch immer auf ein siegreiches Vorrücken der Ungarn wartete. Die demokratische Partei war noch immer am meisten geordnet, und hatte in dem bewaffneten Arbeiter-Corps, wovon sich der größte Theil in der innern Stadt befand, ein willfähriges Mittel zur Ausführung seiner Plane. Ueber diese selbst konnte mit Zuverläßigkeit bis jezt noch nichts bestimmtes ermittelt werden. Ist aber nur die Hälfte von dem wahr, was man sich erzählte, so wäre der Untergang und die Zerstörung der Stadt unvermeidlich gewesen; es würden noch Tausende von Menschenleben geopfert worden seyn! So viel ist aber mit Sicherheit anzunehmen, daß die demokratische (Umsturz-) Partei die Ernennung Fenneberg's zum Ober-Commandanten nicht deßwegen um jeden Preis durchgesezt haben wollte, damit er die Stadtthore den k. k. Truppen öffne. Durch die Erhaltung Messenhauser's im Oder-Commando durch die Offiziere in der Stallburg, wurden alle Machinationen der Demokraten vereitelt, Fenneberg als Ober-Commandant desavouirt, und da derselbe bei seiner bekannten Energie durch Terrorismus den heftigsten Widerstand gegen die Armee herbeigeführt hätte, war die Stadt Wien vom Untergang gerettet. Fenneberg vergaß, daß er beim Ober-Commando politische Gegner hatte, denen Wien theuer ist; er wußte nicht, daß ihn Dunder's Demonstration als Ober-Commandanten unmöglich gemacht. Was zur eigentlichen Nationalgarde gehörte, hatte die Waffen am 29. abgelegt, und nur in ganz kleinen Fraktionen am 30. ergriffen. Hingegen besaß die Mobilgarde noch zum größten Theile ihre Waffen und befand sich zahlreich noch ganz geordnet auf der Universität und in der Salzgries-Kaserne. Auf diese konnten die Demokraten mit Zuversicht rechnen. Das war die gefährliche Lage der Stadt am 30. beim Anbruche der Nacht. Messenhauser erkannt sie wohl. Vor Allem war, um die Uebergabe der Stadt bewerkstelligen zu können, nöthig, vor einem Handstreich in der finstern Nacht gesichert zu seyn. Zu diesem Behuse schickte Messenhauser die Brünner-Nationalgarde und die Sicherheitswache zum Schuße des Gemeinderathes und landständischen Gebäudes. Einige Compagnien der Mobilgarde, welche ihm anhingen,

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