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nehmen, sondern auch einen Militär-Despotismus einführen werden, wie er noch nie erlebt worden. Alles dieses ist wahr, und ich sege meinen Kopf zum Pfande ein."

Oberlieutenant Weißenberger zitterte vor Wuth, sagte, daß die Rede dieses schändlichen Menschen aus lauter Lügen zusammengeseßt sey; Weißenberger habe sich nicht als Spißbube ins feindliche Lager geschlichen, sondern war als Parlamentär dahin geschickt, und habe sich von der Loyalität, wahrem Freiheitssinne und Edelmuthe der k. k. Truppen selbst überzeugt; daher Reaction oder Despotie vom Militär nicht zu erwarten ist.

Der größte Theil der Anwesenden spendete Beifall dieser Nede, doch die sogenannten Radikalen schrieen, pfiffen und tobten; man hörte den Ruf: „Nieder mit dem schwarzgelben Halunken, hängt ihn auf!" u. s. w.

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Zulegt trat ein Redner auf und erklärte: er komme gerade aus dem ungarischen Lager, und könne versichern, daß die Ungarn kommen werden! (Hef= tiger Lärm, Unterbrechung.) Die Partei, die durch den mächtigen Eindruck der Rede Messenhauser's für den Frieden war, verringerte sich zusehends. Die Demokraten bearbeiteten die Vertrauensmänner eifrigst. Unter diesen Verhältnissen war die Möglichkeit vorhanden, daß das gewünschte Resultat der Versammlung vereitelt werden könnte. Die Umstände wurden immer mißlicher, die Aufregung nahm immer mehr zu. Noch mehrere Redner sprachen sich für die Fortseßung der Feindseligkeiten aus. Endlich aber ist die Friedenspartei unter sich übereingekommen, Niemanden mehr, außer Messenhauser, zum Sprechen kommen zu lassen, und so oft ein Redner das Wort an sich reißen wollte, machte diese Parthei einen fürchterlichen Lärm, klirrte mit den Säbeln und schrie: Messenhauser! Messenhauser!" -Gruppen hatten sich gebildet, in welchen eifrigst debattirt wurde. Unter Denjenigen, welche sich für die Einstellung der Feindseligkeiten eifrigst verwendeten, bemerkte man den Abgeordneten Polaczek, den Redacteur Kuranda und Dr. Kubenik. Kuranda stieg auf einen Tisch und rief der sturmbewegten Versammlung zu, nicht dem Phantome der Ehre allein solle man nachjagen, sondern auch der Weiber, Kinder und Säuglinge gedenken! *)

Vergebens hatten sich Dr. Hammerschmidt, Chaisès und noch Einige das Wort zu verschaffen versucht. — Endlich kam Messenhauser zurück. Schnell änderte sich die Scene; Dr. Kubenik theilte ihm mit, daß man Niemanden als ihn werde zu Worte kommen lassen; er solle noch einmal sprechen

*) Kuranda war der erste, der Anfangs der October-Revolution beim OberCommando erschien und auf die Gefahr aufmerksam machte, die den ungeheuren Schäßen im Belvedere drohe. Das Belvedere ist unangetastet geblieben, Dr.

und dann sogleich durch Theilung abstimmen lassen. Messenhauser erhielt das Wort und sprach mit einer Kraft, die elektrisirte, mit einer Wahrheit, die überzeugte. Stürmischer Beifall folgte seiner Rede; ihm allein gebührt die Ehre des Tages. Mittlerweile wurde Chaisès vom Abgeordneten Polaczek auf der Gallerie bearbeitet, für den Frieden zu sprechen; und dieser versprach es auch. Messenhauser, davon unterrichtet, ergriff noch einmal das Wort und bat die Versammlung, auch Herrn Chaisès zu hören, da es wünschenswerth sey, in dieser so wichtigen Frage die verschiedensten Ansichten zu vernehmen. Chaises konnte nun reden und erklärte: daß die Gründe, die er eben aus dem Munde des Ober-Commandanten vernommen habe, so überzeugend für ihn waren, daß er für den Frieden stimme.

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Wie mächtig die Leidenschaften erregt waren, kann man daraus entnehmen, daß, als die Abstimmung durch Theilung der Versammlung vorgenommen wurde, einzelne Vertrauensmänner mit Gewalt hin und her gezerrt wurden; ja, als Messenhauser das Resultat der Abstimmung — als für den Frieden sich aussprechend erklärte, stürzten sich die, welche dagegen waren, auf die Stiege links, um ihn von der Gallerie herabzureißen; doch kam diesen die Friedenspartei über die Stiege rechts zuvor, und trug ihn auf den Schultern herab, und sodann in die Stallburg. Schnell durchflog diese Nachricht die Stadt, und ward nach Verschiedenheit der Parteien verschieden aufgenommen. Nachdem dem Gemeinderathe das Resultat der Abstimmung mitgetheilt worden, ließ solcher sogleich Messenhauser rufen, und als er im Gemeinderathe erschienen, wurde ihm von dem damaligen Vicepräsidenten Stifft mit kräftigen, tiefge fühlten Worten der Dank der ganzen Versammlung für seine Friedensvermittlung ausgesprochen. Es wurde sogleich beschlossen, die Kapitulations-Akte aufzuseßen und eine Deputation, aus dem Gemeinderathe und der Nationalgarde zusammengesezt, um an den Fürsten Windischgräß abzugehen. Die Wahl fiel auf Brodhuber, Hütter und A. Winter vom Gemeinderathe; Oberst Schaumburg, Bezirks-Chef Naessel und Oberlieutenant Weißenberger von der Nationalgarde, und Carl Friedmann vom Studenten-Comitee.

„Mitbürger! Ich habe die Vertrauensmänner der Compagnien versammelt gehabt, ich habe mit Ihnen gesprochen, ob ein Verzweiflungskampf stattfinden solle, oder die Unterwerfung unter die nun einmal nicht zu läugnende llebermacht des Gegners. Der Verzweiflungskampf, um es mit der nackten Wahrheit des Soldaten zu sagen, hieße soviel, als die Blüthe der Bevölkerung unter den gegenwärtigen Verhältnissen auf die Schlachtbank führen. Jeßt, da es kein diplomatisches Geheimniß mehr ist, das ich mit bekümmerten Herzen in meiner Brust zu verschließen hatte, kann ich unsere Schwäche offen darlegen, nämlich: mit der angestrengsten Thätigkeit, mit der Verschwendung von Geldmitteln haben wir nur

so viel Munition erzeugen können, daß für 4 Stunden allgemeiner Vertheidigung Vorrath mehr da ist.

Unter solchen Verhältnißen kann man es auf keinen Sturm ankommen laffen. Die Verantwortung vor Gott und Menschen wäre zu unerläßlich, ich kann sie nicht auf mein Gewissen nehmen.

Mitbürger! vertrauet mir, als ehrlicher Mann habe ich bloß den Verhältnißen gemäß gestimmt.

Es wird jezt meine Angelegenheit seyn, mit männlicher Offenheit mich an den Herrn Feldmarschall zu wenden und ihm, beim Abschluße der Convention den vollen Inhalt der Verheißungen Sr. Majestät zu Gemüthe zu ziehen. Wien, am 29. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant." Dieses Plakat wurde von den Demokraten, wüthenden Mobilen und Ueberläufern zerrissen.

Mitbürger! Nachdem der Herr Ober-Commandant so eben dem Gemeinderathe die Nachricht überbracht hat, daß die stabile und mobile Nationalgarde, so wie die akademische Legion sich entschlossen haben, die Waffen niederzulegen, und in die, vom Herrn Fürsten Windischgräß gestellten Bedingungen sich zu fügen, ist sogleich eine aus Gemeinderäthen und Mitgliedern der gesammten Volkswehr bestehende Deputation zum Herrn Fürsten abgegangen, um ihm die betreffende Mittheilung zu machen. Wien, am 29. October 1848.

Bom Gemeinderathe der Stadt Wien." Dieses Plakat wurde von den Mobilen ebenfalls von den Ecken herabgeriffen, die Wuth und Verzweiflung der ersteren war furchtbar.

- Nachdem der Beschluß der Kapitulation im Volke bekannt geworden, sammelten sich am Michaelerplage, am Kohlmarkt und in der Herrengasse Rotten Bewaffneter, mit der Absicht, das Abgehen der Deputation nach Hegendorf zu verhindern.

Abends verbreitete sich das Gerücht, daß Caroline Perin geborne Pasqualati, Präsidentin des Wiener demokratischen Frauen-Vereines in Begleitung ihrer Adjutantin beim Ober-Commando erschienen sey, daselbst aufrührerische Reden gehalten und zur Aufstellung einer Guillotine aufgefor dert habe, um, wie sie sagte, allen Schwarzgelben die Köpfe abzuschlagen.

Abends kam ein in Legionsuniform gekleideter Mann mit einem Kalabreser auf dem Kopfe, in einem weiten Mantel eingehüllt, in das Centralbureau des Ober-Commando, wo die Plaß-Offiziere Inspection zu halten pflegten, und drei derselben anwesend — und mit Ausfertigung der Befehle, bezüglich der Einstellung der Feindseligkeiten und Ablegung der Waffen beschäftiget waren. Derselbe

rief ihnen zu, wie lange sie noch hier zu bleiben gedenken, und welcher von den dreien denn Luft hätte, in der Mitte hängen zu wollen. Worauf die Playoffiziere dem Eindringling bedeuteten, ein begründeteres Recht zu haben hier zu verweilen als er, und erklärten ihn arretiren zu lassen, wenn er sich nicht gleich entferne, worauf er unter Fluchen und nach vielen ausgestossenen. Drohungen das Bureau verließ. An diesem Tage war es höchst gefährlich, entschieden gegen derlei Menschen aufzutreten, da die An archie schon auf das Höchste gestiegen war.

Nachts kamen in das Gasthaus zur Ente" in der Schulenstraße, woselbst sich das Central-Comitee aller demokratischen Vereine befand, mehrere Commandanten der Mobilgarde und theilten den Anwesenden, ungefähr 30 an der Zahl mit, daß so eben die lehte Berathung über das fernere Schicksal von Wien beim Ober-Commando gehalten worden. Die Majorität, ja selbst Messenhauser stimmte für die unbedingte Unterwerfung der Stadt. Sämmtliche Mitglieder dieses Comitees waren im höchsten Grade entrüstet über diesen Bericht, fluchten und tobten, und die allgemeine Meinung stimmte für die Fortseßung des Kampfes um jeden Preis. Es wurden Reden der empörendsten Art gehalten, Messenhauser zum Verräther gestämpelt, und an die Spiße der unter Jubel und Geheul verfaßten Proscriptions - Liste, welche bei 500 der ehrenwerthesten Namen enthielt, verzeichnet. Ein Mann mit starkem röthlichen Bart und norddeutschen Dialekte hatte sich als einer der wüthendsten Redner bemerkbar gemacht. *) Hierauf zerstreu ten sich fämmtliche Mitglieder dieses Comitees in der Stadt nach allen Richtungen, um alle Bewaffnete für den heftigsten Widerstand zu haranguiren.

Um 7 Uhr Abends erschienen theils Studenten, theils Proletarier im Spitale des Stadt-Conviktes und sprachen die Gewißheit aus, daß in derselben. Nacht die f. t. Burg sammt ihren Schäßen, und das Fürst Windischgrägische Palais in der Renngasse angezündet werden sollten. Der in diesem Spitale angestellte Chirurg M. Ausvig, von der bevorstehenden Gefahr und solch vandalischem Vorhaben tief erschüttert, begab sich sogleich mit der Meldung des Gehörten in den Gemeinderath, wo er

*) Der volksbeglückende Camillo Hell, Literat, Redacteur, Aufwiegler und Calabreser, Sohn eines hochachtbaren blederen Staatsdieners, der einen berühmten Familiennamen führt, soll seinen eigenen Vater auf die Proscriptions-Liste gesezt haben. Der liebe Sohn wollte ein schönes Mädchen heirathen; deren Vater eröffnete dieß dem Vater des lieben Sohnes; legterer aber sagte: Mein Sohn ist ein Lump, geben sie ihm die Tochter nicht. Der Vater des Mädchens eröffnete die Recommendation dem jungen Camillo, und dieser wollte dafür in der Revolution Revanche nehmen.

dem Ober-Commandanten Messenhauser den Thatbestand referirte, dann ging er zur 6. Compagnie des Stubenviertels, in welcher er eingereiht war, zur Hauptwache in der Burg, und zum Ober-Commando und erstattete an diesen Orten ebenfalls den Bericht davon. Beim Ober-Commando, wo er einem Legions-Offizier noch insbesondere seine Besorgniße mitgetheilt, erhielt er den Bescheid: Man wird das Nothwendige veranstalten. Ihr Drängen ist überflüßig. Ueberhaupt, zündet der Kaiser unsere Vorstädte an, so möge auch seine Burg brennen." Auf die Frage des Auspiß*), wer die kais. Burg wieder aufbauen würde, äuBerte jener: „Sie soll in Schutt und Asche liegen bleiben." Das waren die Gesinnungen der Volksbeglücker !

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Nachstehende Intimation des Unterstaats-Secretärs von Stifft gelangte unter gleichzeitigen zahlreichen Berichten über die gefährlichen Absichten der Umsturz-Partei und des Proletariats zum Ober-Commando, und zwar, wie es scheint, in Folge der an demselben Abend erfolgten Abstimmung zu Gunsten der Kapitulation und als Sühne für das in Brand gerathene Privateigenthum:

,,An die löbliche Permanenz des hohen Reichstages! Es wird mir so eben die Meldung gemacht, daß 4-500 bewaffnete Proletarier, welche gestern die berittene Nationalgarde aus der herzoglich albertinischen Reitschule vertrieben, und davon Befiß ergriffen haben, beabsichtigen heute Nachts, angeblich unter Anführung von Studenten, die f. f. Burg mit Brandraketen in Brand zu stecken und das Monument auf dem Burgplaße zu stürmen. Da der Aufenthalt der erwähnten Bewaffneten in der Reitschule mit keinem auf die Vertheidigung der Ringmauer vereinbarlichen Zwecke verbunden zu seyn scheint, so halte ich mich verpflichtet, die Permanenz des hohen Reichstages von der obigen Meldung die unverzügliche Anzeige zu machen, damit Hochdieselbe die geeigneten schleunigen Verfügungen zu treffen in die Lage komme, um einem Attentate zu begegnen, dessen Vollbringung die traurigsten Folgen haben würde.

Wien, den 29. October 1848.

Der Unterstaatssecretär Stifft, m. p." Das Ober-Commando der Nationalgarde wird dringend aufgefordert, die

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*) Hier muß ich bemerken, daß Herr Auspiß ein Israelite ist. Ich kann nicht umhin diesem Manne, schon wegen seiner früher bewiesenen Humanität (Seite 740) ein herzliches Bravo! zuzurufen. Moriz Groß, Garde der 3. Compagnie 3. Bezirkes, tete das alte Mütterchen des tapferen Artillerie-Hauptmanns und Vertheidigers des 1. Zeughauses F. Kastell, am 7. Oct. aus dem Zeughause. Der Held Kastell weinte wie ein Kind um seine Mutter. Groß der Israeliteführte sie ihm sammt deren Gesellschaftern brauche ich richt zu sagen, als: wackere Männer!

unter lebensgefählichen Umständen, zu

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mehr Dr.

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