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auch das im Dominikanergebäude befindliche Staats- und Kloster - Eigenthum durch Verfügung des N. G. Ober-Commando beschüßt worden.

Militärischer Bericht. Theils um den Wienern, die nunmehr nach der erhaltenen Lektion am 28. von der Ueberlegenheit wohldisciplinirter Truppen über fanatisirte Insurgentenhaufen, troß der Vortheile, welche ihnen ihre Stellung hinter Barrikaden und Mauern gab, die Ueberzeugung erlangt haben mußten Zeit zu gönnen zur vernüftigen Einsicht zu gelangen, theils um die Bewegungen der anrückenden Magyaren zu beobachten, ließ der Feld-Marschall am 29. Oct. die Angriffe gegen die noch nicht eroberten Theile von Wien, nicht weiter fortseben. Dieser Tag verlief daher, einzelne Plänkeleien abgerechnet, ganz ruhig.

Alle gegen Wien verwendeten Truppen blieben in ihren eingenommenen Stellungen, nur die Brigade Grammont wurde aus der Leopoldstadt zu dem Korps gezogen, welches der Feld-Marschall den Magyaren entgegenstellte. Die Brigade Parrot beseßte an diesem Tage die verlassen gefundene Nußdor fer-Lienie, rückte bis an den Alserbach vor, und entwaffnete die dortigen Borstädte. Der Feld-Marschall hatte sich früh auf den Laaerberg begeben, der eine Aussicht gegen Schwadorf und Himberg gewährt, woher die Ungaren kommen mußten. Um ihnen die Uebergänge über die Schwechat streitig zu machen, oder wenigstens ihr Debouschiren zu hindern, wurden die Ortschaften Ebersdorf, Schwechat, Ranersdorf von der Divifion Kempen, und der aus der Leopoldstadt herbeigezogenen Brigade Grammont beseßt. Die Uebergänge bei Maria-Lanzendorf waren von Serezanern bewacht. Auf dem Laaerberge stand die Brigade Jablonowski in Reserve, das Cürasfier-Regiment Wallmoden lagerte im Thale am Kanal, Ranersdorf gegenüber, das Neugebäude war mit 2 Bataillons und 66 Kanonen beseßt und zur Selbstvertheidigung eingerichtet. Gegen Abend gewahrte man die ungarischen Kolonnen zu beiden Seiten der von Schwadorf nach Schwechat führenden Straße, wo sie auf der Höhe eine Aufstellung nahmen.

Ihre Stärke wurde, nach Kundschaftsnachrichten, auf 24'. Bataillone, 17 reguläre, 3 irreguläre Eskadronen, 71 Geschüße und einige Bataillone Freiwillige angegeben.

Der Feldmarschall hatte erwartet, daß die ansichtig gewordenen Truppen nur ein Theil der ungarischen Armee wären, ihr linker Flügel aber bei Himberg zum Vorschein kommen würde. Nachdem er sich aber durch Kundschafter und Patrouillen überzeugt hatte, daß von jener Seite nichts mehr zu erwarten sey, eine aus verschiedenen Truppengattungen zusammengeseßte Heeresabtheilung aber von der ungarischen Gränze den Weg gegen Neustadt eingeschlagen habe, so verfügte der Feldmarschall, daß ohne Verzug ein Grenadier Bataillon von der Brigade Schütte, welche vor der Mariahilfer Linie stand, mittelst Eisenbahn nach

Wiener Neustadt, hauptsächlich zum Schuße der in der dortigen Nähe befindlichen Raketenanstalt und Pulverdepots, entsendet werde, und übertrug dem G. M. Fürsten Franz Liechtenstein den Befehl über die Kavallerie des 1. und theilweise des 3. Corps, bestehend aus:

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drei Kavallerie- und eine Raketen-Batterie, welche bereits nächst dem Schußengelkreuz oberhalb Unter-Laa versammelt waren, mit dem Auftrage, am andern Tage zeitlich abzukochen, sodann die Schwechat bei Ober- Lanzendorf zu überschreiten, und nach Umständen die Ungarn in ihrer linken Flanke oder im Rücken anzugreifen.

Nach einem Berichte waren am 29. bei der Belagerung von Wien: 58 Bataillone Infanterie, 64 Eskadronen Kavallerie, 264 Geschüße und 14 BrückenEquipagen, zusammen an 115,000 Mann Militär beisammen.

Als in der Leopoldstadt an einigen Orten von den Kroaten geplündert wurde, fanden sich gleich Juden ein, die ihnen die gestohlenen Sachen abkauften; allein diesen wurde das Gekaufte gleich wieder von andern Kroaten weggenom men, und so hatten sie weder Waare noch Geld.

In der Leopoldstadt war nachstehendes Plakat angeschlagen:

„Kundmachung. Von Seite des Truppen-Divisions-Commando des Herrn Feldmarschall-Lieutenants von Ramberg ist an die Grundgerichte Leopoldstadt und Jägerzeile folgender hoher Auftrag gekommen, als:

„„Nachdem die unter mir stehenden Truppen heute und gestern alle Theile der Leopoldstadt beseßt haben, so mache ich sämmtlichen Bezirks-Obrigkeiten der Leopoldstadt anmit bekannt, daß dieselben nach dem Wortlaute der erlassenen Proklamationen Sr. Durchlaucht des Feldmarschallz Fürsten zu Windischgrät, in Folge des eingetretenen Belagerungszustandes der Stadt Wien und ihrer Vorstädte, mir, als der obersten Militärbehörde der Leopoldstadt in Allem und Jedem untergeordnet und verantwortlich sind. Demnach hat alsogleich die Entwaffnung sämmtlicher Einwohner der Leopoldstadt von den Bezirksobrigkeiten eingeleitet zu werden und es ist durch den Druck sogleich zu veröffentlichen:

1. Daß alle Schuß-, Stich- und Hiebwaffen jeder Art, so wie auch Munition, gleichviel, ob sie Privateigenthum oder nicht Privateigenthum find, also

gleich von Jedermann: Nationalgarde oder Nicht-Nationalgarde, bei den Bezirksobrigkeiten deponirt werden müssen. Eigene Waffen, so wie jene der Nationalgarde, sind mit angehefteten, vom Eigenthümer mit der eigenen Namensunterschrift bezeichneten und dessen Siegel versehenen Zetteln abzuliefern.

2. Alle nicht in diese zwei Kategorien gehörigen ärarischen Waffen sind von der Bezirksobrigkeit, als aus dem Zeughause entwendet, mit Specification sogleich ins Neugebäude bei Schwechat abzuliefern.

3. Die Lokale der Waffendepots find anzuzeigen, um durch Pikets_bewacht zu werden.

4. Derjenige, welcher Waffen und Muniton versteckt hält, verfällt dem Standrechte. Es werden deßhalb militärische Visitirungen Statt finden.

5. Für heute hat jeder Bezirk für die in seinem Bereiche dislocirten Truppen die Verpflegung zu liefern. Das Fleisch wird von der Mannschaft baar bezahlt werden. Die Bezirksobrigkeiten wollen sich ins Einvernehmen seßen, um die geseßliche Ordnung herzustellen und aufrecht zu erhalten.

Ramberg, m. p., F. M. 2."" Wovon Jedermann zur genauesten Darnachachtung und Befolgung hiermit in Kenntniß gesezt wird. Wien, am 29. October 1848.

Bom Grundgerichte Leopoldstadt.

Klang, Richter."

Der Plaß-Oberlieutenant Dunder erfuhr, daß in der Praterstraße alle Häuser, auch jenes, worin derselbe wohnt, geplündert worden seyen, und daß kein Mann, wohl aber Frauenzimmer in die Leopoldstadt gelassen werden. Derselbe sendete die Frau des Communalgarden, Baron Riedesel, in seine Wohnung. Nach drei Stunden kam die muthige Frau in die Stadt zurück und bestätigte das Gerücht als eine traurige Thatsache.

Im Bezirke Josefstadt, war so zu sagen die frühere Ordnung und Ruhe hergestellt, daß gegen Mittag die Linienwälle beinahe ganz verlassen waren, die Bewaffneten in den Straßen verschwanden, und die Waffen in Massen abgelegt wurden. Mittags brachte man ganze Wagen mit Gewehren aus dem Krankenhause in das Transport Sammelhaus, welche aber zur Sicherheit des Hauses von den Plaßoffizieren Ruf und Edtbauer nicht angenommen werden konnten, sondern auf das Grundgericht verwiesen werden mußten.

Gegen Abend aber kamen Emissäre aus der Stadt, die sich gewöhnlich in dem Bezirke herumtrieben, allarmirten aufs Neue die entzündbaren Stoffe der Nationalgarde desselben, und es erwachte der Geist des Widerstandes, und des andern Tages tobte die Gewaltherrschaft ärger wie früher, da der gemäßigte Theil der Garde die Waffen nicht mehr ergriff, dieselben daher nur in den Händen der Mobilen und der unbezähmbarsten Schreier befindlich waren.

Alle jene Arbeiter, welche bewaffneten Corps oder der Mobilgarde eingereiht wurden und bestimmte Bezüge bisher von der Commune empfangen haben, ebenso die unbemittelten Nationalgarden, welche ebenfalls von der Commune unterstügt wurden, erhalten nach Ablieferung der Waffen an die hiezu näher zu bestimmende Commission, von dem Tage, als dieß erfolgt ist, insolange die bisher bezogene Unterstügung, bis die gegenwärtig gestörten Gewerbsverhältnisse wieder geordnet und ihnen der selbstständige Erwerb wieder möglich geworden seyn wird. Wien, am 29. October 1848. Vom Gemeinderathe der Stadt Wien."

Borstehende Proklamation ist auch mit dem Datum vom 30., jedoch mit dem Zusaße veröffentlicht worden: „Diese Zusicherung wird vom Gemeinderathe wiederholt ertheilt, und unbedingt zugehalten werden."

Am Stephansthurme. Am 29. befand sich Messenhauser mit dem größten Theile seines Generalstabes oft auf der Warte am Stephansthurme; sehnsüchtig blickten Aller Augen in der Richtung gegen Schwechat; da ertönte der Ruf vom großen Tubus: „Wir sehen das Lager der lingarn hart bei Schwechat !” - Einer nach dem andern richtete die Instrumente dahin, und troß des Nebels wollte Jeder die Ungarn erkennen. Umsonst erklärte der Leiter: „Es seyen nicht die Ungarn, sondern die österreichischen Truppen, die jenen gegenüberstehen, er fönne nichts anderes telegraphiren lassen." Schon stürmte Alles auf ihn ein, er müsse berichten: die Ungarn seyen da, er müsse Sturm läuten lassen. Schon durchläuft das falsche Gerücht die ganze Stadt, und seßte Alles in Bewegung; da erschien der Hauptmann Endhofer vom Generalstabe, der Chef des Generalstabes Haug fam etwas später nach; der Himmel klärte sich etwas auf, und nun stimmten diese beiden ebenfalls der Angabe bei, daß die bei Schwechat lagernden Truppen zur kaiserlichen Armee gehören.

Auf die von Messenhauser vor seinem Weggehen vom Thurme gemachte Aeußerung: „Alles sey aus, jeder könne hingehen, wohin er wolle, da morgen Früh die Webergabe der Stadt erfolgt, und jede weitere Observation nußlos sey,“ löste sich das ganze Observations Corps auf. Die Instrumente wurden fortgetragen, und Abends war der Thurm wie verödet.

Wie erwähnt, rückte das Militär den 29. Früh bei der Nußdorfer und fleinen Linie in die dortigen Vorstädte ein. Bei Gelegenheit dieses ohne Wider stand erfolgten Einrückens muß eine Erwähnung der dortigen Arbeiter geschehen. Die bei dem Donaukanale beschäftigten Wasserarbeiter, namentlich in der Rossau, Lichtenthal, Thury, Himmelpfortgrund und Althan, dann Weißgärbern und Erdberg haben viel Takt, Biederfinn und gute Haltung bewiesen. Bezüglich derjenigen aus dem Bezirke Lichtenthal liefern folgende Fakta den kräftigsten Beweis. Schon in den Märztagen hatten sich dieselben als sogenannte Feuerwache

gebrauchen lassen; man hieß sie, weil sie dicke Stöcke trugen, Staberlgarde, und fie leisteten für Ordnung und Ruhe die trefflichsten Dienste. Der Bezirks-Chef und fürstlich Liechtenstein'sche Justiz-Amtmann Winter, dann der HauptRechnungsführer Hausotter hatten unter diesen Leuten einen so trefflichen Geist zu erregen und zu erhalten gewußt, daß man über deren Haltung erstaunt war, besonders da sie sich bei keiner, wo immer vorgekommenen Bewegung betheiligten, und am heimischen Herde blieben. Eines Tages erschienen vom Brünnelfelde bei 400 Arbeiter im Lichtenthaler Bräuhause mit der bescheidenen Bitte um Bier, welches schon Einer bezahlen wolle. Bier wurde in offenen Zubern herabgeschleppt man tranf etwa dreißig Eimer - und ging. Die Bezahlung erfolgte nicht. Schon auf den Ruf: im Lichtenthaler Bräuhause geschehe eine Sturmpetition, hatten sich bei 100 Mann der treu erprobten Staberlgarde in ruhiger Haltung versammelt, um Excesse, würden sie begangen, abzuwehren. Des andern Tages kamen wieder 200 Manu, vorgebend, daß sie von einer andern Arbeiter partie sehen, die auch Bier begehre. Es kam Bier, es kam die Lichtenthaler-Staberlgarde; die Einen tranken, die Andern sahen dem Treiben stumm zu, und Alles lief ruhig ab. Tags darauf ließen sich wieder dreißig Mann von der großen Werkstätte am Brünnelfelde beikommen, zu den beim Wasser beschäftigten Arbeitern zu gehen, und diesen die vertrauliche Mittheilung zu machen, daß man wieder eine Bierpetition in Masse beabsichtige, daß man diese aber im guten Einvernehmen, und mit Hülfe der dortigen Arbeiter auszuführen wünsche. Die braven Wasserarbeiter gaben sich den Schein, in diesen Vorschlag einzugehen, versammelten schnell eine Zahl von dreißig bis vierzig nächst beschäftigter Strobler und Holzscheiber, und peitschten die Bierstürmer durch alle Vorstädte bis auf das Brünnelfeld hinaus, und bläuten sie im Angesichte von Tausenden dermaßen durch, daß ihnen für die Zukunft um so mehr alle Lust Sturmpetitionen zu machen verging, als sie ihnen vor allen Andern die ernste Drohung zurückließen, daß eine gleiche Behandlung allen jenen werde zu Theil werden, welche sich mit solch' communistischen Tendenzen wieder im Lichtenthal sehen lassen würden. In den Tagen des Bombardements waren sie meist im Bräuhause und den Bürgerhäusern vertheilt, wo sie mit seltener Hingebung und Aufopferung oft mitten im Kugelregen die zahlreich ausgebrochenen Feuersbrünste nicht selten im Augenblicke des Aufloderns schon löschten. Brave Arbeiter!

Dringender Aufruf. Es haben allsogleich von allen Compagnien der Nationalgarde, der akademischen Legion, und der Mobilen Vertrauensmänner bis längstens 4 Uhr Nachmittags im Bureau des Ober-Commando's mit unumschränkter Vollmacht sich einzufinden. Das Votum eines Jeden muß einfach Ja oder Nein seyn; nämlich: Der Kampf mit allen seinen unabsehbar schrecklichen Folgen wird fortgeseßt, oder er wird durch die übliche Convention einer kapituli

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