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zigen Schwestern nach Gumpendorf führen, wo er bis zur völligen Heilung meh rere Wochen zubrachte. Sein Weib fand ihn erst nach mehreren Tagen, und nach vielem Herumsuchen in diesem Spitale, froh, daß er noch lebte.

In dem Hause Nr. 27. waren die Kerzen eines Leichenvereins aufbewahrt. Die Soldaten zertrümmerten die Kiste und vertheilten die Kerzen unter sich, um damit die Häuser anzünden zu können.

Um dem Leser ein getreues Gemälde des unglücklichen Octobers zu geben, wollen wir die Schicksale noch einiger Familien der Vorstädte Hundsthurm und Mazleinsdorf, welche verhältnismäßig die schwersten Drangsale erlitten, schildern. Der Verfasser schreibt Geschichte, er ma cht nicht Geschichte! —

Haus Nr. 32. Erst vor etwa einem Jahre von dem Bandfabrikanten Gottlieb Reininger angekauft, mit bedeutender Schuldenlast darauf, da er auch viel brauchte, um das Haus für sein Gewerbe einzurichten. Er und sein Weib find fleißige, unermüdete und sparsame Leute, und selbst die beiden noch kleinen Töchter sind an Fleiß gewohnt. Er hatte 14 kostspielige Bandstühle und einige Appretur-Maschinen, wovon Eine 3,000 fl. C. M. kostet, im Hause auf-». gestellt, und eine Menge Wollen-Gespinnst und Waaren im Vorrath. Dabei war er auch gut mit Möbeln, Vetten, Wäsche und Kleidern versehen. Er hatte sich wenig gesichert, denn die Hauptsachen konnte er nicht verbergen, und daher nur Einiges in den Keller gebracht, der aber, wie überall auch durchsucht und geplündert wurde. Besonders freuten sich die Jäger darauf, als sie hörten, daß in diesem Hause eine Fabrik sey, wo sie würden recht wüsten und anzünden kön nen. Das geschah denn auch Abends, als die in Nr. 27 aufgefundenen, einem Leichenvereine zugehörigen Kerzen vertheilt worden waren. Mit diesen drangen die Soldaten verschiedener Corps in das schon geplünderte Haus neuerdings ein, in jedem Zimmer wurden die Strohsäcke aus den Betten gerissen, in die Mitte des Zimmers gebracht und angezündet; daher kam es auch, daß dieses Haus mit einem Male von unten bis oben in Flammen stand, und nichts konnte und durfte gerettet werden, in wenigen Stunden war das Haus von der Erde an, mit sammt dem Dache, und alles was darin war, vom Feuer verzehrt. Er ist gewiß der Unschuldigste aller Verunglückten. Er und seine Familie kamen nur mit dem nackten Leben davon; aber zwei Männer des Hauses, Parteien, wurden von den Soldaten ermordet. Einer war der Greißler Winkler. Ein anderer sehr kranke Mann, Namens Schnell, Vater von sechs Kindern, starb später im Spitale an den Folgen dieser Schrecknisse.

Haus Nr. 34. Gehörig dem Fischbein-Fabrikanten Jakob Jost. Ein schwächlicher, stets kranker Mann, zwar noch ledig, aber er hatte zwei Mädchen an Kindesstatt angenommen. Dieser Mann konnte wegen Krankheit keine Wehrdienste leisten und enthielt sich auch sonst aller Politik. Er war sehr furchts

sam, und hatte sich, während die Soldaten in seinem Hause wie in den andern plünderten, verkrochen. Als er sein Versteck verließ, um ein besseres zu suchen, wurde er erwischt und sogleich niedergeschossen. In demselben Hause wohnte

auch der Hafnermeister Leopold Bree, der verehlicht war und drei kleine Kinder hatte. Er war National-Gardist, war aber schon Vormittag aus dem Dienste fort und nach Hause gegangen. Dieser wurde in einem Versteck des Kellers gefunden, an den Haaren herausgezogen und vor der Thüre des Hauses erschossen. — Auch hatte sich in diesem Hause der nach Mazleinsdorf gehörige Gärtner Franz Baumgartner, da sein Garten und Haus dem Kanonenfeuer des Militärs zu sehr ausgesezt war, und auch schon brannte, geflüchtet und im Keller versteckt. Auch dieser wurde mit Gewehrkolben zusammen geschlagen und mit Bajonnettstichen getödtet. Noch zwei andere Männer, Parteien dieses Hauses, Namens Kraus und Schmidt, wurden ohne Gegenwehr, also unschuldig, durch die Wuth der Soldaten erschossen. Angezündet wurde hier nicht. Ueberhaupt wurde in der Johannagasse vom Militär auf jeden Mann, der sich auf der Straße oder in einem Hofe erblicken ließ, gleichviel, ob er ein Gewehr trug oder nicht, gezielt und geschossen, und Viele sind auf diese Weise schuldlos erschossen worden.

Haus Nr. 31. Gehört dem Webermeister Jakob Schulz, welcher in Schottenfeld wohnt. Der Hausmeister dieses Hauses, Namens Kraus, hatte am 28. Vormittags seine Betten und Kleidungsstücke in den Keller geschafft und hinter Holz versteckt. Erst nach 2 1hr Nachmittag drang vieles Militär in das Haus, das sich in der Wohnung des Hausmeisters komode machte und mit der alten Hausmeisterin, einer Böhmin, plauderte. Dieser Sprachkenntniß ist es zuzuschreiben, daß der Hausmeister, obschon mehrmals auf ihn gezielt wurde, verschont blieb, und die böhmischen Soldaten versteckten denselben im Garten, damit er nicht von anderen deutschen Soldaten mißhandelt werden sollte. Die Böhmen gaben dem Weibe, ihrer Landsmännin, Brote, die aber später kommende Deutsche wieder nahmen, ebenso verschiedene in der Wohnung befindliche Sachen. Ein hiezu gekommener Offizier trieb einmal eine Menge Soldaten aus der Wohnung auf den Wall, allein bald waren andere da. Vor dem Einbruche des Militärs hatten sich sechs National-Gardisten in den Keller dieses Hauses geflüchtet, nachdem sie vorher ihre Waffen weggeworfen hatten. Das in den Keller dringende Militär erwischte vier derselben, welche sogleich in den Wallgraben hinab auf das Feld geschafft und dort erschossen wurden Einer hatte sich in der Zwischenzeit hinter das Holz verkrochen und wurde nicht gefunden; der sechste weigerte sich mitzugehen, und erhielt deßhalb drei Schüsse in den Arm und Fuß und fiel zusammen. Man hielt ihn für todt und ließ ihn liegen. Hierauf sollte das Holz angezündet werden, allein die Bitten der böhmischen Hausmeisterin hintertrieben es. Der Verwundete war später hinter das Holz gekrochen, wo er

und der andere Kamerad erst den 30. Früh, durch die Gerichte, die nach den Leichen suchten, aufgefunden wurde. Der Verwundete war durch den Blutverlust ganz abgmattet, und wurde ins Spital getragen. Es wohnten in diesem Hause lauter arme Leute, die nicht viel hatten, doch kamen sie durch Plünderung fast um Alles, nur die wenigen Betten blieben ihnen durch Fürsprache der erwähnten Hausmeisterin. Nur ein Gassenzimmer wurde in der Nacht vom Militär angezündet, was völlig ausbrannte. Ein junger Webergeselle, der in dem Hause arbeitete, wurde gegen Abend auch unschuldig fortgeführt und auf dem Felde erschossen. Der Hausmeister hatte sich, seinem Verstecke nicht trauend, aus dem Garten fortgemacht, und in das Haus Nr. 33. begeben, wo er sich unter einem Bette in einem Zimmer verkroch. —

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Haus Nr. 33. Einer Witwe gehörig, welche in Sechshaus wohnt. In dieses drang das Militär nach 2 Uhr Nachmittag ein. Auch in diesem Hause wohnten lauter arme Leute, die aus Furcht sich zusammen in ein von den Schüssen freies Zimmer begeben hatten, denn von den Wällen und den Höfen aus flogen stets die Kugeln durch die Fenster in die Zimmer, die gegen den Wall lagen. In dem einen Zimmer war der Hausmeister dieses Hauses, ein betagter, sehr ruhiger Mann, und sein Better, ein Tischlergeselle aus Mazleinsdorf, dann ein älter, fast blinder Mann, Pfründner und Real-Invalide, ferner der Hausmeister des Hau ses Nr. 31, welcher sich beim Eindringen des Militärs unter das Bett versteckt hatte. Die ersteren drei wurden vom Militär sogleich fortgeschafft, und über dem Walle im Felde erschossen. Es ist schrecklich, daß man sogar den blinden Invaliden, dem man es doch schon an den ehemals operirten Augen ansehen konnte, er sey blind, und mußte geführt werden, und troß seiner Versicherungen, er sey ein langgedienter Militär und Invalid, nicht schonte! Auch der Hausmeister Kraus, aus Nr. 31, wurde unter dem Bette hervorgezogen, und sollte mit fort, allein ein alter Soldat fragte ihn, wie alt er sey, und da dieser hörte, er wäre vier und sechzig Jahre alt, so ließ man ihn laufen, mit dem Bedeuten, er solle sich aus dem Staube machen, indem das Haus angezündet würde. Kraus machte sich fort über die Straße durch das Haus gegenüber und in die Gärten. In den Zimmern des ersten Stockes wurde Alles untersucht, was da war mitge nommen, obschon werthlos, da es lauter armen Leuten gehörte, die sich meistens geflüchtet hatten. Nur in einem Zimmer befand sich ein ehemaliger Weber, jezt Pfründner, Namens Buxbaum, ein alter blödsinniger Mann, der nicht fortzubringen war, weßhalb auch sein lediger Sohn, ein Weber, bei ihm geblieben war. Wahrscheinlich aus Wuth des Militärs, da sie in diesem Zimmer, so wie im ganzen Hause nichts Werthvolles fanden, wurde sowohl der alte Buxbaum, als auch dessen Sohn im Vorhause erschoffen, und mit Bajonetten erstochen. In

der Nacht zündete man zwei Zimmer zu ebener Erde an, welche, ohne weiteren Schaden anzurichten, ganz ausbrannten.

Im Hause Nr. 22 war der Tischler Schich, zugleich Greißler. Ein ziemlich bemittelter und sehr braver, ruhiger Mann. Er hatte sein Weib und andere Frauenzimmer des Hauses fortgeschickt, und gemeint, er würde mit den Soldaten, wenn sie kämen, schon im gütlichen Wege allein fertig werden. Er gab Alles her, als die Soldaten Nachmittags eindrangen, was er hatte, Geld und Speisen, Klei: der und Wäsche, allein man forderte immer noch mehr von ihm, vorzüglich Geld, und als er etwas ernstlich auftrat, und betheuerte, bereits zum armen Mann gemacht worden zu seyn, wurde er aus dem Gassenladen heraus auf die Straße geschleppt, mit Gewehrkolben niedergeschlagen, und endlich auf der Erde liegend erschossen. Alle Zimmer des Hauses wurden geplündert, aber nichts angezündet. In der Stadt schalt man jene, die für die Kapitulation gesprochen, Verräther!

Im Hause Nr. 23, wo der Hauseigenthümer nicht wohnte, aber alle Par teien sehr arm sind, wurden die Zimmer ebenfalls geplündert, doch hatte der geringfügige Werth die Soldaten in solche Wuth gebracht, daß der Weber Fenet und der Weber Frederizi in ihren Zimmern erschossen wurden. Letterer, ein Vater von fünf Kindern, hatte das kleinste kranke Kind auf seinem Arme, und es schrie erbärmlich; ein Soldat riß es vom Arme, schleuderte es in einen Winkel und erschoß dann den Vater.

Im Hause Nr. 42, welches einem höchst braven, aber sehr kranken Mann, Namens Joseph Gerle, Webermeister, gehört, wurde ihm und seinen Parteien, meistens armen Webern, alles geplündert und zerschlagen. Der Greißler dieses Hauses und der Weber Stefchen, verheirathet und Vater von fünf Kindern, übrigens sehr arm, wurden im Hause erschossen, weil sie Nichts herzugeben hatten. Im Hause Nr. 43. Der Eigenthümer wohnte nicht hier. Der Lederer Auchmann, ein sehr braver Mann, vereheligt und Vater mehrerer, mitunter krüppelhafter Kinder, wurde in seiner Wohnung zu ebener Erde deßhalb erschefsen, weil man durchaus Geld bei ihm suchte, was er aber, da er arm war, nicht hatte. Haus Nr. 153. Dem verstorbenen Färbermeister Zamboni gehörig, und da die Verlassenschafts-Abhandlung noch nicht beendiget war, so stand das Haus unter Sequester. Die Witwe war schon mehrere Tage abwesend, und mag wohl ihre besten Sachen fortgebracht haben, obschon sie bei der Schaden-ErhebungsCommission einen sehr großen Verlust an Effekten, Prätiosen, Geld c. angege ben hat. Indessen ist doch das Zurückgebliebene geplündert worden, so wie den übrigen Parteien des Hauses, und das Haus selbst wurde in der Nacht vom Militär überall angezündet, so daß es, nebst den Hofgebäuden, bis auf den Grund ausbrannte. In diesem Hause war die Kaserne der Finanzwache. Die Mannschaft war aber schon mehrere Tage abwesend und verrichtete anderwärts

Dienste. Was von ihren Habseligkeiten in der Kaserne zurückblieb, wurde geplündert, und das llebrige ist verbrannt.

Haus Nr. 28. Jakob Lang, Baumeister. Hier wurde Alles geplündert, und Alles im Hause zerschlagen. Ein Zimmer zu ebener Erde brannte ganz aus. Selbst die im Keller versteckten und vergrabenen Sachen wurden gefunden und mitgenommen. Haus Nr. 26. Joh. Rodl, einem Greißler gehörig. Ein großes, zwei Stockwerke hohes Haus, doch angefüllt mit vielen armen Leuten, meist Webern. Der Laden des Greißlers wurde sammt seiner Wohnung total geplündert, so daß derselbe sammt seinem Weibe und Sohne Nichts mehr hatte, als was sie auf dem Leibe trugen. Die Betten wurden aufgerissen und die Federn in die Luft gestreut. Solches geschah in mehreren Häusern. Gassenladen und Wohnung des Greißlers wurden angezündet. Derselbe hatte in seinem Hofe eine große Masse Brennholzes, welches aufgeschichtet, fast den ersten Stock erreichte. Dieser Holzs stoß wurde von mehreren Soldaten in der Nacht des 28. um 10 Uhr angezündet, und dieses enorme Feuer ergriff die Fenster des ersten Stockes, wodurch mehrere Zimmer dieses und auch des zweiten Stockes völlig ausbrannten. Der Mann, der ohnehin viele Schulden auf seinem Hause hat, sie jedoch nach und nach bezahlt haben würde, ist ganz ruinirt. Auch die andern Parteien des Hauses wurden geplündert. Die Häuser Nr. 24 und 25 wurden gleichfalls geplündert, aber nicht angezündet. Mehrere Hauseigenthümer und Inwohner, meistens alte oder bejahrte Männer, wurden erstochen, erschlagen oder erschossen, oder man brachte ihnen gefährliche Wunden bei. Alte Männer, die sich aus Furcht in die Keller verkrochen hatten, wurden herausgeschleppt und getödtet. Ein Soldat schoß sogar nach einem kleinen Mädchen, ohne es jedoch zu treffen. Die Häuser am Ende der Gasse haben weniger gelitten, einige sind sogar von der Plünderung ganz befreit geblieben. Diese Gräuelscenen geschahen alle in der Nacht vom 28. auf den 29. Erst gegen 4 Uhr Früh hörte das Plündern und Würgen auf, und die Soldaten wurden zusammengezogen.

Am 30. führte man 57 Leichen aus dieser einzigen Gasse und dem Linienwalle fort, Jene nicht mitgerechnet, die das Militär aus den Häusern gebolt und über dem Walle auf den Feldern erschossen, und auch daselbst begraben hatte. Man hält sie alle für schuldlose Opfer, denn, waren auch einige darunter Nationalgardisten, so konnte ihnen das nicht sträflich seyn. Sie waren außer Dienst, trugen keine Waffen. So viel ist gewiß, daß von allen 57 Leichen nicht eine in der Gegenwehr gefallen ist, und eben so sicher ist es, daß keines der Häuser der Johannagasse durch das Bombardement angezündet wurde, sondern einzig und allein durch die Rache und den Muthwillen der Soldaten, mitunter auf das Gebeiß der Offiziere. Man hat in der Nacht und im Wirrwar die Farben der Regimenter nicht erkennen können, doch erhellt aus mehreren Berich

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