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und stellte es zur Verfügung des Generals, welcher ihn freundlich empfing, und befahl mit zwei Wagen, welche Direktor Carl Bernbrunn mit seinen Pferden bespannen ließ, diesen Proviant abführen zu lassen.

General Bem wohnte in der Jägerzeile im Hause beim Pferdehändler Markus Straß bis zum 28. October. In der Sterngasse an der neuen Kirche stand während des Angriffes am 28. sein Wagen, er saß im heftigsten Feuer auf einen Stuhl hinter der Barrikade. Die Mobilen ließen ihm durch einen Offizier melden, sie wollten die Dampfmühle anzünden, er hat es untersagt mit der Bemerkung, daß ohnehin schon Schaden genug geschehen sey. Der Feind, sagte er, brennt ohnehin an allen Ecken, wir werden nicht noch anzünden. Während des Feuerns um 5 Uhr herum, fuhr Bem gegen die neue Brücke. Da hat ein Artillerie-Offizier die neue Brücke anzünden lassen wollen, auch dieses hat er untersagt, und Barrikaden zu bauen befohlen. Dann fuhr er gegen die Reiterkaserne, daselbst konnte er in der Richtung hinter derselben nicht durchkommen, weil das Militär eingedrungen war. Die daselbst brennenden Holzgestätten wollten die Anwesenden löschen, er untersagte dieß, ließ Barrikaden machen und auf diejenigen, die löschen wollten- schießen. Valentin war Adjutant von Bem. Dann begab er sich in die Jägerzeile zu der Barrikade, befahl der Nationalgarde in die Wohnungen zu gehen und aus den Fenstern zu schießen. Daselbst bekam er einen Prellschuß der ihn nicht verwundete. Als die Barrikade bei der Kirche gewonnen war, ist er aufgesessen, eilte bis in die Nähe des Weishappelschen Kaffehhauses, daselbst bekam er einen Kanonenstreifschuß in die linke Hüfte, dem ungeachtet stieg er nicht vom Pferde. Dann ist er von dem Kaffehhause aus ins Kriegsge= bäude gefahren, um 8 Uhr beiläufig. Um 1 Uhr Nachts ist er mit einem Fiater Nr. 492 vom Kriegsgebäude fortgefahren und ist von den daselbst wachhabenden Bürger-Grenadieren gesehen worden. Sein eigener Wagen ist zurückgeblieben und Adjutant Valentin führte ihn auf die Wieden ins Gasthaus zum Apfel. Bem wohnte noch zwei Tage beim Lamm auf der Wieden. Anton Zimmert war sein Leibkutscher.

Zwei Sträflinge, gewesene Advokaten, der eine aus Ungarn, der andere von Wien gebürtig, machten dem Strafhaus-Verwalter den wiederholten Antrag, er möchte sich beim Gemeinderathe verwenden, daß sie unter die Mobilgarde eingereiht werden, oder unter ihm für die Freiheit des Volkes fechten möchten. Das erstemal erhielten sie zur Antwort, daß eine ähnliche Bitte den Individuen des Zwangsarbeitshauses abgeschlagen worden sey. Das zweitemal, daß sie sich bis gegen Ende der nächsten Woche gedulden möchten. Am 28. October aber gegen die Abenddämmerung, wurde das Strafhaus durch Hauptmann August Rossig von Schönhals Infanterie beseßt, und die daselbst befindlichen Nationalgarden, fünfundzwanzig Mann, — und neunzig gepreßte Garden

unter Oberlieutenant Sch a dezky, gefangen genommen; erstere nach vierundzwanzig Stunden, und leßtere nach vierzehn Tagen entlassen.

Zwischen 6 und 7 Uhr Abends erschien in der Jägerzeile an der Ecke von Mosee's Kaffeehaus das erste k. k. Militär, ein paar Züge von Mazzuchelli Grenadieren, welche sich mit dem Rücken an dieses Kaffeehaus postirten. Die Straßen waren menschenleer; da kamen, es war schon dunkel, zwei Männer des Weges, und wurden von den Grenadieren mit,,Halt! wer da?" angerufen.,,Gut Freund!" war die Antwort.,,Nur her," rief eine Stimme, und beide Männer gingen hierauf zu den Grenadieren. Beide wurden gefragt, wohin sie wollten, fie äußerten sich, daß sie in die Rossau gingen, wo sie wohnen. ,,Vifitiren, visitiren!" erscholl es aus dem Haufen der Grenadiere; dann:,,Sie haben Patronen.",,Patronen?" entgegnete eine Stimme, vermuthlich jene des commandirenden Offiziers:,,drei Schritte vorwärts! Fertig! Feuer!" Es fielen sechs bis acht Schüsse, und beide Opfer stürzten tödtlich getroffen auf das Straßenpflaster. Gleich darauf kam ein Mann an der Seite des Gasthauses zum goldenen Lamm herauf.,,Halt!" schrien die Grenadiere, allein der Mann hielt nicht an. Es wurde noch einmal,,Halt!" gerufen, doch dieser fing an zu laufen; darauf folgten einige Schüsse, und das Opfer fiel; die Grenadiere liefen zu der Stelle hin, man fand den Mann nicht getödtet, sondern bloß verwundet. Ein Grenadier schoß ihn hierauf noch in die Brust, und so hauchte dieser Unglückliche seine Seele aus. Kurz nach dieser Gräuelscene kam wieder eine Gestalt desselben Weges, es war schon Nacht; die Grenadiere riefen:,,Wer da!",,Zivio!" war die Antwort. Doch mit dieser Antwort waren die Grenadiere nicht zufrieden; es fiel ein Schuß, und die Gestalt stürzte todt zur Erde. Als man sich überzeugen wollte, wer der Gefallene sey, erscholl es aus mehreren Kehlen:,,Das ist ja einer der Unserigen!" und siehe da, man erschoß einen Kroaten in der Tracht der sogenannten Rastelbinder. Am Morgen des andern Tages sah man die so gefallenen Opfer noch auf der Straße todt liegen.

Bemerkenswerth jedoch ist es, daß einer der beiden zuerst Erschossenen zwei Stunden später aufstand, jedoch wieder auf's Straßenpflaster fiel, dennoch aber noch so viel Kraft hatte, auf allen Vieren gegen die Taborstraße zu kriechen, wo er wahrscheinlich in das Spital der Barmherzigen gebracht wurde. Die Grena= diere ließen den armen Teufel fortkriechen; vermuthlich bereueten sie nun bei käl terem Blute das Geschehene.

Alle Häuser, aus denen geschossen worden ist, wurden geplündert. Daß aber auch Einheimische mithalsen, und deren Raub auf Rechnung der Sieger geschoben wurde, ist eine unumstößliche Wahrheit. Große Banknoten, werthvolle Ringe, Uhren, Geschmeide, Silberzeug, ganze Leinwandstücke u. dgl., wurden um einige Zwanziger ausgeboten und von Wichten gekauft.

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Militärischer Bericht. Wie bereits angezeigt, hat der Feldmarschall am 27. October Abends die Dispositionen getroffen zum Angriffe der Stadt.

Es war nämlich bestimmt, daß am 28. October um 10 Uhr Vormittags das Kanonenfeuer gegen alle Linienthore, mit Ausnahme der St. Marger Linie, eröffnet werden solle.

Diese lettere, welche in die Vorstadt Landstraße führt, und die Leopoldstadt waren die eigentlichen Angriffs-Objekte, während die übrigen Punkte nur mit Scheinangriffen bedroht werden sollten *), um die Aufmerksamkeit der Vertheidiger zu theilen, und von dem wirklichen Angriffspunkte abzuleiten. Das Feuer gegen diese leßtgenannten Vorstädte sollte demnach erst um 11 Uhr beginnen. Die Wiener hatten an diesem Tage keinen Angriff erwartet, überhaupt gab es eine zahlreiche Partei in der Stadt, welche an ein ernsthaftes Anwenden der Waffengewalt gegen Wien noch immer nicht glauben wollte, so sehr waren die Wiener durch zu lange geübte Nachsicht und Nachgiebigkeit zerwöhnt worden.

Als daher auf der Schmelz und vor der Nußdorfer-Linie die ersten Kanonenschüsse gegen Wien gerichtet wurden, ließ sich Niemand dadurch beunruhigen, es wurde weder Allarm geschlagen, noch Sturm geläutet; man war der Meinung, es beginne wieder ein Gefecht oder gegenseitiges Schießen, wie es dieser Tage her öfters geschah, ohne daß dabei die Stadt besonders bedroht werde. Als jedoch das Feuer immer allgemeiner wurde, als von allen Seiten sich starke Colonnen der Stadt näherten, wurde es den Wienern klar, daß Fürst Windisch gräz entschlossen sey, sein Wort zu halten. Er begab sich auf den Wienerberg zur Spinnerin am Kreuz, und beobachtete von dort den Gang der Gefechte.

An der Nußdorfer-, Lerchenfelder- und Hernalfer-Linie fiel nichts von Bedeutung vor. Das Gefecht beschränkte sich auf gegenseitige Kanonaden, nachdem den Generalen befohlen war, die Scheinangriffe nur in dem Falle weiter auszudehnen, und zur wirklichen Einnahme der Linien zu schreiten, als diese verlassen würden, und daher ohne Verlust genommen werden könnten.

Vor der Mariahilfer Linie beseßte G. M. Schütte zuvörderst die volkreichen, und wegen ihrer politischen Gesinnung übel berüchtigten Orte Fünfhaus, Sechshaus, Rustendorf und Braunhirschengrund. Auf vorhergegangene Aufforderung hatten diese Gemeinden ihre Waffen bereits in ihren Gemeindehäusern abgelegt; die Beseßung der Orte geschah demnach ohne Feindseligfeiten. Die Hauptstraße nach Schönbrunn wurde durch eine von den Truppen

*) Schon mit Befehl vom 20. October machte Messenhauser darauf aufmerksam, daß nur diese Punkte die Angriffs-Linien seyen, alle andern nur Schein-Angriffe seyn werden.

schnell aufgerichtete Barrikade gesperrt, und fünf Geschüße dahinter eingeführt, die ein lebhaftes Feuer gegen die Mariahilfer Linie eröffneten. Gleichzeitig wurden auch die Zugänge zu der Gumpendorfer Linie durch Barrikaden gesperrt, und die gegen den Linienwall gelegenen Häuser mit Plänklern des fünften Jäger-Bataillons, und der Grenadier-Division von Wellington beseßt, deren einige, da sie die Feinde inne hatten, erst erstürmt werden mußten. Bis zum Abend dauerte in dieser Gegend das Feuern aus der Stadt, und gegen die Stadt. Das k. k. Militär verlor dabei sieben Mann durch den Tod, und zwei Offiziere und neunzehn Mann wurden verwundet, zwei Jäger aber vermißt. Größer war der Verlust auf Seite der Nationalgarde, die fich hartnäckig vertheidigte.

Die Scheinangriffe gegen die Hundsthurmer- (Schönbrunner-) Linie wurden von der Brigade des G. M. Fürsten Colloredo, und gegen die MazleinsdorferLinie und den Wien-Gloggnißer Bahnhof von der Brigade des Obersten Fürsten Jablonowski eröffnet. Der Eisenbahndamm, welcher sich von Ost gegen West längs den Linien Wiens bis Meidling hinzicht, wurde genommen und ein lebhaftes Kleingewehrfeuer gegen die Linienwälle und die zunächst stehenden Häuser gerichtet. Auch der Mazleinsdorfer Friedhof wurde von einem Bataillon des Infanterie-Regiments Nassa u eingenommen, aber wieder verlassen, weil sich die Truppe daselbst in einem verheerenden Kreuzfeuer aus den Bahnhofgebäuden befand. Der Hauptmann Prohaska dieses Regiments wurde bei dieser GeLegenheit durch einen Schuß in die Brust getödtet. Der Kampf dauerte auf dieser Linie mehrere Stunden. Mit besonderer Hartnäckigkeit vertheidigte die Nationalgarde den Bahnhof, woselbst die Nationalgarde viele Opfer zu beklagen hatte, indem sie denselben um jeden Preis behaupten wollte, endlich gegen Abend aber in Brand gerieth, daher verlassen werden mußte. Während dieser Zeit war der Linienwall von der Maßleinsdorfer bis zur Hundsthurmer-Lienie von der Volkswehr geräumt und von den f. k. Truppen beseßt worden, die ihn aber ebenfalls verlassen mußten, weil sie von der Hiße einiger in der Nähe befindlicher brennender Häuser vertrieben wurden. Gegen 3 Uhr Nachmittags begab sich der Feld-Marschall auf den Laaer-Berg. Es war um diese Zeit die bestimmte Nachricht eingetroffen, daß ein magyarisches Herr, von Bruck her, im vollen Anmarsch begriffen sey, vor welchem sich die kaiserliche Vorhut unter G. M. Ottinger zurückzog. Der Feld-Marschall befand sich nunmehr in einer Lage, die der Probirstein eines Feldherrn genannt werden kann. Auf einer Seite im offenen Kampf mit einer Hauptstadt von ungeheuerer Ausdehnung und einer halben Million Bevölkerung, die fanatifirt, durchaus bewaffnet, mit Geschüß und Kriegsbedarf (?) versehen und von Leuten angeführt war, welche da fie alle Vermittlung zurückgewiesen(?) hatten — nunmehr auch alles wagen mußten; auf der andern von einem revolutionären, einem tapferen Volke angehörigen

Heere bedroht, dessen Stärke auf 40,000 Mann mit zahlreichem Geschüß angegeben wurde, und dessen Führer theilweise selbst in die Schule (?) des Feld-Marschalls gegangen waren. Das Unternehmen gegen Wien durfte nicht abgebrochen, tein Punkt durfte entblößt werden, um die Wiener zu verhindern, ihren Verbündeten die Hand zu reichen. Diese aber mußten nothwendig geschlagen werden, wenn nicht die f. f. Armee alle errungenen Vortheile wieder verlieren, und mit dem ganzen Staate in die äußerste Gefahr gerathen sollte. Der Feld-Marschall zeigte sich aber seines Rufes und des Zutrauens würdig, welches sein Monarch, die Armee und die vielen Millionen Gutgesinnter in Wien und aus den Provinzen, deren Augen auf ihn gerichtet waren, in ihn gesegt hatten. Mit der ihn bezeichnenden Ruhe und Sicherheit traf er die Verfügung, daß der Übergang über die Schwechat und den Wiener Neustädter Schifffahrtskanal gehörig besegt wur den und verfolgte dabei die begonnene Unternehmung gegen Wien.

Der wirkliche Angriff gegen die Vorstädte Landstraße und Leopoldstadt hatte, der Disposition gemäß, um 11 Uhr angefangen. Vom Dorfe Simmering dann gegen Erdberg und den Prater her waren dabei die dem Banus zugewiesenen Truppen, so wie das zweite Bataillon E. H. Stephan aus dem Neugebäude und vom Nordbahnhof, der Taborlinie und der Brigittenau, die Division Ramberg und die Brigaden der Generale Wyß und Frank hauptsächlich betheiliget. Nach einer nachdrücklichen Beschießung aus vier Achtzehnpfündern, die der Oberst Seller aus eigenem Antriebe ausgerüstet, und für diesen Fall bestimmt hatte, und welche die braven Bombardiere mit Muth und Geschick bedienten, wurden die sehr starke Barrikade an der St. Maryer, und die kleine Linie von der Division Hartlieb genommen, und die große Artilleriekaserne beseßt. Fünfzig Freiwillige des 5. Jäger-Bataillons und zwölf Serezaner · G. M. Zeisberg mitten unter ihnen hatten die ungeheuere Barrikade, welche die erstgenannte Linie sperrte, erobert. Noch standen einige Hundert Bertheidiger dahinter, als sie aber die Jäger und die gefürchteten Serezaner erblickten, ergriff fie panischer Schrecken und alles floh in wilder Flucht. Selbst die wohlbeseßten Häuser wurden nach einigen Schüssen verlassen. Die lange Hauptstraße durch die Vorstadt Landstraße war aber durch mehrere Barrikaden gesperrt, die sämmtlich nach und nach genommen werden mußten. Dieß wurde den nachdringenden Truppen des F. M. L. Hartlieb dadurch erleichtert, daß der umsichtige Oberst Lieutenant Knesevich des Ottoczaner Gränz-Regimentes mit drei Compagnien längs dem Kanal vorgedrungen und durch hölzerne Thore und Umfassungen den Vertheidigern in die rechte Flanke gekommen war. Die Brigade Karger drang auf dem Rennweg vor; G. M. Zeisberg schritt am Kanal fort, ließ durch Pionniere und Zimmerleute die Planken und Umfassungen durchbrechen, wodurch es ihm möglich wurde die Gärten und Häuser am Kanal zu passiren und die Ab

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