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und Bänken angefüllt, gelegt war, nahe an einem Holzplag angränzend Nahrung genug gefunden hätte, um weiter zu greifen, und bei dem Umstande, daß alle Linien verbarrikadirt gewesen sind, jede Hülfe wenn nicht unmöglich gemacht, doch erschwert haben würde, da überdieß noch ein gut gerichtetes Kleingewehrund Kanonenfeuer unterhalten wurde.

Die Wiener Vertheidiger wollten die schönen Baumanlagen auf den Glacien fällen, was aber glücklicherweise verhindert wurde.

Von der Gemeinde Fünfhaus wurden aus den Häusern 23, 53, 62, 64, 93, 96, 117, 129, 132, 134, 136, 154, 157, 203 Waffen an das Ober- Commando abgeliefert, welche der Plaz-Oberlieutenant Dunder an das kaiserl. Zeughaus übergab.

Der Feldwebel Kafka erstattete an das Ober-Commando die Anzeige, daß der Plaß-Oberlieutenant Dunder am 28. mehrere Kisten mit Waffen in das k. Zeughaus abgeliefert habe, und erbath sich zugleich die Weisung, auf welche Art die ferner noch anlangenden Waffen zu übernehmen seyen.

Am 28. verlegte Messenhauser sein Observations Quartier auf die Rothenthurm-Bastei, wohin er sich aus der Stallburg über die Basteien verfügte, wobei es sich ereignete, daß aus den Fenstern des Dominikaner-Klostergebäudes fieben bis acht Schüsse auf die Nationalgarde, welche auf der Stubenthor-Bastei aufgestellt war, jedoch ohne zu treffen, abgefeuert wurden, als er eben mit seinem Adjutanten Barthel vorüberging. Messenhauser rief legterem, welcher stehen blieb um zu sehen was noch geschehe, zu, ihm zu folgen, und im Weitergehen rief er zurück: „Ein Mißverständniß, ein Mißverständniß!" Seine Eilfertigkeit deutete jedoch eher darauf, als sey er der Meinung, die Schüsse dürften ihm gegolten haben.

Schon nach einer halben Stunde, als die Beschießung der Linien begonnen, famen von mehreren Seiten Ordonnanzen, und meldeten, daß ihnen Munition fehle, und auch Truppen-Verstärkungen nöthig seyen. Dafür gab es keinen Rath, keine Hülfe, es war keine Munition mehr vorräthig. — Verstärkung! Woher? Es fehlte an zweckmäßiger Eintheilung und an Disciplin. Messenhauser fertigte dieselben mit barschen Worten ab, und rieth ihnen, von den Bajonetten Gebrauch zu machen, wenn sie keine Munition hätten; er sagte, aktenmäßig könne er nachweisen, daß der Nationalgarde und den übrigen Bewaffneten bei 1. Mil lionen Patronen ausgefolgt wurden, was haben sie damit gethan? — „Schießt nicht auf eine Distanz von tausend Schritten! nun kann ich auch nicht helfen, es ist kein Vorrath mehr da."

Gleich darauf erschien nachstehender Befehl :

"Bom Nationalgarde-Ober-Commando. Das Ober-Commando hat keine Reserve-Munition mehr zur Verfügung. Der Herr Commandant wolle daher

sein Möglichstes thun, seinen Plaß zu behaupten. Die Kanone, die keinen Schuß mehr hat, ist hinter die Barrikade zurückzuziehen. Die Mannschaft muß so viel als möglich hinter den Wällen vor dem Kanonenfeuer gesichert werden. Der angreifende Feind ist von dem Walle mit dem Bajonette zurückzuweisen. Im äußersten Falle wolle der Herr Commandant seine Mannschaft hinter die Barrikaden zurückziehen, um den eindringenden Feind in dem für ihn verderblichen Straßenkampfe zu vernichten. Wien, am 28. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant."

„Tagsbefehl. Der derzeitige Chef der Sicherheitsbehörde, Hauptmann Fenneberg, wird mit dem Majors-Charakter bekleidet. Der beim Central-Bureau zugetheilte Oberlieutenant Schindler erhält den Hauptmannsrang. Der beim Generalstab zugetheilte Franz Tilling, quittirter Militär, ist als Lieutenant im Stande des Generalstabes zu führen. Herr Hauptmann Starnbacher ist als Ordonnanz-Offizier ohne Bezüge dem Herrn Obersten ad latus Schaumburg beigegeben. Die Auszahlungen von Geldern für die Compagnien ohne das Vidi der betreffenden Bataillons-Commandanten kann in Zukunft nicht Statt finden. Die Bataillons- und Compagnie-Commandanten find bei ihrer Ehre verantwortlich, täglich ihre Mannschaft abzuzählen, und nach deren Anzahl pünktlich die Auszahlung zu bewerkstelligen. Der erhaltene Mehrbetrag ist augenblicklich in die Operations-Casse in der Stallburg abzuführen. Ich habe mit großem Vergnügen aus dem heutigen Früh-Rapporte entnommen, daß die Besaßung an der Nußdorfer-Linie den vom Feinde vor einigen Tagen genommenen Sechspfünder in einem eben so kühn als gut ausgeführten nächtlichen Ausfalle wieder eroberte, und ich spreche derselben im Namen des Vaterlandes meinen Dank aus.

Wien, den 28. Oct. 1848. Messenhauser, m. p., pr. Ober-Comm."

Wie bekannt, war der Plan des Feldmarschalls, die Vorstädte Landstraße und Leopoldstadt einzunehmen; die übrigen jedoch blos durch Scheinangriffe zu beschäftigen. Die Wasserlinie gegen die Vorstadt Erdberg, so wie die St. MargerLinie waren im Vergleiche mit den k. k. Truppen sehr schwach beseßt. Dem ganzen Rayon standen blos zwei Kanonen und eine Haubiße zu Gebote. Es war Wahnsinn, nur einen Augenblick an die Vertheidigung gegen eine so gewaltige Macht, die überdieß aus geregelten, wohlexercirten Soldaten bestand und mit Geschüßen versehen war, zu denken; dennoch griff das Häuflein die Gelegenheit auf, ihren Heldenmuth zur unrechten Zeit zu beweisen. Die Garden zogen sich nach zweistündiger Vertheidigung gegen Erdberg zurück, nur die Arbeiter hielten noch länger Stand.

1/10 Uhr Vormittag. In der Alservorstadt. Während der heftigsten Kanonade gegen diese Vorstadt durch die k.f. Truppen, war das allgemeine Krankenhaus dem Kanonenfeuer sehr ausgeseßt; um dieses Gebäude vor Beschädigungen

zu bewahren, commandirte der Adjutant Röthler den Tambour Divolt in das sogenannte Brünnelfeld, und ließ ihn daselbst — auf einem freien Plage - den Allarmstreich schlagen. Nach kurzer Zeit nahmen auch wirklich die Militär-Geschüße die Richtung dahin, wo getrommelt wurde, und so geschah es, daß sowohl die Staatsgebäude, wie auch die Privathäuser verschont wurden, und die meisten Kugeln in die Erde einschlugen.

Der genannte Tambour seßte unter dem größten Feuer das Schlagen des Allarmstreiches fort, und erhielt hiefür von Messenhauser, dem der Muth und die Ausdauer dieses Mannes gemeldet wurde, eine Belohnung von 10 fl. C. N. Gegen 10 Uhr sah man von der St. Stephanswarte sämmtliche Linien mit einem doppelten Ring vom Pulverdampf umgeben, durch welche die Blige aus den Rachen der Geschüße unaufhörlich zuckten. Nur an der Nordostseite der Leopoldstadt, der verwundbarsten Stelle aller Vertheidigungslinien, wurde kein Schuß gehört. Es schien in der Absicht der Stürmenden, die Aufmerksamkeit der Belagerten nach anderen Richtungen zu lenken, wo an einen ernstlichen Angriff nicht gedacht wurde. Indessen zeigten sich an den offenen Stellen des Praters zahlreiche Bataillone, welche sich in der Nichtung des Augartens bewegten. Am heftigsten war der Kanonendonner gegen die Linien von St. Mary und Mariahilf. Da die Ereignisse zu ein und derselben Zeit eintrafen, so folgen die Berichte hierüber rhapsodisch.

10 Uhr Vormittag. In der Jägerzeile. Der Pfarrverweser bestieg den Thurm der Johanneskirche; da es aber unbequem war zu stehen, so stieg er auf eine Leiter, hob ein liegendes Fenster auf und wollte sehen, wie es denn stehe mit der Stellung der Truppen; da pfiffen ein paar Kugeln über seinem Kopfe; er bückte sich herein. Da er aber weiter Nichts hörte und meinte, das sey nur zufällig von irgend einer Seite gekommen, steckte er wieder seinen Kopf hinaus. Da kam aber eine Granate, die gerade zwei Schuh über seinem Kopfe die steinerne Thurmecke wegriß, ihn mit Gerölle und Mörtel überschüttete, über die ganze Leiter mit einem einzigen Sprunge herabseßen machte, und in Engl's, des t. f. Hofsattlers, Haus anflog, dann mitten auf die Straße stürzte und da erst zerplaßte. Es wurden, wie man später hörte, vom Militär die Thürme aufs schärfste bewacht, daher gleich gezielt, wo sich Etwas zeigte. Der Thurm der Karmeliterkirche soll in eben dem Augenblicke, da Jemand heraussah, drei Schüsse bekommen haben; es flogen mehrere Bomben ein, welche auch zersprangen, und eine zündete im Glockenstuhle, was aber gleich gelöscht wurde.

Als bereits an allen Punkten, mit Ausnahme der Leopoldstadt, von Seite der Armee der Angriff gegen Wien eröffnet war, eilte der Plaß-Oberlieutenant Dunder mit dem Vorsage in seine, in der Praterstraße innerhalb der BarriLaden fituirte Wohnung, um seine leicht transportablen Hab seligkeiten, besonders

aber wichtige herrschaftliche Urkunden um so mehr zu beseitigen, als er vorausseßen mußte, daß - nachdem die Fenster des Hauses von Mobilen und Garden besezt wurden, das Haus gestürmt, in Brand gelegt oder geplündert werde. Angelangt bei der Apotheke zum Mohren, begann bei der Praterstern - Barrikade ein mörderisches Feuer. Die ganze Straße war menschenleer, die Fenster von Bewaffneten und Neugierigen beseßt, die Kugeln pfiffen und sausten nach allen Seiten; genannter Plazoffizier in offenbarer Lebensgefahr — konnte es nicht über sich bringen, zu laufen, umzukehren, oder in ein Haus zu treten, ungeachtet ihn unzählige Rufe aus den Fenstern beim Namen riefen, schritt er bis zu der Barrikade bei der Sterngasse.

Solche hatte die Form: a

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b und erstreckte.

sich von der Ecke der Sterngasse von a bis an die entgegengeseßte Säuserreihe der Jägerzeile b. Eine rothweißgelbe und eine weißrothgrüne Fahne flatterten auf der Barrikade. An der Ecke der Sterngasse hinter der Barrikaden-Parcelle a stand Bem. Die Barrikade war mit einer Achtzehnpfünder-Batterie beseßt. Das Sausen der Granaten und Kanonenkugeln, das Pfeifen der Gewehrkugeln, das Geschrei der Kämpfenden, das Fallen der Ziegeln und des Gemäuers — das Vorübertragen der Todten, Sterbenden und Verwundeten unbeschreiblich. Die Barrikadenkämpfer begannen zu weichen, Bem schlug den ersten mit der Reitpeitsche, und trieb sie mit dem Rufe: „Feige Memmen!" wieder vorwärts. Dunder, durchdrungen von der verbrecherischen Nuglosigkeit des bluttriefenden Widerstandes, sorgte für die Verwundeten, begab sich deshalb zu den barmherzigen Brüdern, und als nicht zum Kampfe gehörend, verließ er die Leopoldstadt. Spåter wurde seine Wohnung erbrochen und geplündert.

Um 10 Uhr Vormittags hörte man von verschiedenen Richtungen einzelne Kanonensalven. Eine halbe Stunde später wurde das Feuer der Feld-Batterien gegen die Vorstädte allgemein, und das Heulen der Sturmglocke vom St. Ste phansthurme verkündete, daß die entscheidende Stunde wirklich gekommen sey.

11 Uhr. In der Praterstraße begann die Kanonade; der Plan hiezu wurde am vorhergehenden Tage gemacht. Die bei der Leopoldstadt commandirenden Generale und Offiziere hatten in Schürers Gasthaus, neben dem Weidnerischen Erziehungs-Institut am Tabor, Kriegsrath gehalten. Von dort aus operirten auch auf die Mayergasse herüber viele Kanonen.

11 Uhr. Wurde vom Militär die Sternbarrikade genommen. Die MoSilgarden flüchteten sich, als sie hörten, daß die Soldaten schon in den Häusern seyen. Aber ein betrunkener Trompeter in weißem Cavallerie-Mantel auf einem sehr kleinen Pferde, mit den Füßen bis zur Erde reichend, blies aus Leibeskräften und führte die Flüchtigen wieder zurück. Ebenso ein Mobilgarde-Offizier, der Allen zurief: „Schießt, haut, stecht die Flüchtigen nieder!"

Die Vertheidiger beseßten nun die Barrikade bei der Johanneskirche. Solche war mit fünf 18 Pfündern bepflanzt. Die Garden scholten aus Leibeskräften, weil sie meinten, es sey keine Munition mehr da. Bem saß an der Barrikade, kam auch zwei Mal in den Pfarrhof und verlangte die Eröffnung eines Durchganges, welches man ihm verweigerte unter dem Vorwande, daß daselbst ein Spital sey, und der Durchbruch der Mauern zu viel Zeit erfordern würde.

Das Heulen der Sturmglocke vom St. Stephansthurme, das Geläute aller Glocken in den Vorstädten, der Lärm der Trommeln, das Hin- und Hersprengen der Ordonnanzen, waren Zeichen eines allgemeinen Kampfes rings in den Vorstädten. In der Jägerzeile, am Tabor, in der Neugasse und an allen Oeffnungen der Gasssen der Leopoldstadt, raste der wüthende Kampf.

Um 12. Uhr wurden bereits Feuersbrünste in der Franzensbrückengaffe, am Ausgang der Jägerzeile, beim Gasometer und in der Nähe des Gloggnißer Bahnhofes signalisirt. Die Brände nahmen von dieser Stunde bis zur einbrechenden Nacht auf eine erschreckende Weise zu.

Um 12 Uhr sprengte ein Artillerie-Garde-Offizier gegen den Liechtensteingarten, in dem bei 100 Mann zur Vertheidigung gegen den Angriff von Seite des Praters aufgestellt waren, im raschen Laufe heran, und rief: „Retirirt -Alles ist verloren. Das Militär folgt mir auf dem Fuße." - Man machte Anstalten, hinter die erste Barrikade der Vorstadt Landstraße zu gelan gen. Die Kanonen wurden bespannt — aber, war es Geschick oder Zufall, die Pferde konnten, aller Anstrengung ungeachtet, dieselben nicht vom Plaße bringen. Immer näher und näher hörte man das Pelotonfeuer, immer mehr und mehr in der Flucht begriffene Garden meldeten die wirkliche Niederlage. Bald hierauf erschienen die k. k. Truppen und bemächtigten sich des ganzen Terrains bis zur Landstraßer Pfarrkirche.

Die Sturmkolonnen bewegten sich um 12. Uhr gegen die Erdberger und St. Marger-Linie vor. Sie fanden am Wall und am verbarrikadirten Thor ernsten Widerstand und drangen in die Vorstadt Landstraße ein. Das Kleingewehrfeuer verkündete den Anfang des Barrikadenkampfes. Während ein Theil der stürmenden Bataillone die Barrikaden am Eingange der Hauptstraße in der Fronte angriff, rückten andere Colonnen über die Erdberger-Linie durch die Antongasse und längs dem rechten Ufer des Donaukanals gegen die Sophienbrücke vor. Nirgends stießen sie auf hartnäckigen Widerstand, doch vertheidigten sich die Landstraßer gut. In der Landstraße war die Nationalgarde von weniger Widerstandslust beseelt, als in den übrigen Vorstädten, und diesem Umstande wird das Aufgeben der vordersten Barrikade zugeschrieben. Die leßte Barrikade, welche am Eingang der Haltergasse die Hauptstraße sperrte, wurde einige Minuten lang vertheidigt, dann aber gleichfalls im Stiche gelassen. Aus den Häu

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