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nehmen sind. Unsere Gegner werden von den Ungarn im Rücken beharrlich bedrängt. Verschiedene Wahrnehmungen lassen vermuthen, daß das Heer Mo ga's seine Avantgarde bereits gegen die Schwechat hat vorschieben können. Jedenfalls ist die Stärke und Aufmerksamkeit unserer Bedränger getheilt. So sehr ich wünsche und erwarte, daß beim Angriffe gegen die Truppen des Feldmarschalls mit allem erhabenen Muth der Freiheit von der Einen, und aller unwiderstehlichen Zerstörungswuth der Verzweiflung von der Andern in den Reihen unserer Wehrmänner gestritten werde, so sehr erwarte ich, daß Gefangene und Berwundete ritterliche Gegner an uns finden. Wir wollen sie nicht nach dem Völkerrechte, nein! wir wollen sie als irregeleitete Brüder desselben heiligen Vaterlandes mit Edelmuth und Christensinn behandeln. — Wir wollen kämpfen, aber fern sey es von unserer Denkungsart zu schlachten.

Ich habe gestern die Außenwerke von der Erdberger Linie bis zur Mariahilfer Linie in Augenschein genommen. - Es ist Großes in so kurzer Zeit noch geleistet worden. Die Besaßungen in Mariahilf, Gumpendorf, Hundsthurm, Wieden sind zahlreich, gut postirt und von einem herrlichen (!) Geiste beseelt. Der Gloggnißer Bahnhof ist eine Festung. Leider kann ich den Wünschen nach Geschüß auf noch mehrere Punkte nicht entsprechen. Man muß sich mit der Mustete und dem Bajonette vertheidigen. Die Barrikaden auf der Wieden sind die stärksten und schönsten, die ich gesehen. Hoch der erfindungsreiche Geist in dieser ausgezeichneten Bevölkerung! Der Vertheidigungs- Leiter Aigner hat mir gestern Abends bei der Besichtigung der Leopoldstadt und Jägerzeile das musterhafte Benehmen der 8., 4. und 5. Compagnie des Bezirkes Leopoldstadt mit warmem Lobe geschildert. Die 8. Compagnie steht bereits den sechsten Tag in Waffen, und begreift, daß man sie bei der drohenden Nähe des Feindes nicht ablösen - kann! Ich werde diesen Tapfern den verdienten Lohn zuzuführen wissen. Es ist mir die kaum glaubliche Meldung gemacht worden, daß die Gebäude am Schüttel durch angelegte Pechkränze im Erdgeschosse in Brand gesteckt worden. Jedenfalls hat das Feuer von unten herauf gewüthet. Sobald ich Gewißheit erlange, werde ich nicht säumen, gegen eine solche Verheerungswuth feierliche Verwahrung einzulegen. -Der Staat wird durch die Vertreter der Völker nicht säumen, den Beschädigten dankbaren Ersaß zuzusprechen.

Wien, den 28. Oct. 1848. Messenhauser, m. p., pr. Ober-Comm." Ein höchst auffallendes Plakat der Volksbeglücker war an allen Straßenecen folgenden Inhalts zu lesen:

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Das Volk steht auf, der Sturm bricht los,

Wer legt jezt die Hände noch feig in den Schoß?

Tapfere Wiener! Würdige Nachfolger Eurer Vorfahren, die in zwei schwes ren Belagerungen Wien gegen andrängende Barbarenheere vertheidigten, Ihr steht auch jezt gerüstet da, und kämpft todesmuthig gegen einen mächtigen Feind.

Brüder! bei Euch bedarf es keines Wortes der Aufmunterung und Ermuthigung, denn wir wissen, daß Ihr eher sterben, als schmachvoll nachgeben werdet, und daß Ihr jeden, der Euch nur die empörende Zumuthung einer Uebergabe Wiens machte, als einen schändlichen, feigen, niederträchtigen Verräther an der Ehre und der Freiheit des Volkes behandeln würdet. Doch nein, wir glauben es nicht und wollen es nie glauben, daß es in Wiens Mauern auch nur einen () Mann gebe, der von schmachvoller Unterwerfung ein Wort zu sprechen wagte. Männer von Wien! Ihr habt Euern Muth, Eure Ausdauer, Eure Todesverachtung bewährt, Ihr habt mit wehrlosen Händen Kanonen und Waffen erobert, Ihr standet fest wie oft erprobte Krieger beim Donner der Geschüße, beim Prasseln der Kartätschen, Ihr werdet dieses Eures Ruhmes würdig bleiben. Daß wir, die akademische Legion, in Euren Reihen, an Eurer Spiße kämpfen, fiegen oder fallen werden, wißt Ihr, denn selbst unsere Feinde können uns unseren Muth nicht bestreiten, und wir halten es für unsere heilige Pflicht, in dem herrlichen Kampfe für die Freiheit auszuharren bis auf den lezten Mann. Jeßt, Freunde! gibt es ja nur eine Volkswehr; Bürger, Nationalgarde, Arbeiter, Soldat und Student stehen Hand in Hand und haben gleichen Antheil an Gefahr und Ruhm, denn wir alle folgen dem Banner der Freiheit, der wahren Volksherrschaft, und unter diesem Banner müssen und werden wir siegen, denn die Idee der Freiheit ist unbesiegbar und wirbt unter ihren getäuschten, betrogenen Gegnern schnell ihre wärmsten Freunde.

Auf denn, Brüder, zu den Waffen, alt und jung, reich und arm; wer nur ein Schwert zu schwingen vermag, bewaffne sich und eile in den Kampf, und Jene selbst, die nicht zu kämpfen vermögen, können doch arbeiten, Barrikaden bauen, Verwundete pflegen, Schanzen graben u. s. f.; in solcher Zeit darf keine Hand müßig bleiben, oder sie verdient nicht mehr, als abgehauen zu wer den. Selbst Frauen und Mädchen mögen sich am großen Werke der Freiheit betheiligen; bereitet Labung dem Verwundeten, pflegt ihn, belebt durch Wort und That des Mannes Muth, beschämt ihn, wenn er feige oder läßig ist. Mit einem Worte, das ganze Volk rüste sich zum Kampf, und kein Jellačič, kein Auersperg, kein Windischgräß wird etwas dagegen auszurichten vermögen, und ein, wenn auch blutiger Sieg, wird in den Tafeln der Geschichte den Namen Wien mit unauslöschbarem Ruhm bezeichnen. Auf denn! das Vaterland, die Freiheit ist in Gefahr, rettet sie, rettet Euch selbst.

Hoch das unbesiegbare, freie Wien! Wien, im October 1848. Im Namen des mobilen Universitäts-Corps. Habrofsky, m. p., Corps-Commandant.” Der Zeitgenosse möge die kommenden furchtbaren Ereignisse des Tages als Folgen der Volksaufwiegler mit dem vorstehenden Plakate vergleichen urtheilen, wer das Volk auf die Schlachtbank geliefert.

und

Kundmachung. Im Falle wieder eintretenden Kampfes find bei Vermei dung augenblicklicher standrechtlicher Behandlung der Dawiderhandelnden, alle Thore und Fenster sogleich zu öffnen.

Es ist von dem patriotischen Sinne der Bewohner Wiens zu erwarten, daß diesem Befehle, der zur Beruhigung (?) und Widerlegung gegentheiliger Gerüchte bekannt gegeben wird, unbedingte Folge geleistet werde. Wien, am 28. Oct. 1848. Der Chef der Sicherheitsbehörde: Fenneberg, m. p."

In der Proklamation des Fürsten Windischgräß vom gestrigen Tage wird befohlen, die Thore und Fenster der Häuser zu schließen, in obigem aber gerade das Gegentheil. Wie gerne hätten die Gutgesinnten alle Thore und Fenster geschlossen gehalten -wenn die bewaffneten Massen der Umsturz - Partei solche nicht selbst geöffnet und besegt hätten! Eine schwere, in ihren Folgen furchtbare Alternative für die Schuldlosen!

„Kundmachung. Ich mache wiederholt darauf aufmerksam, daß alle wehrpflichtigen Personen, auch außer Dienst, in Waffen zu erscheinen haben.

Die mit Sicherheits- und Enthebungskarten versehenen Individuen haben dieselben, zur Vermeidung von Mißverständniß, stets bei sich zu führen, und auf Verlangen den Führern der, die Stadt durchstreifenden Patrouillen, vorzuzeigen.

Die Herren Aerzte und Spitalbediensteten, welche das Abzeichen einer gelben Binde tragen, sind verpflichtet, ihre Legitimationen mit sich zu führen. Wien, d. 28. Oct. 1848. Der Chef d. Sicherh.-Beh. Fenneberg, m. p."

„Die Besizer von Greislereien, Spezereihandlungen und sonstigen Viktualien-Verschleißen haben ihre Gewölbe, in so lange stets offen zu halten, als kein ernstlicher Angriff erfolgt. Wien, am 28. October 1848.

Der Chef der Sicherheitsbehörde: Fenneberg, m. p."

Anmerkung. Zur Charakteristik der geschichtemachenden Zeitgenossen möge folgendes rührende Plakat vom Juni dienen:

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,,An die Mitglieder der akademischen Legion. Ein tief gebeug ter Vater (1) richtet einige Worte an Euch, um den Vorkämpfern der Freiheit (?) den Tod eines Mitbruders zu berichten. Mein Sohn, Anton Ziegler, Historienzeichner und Garde der akademischen Legion, (23 Jahre alt), ist als Deputirter (?) nach Brünn gegangen, und wollte dann über Prag eine Kunstreise nach Dresden unternehmen. Das Schicksal bestimmte ihn aber zu einem Opfer des Parteihasses (!!). Er wurde am Pfingstmontage den 12. Juni 1848 in Prag mit dem deutschen Bande auf der Brust und in der Wiener akademischen Uniform gekleidet, meuchelmörderisch aus dem Fenster herab von einem Czechen erschossen (!!) und liegt neben zahllosen (!!) deutschen Brüdern in seinem Blute (!) auf den StraBen von Prag. Diese mich tief erschütternde Nachricht theile ich den Kunstfreun den meines Sohnes und Euch braven Studenten, mit denen er in den Märztagen

Da sich bezüglich der Hofburg immer beunruhigendere Gerüchte verbreiteten, so wurde am 28. auch die Reichstagswache am Josephsplage durch eine weitere Compagnie Bürgergrenadiere unter dem Hauptmann Obermayer und OberLieutenant Entre 8 bis zur Beseßung der Stadt durch die f. t. Truppen befeßt. Der Interims-Grenadier-Bataillons-Commandant Hauptmann Manussi inspicirte täglich die Grenadierwache.

In einem Kamine der Hofburg wurden sechs Kisten mit Munition versteckt gefunden. Der Finder war Joseph Dolesch al, Oberfeuerwerker der bürgerli chen Artillerie. Angeblich wären die Kisten bestimmt gewesen, angezündet zu wer den, um die Burg in die Luft zu sprengen. Eben so sagte ein eingefangenes Individuum aus, daß Pechkränze gelegt waren.

Am 28. Vormittag8 8', Uhr erhielt vom Ober-Commando das Nationalgarde-Cavallerie-Divisions-Commando den Auftrag, den türkischen Bothschafter Chekib Effendi vor die Mariahilfer Linie mit einem Offizier und vier Garden geleiten zu lassen. Rittmeister Martinig begab sich selbst in die Jágerzeile, woselbst das Gepäck bereit stand, und begleitete den Gesandten bei der Abreise. Als sie bei der Mariahilfer Linie anlangten, konnten sie wegen dem heftigen Beschießen, dieselbe nicht passiren; Martiniß führte nun den Gesandten in die Stadt zurück, und da ebenfalls in der Jägerzeile gekämpft wurde, so führte er denselben in das Lichtenstein'sche Palais in der Herrengasse, und eine Stunde später in das Trautmannsdorf'sche Palais, und ließ 12 Garden als Bache daselbst zurück.

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Im Bezirke Josefstadt gehörte der größere Theil der Offiziere und der Nationalgarde der gemäßigten Partei an, dennoch wurde derselbe durch die Mobilen von Ottakring, Neubau, Lerchenfeld xc. ic. und einigen sich daselbst aufhaltenden

im Landhause und in den Maitagen auf den Barrikaden stand, mit, damit Ihr eine Thräne der Wehmuth (!) auf die Leiche des deutschen (!) Bruders, eines Opfers der blutgierigen (?) Czechen, fallen lasset. — Friede seiner Asche (!) unter den Parteikämpfern Prags!

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Anton Siegler, Verfasser der Geschichte Desterreichs, und Mitglied der Wiener Nationalgarde (im Wiedner Bezirke). Fr. Ziegler, Bruder des Verunglückten und Mitglied der Wiener Nationalgarde (im Wiedner Bezirke).“

Vorstehendes ist dadurch merkwürdig, daß dieser Deputirte Anton Ziegler nicht erschossen wurde, auch nicht,,auf den Straßen“ von Prag lag, sondern vom 28. bis 30. October 1848 noch als Offizier bei der Mobil-Garde Wiens gedient, seit jenen Tagen aber neuerdings von seinem Vater vermißt worden seyn soll. Viels leicht ist der Sohn des Verfassers der Geschichte Oesterreich 8 zum zweiten Male ein Opfer der als blutgierig benamseten Czechen gefallen, und liegt ,,auf den Straßen" Prags. Herr Ziegler wird ersucht, dieses Faktum in seine Geschichte Desterreichs aufzunehmen; denn die Czechen dürften seine Geschichte Desterreichs aus Parteihaß pragmatisch nennen.

Legionären und überspannten Radikalen in immerwährender Aufregung erhalten. Auch an abenteuerlichen Planen und mitunter spekulativen Erpressungen fehlte es nicht. So kamen zwei Israeliten in Legionsuniform mit einer Vollmacht des Stu denten-Comitees zur Herstellung der Kommunikation, die Mauern der Häuser durchzuschlagen und anderen ähnlichen Anforderungen, wobei manchesmal förmliche Geldabfindungen zwischen den Bevollmächtigten und den Hauseigenthümern Statt fanden. Diese zwei israelitischen Legionäre wurden aber durch den Plazoffizier Ruf in einem Hause arretirt, als sie eben im Begriffe waren, ihre Anordnungen treffen zu wollen. Bezirks-Chef Brants erklärte ihnen trocken, daß er in seinem Bezirke am besten die nöthigen Anordnungen zu treffen wissen werde, und er seine Befehle nur vom Ober- Commando, und nicht vom Studenten-Comitee entgegen nehmen könne, worauf die Legionäre abzogen. Brants veranstaltete die Bildung eines eigenen Comitees von Offizieren des Bezirkes, mit welchen er die Einleitun gen zur Sicherheit des Bezirkes in jeder Art und Weise berieth und ausführte.

Der Bezirk Alservorstadt hatte durch die Zeit der October-Ereignisse eine der schwierigen Aufgaben zu lösen, indem in diesem Bezirke die meisten zu bewachenden öffentlichen Gebäude sich befinden, als die verschiedenen Civil- und Militär-Spitäler, Criminalgerichts-Gebäude, Casernen, Gewehrfabrik, Bettenmagazin, Montursdepot, Heumagazin, k. Holzplaß, Waisenhaus, Josefs-Akademie, und die verschiedenen Versorgungshäuser. Die Nationalgarde dieses Bezirkes war daher sehr in Anspruch genommen, da sie in numerischer Zahl nach ohnedieß nicht sehr stark war. Auch in diesem Bezirke war die Haltung derselben bis zur Bewaffnung des Proletariats eine gute, doch als die Mobilen theils unter Anführung ihrer selbst gewählten Offiziere, theils unter Leitung einzelner Legionåre daselbst festen Fuß faßten, war auch in diesem Bezirke die Ordnung kaum mehr zu erhalten. Auch in die Alservorstadt kamen am 28. Legionáre, oder wenigstens Leute so gekleidet mit schriftlichen Befehlen, die theils vom Studenten-Comitee, theils vom Central-Comitee gefertiget waren, Barrikaden zu bauen, Durchbrüche in den Häusern zu machen ic. 2c., und wer sich diesem widerseßte wurde insultirt, oder gar am Leben bedroht. Der Bataillons-Adjutant, Valentin Röthler, welcher sich diesem widerseßen wollte, wurde durch die Bezirks-Ordonnanz Stöckel im Namen eines Hauptmannes der Legion gewarnt, sich ja nicht derlei getroffenen Anordnungen zu widerseßen, indem man ihn sonst gefangen nehmen würde.

Vormittags um 9 Uhr wurde in Ungers Kaffehhaus in Hernals auf sechs Stellen von einem Offizier der Legion und mehreren Mobilen Feuer gelegt; mit Hülfe eines Garden der 6. Compagnie, Namens Bucharotti, einem Brennholzhändler von Hernals, und ungefähr acht Buben, löschten diese den Brand mit Gefahr ihres Lebens und wendeten von dem Orte Hernals eine große Gefahr ab, indem das Feuer bei einem hölzernen Salon, welcher mit Garten-Lischen

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