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sung des Reichstages und Gemeinderathes, als zweier Behörden (!), die keine Energie zeigten und die Früchte des am 6. und 7. vergoffenen Blutes verschleuderten, bezwecken würde. Er wolle für die Tage der Gefahr nur eine Behörde 2c.“

11 Uhr Nachts in der Jägerzeile. Die Nacht war ganz ruhig. Das Militär hatte sich, obwohl es die Barrikaden beseßen, ja bis zur Stadt hätte vordringen können, weil die ganze Jägerzeile frei von Vertheidigern war, in den Prater zurückgezogen, indem es gar nicht in dem Plane des Militärs gelegen, an diesem Tage die Barrikaden dieser Vorstadt zu nehmen, man hatte nur die Streitmacht prüfen wollen. Und obgleich das Militär wußte, daß die Barrikaden verlassen waren, so wollte dasselbe dennoch nicht davon Besiß nehmen, weil es Nacht war, und weil es die Häuser in der Nähe für beseßt hielt. Um Mitternacht erschienen wieder Garden und nahten sich der zu ihrem großen Staunen vom Militär unbeseßten Barrikade am Ausgange der Jägerzeile. Militärischerseits heißt es:

Am 26. ließ der Ban die Brigade des Obersten Grammont über die, über den Donau-Kanal geschlagene Brücke in den Prater vorrücken. Bei dem Vorrücken gegen die Leopoldstadt entspann sich ein heftiges gegenseitiges Geschützund Gewehrfeuer. Die Kroaten drangen jedoch unaufgehalten vorwärts und besezten die Heustadeln und den De Bach'schen Zirkus im Prater.

Zu derselben Zeit waren auch G. M. Wyß aus der Au zwischen den Brücken und F. M. L. Ramberg von der Brigittenau gegen die Taborlinie vorgedrun= gen. Sie wollten die Volkswehr zuvörderst von der Linie und aus den nächst befindlichen massiven Häusern vertreiben, um sodann von dort das Schloß im Augarten, was Tags vorher noch von Garden und Mobilen stark beseßt war, einnehmen zu können. Sie fanden jedoch alle diese Objekte bereits von der Volkswehr verlassen und eilten nun sie zu beseßen, um mit den Truppen des Banus, deren Bordringen im Prater sich durch das annähernde Geschüßfeuer kund gab, in Berbindung zu seßen. Der Nordbahnhof wurde an diesem Tage noch eingenommen und behauptet. Abends ließ G. M. Wyß die stark besezte Barrikade, welche den Eingang zur Jägerzeile absperrte, durch Geschüßfeuer reinigen, nahm aber, weil er mit dem Banus noch nicht in Verbindung war, und seine von Floridsdorf bis an den Nordbahnhof stehende Brigade nicht noch mehr ausdehnen wollte, Anstand sie zu beseßen.

Am 26. October, während vom Tabor und dem Prater her die vorbeschriebenen Vortheile erlangt wurden, rückte die Brigade Schütte über die Schmelz gegen die Stadt näher vor. Die Friedhöfe zwischen der Lerchenfelder- und Mariahilfer Linie waren von der Volkswehr gut befeßt. Es entspann fich dort ein heftiges lange andauerndes Geschüßfeuer durch welches dieselbe nach einem heftigen Kampfe aus den Friedhöfen gedrängt und selbe vom 1. Bataillon des Regimentes Khevenhüller besezt wurden. Die Beseßung derselben gewährte jedoch keinen

eigentlichen Vortheil und wurde für die darin befindlichen Truppen deßhalb sehr unbequem, weil sie dem unaufhörlichen Feuer vom nahen Linienwall her, zu sehr ausgesezt waren. Ueberhaupt war die Wegnahme dieser Friedhöfe, ohne frühere Anordnung vom Regiment Khevenhüller aus eigenem Antrieb vollzogen worden. Der Feldmarschall befahl daher selbe wieder zu räumen und stellte alle Feindse ligkeiten, wenn sie nicht von der Stadtseite selbst begonnen wurden, bis auf weite ren Befehl ein. Am Abend dieses Tages war die 48stündige Bedenkzeit, welche der Feldmarschall der Stadt Wien zur Annahme der von ihm vorgezeichneten Bedingungen gegeben hatte, abgelaufen.

Der kaiserlich österreichische Minister-Präsident, Freiherr von Wessenberg, hat an alle österreichischen Gesandten an den deutschen Höfen nachstehendes Rundschreiben erlassen :

Die leßten Wiener Ereignisse haben in Deutschland eine zum Theil irrige Auslegung gefunden. Zur richtigen Beurtheilung der Frage dürften folgende thatsächliche Umstände zu beherzigen seyn.

Die in diesem Augenblicke unter den Mauern Wiens stattfindenden militärisch en Operationen haben nur einen Zweck: die Bekämpfung der Anarchie und die Wiederherstellung eines gefeßlichen Zustandes. Die gewährleisteten Freiheiten zurückzunehmen, den unter dem Namen „Reaction" von der Umsturzpartei als Schreckbild aufgestellten Popanz zu verwirklichen, oder gar für eine der österreichischen Nationalitäten über die andern die Hegemonie zu erobern, liegt außer der Absicht des Kaisers und seiner Regierung. Es ist kein Kampf der Nationalitäten, keine Umbildung der Monarchie in ein slavisches Desterreich, wie die deutsche Spreffe glaubt, oder zu glauben vorgibt, sondern der Kampf der Ordnung gegen die Anarchie, der gefeßlichen Gewalt, ohne die es keine Regierung gibt, gegen die Schreckensherrschaft, der Erhaltung gegen den Umsturz. Wir müssen es als eine Verwirrung der Begriffe, als eine Verkennung der Thatsachen bezeichnen, wenn man diesem Kampfe eine andere Deutung gibt.

Die Revolution hat ein deutsches Gewand angelegt. Die deutschen Farben find die Wahrzeichen der Partei des Umsturzes geworden. Nicht der Freiheit, der Größe und dem Wohle Deutschlands, welche zu wahren der Kaiser von Oesterreich sich vorzugsweise für berufen hält, gilt es, mit Waffengewalt entgegen zu treten, sondern nur gegen die jene Farben und jene Sachen zu ihren verderblichen Zwecken mißbrauchende Partei sind die Bestrebungen der Regierung und der Armee Sr. Majestät gerichtet.

Ich ersuche Eu. ic., diesen Gesichtspunkt fest zu halten, und in ihrem Wirkungskreise nach Möglichkeit geltend zu machen.

Se. Majestät der Kaiser und die Regierung sind entschlossen, diesen Kampf zu führen mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln. Diese Mittel sind in den

denenselben durch die Circular-Depesche vom 21. d. M. mitgetheilten kaiserlichen Manifesten vom 16. und 19. d. M. näher bezeichnet worden. Der militärische Theil hat bereits seine Anwendung gefunden. Eine Armee von nahe bei 60,000 Mann, in Person geführt von dem Feldmarschall Fürsten von Windischgräß, der sein Hauptquartier dermalen in Heßendorf genommen hat, hält die Hauptstadt hermetisch umschlossen, und ich habe Grund zu hoffen, daß der nächste Zweck dieser Operationen binnen Kurzem erreicht seyn wird.

Gleichzeitig hat sich Se. Majestät bewogen gefunden, den Reichstag aus Wien zu entfernen, und für den 15. November nach Kremsier einzuberufen. Olmüş, den 26. October 1848. Freiherr von Wessenberg.“

27. October.

Am Morgen des 27. wurde in der Leopoldstadt eine besondere Thätigkeit entwickelt. Die Sternbarrikade so wie noch einige wurden niedergerissen und umgebaut. Da erstere für ungenügend befunden wurde, so baute man eine zweite bei der Johanneskirche in der Jägerzeile. Bem und Aigner leiteten unter Mitwirkung Wutschel's und Jelovicki's die Vertheidigungsanstalten.

Um 8 1hr Morgens wurde von der Mariahilfer Linie Kanonendonner gehört, ebenso vom rechten Donauufer und der neuen Kettenbrücke der Franzensalleegasse gegen die von Kroaten beseßte Dampfmühle. Leßtere unterhielten ein lebhaftes Feuer, jedoch ohne Erfolg. Die Leopoldstädter Nothbrücke bei der Schmidgasse war auf Befehl des General Bem's, dieses durch den Abgeordneten Fischhof bei Gelegenheit der Cholera - Inspektions- Reise in Galizien von Lemberg mitgebrachten Emissärs, niedergebrannt worden. An der Ecke der Weißgårber Hauptstraße ließ Hauptmann Redl eine große Barrikade aufführen.

An diesem Tage kamen unbedeutende Kämpfe in der Leopoldstadt an der Augartenbrücke und am Eingange in den Augarten selbst vor. Kanonenkugeln streiften auf das Glacis, zwischen der Brücke und dem Schottenthore herüber; Todte und Verwundete wurden in das Spital in der Alsergasse herübergebracht. Eine große, Langandauernde Feuersbrunst zeigte sich in östlicher Nichtung gegen den Prater.

Das Militär feuerte aus Kanonen gegen die Neuegasse in der Leopoldstadt, ohne daß das Feuer erwiedert wurde.

Ein Feuerzeichen, das in der Nacht auf dem eisernen Thore, der höchsten Gebirgsspige bei Baden, gesehen wurde, gab zu einer Untersuchung Veranlassung, welche den Verdacht gegen den leßtgenannten Ort lenkte, aber kein ausreichendes Resultat lieferte.

Im Gemeinderathe stellte Vormittags Miller den Antrag an den Fürsten Windischgråß ein Mitglied der Versammlung abzusenden, und ihm zu

erklären, daß der Gemeinderath die ihm zugemuthete Verantwortung für die Schäden des Aerarial- und Privat-Eigenthums von sich ablehnen müsse, da er allein nicht im Stande ist, dem aus dem Kampfe entspringenden Schaden vorzubeugen. Nach längerer Debatte hierüber wurde zur Tagesordnung geschritten. Ferner wurde angezeigt, es verbreite sich das Gerücht, daß der Gemeinderath zur Schlichtung der jegigen Angelegenheiten fortan geheime Sigungen halte; da dieses zu mehreren Mißdeutungen Anlaß geben konnte, wurde beschlossen, das in der gestrigen Corporationssigung erzielte Resultat öffentlich kund zu geben, vermöge welchem die bewaffnete Macht Wiens erklärt, daß sich nicht ein kleiner Theil, sondern die ganze Bevölkerung zu kämpfen entschlossen habe, und daher die von Windischgräß gemachten Forderungen nicht eingehe. Es langte ein Ansuchen des Magistrats beim Gemeinderathe ein, derselbe möge die über ihn ausgestreuten falschen Gerüchte widerlegen, hierüber wurde Dr. Beer beauf tragt, ein Plakat zu verfassen, und hierauf die Sigung vertagt.

,,Vom Gemeinderathe der Stadt Wien. Der Feldmarschall Fürst Windischgräs hat in einer an den Gemeinderath der Stadt Wien gerichteten Zuschrift alle Aerarial- und Privatgebäude, und alles Eigenthum unter den Schuß des Gemeinderathes gestellt, und denselben für allen Schaden, der an und in denselben verübt werden sollte, auf das Strengste verantwortlich gemacht. Da der Gemeinderath nur aus den freigewählten Vertretern der Gesammt-Bevölferung Wiens besteht, und daher durch die ihm auferlegte Verantwortlichkeit jeder in dieser Richtung entstandene Schaden wieder von der Gemeinde im Ganzen getragen werden müßte, so wird die Gesammt-Bevölkerung Wiens, deren gute Gesinnung sich stets bewährt hat, auf das Dringste aufgefordert, jeden wie immer gearteten Schaden an Gebäuden und sonstigem Eigenthum kräftigst hintanzuhalten, und zum energischen Schuße desselben mitzuwirken.

Wien, am 27. October 1848."

Bom Gemeinderathe der Stadt Wien. Der Gemeinderath hat sich veranlaßt gefunden, heute Nacht in der gegenwärtigen bedrängten Lage der Stadt Mitglieder des Nationalg arde-Ober-Commandos, der mobilen Garde, des Verwaltungsrathes, der akademischen Legion, des Studenten-Ausschusses und des Gemeinderathes in gleicher Anzahl zu einer Commission zusammen zu berufen, um ihre Ansicht über die allfällig zu ergreifenden Maßregeln für die Sicherheit der Stadt entgegen zu nehmen. Die gedachte Commission stellte in Anbetracht der Stimmung der bewaffneten Bevölkerung den Antrag, den Fürsten Windischgräß mittelst einer Deputation zu verständigen, daß man sich den gestellten Bedingungen durchaus nicht unterwerfen könne, und entschlossen sey, den Kampf der Vertheidigung fortzuseßen. Hierauf wurde von Seite des Gemeinderathes aus dem Grunde nicht eingegangen, weil von demselben bereits am Mor

gen dem Herrn Fürsten Windischgräg dieses eröffnet worden war. Der Gemeinderath hat diese, so wie alle seine Verhandlungen, öffentlich gepflogen, und bringt dieselben auf mehrseitig geäußerten Wunsch zur öffentlichen Kenntniß.

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Wien, den 27. October 1848. Bom Gemeinderathe der Stadt Wien." „Befehl. Ich verbiete, daß das Druckerei-Personale der Wiener Zeitung bis auf die Zahl von vier und zwanzig Personen zur Wehrpflicht requirirt werden dürfe. Der Herr Redacteur Eitelberger ist befugt, allsogleich Klage gegen Dawiderhandelnde bei mir selbst zu führen. Schuldtragende werden ohne weiters in Verhaft genommen. Wien, am 27. October 1848. 11 Uhr. Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant. Gesehen: Vom Reichstags-Ausschusse. Wien, am 27. October 1848. Bacano, m. p., Obmanns-Stellvertreter. Füster, m. p., Schriftführer.“

Am 27. besichtigte Messenhauser in Begleitung seines Adjutanten Barthel die Vertheidigungs-Anstalten an den Linienwällen zwischen St. Mary und Favorite, und vertheilte Geldbeträge von 20-40 fl. an die dort aufgestellten Vertheidigungstruppen,,auf ein Glas Wein zur Aufmunterung,“ wie er sich ausdrückte. An lezterer Linie vorzüglich wurde er mit enthusiastischem Vivatrufen, theils von den Reichstagstruppen, und theils von dem versammelten Publikum empfangen, und von den Anwesenden des schönen Geschlechtes wurden ihm bei seiner Abfahrt Blumen in den Wagen geworfen.

,,Tagsbefehl. Der Feldmarschall hat vom gestrigen Abend an keinen Angriff, wie es nach seiner Erklärung zu vermuthen war, eintreten lassen, der eigentliche Angriff ist bereits mehrere Stunden vor der anberaumten Frist erfolgt und war mit Gräueln begleitet, welche ihre muthmaßliche Absicht, einzuschüchtern, gänzlich verfehlten. Ein starker und ritterlicher Feind sollte unsere Barrikaden, unsere Wehrmänner, nicht aber stille Wohnungen, friedliche Häuser, Stätten des Gewerbsfleißes, mit wehrlosen Frauen und Kindern bekämpfen. Solche Barba reien waren von kroatischen Truppen zu erwarten. Ich habe heute sämmtliche Vertheidigungs-Linien, vom Donauarm bis zur St. Marxer Linie in Augenschein genommen, die Barrikaden und Verschanzungen sind eben so viele Festungen. Die Besaßungen reichen für jeden Sturm des Feindes aus. Ich lege den Commandanten wiederholt an das Herz, daß die Summe unserer Munition nicht mit jener des Feindes auf gleicher Höhe stehe. Die äußerste Oekonomie ist heilige Vaterlandspflicht. Der Feind kann uns bloß durch Zündgeschosse ernstlich beunruhigen. Für schleunige Anwendung der Löschanstalten ist gesorgt. Ich habe dem Obersten Aigner bereits befohlen, die Barrikaden in der Jägerzeile und der Taborstraße, jenen in der Landstraße ganz gleich zu machen, d. h. die Verbindung muß in der Mitte oder auf der Seite für Wagen frei erhalten werden. Alles Plänkeln, und namentlich alles Kanoniren ist mit eiserner Strenge hint

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