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noch immer stark kanonirt und geplänkelt wurde. Um 9. Uhr begann das Kanonenfeuer bei der Lerchenfelder, so wie auch bei der Mariahilfer Linie. Um 10%. Uhr begann auch das Feuer im Prater mit Kanonen und ein heftiges Kleingewehrfeuer. Wegen des Nebels ließ sich vom Stephansthurme nichts weiter unterscheiden.

In Folge der am 25. vom Gemeinderathe ergangenen Note erschien nachstehende:

Kundmachung. Es kommen Fälle vor, daß Commandanten oder einzelne Garden im Uebermaß des Eifers Gemeinderäthe zur Leistung der Wehrpflicht anhalten. Das Ober-Commando findet ein solches Verfahren aus dem Grunde unstatthaft, weil die Herren Gemeinderäthe Tag und Nacht, unausgesetzt, an allen Orten für das Wohl der Stadt arbeiten und ihre Kräfte, ihre Gesundheit, ja selbst ihr Leben eben so unerschrocken und hingebend, wie der Wehrmann hinter der Brustwehr, dabei bloßstellen. Es wird daher nicht allein verboten, einem Herrn Gemeinderath Gardendienste aufnöthigen zu wollen, sondern jeder Commandant erhält hiemit den gemessenen Auftrag, ihnen zu ihren Berrichtungen, welche sie an und über die Linien hinausführen, allen möglichen Vorschub zu leisten. Von heute an werden die Herren Gemeinderäthe zu ihrer Legitimation eine Medaille bei sich tragen und sie bei Zweifeln über ihr Amt mit Bereitwilligkeit vorweisen. Wien, am 26. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant.“ Durch nachstehendes Plakat wurde der Bevölkerung die Organisirung einer Feldpolizei bekannt gemacht, die die Freunde des Thrones zittern machte:

„Kundmachung. Das Ober - Commando hat mir laut Proklamation vom 25. d. M., die Organisirung einer Sicherheits-Behörde übertragen.

Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit inmitten dieser gefahrvollen Zustände ist ihr Zweck. Ich werde denselben mit aller Energie verfolgen und dem in mich geseßten Vertrauen zu entsprechen suchen. Die Barrikaden find die Brustwehre unserer Freiheit. Wer sich weigert, deren Bau nach allen Kräften zu fördern, ist ein Verräther an unserer heiligen Sache. Von der Theilnahme am Kampfe, wie von der Mitwirkung an Barrikaden sind nur die Mitglieder des hohen Reichstages und des Gemeinderathes ausgenommen. Das Vaterland fordert ihre ersprießlichen Dienste in einem andern Wirkungskreise. Ausländer, so wie alle mit Dienst Enthebungskarten versehenen Beamten, sind von diesen Verpflichtungen enthoben. Alle Verhafteten sind vor die Sicherheits-Behörden zu führen. Sie wird wegen ihrer leberweisung an andere Behörden ausschließend verfügen.

Mitbürger! Wir haben nicht bloß den äußeren Feind zurückzuweisen, wir müssen auch den inneren kräftigst niederhalten. In unseren Mauern befindet sich

neben hunderttausend würdigen Söhnen eine kleine, aber verrätherische Faction. Alle Mittel ihrer Thätigkeit müssen unbedingt gebrochen werden.

Geheime Versammlungen Bewaffneter sind strengstens verboten und es unterliegen deren Theilnehmer im Betretungsfalle der kriegsrechtlichen Behand lung. Verbergen und Unterschleif von Waffen, Munition und Lebensmitteln, verfallen als Verrath am Vaterlande einer summarischen Behandlung. Alle in den Straßen müßig herumschweifenden Personen sind von den Patrouillen, welche Tag und Nacht die Stadt durchziehen werden, anzuhalten, und zur nächsten Barrikade abzuliefern. Mit Ausnahme der bereits oben bezeichneten Personen, hat Jedermann, auch außer Dienst, in Waffen zu erscheinen. Alle Stadtthore find bis auf weiteren Befehl, Tag und Nacht geöffnet zu halten. Die Communicationen in der Stadt find in keiner Weise zu erschweren.

Mitbürger! Ihr habt Euch bis jezt die Bewunderung der Mit- und Nachwelt erworben durch Eure todesmuthige Vertheidigung der Freiheit! Ihr erkennt, daß auch diese neuesten Maßregeln nur die Wahrung unseres Rechtes vor Verrath, Feigheit und Hinterlist bezwecken. Wien, den 26. October 1848.

Fenneberg, m. p.,

Hauptm., Chef der Feldadjutantur u. Sicherheits-Behörde."

„Vom Gemeinderathe der Stadt Wien. Nachdem dem Gemeinderathe die Eröffnung gemacht wurde, der Fürst Windisch gräß beabsichtige in Bezug auf seine Proklamation dem Gemeinderathe Erläuterungen zu geben, so wurde zu diesem Behufe eine Deputation an den gedachten Fürsten abgesendet. Der Gemeinderath ging von der Vorausseßung aus, daß diese Erläuterungen jedenfalls,,eine Abänderung der bekannten Proklamation“ zum Zwecke haben, und die Möglichkeit einer friedlichen Ausgleichung darbieten dürften. Allein dieß war nicht der Fall. Diese Deputation erhielt nur die Mittheilung, daß Fürst Windisch gråß zu dem Punkte 3 seiner Proklamation bereits eine Erläuterung abgesendet, und jene Personen namentlich bezeichnet habe, deren Auslieferung er verlange. Als weitere Erläuterung aber bezeichnete er die Kundmachung, dd. Hegendorf, 25. October 1848. Es ist der Deputation durchaus nicht bekannt gegeben worden, von wem die bezeichneten Friedensvorschläge ausgegangen find, von wem der Fürst zum Einzuge mit seinen Truppen eingeladen worden sey. Der Gemeinderath, aus der freien Wahl des Volkes hervorgegangen, hat seine Pflicht keinen Augenblick aus dem Auge gelassen. Den Reichstag als höchste Behörde anerkennend, hat der Gemeinderath sich nicht berechtiget gehalten, irgend eine Bedingung zu stellen. Auf alle seine Fragen wurde ihm nur die bestimmteste Erklärung: daß Fürst Windischgräß von seinen Forderungen nicht abgehe. Wien, am 26. October 1848,"

Der Gemeinderath hat folgende Zuschrist erhalten, welche er zur Kenntniß seiner Mitbürger bringt: An den Gemeinderath der Stadt Wien! Hauptquartier Heßendorf, am 26. October 1848. Im Nachtrage zum Punkte 3 meiner Proklantation vom 23. October habe ich für nothwendig befunden, fol gende Individuen zur Auslieferung zu bestimmen:

1. Den angeblichen polnischen Emissär Bem, der sich ganz unberufen in die Wiener-Angelegenheiten mischt.

2. Den gewesenen Unterstaats- Sekretär im ungarischen Ministerium Pulkky.

3. Den Dr. Schütte, und

4. Die Mörder des Kriegs-Ministers Grafen 2 a tour.

Zu gleicher Zeit stelle ich alle Aerarial- und Privat-Gebäude und Eigenthum unter den Schuß des Gemeinde-Rathes und mache denselben für allen Schaden, der durch Plünderung und sonstige Angriffe im Innern der Stadt an demselben verübt werden sollte, auf das Strengste verantwortlich.

Alfred Windisch-Gräß, m. p., Feldmarschall.“

„Kundmachung. Mit dem heutigen Tage um 12 Uhr läuft die von dem Herrn Feldmarschall Fürsten Windischgräß der Stadt gestellte Frist ab. Das Ober-Commando hat bei der gestrigen Inspicirung der am meisten ausgeseßten Punkte mit Beruhigung wahrgenommen, daß der Barrikadenbau und das Aufwerfen anderer Verschanzungen mit eben so viel Einsicht als Eifer ins Werk gesezt worden. Es bedarf keiner Erinnerung, daß mit diesen Arbeiten raftlos fortgefahren werden muß. Die Wälle, hinter welchen der bürgerliche Wehrmann für Freiheit und Eigenthum kämpft, müssen Schöpfungen von unüberwindlicher Stärke seyn, und das stundenlange Spielen ganzer Batterien darf sie nicht in Bresche legen Ich erwarte von den Fähigkeiten und dem trefflichen Geiste unserer Techniker hierin das Ausgezeichnetste. Die Eifrigen und Erfindungsreichen werden öffentlich belobt werden. Ich komme auf die Worte meines Befehles an die Commandanten sämmtlicher Linien vom 24. October 1848 zurück: Es ist gar kein Grund vorhanden, zu glauben, daß wir vor dem Eintreffen einer legten Erklärung des Fürsten von seiner Macht ernstlich angegriffen werden. Alle sich entspinnenden Gefechte werden, wie bisher auf eine Plänkelei hinauslaufen, die allerdings auch in eine leichte Kanonade ausarten können, hierüber habe ich den Herren Commandanten der Linien mit allem Nachdrucke als militärische Gewissenspflicht an das Herz zu legen. Man muß einzelne Schüsse hinnehmen, ohne sie zu erwidern. Solches ist männliche Festigkeit, solches ist der Beweis wahren Muthes. Ohne Zweck und ohne Befehl vom Ober-Commando fechten, ist Leichtfinn; wenn bedeutende Munitionen verschossen werden, in Anbetracht unserer Mittel sogar Verbrechen. Man muß die Zahl der Mobilengarde nicht über

schäßen. Wenn alle Linien nach Verstärkung schreien, so muß es wohl geschehen, daß ich dorthin keine Unterstüßung schicken kann, wo sie am meisten Noth thut, aus dem einfachen Grunde, weil ich die stabile Garde erst dann verwenden kann, wenn ich Allarm schlagen zu lassen bemüßigt bin. Ich ersuche die Herren Commandanten in dieser Hinsicht ihren Mannschaften zuzusprechen, sie auf die tiefe Bedeutung meiner Worte aufmerksam zu machen, und das Ober-Commando nicht mit Gewalt zu der verderblichen Maßregel hinzustoßen, Kanonen, Mu nition und Menschen vor der Zeit zu verschwenden.

Wien, den 26. Oct. 1848. Messenhauser, m. p., prov. Ober-Comm."

„Dringende Aufforderung an die Bewohner Wiens. Der mächtige, entscheidende Moment in umserem begeisterten Freiheitskampfe, der Barrikadenkampf, steht uns bevor. In diesem Kampfe liegt unsere größte Stärke, wir werden unüberwindlich seyn, wenn wir den Aufbau der Barrikaden, wo solche in strategischer Hinsicht nothwendig sind, mit rührigen Händen zu Ende führen. Das überall hin thätig wirkende Studenten-Comitee hat sich der Leitung dieser Arbeiten unterzogen, und es wird Folgendes bekannt gemacht: 1. Bei jedem Arbeitsplaße wird ein Ingenieur den Bau leiten, und ein Mitglied des Studenten-Comitees wird dabei beständig gegenwärtig seyn. 2. Die sich meldenden Arbeiter werden aufgeschrieben und erhalten folgenden Taglohn: Die Männer 40 fr. C. M., die Weiber 30 kr., die Kinder 10 kr. 3. Der Ingenieur verfaßt die Zahlungsliste und übergibt selbe dem Studenten-Comitee, welches die Auszahlung selbst bewirkt, wodurch jede Unzukömmlichkeit beseitiget wird. Auf, Mitbür ger! zum Barrikadenbau, an diesen Bollwerken werden die Schädel unserer mordenden und sengenden Feinde zerschellen! Auf, und laßt uns nicht zu anderen Maßregeln schreiten, wo wir an Euren welthistorisch gewordenen Patriotismus uns wenden. Wien, am 26. October 1848. Vom Studenten-Comitee."

"Bom Generalstabe. Die Mannschaft des Transport-Sammelhauses ist vom Herrn Militär-Plaß-Commandanten Generalen v. Mataus check angewiesen, sich bei dem bevorstehenden Kampfe neutral und ganz passiv unter Androhung des Standrechtes in dem Transporthause zu verhalten. Für den Befolg dieses Befeh les bürgt der Herr General vor dem versammelten Gemeinderath mit seinem Ehrenwort. Das Ober-Commando erkennt es als Pflicht, das Wort eines Ehrenmannes zu achten, und stellt hiermit das Transporthaus unter den Schuß der Volkswehr, wie auch der löbliche Gemeinderath ein Gleiches gethan hat. Dieß wird zur Vermeidung von anders gedeuteten Gerüchten öffentlich bekannt gemacht. Wien, am 26. October 1848. Haug, m. p., Chef des Generalstabes." ,,Aufruf! Es hat in der akademischen Legion eine Abtheilung entschlossener Männer unter dem Titel „Todtenkopflegion" bestanden. Diese Schaar ist aufgelöst worden. Da es höchst wünschenswerth ist, die Namen der Braven zu wissen

welche gleichsam ein öffentliches Gelübde ablegen, sich bei allen Unternehmungen die Ersten in die feindlichen Kugeln zu stürzen, so ergeht der Aufruf an alle Glieder der aufgelösten Schaar, wo sie sich immer befinden möge, so wie an alle diejenigen, welche bei den gegenwärtigen Verhältnissen ein derartiges Gelübde ablegen wollen, sich in der Adjutantur des Belvederes einzufinden, und nach Einzeichnung ihrer Namen zur Verwendung als Leitmänner der einzelnen Schaaren mit der Muskete in der Hand, zur Verfügung zu stellen.

Wien, den 26. October 1848.

Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant." General Lieutenant Bem ließ sich von einem Schneider eine Generals, eine Infanterie-Offiziers-, und eine Kürassier-Offiziers-Uniform mit allen dazu gehörigen Abzeichen bringen. Man wußte dazumal noch nicht zu welchem Zwecke diese Militär-Uniformen gebraucht werden, in der Folge stellte es sich heraus, daß er in der kais. Generals, und zwei seiner Adjutanten in den obbezeichneten k. f. Militär-Offiziers-Uniformen, durch die Cernirungs-Linie entwischt sind,

In der Leopoldstadt war es bis 11 Uhr Mittags ganz ruhig. Sodann begann am Augartendamm und in der neuen Gasse ein hißiger Kampf. Eine Abtheilung des mobilen Corps und vorzüglich die Tyroler-Schüßen wollten nicht weichen. Der Kugelregen dauerte bis 2 Uhr, wobei manche Kugel weit in die Taborstraße hinein flog. Eine Kugel, sechs Pfund schwer, flog sogar bis in das Innere der Stadt und blieb im Rauchfange des Hauses zu den „zwölf Aposteln“ in der Adlergasse stecken. Um die Mittagszeit griffen die Kroaten die Dampfmühle an, und eroberten solche nach einem heftigen und andauernden Widerstande von Seite einer Com pagnie der akademischen Legion.

Der Präsident eröffnete die Reichstags-Sigung um 12 Uhr Mittags und theilte mit, daß die an Se. Majestät in Folge Beschlusses vom gestrigen Tage abzusendende Deputation heute Morgens abgereist sey. Schufelka gab die Aufklärung, daß der in dem permanenten Ausschusse berufene prov. Ober-Commandant Messenhauser erklärt habe, daß nur aus Versehen die ReichstagsAbgeordneten und Gemeinderaths-Mitglieder in den betreffenden Plakate nicht als vom Waffendienst ausgenommen ausdrücklich bezeichnet worden seyen, daß dieses aber chestens nachträglich geschehen werde. Die Deputirten sorgten redlich für ihren heiligen Leib! Der Präsident vertagte hierauf mit Hinweisung auf die Mög lichkeit, daß bis morgen vielleicht schon eine Nachricht von der Deputation einlangen dürfte, die Sigung um halb 1 Uhr auf den 27. Mittags um 12 Uhr.

Nachmittags bezogen Hauptmann S ch mid und Lieutenant Kißling mit der 6. Compagnie des 7. Bezirkes, welche seit 12. October die Wache im HauptQuartier des Schwarzenbergischen Gartens versah, in Folge des Tagsbefehles von demselben Tage und in Rücksicht ihres ausgezeichneten Benehmens auf Ober

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