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ten, war durch die fortwährenden Plänkeleien der Garden fast mit Nothwendigkeit herbeigeführt worden, die hinter den Barrikaden gesichert, keine Gelegenheit vorübergehen ließen, den Soldaten einigen Schaden zuzufügen. — Bahrscheinlich waren einige Kroaten, die auf den Waffenstillstand vertrauend, sich zu sehr in den Vordergrund wagten, durch die arglistigen Kugeln der Garden gefallen. - Die Kroaten waren wüthend. Mit kühner Haltung stürmten sie gegen die erste Barrikade und nach kurzem Kampfe und geringem Verluste waren sie Herren derselben. Unter den Garden, die auf keinen Angriff gefaßt, größtentheils zerstreut waren, brachte dieser energische Angriff allgemeine Verwirrung hervor. Nur mit Mühe konnte sie einer der verwegensten Führer bereden, hinter der nächsten Barrikade Stand zu halten. Leicht wurde es den bereits siegestrunfenen Kroaten, sich auch dieser Barrikade zu bemächtigen, obschon die Garden tüchtigen Gebrauch von ihren Waffen machten. Schon fingen die Garden an zu weichen, einige der kühnsten Kroaten klimmten die Barrikade hinan, als eine große Anzahl mobiler Garden, so wie Arbeiter zum Succurse herbei eilten. Neue Kampflust belebte alle.

-

Diese

Mit großartiger Verstärkung rückten sie gegen die bedeutend schwächern Kroaten vor, die ungeachtet der heftigsten Gegenwehr, der plöglichen lebermacht der Garden nicht gewachsen, mit ziemlichem Verluste über die bereits erstürmte Barrikade auf ihre Stationspläge in den Prater zurückgeschlagen wurden. Dieser Sieg sollte jedoch theuer bezahlt werden. Uebermüthig durch die scheinbaren Trophäen des Tages, stellte man nach der Vertreibung der Soldaten das Feuern nicht ein; vielmehr benügten mehrere Garden das in der Nähe aufgeschichtete Holz als sicheres Versteck, um einzelne Schüsse auf die im Prater unter dem Gehölze lagernden Truppen abzufeuern. nahmen jedoch den Spaß schlecht auf und griffen zu den härtesten Repressalien ; sie steckten mittelst Granaten das Holz in Brand, und in kurzer Zeit stand das Wohngebäude, so wie der anstoßende, mit Holzvorräthen angefüllte Schoppen der Holzhändlerin Maier in hellen Flammen. Jeder Versuch zu löschen ward durch ein wohlgenähries Kanonenfeuer der auf das Höchste erbitterten Truppen unmöglich gemacht. Schrecklich war der Anblick. In den nebenstehenden Häusern suchte man zu retten, was noch zu retten war, denn immer mehr und mehr griff die rasch zehrende Flamme um sich. -Um dem furchtbaren Brande, wenigstens theilweise zu steuern, gaben die Holzhändler ihre, ohnehin unrettbar verlornen Vorräthe armen Leuten frei, wenn sie die furchtbare Wuth der Flammen nicht scheuten. Noth kennt kein Gebot. So Wenige früher zu bewe gen gewesen waren, dem Brande zu Gunsten der Holzhändler durch Wegräumen Einhalt zu thun eben so viele Tausende drängten jeßt herbey, sich für den Winter mit Holz zu versorgen. - Wäre der Moment nicht so schaudervoll gewe

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sen, der ruhige Beobachter hätte in dem wilden Gewirre der drängenden Masse, von dem Brande einiger tausend Klafter Holz beleuchtet, herrliche Studien machen können. Große Erfolge hatten die k. f. Truppen an der Praterseite. Sie rückten im Sturme gegen die vor der Dampfmühle befindlichen Gärten, und umringten das ganze Gebäude von zwei Seiten, das von der akademischen Legion, Arbeitern und Garden vertheidigt wurde. Die ersten Angriffe, so heftig sie immer waren, wurden abgewehrt. Nur die offenbare llebermacht des Militärs, so wie der Mangel an Munition konnte, nach Aussage der Studenten, die Besaßung bewegen, dieses wichtige Gebäude den k. Truppen abzutreten. Leider fielen von nun an gräßliche Scenen vor.

Die ganze Reihe prachtvoller Gebäude, längs dem Donaukanale bis zur Dampfmühle standen in hellen Flammen. Die Stadt und ein großer Theil der Vorstädte wurden durch den großartigen Feuerglanz magisch beleuchtet. Die Donau floß glühend im Widerschein durch die zerstörten Gefilde fort.

Am 25. Abends wurde abermals Oberlieutenant Weissenberger mit einer Depesche des Militär-Play-Commandos an den Feldmarschall gesendet. In Hegendorf angelangt, übergab er die Depesche an den Fürsten zu Windisch: gräß. Weissenberger beschränkte seine Rede auf nur wenige ganz unbedeutende Worte. Während der Ausfertigung der schriftlichen Antwort hatte er die Ehre, die beiden Flügel-Adjutanten Sr. Durchlaucht, die Herren: Obersten v. Schobert und Major Baron von Mertens kennen zu lernen, und in einer beinahe eine Stunde währenden Unterredung in ihnen Ehrenmänner im wahren Sinne des Wortes zu finden. Zu dieser Zeit wurde die Ankunft eines russischen Couriers gemeldet; ein anderer war schon am Morgen dieses Tages angelangt. Mit der Antwort zurückgekehrt unterließ Weissenberger nicht, sowohl dem Ober-Commando als auch der Permanenz des Reichstages mitzutheilen, nicht etwa in schlechter Absicht, oder dadurch den Fürsten verdächtigen zu wollen, sondern bloß in der Ansicht, daß für den Fall die kaiserlichen Truppen geschlagen würden, die Herren aufmerksam zu machen, der Kaiser von Lesterreich auch noch in der Lage seyn dürfte, fremde Truppen in Anspruch zu nehmen, welche Nachricht auch mit ziemlich langen Gesichtern aufgenommen wurde. Die Fünf- und Sechshauser-Garden, deren Entwaffnung bevorstand, weil Militär in ihre Bezirke einrückte, zogen sich nach Mariahilf zurück. Die Taborlinie und die anstoßenden Dämme, so wie der Augarten, waren vom Militär beseßt. Starke und zahlreiche Barrikaden hemmten das weitere Vordringen desselben in die Leopoldstadt.

Am 25. kam der Gemeinderath, Justizamtmann Winter zum Ober-Commando mit der Anzeige, daß der Vertheidigungsleiter Bauer an der Nußdorfer-Linie das Lichtenthaler Bräuhaus, welches vermöge seiner Bauart und seines

Umfanges schon eine kleine Festung bildet, zum Vertheidigungs-Objecte machen, dasselbe verschanzen, verbarrikadiren und mit Kanonen versehen wolle. Diese Maßregel hätte offenbar die Einäscherung der dortigen meist mit Schindeldächern versehenen Vorstädte und das unabsehbarste Unglück für die dortigen meist armen Bewohner im Gefolge haben müssen; und da war es wieder der Gemeinderath Winter, der Messenhauser nicht bloß bath, sondern im wahren Sinne des Wortes bestürmte, von dieser verderblichen Maßregel abzulassen. Messenhauser wollte anfänglich in die Willfahrung dieses Ansinnens durchaus nicht eingehen; allein als Winter abermals, und endlich sogar mit zweien anderen Gemeinderäthen bei ihm erschien, und ihm die eindringende Vorstellung machte, daß in dem besagten Bräuhause bei 30000 Megen Getreides und bei 700 Schock im Geströh eingelagert seyen, und mit der beantragten Verschanzung diese ungeheuere Masse Verproviantirungs-Vorrathes offenbar den Flammen Preis gegeben würde, was schon in Bezug auf die Stadt Wien, die an Nahrungsmitteln schon Mangel litt, nicht zugegeben werden könnte, und dem Ober-Commandanten weiters zu Gemüthe führte, daß ein solches Unternehmen, da das Bräuhaus die dortigen Vorstädte gleichsam dominirt, offenbar den totalen Ruin derselben zur Folge haben müßte, ließ sich dieser endlich herbei, dem genannten Gemeinderathe einen schriftlichen Befehl mitzugeben, des Inhaltes:,,Das Lichtenthaler Bräuhaus in seiner ganzen Ausdehnung darf in keinem denkbaren Falle zum Vertheidigungs-Objecte gemacht werden, weil vieles Eigenthum und das Schicksal der dortigen Vorstädte auf dem Spiele steht.

Messenhauser."

Wie Ordonnanzen später berichteten, hat Winter diesem Befehl auch an der Nußdorfer-Linie unter Kugelregen Geltung verschafft, wobei ihm insbesondere der Hauptmann Morerette vom Corps der Akademiker die kräftigste Unterstügung leistete.

In der Vormittagssigung des Gemeinderathes am 25. October wurde beschlossen, daß im gestrigen Berichte erwähnte Memorandum an den Fürsten Windisch gräß abzusenden. Die Gemeinderäthe Brodhuber und Winter wurden mit dieser Mission beauftragt. Am Abende erstatteten sie über den Erfolg ihrer Sendung Bericht. Der Fürst nahm sie freundlich auf und erklärte den Gemeinderath für die einzige Behörde, mit der er unterhandeln könne, da der Reichstag seiner Bestimmung zu Folge, die Executivgewalt nicht übernehmen dürfe und auch nun aufgefordert ist, sich bis zum 15. November zu vertagen; er wünsche, daß diese Herren sich morgen zu ihm begeben, um einige Erläuterungen über die von ihm am 23. erlassene Proklamation entgegenzunehmen. Im Gemeinderathe wurde die Anzeige gemacht, daß so eben ein Haus am Tabor in Brand aufgehe. Ein Grundgericht wendete sich an den Gemeinderath, er möchte bezüglich

einer vom Bezirks-Commandanten Plattensteiner erlassenen Kundmachung, vermöge welcher bei einem Straßengefechte die Häuser geöffnet bleiben sollen, die Gefahr erwägen, in der sich die Sicherheit der Person und des Eigenthumes befinden dürfte. Diese Note wurde dem Ober-Commando zugewiesen.

Der Verwaltungsrath stellte an den Gemeinderath das Ansuchen, daß dessen Mitgliedern der Permanenz eine Entgeltung für ihre Bemühungen zukommen möge, widrigenfalls der Verwaltungsrath zu wirken aufhören müßte. Der Gemeinderath erwiederte auf dieses Ansuchen, daß auch er seine Funktionen unentgeltlich leiste und eben so wie der Verwaltungsrath Permanenz halte, ohne auf einen Lohn Anspruch zu machen; doch würden dem Verwaltungsrathe 100 fl. CM. zur Bestreitung etwaiger Ausgaben bewilliget.

Im Gemeinderathe wurde die Anzeige gemacht, daß Fürst Radziwil aus dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten ausgetreten sey. Vom StudentenComitee wurde im Gemeinderathe berichtet, daß im kais. Münzamte besonders viel Silber geprägt werde. Ferner wurde von einem Polizeigerichte ein Bericht verlesen, daß ein Mobilgardist einen friedlichen Mann ohne die geringste Veranlassung erschiessen wollte. Derselbe wurde gerichtlich eingezogen, und habe geäußert, daß General Bem den Auftrag gegeben habe, jeden Unbewaffneten niederzumachen. Dieser Mobile wurde dem Ober-Commando zur kriegsrechtlichen Behandlung übermittelt. Es wurde beschlossen vom General Bem Näheres einzuholen.

Von der medizinischen Fakultät wurde im Gemeinderathe das Ansuchen gestellt, daß durch Verwendung beim Fürsten Windischgräg die Spitäler und Aerzte unter allen Umständen in Schuß genommen werden mögen. Es wurde in dieser Angelegenheit ein Mitglied an den Fürsten abgesendet.

Im Gemeinderathe wurde eine Zuschrift verlesen, daß die Sträflinge der Wiener Zwangsarbeitsanstalt sich geäußert haben, für das Vaterland kämpfen zu wollen und deshalb bitten, in die Mobilgarde aufgenommen zu werden, be sonders jene, die noch lange in der Anstalt zu verbleiben haben. Wurde mit Lachen aufgenommen und die Antwort ertheilt, daß der Gemeinderath ohne Befragung des Ober-Commandos nichts vornehmen könne.

General Matauscheck, der bezüglich der Wirksamkeit der Wasserleitung nichts zu thun vermochte, stellte das Invalidenhaus unter den Schuz des Reichstages und des Gemeinderathes. Es wurde hierüber vom Gemeinderathe eine Note an das Ober-Commando erlassen und das Ansuchen gestellt, daß die beim Generalen dienstthuenden Garden ihm stets freundlich entgegenkommen sollen. Ferner wurde beschlossen, daß jedes Mitglied des Gemeinderathes ein äußeres Abzeichen tragen solle, um nicht Gefahr zu laufen, zum Waffendienst aufgefordert zu werden, und das Ober-Commando hiervon in Kenntniß gesezt. Im Gemeinderathe wurde berichtet, daß General Bem bei einem Angriffe auf die Gränzer gefallen

sey; es stellte sich später heraus, daß der Bericht ein falscher war, da nur dessen Pferd verwundet wurde.

Die Nachricht, daß die Permanenz des Reichstages eine Deputation an den Kaiser absende, welche ihm die Vorstellung machen solle, daß der Monarchie die größte Gefahr drohe, wenn der Reichstag von Wien nach Kremfier verlegt würde, wurde im Gemeinderathe mit Jubel aufgenommen, wie es nicht wenig überraschte, daß der Fürst Windischgräß nach den Aeußerungen der Herren Piller 8dorff und Brest 1 friedlichere Absichten gegen Wien haben solle, als man aus seiner Proklamation entnehmen könnte.

Windischgräß erließ Nachstehendes an die Wiener :

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An die Bewohner von Wien. Es ist mir der Antrag gemacht worden, eine friedliche Vermittlung mit der Stadt einzugehen, und mit meinen Truppen nach Wien einzurücken, um die von mir vorgeschriebenen Bedingungen selbst in Ausführung zu bringen. Ich appellire an den Rechtlichkeitssinn eines gewiß großen Theiles der Bewohner Wiens, und frage sie, ob es möglich ist, daß ich nach allem Vorgefallenen, nachdem auf meine Truppen ohne allen Anlaß gleich bei ihrem Erscheinen gefeuert wurde, mit denselben nach Wien einziehen könne, in eine Stadt, die nach Aussage Aller von bewaffneten Uebelgesinnten wimmelt, ehe diese Menge entwaffnet ist, ohne einen mörderischen Straßenkampf herbeizuführen. Ich frage, ob diejenigen, welche mir Frieden anbieten, welche mich auffordern, ungescheut nach Wien einzuziehen, auch wenn sie es gut mit mir meinten, im Stande wären, denen Ruhe und Mäßigung zu gebieten, die nun schon seit Wochen mit Waffen in der Hand die ganze Stadt terrorifiren. Es ist meine Pflicht, den guten Theil der Bewohner Wiens von dem in Kenntniß zu seßen, was seit der kurzen Zeit meines Erscheinens, und vor demselben geschehen ist, da diese Vorfälle gewiß auf das Höchste entstellt werden. Seit mehreren Tagen finden stete Angriffe auf meine Truppen statt, die den Befehl haben, nur im dringendsten Falle dieselben zu erwiedern, was denn auch bereits an mehreren Orten geschehen ist. Die Partei, welche für die Urheber jener unerhörten Schandthat, die an dem Kriegsminister, Grafen Latour, und selbst noch an seiner Leiche begangen wurde, von Sr. Majestät Amnestie begehrte, die die Entfernung der Truppen, welche so schändlich angegriffen wurden, verlangte, einen Antrag auf Verbannung mehrerer Glieder des kaiserlichen Hauses stellte, noch vor Kurzem gegen die mir von Sr. Majestät dem Kaiser verliehenen Vollmachten protestirte, und meine ganze Sendung als ungeseßlich erklärte, — diese Partei schickt Friedensboten zu mir, um mich mit meinen Truppen ohne alle Garantie in die Stadt zu ziehen. Fern ist von mir der Gedanke unnöthiger Gewaltmaßregeln, es erfüllt mich mit Schmerz, gegen die Hauptstadt der Monarchie feindlich auftreten zu müssen; doch ich frage nochmals die rechtlich gesinnten Bewohner derselben,

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