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Am 24. wurde Oberst Thurn als Parlamentär zu Sr. Durchlaucht dem Fürsten zu Windischgräß geschickt, wobei die ihn begleitende Ordonnanz durch eigene Schuld das Pferd erschossen wurde, und wovon sich das Gerücht verbreitete, daß er im feindlichen Lager nicht respectirt und erschossen worden.

Abends sendete Messenhauser den Oberlieutenant Weissenberger als Parlamentär zu dem Fürsten, mit der Weisung, solchen bei der Spinnerin am Kreuz aufzusuchen und eine Depesche zu überbringen. Er ritt zur Favoritenlinie hinaus, wo er vielleicht 200 Schritte vor den feindlichen Vorposten durch Oberst Thurn, welcher in einem Wagen zurückkam, erfuhr, daß der Feldmarschall sein Hauptquartier in Heßendorf aufgeschlagen habe. Um halb zwei Uhr Nachts langte Weissenberger im Hauptquartier an. Der Fürst so wie seine Umgebung schliefen, und er wurde von einem Hauptmann die Stiege hinauf in ein Vorzimmer geführt, wo ein noch junger Offizier angekleidet auf einem Bette schlief; er wurde von dem Hauptmann geweckt, sprang auf, übernahm die Depesche und trug solche sogleich zu dem Fürsten. Weissenberger erfuhr, daß dieser Offizier der Sohn des Feldmarschalls und derselbe sey, der in Prag verwundet wurde. Durch denselben Offizier erhielt der Parlamentär die mündliche Antwort des Fürsten, daß den kommenden Tag die schriftliche Antwort in Wien anlangen werde.

Am heutigen Tage brannte das Marienbad am Tabor ab. Von 3 Uhr bis Abends wurde Kanonendonner gehört. Scharmügel an der Tabor, Nußdorferund Marxer-Linie dauerten fort. In den benachbarten Vorstädten Allarm. Das Gefecht zwischen den Kroaten und Magyaren hat sich nicht bestätiget.

Der Ban erließ an die Gränzer folgende Proklamation:

,,An meine Landsleute! Ihr habt Euch bis jezt unter allen, dem Scepter unseres großen Desterreichs angehörigen Nationen hinsichtlich Eurer Liebe, Anhänglichfeit und Treue für Eueren Monarchen in die ersten Reihen gestellt, Ihr waret Diejenigen, welche in den schwierigsten Momenten der allgemeinen Aufregung, ungeachtet aller an Euch fruchtlos angewandten Mittel der Verführung nicht gewankt, sondern unerschütterlich gleich einem Fels dagestanden und an Euren, unserem geliebten Monarchen geleisteten Schwüren festgehalten habet. Somit steht Ihr als ein glänzendes Beispiel für die anderen Völker da. Wenn sie auch theilweise, gleich Euch, unerschütterlich gewesen sind, so wurdet Ihr doch von keinem übertroffen. Leider hat jedoch während der Zeit meiner Abwesenheit die aufrührerische, Alles zerstören wollende Partei der Ungarn sich neuerdings erhoben, um die Fahne der Rebellion in unserem bisher hievon rein gehaltenen Vaterlande aufzupflanzen, wozu selbe kein was immer für Namen führendes Mittel unversucht läßt, ja selbst den Namen unseres Monarchen zu mißbrauchen sich erkühnt, um ihren unlauteren Zweck ins Leben zu rufen. Ich verständige Euch vor allem, daß Se. Ma

jestät der Kaiser selbst Ungarn als eine aufrührerische Provinz bezeichnen und mich wegen Herstellung der gesetzlichen Ordnung zum königlichen bevollmächtigten Commissär zu ernennen geruht haben, woraus Ihr die zureichenden Beweise entnehmen könnt, daß alle Bestrebungen der Ungarn keinen andern Zweck haben, als Euch in der Treue zu Euerem Monarchen wankend zu machen, um Euch sodann Euerer theils erworbenen, theils noch anzuhoffenden Freiheiten und Rechte um so siche rer berauben zu können. Ich ermahne und fordere Euch demnach auf meine braven Gränzer, diesem kein Gehör zu leihen, sondern auszuharren in Euerer Treue, stehen zu bleiben als unantastbare Stüßen des Thrones unseres Kaisers, mit Euerem Ban, der ich für Eure Sache mein Leben zu opferen bereit bin, zu vertrauen und versichert zu seyn, daß die Zeit der Drangsale, die vielleicht über unser geliebtes Vaterland hereinbrechen könnte, bald vorübergehen wird und gerade in solchen Epochen es nothwendig ist, die Treue seinem angestammten Monarchen, die wahre Liebe zum Vaterlande und den echten Heldenmuth für seine Vertheidigung zu beweisen und darin auszuharren. Bald werde ich wieder im Stande seyn unmittelbar für Euch, für Euere von den Ungarn bedrohten Rechte und Nationalität erneuert in die Schranken zu treten, denn unsere Sache ist eine zu gerechte, als daß ihr nicht endlich der sichere Sieg zu Theil werden sollte. Hauptquartier Zwölfaring nächst Wien, am 24. October 1848.

Jellačič, m. p., Ban und F. M. L." Die medizinische Fakultät an die Bevölkerung Wiens. Durch den Edelmuth der Bevölkerung Wiens ist die Fakultät in den Stand gesezt worden, die sämmt lichen unter ihrer Leitung stehenden Nothspitäler für den ersten Bedarf mit den nothwendigsten Verbandstücken zu versehen. Da jedoch für so viele Spitäler ein bedeutender Vorrath insbesondere von größeren Verbandflecken benöthiget wird, so wendet sich die Fakultät nochmals vertrauensvoll an die Mildthätigkeit der edlen Bewohner Wiens mit der dringenden Bitte, alte Leinwand in die FakultätsKanzlei, Stadt, Bauernmarkt, Nr. 589, senden zu wollen.

Wien, den 24. Oct. 1848.

Dr. Lerch, Decan. Dr. Köck, Pronotar."

25. October.

"In Erwägung der von der niederösterreichischen Regierung dargestellten. Nachtheile, welche durch das zu häufige Entziehen des Lehrpersonals im hiesigen Waisenhause und den Elementar-Schulen von ihrem eigentlichen Berufe durch die Dienstleistungen in der Nationalgarde dem Unterrichte und rücksichtlich den Schülern zugehen, und über das in Folge dessen von der nied. österr. Regierung gestellte und vom hohen k. k. Ministerium des Unterrichtes unterm 27. September d. J., Zahl 6450/1705, unterstüßte Einschreiten hat das hohe Ministerium des Innern unterm 3. October d. I. zu bestimmen befunden, daß sowohl die Lehrer

und Aufseher des hiesigen Waisenhauses, als auch die Lehrer und Lehrgehülfen an allen hiesigen Haupt-, Pfarr- und Trivial-Schulen inner den Linien Wiens, während des Schuljahres mit Ausnahme der Ferienzeit von der Verpflichtung zur Dienstleistung in der Nationalgarde enthoben werden. Diese vom NationalgardeOber-Commando unterm 24. October d. J., 3. 2553/699, anher zur Amtshandlung abgegebene ministerielle Verordnung wird hiermit unter dem Beifügen zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß dem genannten Lehrpersonale nach dessen ordentlicher Legitimirung auch für die gegenwärtige Zeitperiode mit Grundlage des erwähnten Ministerial-Erlasses die Enthebungs-Karten bei dem Ober-Commando ausgefertiget werden. Wien, den 25. October 1848.

Bom Verwaltungsrathe der Wiener Nationalgarde.

Dr. Bauer, m. p., Vice-Präsident. Dr. Schwarz, m. p., Schriftführer." „Reichtags - Beschluß. Da der Feldmarschall Fürst Windischgrät, im offenen Widerspruche mit dem kaiserlichen Worte vom 19. October, und in offener Nichtachtung des Reichstags-Beschlusses vom 22. October in einer neuen Proklamation, ddo. Heßendorf, 23. October 1848, Maßregeln über Wien verhängt, die nicht nur die vom Kaiser sanctionirten constitutionellen, sondern die allgemeinen Bürger- und Menschenrechte völlig aufheben, so erklärt der Reichstag, daß dieses Verfahren des Fürsten Windischgräß nicht nur ungeseßlich, sondern eben so sehr gegen die Rechte des Volkes, wie des erbliche constitutionellen Thrones feindlich sind. Wien, am 24. October 1848. Für den constituirenden Reichstag. Der Vorstand. F. Smolka, m. p., Präsident. Gleispach, m. p., Schriftführer." Vorstehende ist die Stimme des hohen

Wieser, m. p., Schriftführer.

Proklamation. Mitbürger! Das Reichstages. So sprechen die Vertreter der in Wien tagenden Völker. Sie, unsere freiwillig erwählten Gesetzgeber wissen, wo die Gränze von Recht und Un, recht, von Freiheit und Unterdrückung, von Hohn und gerechter Strenge.

Der hohe Reichstag hat die Proklamation des Fürsten zu Windischgräß, als selbst die Menschenrechte in Gefahr seßend erklärt. Millionen Herzen werden dieses Urtheil nachsprechen. Mitbürger! Nie hat ein übermüthiger Brennus sich in so schauerlicher Hoffart als Feind des Menschengeschlechtes erklärt. Nie sind die gerechten Wünsche und Ansprüche eines mündigen Volkes erbarmungsloser in den Staub getreten worden. Das sanfteste Gemüth, der sorgloseste Träumer, der armseligste Gedankenmensch muß über eine solche Sprache mit brennendem Zorn und unauslöschlicher Entrüstung erfüllt seyn. Mitbürger! auch ich erkenne in der Sprache des Fürsten Windischgräß als ein einzelnes Individuum einen Verrath, eine Sünde gegen die Natur. Was müssen meine Em pfindungen als derjenige seyn, der von dem hohen Reichstage mit dem Auftrag betraut worden, unsere herrliche Stadt, zur Zeit die merkwürdigste des ganzen

Erdkreises, gegen einen solchen Feind in Vertheidigungszustand zu seßen? Mitbürger! urtheilt.

In Anbetracht dieser entseßlichen Proklamation des Fürsten, in Anbetracht dieser männlichen Erklärung unseres erleuchtetsten Reichstages, in Anbetracht meines Mandates, in Anbetracht, was Menschenwürde, Soldatenehre, was Pflicht, Menschlichkeit, Gewissen und Vaterlandsliebe mir an die Hand geben, verordne ich wie folgt: Die Stadt Wien wird von heute Abends 9 Uhr als im Belagerungszustand (!) befindlich, erklärt. Alle Garden haben um dieselbe Stunde ohne Trommelschlag auf ihren Sammelplägen in Waffen zu stehen. Ein Fünftel aller Mannschaft des Bezirks hat die Vorposten zu beziehen, ein zweites Fünftel steht zur Unterstüßung, der Rest begibt sich, so lange kein Allarm geschlagen wird, zur Ruhe. Dadurch werden die Kräfte der Wehrmänner nicht vor der Zeit verschwendet werden. Die Zahl sämmtlicher ausrückender Mannschaft ist dem Feldadjutanten Fenneberg alsogleich zuzuschicken. Um die Vertheidigung besser zu leiten und zu übersehen, finde ich zu bestimmen wie folgt: Die Vorstädte werden in acht Rayons eingetheilt und ohne in der bisherigen Einrichtung nach Bezirken eine Aenderung zu treffen, unter die Befehle eines obersten Vertheidigungs-Leiters gestellt. Solche müssen Männer meines unbedingten Vertrauens und erprobter Energie seyn. Es kann unter der Wehrmannschaft Wiens noch viele ebenso Würdige geben, als die ich auswähle. Allein ich hatte noch keine Gelegenheit ihre Kenntnisse, ihre Willenskraft, ihre Gesinnungstüchtigkeit zu erproben. Die obersten Vertheidigungs-Leiter in den Rayons sind die nachstehenden:

Legions-Commandant für die Brigittenau, Leopoldstädter Cavallerie-Kaserne, Augarten, Nordbahnhof. Corps-Commandant Wutschel für Leopoldstadt, Prater und Jägerzeil. Corps-Commandant Wittenberger, Landstraße vom Donau-Arm bis zur St. Maryer Linie. Corps-Commandant Burian, Wieden von der St. Maryer Linie bis zur Favoriten-Linie. Bataillons-Chef Moser, von der Favoriten-Linie bis zur Gumpendorfer-Linie. Bezirks-Chef Braun, von der Gumpendorfer-Linie bis zur Lerchenfelder-Linie. Bezirks-Chef Naessel, von der Lerchenfelder-Linie bis zur Währinger-Linie. Hauptmann B auer, der akademischen Legion, von der Währinger-Linie bis zum Donau-Arm.

Die augenblickliche Organisation einer Militär-Polizei in der inneren Stadt ist dem Feld-Adjutanten Fenneberg übertragen, und demselben der Hauptmann-Auditor Hammerschmidt beigegeben.

Diese Herren Vertheidigungsleiter haben sich sogleich dem Herrn GeneralLieutenant Bem vorzustellen und seine Weisungen entgegen zu nehmen. Die akademische Legion erhält den Auftrag, jedem derselben einen Adjutanten beizugeben. Die Gemeinden haben sogleich für das Hauptquartier der VertheidigungsLeiter mit ihrem Bureau Sorge zu tragen.

Der Herr General-Lieutenant Bem dirigirt die Vertheidigung nach außen im Großen; mit ihm allein verkehren die Vertheidigungs-Leiter; der Herrr General-Lieutenant mit dem Hauptquartier des Ober-Commandanten. Alle Mobilen unterstehen wie früher der Organisation und Leitung des Herrn GeneralLieutenants. Er ist von heute ermächtigt Waffen, Mäntel, Schuhe in AerarialDepots gegen Abgabe von Quittungen zu requiriren und zur Ausrüstung der Mobilen mit aller Energie zu verwenden. Zu jeder Compagnie der Mobilen hat die akademische Legion einen Offizier beizustellen. Zu je zwei Geschüßen hat das Corps der Techniker ein entschlossenes Individuum auszuwählen, welches als Erfagmann des commandirenden Offiziers zu gelten hat. Bei jedem Bataillon find 24 Arbeiter anzuwerben, und mit Schaufeln und Aerten zu versehen. Die Verpflegung findet für die gesammte Garde ohne Ausnahme, von morgen den 26. Oct. an, aus meiner Operations-Casse Statt. Das Hauptquartier des Ober-Commandanten wird von heute Abends wieder in die Stallburg zurückverlegt. Herr General-Lieutenant Bem behält nach wie vor sein Hauptquartier im Belvedere. Die Verhaltungen, im Falle eines Angriffes, werden im Laufe des Tages öffentlich bekannt gemacht werden. Sie dürfen und sollen Niemand aus der Bevölkerung unbekannt bleiben. Mitbürger! Es ist ein großer, gemeinsamer, heiliger Kampf zu dem wir rüsten. Laßt Euch durch die vermeinte Stärke unseres übermüthigen Feindes nicht in Bangen verseßen. In den Mauern unserer Hauptstadt ersteht auf das erste Allarmzeichen ein Heer doppelt so stark als das seine. Es ist nicht glaublich, daß das Heer von gleicher Wuth gegen unsere Errungenschaften und Freiheiten beseelt sey, als sein verblendeter Führer. Es sind den Soldaten irrige Vorstellungen über unsere Ansichten beigebracht worden. Sie müssen darüber enttäuscht werden.

Mitbürger! Mit Eurem Vertrauen ausgerüstet, der glühendsten Freiheitsliebe der Bevölkerung des Gehorsams, der Unterwerfung unter den Oberbefehl Seitens aller Garden, und namentlich aller Herren Offiziere versichert, blicke ich heiteren Auges auf die Entscheidung der nächsten Tage. Mitbürger! Wir werden fiegen, wir werden glorreich unsere Errungenschaften behaupten. Was vermag der künstlich aufgestachelte und genährte Haß einer Brüderarmee gegen das unüberwindliche Freiheitsgefühl unserer Brust? Mitbürger, unser Belagerungszustand wird ein kurzer seyn, und ich hoffe noch immer, daß ein unblutiger Lorbeer unsere männlichen Stirnen schmücken wird. Ich hoffe es, weil ihr mit solcher Einheit, mit socher Entschiedenheit rüstet. Gott, und das heilige Recht mit uns!

Das Nähere meiner Bestimmungen rücksichtlich des morgen eintretenden Belagerungs-Zustandes folgt nach. Wien, am 25. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant.“

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