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von Waffen, d) Trunkenheit, e) Raufereien oder Excesse jeder Art, sowohl in als außer dem Dienste, jedoch nicht vor dem Feinde, sind dem DisciplinarVerfahren des Compagnie-Commandanten oder seines Stellvertreters, welche in solchen Fällen die Strafe des Verweises oder Arrestes bis 24 Stunden zu verhängen ermächtiget sind, unterzogen. Wien, am 23. Oct. 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant.

Neben dem vorstehenden Plakate war die Proklamation des F. Windischgråß (S. 643.) an den Straßenecken angeschlagen. Einer der furchtbarsten Contraste der Geschichte.

Ueber die vom Ober- Commando an den Gemeinderath gelangte Anzeige, daß die Gasbeleuchtungsanstalt demnächst einen Mangel an zur Gasbeleuchtung unentbehrlichen Kalke besorge, und demgemäß hierwegen um schleunige und energische Maßnahme bitte, wurde nach Bemerkung Bernbrunn's, daß dem städtischen Unterkammeramte bereits eine vorbereitende Vorsorge von der Permanenz aufgetragen worden sey, der vielfach unterstüßte Antrag Freund's, sich hierwegen ungesäumt an das Ministerium des Innern wegen Erlassung geeigneter Befehle zu wenden, angenommen. Auf den, an den Gemeinderath gelangten Erlaß des Ministeriums des Innern, über den von der zur Richtung der bei den öffentlichen Arbeiten aufgestellten Commission gemachten Antrag, sämmtliche Arbeiterpläße sogleich aufzulösen, und mit Ausscheidung aller waffenfähigen Individuen unter Einflußnahme des Nationalgarde-Ober-Commando neu zu organifiren, und den Arbeitslohn für weibliche Arbeiter auf 12 kr. und für männliche auf 18 kr. zu ermäßigen, die Ansichten und Vorschläge des Gemeinderathes vernehmen zu wollen, beantragte Martyrt die Zusammenseßung einer Commission, welche im Einverständnisse mit dem Ober-Commando dießfällige begründete Aeußerungen zu erstatten hätte, welches unter gleichzeitiger Bestellung der Herren Branter, Brod huber und Hütter angenommen wurde. Ueber das Ersuchen des Ober-Commandanten, von Dr. Bastler 400 Stück Gewehre schleunigst zu requiriren, wurde eine Commission des Gemeinderathes, bestehend aus den Herren Braun und Lechner alsogleich abgesendet. Braun stellte im Gemeinderathe den Antrag, alle mittellosen Garden für die Dauer des jeßigen bedrängten Zustandes auch an jenen Tagen, an denen sie keine Dienste leisten, täglich mit 20 kr. C. M. und mit Brod und Wein zu betheilen, welches ohne Debatte angenommen wurde, so wie auch Freund's Verbesserungs-Antrag, eine Commission abzuordnen, welche im Einverständnisse mit dem Ober-Commando eine complete Regelung der verschiedenen Zahlungs-Leistungen herbeizuführen hätte, und Martyrt's Zusaß: hiebei gleichzeitig auf eine umfassende Beantwor tung der hierwegen an das Ober-Commando bereits geschehenen Requisition ungesäumt zu dringen, angenommen wurde, und in diese Commission die Herren M a r

tvrt, Baron Waßdorf, Braun, Angerer und Kuhn berufen worden. Ueber Anfrage Rödel's, es läge die Wahrscheinlichkeit vor, daß der mit der Zuschrift des Gemeinderaths an den Fürsten Windischgrät abgesendete Parlamentär an denselben nicht gelangt sey, wurde beschlossen, eine Anfrage an das Ober-Commando zu erlassen, und bei ungenügender Antwort Herrn VicePräsidenten Stifft zu ermächtigen, eine wiederholte Absendung zu veranlassen.

Martyrt stellte den Antrag, der Gemeinderath möge eine Zuschrift an das Studenten Comitee zu dem Ende erlassen, daß von diesem dem beunruhigenden Gerüchte, als sehen ungeheure Pulvervorräthe in der Aula aufgehäuft, und daß im äußersten Falle sogar eine Sprengung der Aula beabsichtiget sey, auf eine, dem verehrlichen Comitee geeignet erscheinende Weise begegnet werde, worüber nach Bernbrunn's Antrag, daß solches durch eine Deputation geschehen möge, leßterer Antrag angenommen, und Bernbrunn und Wessely zu dieser Commission berufen wurden.

Martyrt beantragte, der Gemeinderath möge die Zuschrift des Fürsten Windischgrät, vom 22. October 1848, veröffentlichen, modificirte jedoch über Würth's Bemerkung, daß in diesem Falle auch die Plakate desselben veröffentlicht werden müßten, seinen Antrag dahin, daß die fragliche Zuschrift in dem Protokolle niedergelegt werde, Skacell wollte hingegen, daß, nachdem bisher alle Verhandlungen mit allen Behörden der Bevölkerung Wiens kund gemacht worden sind, auch folgerecht der Erlaß des Herrn Feldmarschalls Fürsten Windischgräß, sammt dem Plakate, veröffentlicht werde. Martyrt's Antrag wurde angenommen, und die Zuschrift im Protokoll eingezeichnet.

Die Bitte des Commandanten der Sicherheitswache, Hauptmanns Valentin, der Gemeinderath wolle eine schleunige lintersuchung der gegen ihn und das Offizier Corps vorgebrachten Anschuldigungen veranlassen, wurde der dieserwegen bereits niedergesezten Commission zugewiesen.

Die Permanenz des Gemeinderathes berichtete, daß sie dem Ober-Commandanten neuerlich 50,000 fl. C. M. angewiesen habe, worauf Martyrt den Antrag stellte, daß künftig von der Gemeinderaths-Permanenz keine Aus zahlungen an permanente und mobile Garden geleistet werden sollen, Brodhu ber das Amendement stellte: dem Ober-Commando auch die hierorts in Verwendung stehenden Liquidirungs- Beamten zuzuweisen, und Dr. Kubenik den Zusaß machte: über Martyrts Antrag im Einverständnisse mit dem Ober- Commando fürzugehen. Welcher Antrag mit beiden Amendements angenommen wurde.

Gräff stellte im Gemeinderathe den Antrag auf Rechnungslegung von Seite des Ober-Commando, Wessely wollte blos Anfrage und Betreibung, Bernbrunn keine Anfrage, worauf über Antrag Martyrt's zur Tagesordnung übergegangen wurde.

Braun relationirte im Gemeinderathe über den Gewehrverkauf von D. Bastler, mit dem Bemerken, daß er nur 200 und nicht 400 befize, und auch diese nicht zweckmäßig wären, beantragte daher, die im k. k. Zeughause befindlichen, in 24 Stunden leicht zu reparirenden 200 Stück Gewehre in Angriff nehmen zu lassen, und dieses dem Ober-Commando bekannt zu geben, welcher Antrag ohne Debatte angenommen wurde.

Die Vorposten an den Linien hatten den gemessensten Befehl, auf die gegenüber stehenden Vorposten nicht zu feuern. Dieß war ein gar strenger Befehl für die Wiener Wehrmänner, und sie suchten alle möglichen Mittel hervor, um den Militär-Vorposten zu verleiten, daß er den ersten Schuß machte, weil sie dann im Rechte zu stehen wähnten, den zweiten abzufeuern, was immer Hoffnung auf ein kleines gegenseitiges Scharmüßel gab. Die gewöhnlichste Finte, die sie dabei gebrauchten, bestand darin, daß sie dem gegenüber stehenden Posten immer näher rückten, um ihm die Lust beizubringen, nach einem so nahen Ziele die Tragweite der Muskete, und sein gutes Auge zu prüfen. Auf diese Art attaquirte ein Vorposten von Seite der Stadt den kaiserlichen so lange, bis er ihm so nahe kam, daß er denselben ansprechen konnte, und den sich darbietenden Moment benügend, rief er ihm zu, was er hier mache. Der Soldat erwiederte, daß er als Vorposten hier wachstehe. Darauf erwiederte der Wehrmann: Das thue ich auch, und langweilig genug ist dieses Vorpostenwachstehen, gehen wir daher zusammen. Er trat zu ihm, und beide schritten so lange in Gesellschaft auf und ab, bis fie der Posten-Commandant auseinander rief. Jeßt gab der Wehrmann dem Soldaten einen gutmüthigen Handschlag auf die Schultern, und sagte ihm: „Wir treffen uns wieder," und entfernte sich ganz ruhig in die zu beobachtende Entfernung einer Schußweite. Ein zweiter Vorposten versuchte ein gleiches Manöver, und rückte ebenfalls dem gegenüberstehenden immer näher an den Leib; endlich wurde ihm das Herumschleichen zu lange, er nahm sein Gewehr „beim Fuß“ und rief dem Soldaten :,,Schieß zu, Kamerad!" Der Soldat wollte ihm den Freundschaftsdienst nicht vorenthalten, legte an und traf den Wehrmann nicht. Jezt machte der Soldat,,beim Fuß," und blieb in salutirender Stellung stehen. Der Wehrmann schoß nach ihm, und traf ihn auch nicht. Nach diesem Gewehrduell gingen beide wieder zurück, ohne sich weiter überflüssig zu incommodiren.

Aus dem Studenten-Comitee. „Es wird berichtet, daß ein Wirthshaus in Nußdorf heute Nacht ganz demolirt wurde, weil man entdeckt hat, daß der Wirth mit dem Lager im Einverständniß und in Correspondenz stand. Drei Männer erschienen, und bringen der Legion einen Gruß von fünfzig Münchnern, die gestern zum Beistande für Wien gekommen sind. Werden mit Jubel empfangen. Der Frankfurter Deputirte Robert Blum erbietet sich, dem Comitee in

der Leitung der Vertheidigungsmaßregeln zur Disposition zu stehen. Es wird eine eigene Vertheidigungs-Commission niedergesezt, - nach Wunsch des OberCommandanten, der Robert Blum beigegeben wird. Ein Steyermärker meldet, daß er aus ziemlich sicherer Quelle erfahren habe, daß in Kroatien der Landsturm organisirt, und die steyerische Gränze bereits von demselben überschritten werde. Das Comitee beschließt, eine Inspicirung der verschiedenen Linien vornehmen zu lassen, um die Stärke der Bewachung daselbst kennen zu lernen. Es werden zu diesem Zwecke Comitee-Mitglieder beauftragt, an den Linien diese Inspicirung vorzunehmen. Die rückkehrenden Inspicienten berichten, daß die TaborLinie sehr schwach, die Hernalserlinie zwar von zwei Kanonen, aber fast von keiner Mannschaft beseßt sey. An der Maßleinsdorfer, Belvedere- und Favoritenlinie hielt die tapfere Wiedner Garde immer zu drei Compagnien bei jeder Linie Bache. Von den übrigen Linien ist noch kein Bericht zurück. Diese Meldungen werden sogleich dem Ober-Commando bekannt gemacht. Das Comitee-Mitglied, welches sich zur Nußdorferlinie hätte verfügen sollen, kommt zurück und meldet, daß ihm auf dem Wege dahin von reitenden Ordonnanzen berichtet worden sey, daß dort ein Angriff erfolgt, und bereits mit Kanonen gefeuert werde. Die dortige Garde fordere Aushülfe mit Leuten und Munition. Es wurde dieß bereits dem Ober-Commando gemeldet. Es kommen mehrere Berichte ein vom Kampfe an der Nußdorfer-Linie. Zwei Legionäre, die bei Beginn desselben am Orte waren, berichten, daß von feindlicher Seite in der Frühe mit Plänkeln angefangen, worauf von der Garde mit starkem Gewehrfeuer geantwortet wurde. Dann erst schoß das Militär mit Kartätschen. Ein anderer Berichterstatter meldet, daß Grenadiere von Ludwig-Regiment übergegangen seyen, deren Zahl erst auf ein ganzes Bataillon, dann auf achtzig (?) angegeben wird. Auf Antrag Fogelhu ber's wird ein Comitee-Mitglied mit einem Mediziner zur Nußdorfer-Linie geschickt, um zu untersuchen, ob sich unter den übergegangenen Grenadieren Verwundete befänden, weil dieses allein das sicherste Zeichen, daß der Uebergang nicht eine List sey. Das Comitee beschließt nachzuforschen, ob die Gesandtschaften wirklich schon alle Wien verlassen haben. Herr Hofer und Friedmann werden mit dieser Commission beauftragt. Sie kehren mit dem Berichte zurück, daß kein (?) Gesandter mehr in Wien sey. Ein Nationalgardist zeigt an, daß ein kranker Soldat, der übergegangen war, ins Militärspital transportirt worden wäre. Er macht auf die Gefahr aufmerksam, die für diesen Soldaten bei einer Wendung der Dinge erfolgen könnte. Wird dem Ober-Commando gemeldet. Es wird berichtet, daß in Salzburg ein Aufstand (?) ausgebrochen wäre, indem die Salzburger zu Bayern übertreten wollten. Ein polnischer Soldat wird von Garden eingebracht, der aussagt, daß dreißig seiner Kameraden, weil sie nicht auf's Bolk schießen wollten, zu vierzig Stockprügel verurtheilt werden, sie machten sich

daher vereinzelt auf die Flucht, er sey nun der erste hier angekommen. Wird zu den übrigen Soldaten in die Salzgries-Kaserne geführt. Ein Legionär bringt eine Kopeke, und meldet, daß sieben Fässer voll russischen Geldes aufgefangen wurden, und durch die Mariahilfer Linie eben eingeführt und auf die Universität gebracht werden. Ein Holsteiner bietet seine Dienste an, er sagt, er habe in dem legten Kriege in seinem Vaterlande im Freicorps als Offi= zier gedient, und sey besonders im Barrikadenbau bewandert. Wird dem OberCommando der akademischen Legion zugewiesen."

Vormittags marschirte plößlich eine starke Compagnie sogenannter Elite-Mobilgarde, aus dem Hauptquartier des Belvederes kommend, auf dem Burgplage auf, mit der Meldung, sie sey auf Requisition des Reichstages zur Beschüßung der Hofburg beordert worden. Diese plögliche und unaufgeforderte Hülfe erregte bei der ohnedieß in der Hofburg befindlichen Hauptwache einiges Aufsehen, um somehr als sich diese über 200 Mann starke Compagnie gleich auf die untern Sockel-Absätze des Franzens-Monuments lagerte. Abends jedoch hörte man entfernten Kanonendonner von der Seite der Nußdorfer und Döblinger Linie her, worauf sich diese Compagnie größtentheils auflöste, um angeblich an dem Kampfe Theil nehmen zu können. Als dieselbe abgezogen war, zeigte sich das FranzensMonument muthwillig beschädiget, einige metallene Verzierungen an demselben ausgebrochen und entwendet, und die Aeußerungen einiger Zurückgebliebenen flangen keineswegs beruhigend über ihren Diensteifer zum Schuße der Hofburg.

Es boten sich hierauf Garden des bildenden Künstler-Corps freiwillig zum Schuße des Franzensmonumentes und der Kunstschäße in der Burg an, und diese 125 Köpfe zählende Abtheilung leistete unter der Anführung des Oberlieutenants Becher, der Lieutenants Schmückel und Seidl, nachdem sie auf Verwendung der Playoffiziere v. He idt und Untersteiner zu dieser DienstLeistung vom Ober-Commando permanent beordert wurden, die lobenswerthesten Dienste. Neuerlich eingelangte Anzeigen von Feuerlegung in der Hofburg, und Plünderungsprojecte veranlaßten über weitere Verwendung der Burg-Plakoffiziere v. Heidt und Untersteiner durch den Einfluß des Hauptmannes Schneider neue Verstärkungen von Stadtgarden des 1. und 4. Bezirkes unter Anführung der Unteroffiziere v. Prati und Prandl, dann eine Bürger-Compagnie unter dem Hauptmann Lindner, Oberlieutenant Novats check und Lieutenant Quest I zu requiriren, welche sich sämmtlich zum Schuße der Burg verwenden ließen, und auch bis zur Einrückung der k. k. Truppen daselbst verblieben.

Im Bezirke Rossau waren die Garden, mit Ausnahme weniger höchst radikaler Individuen, von sehr guter Gesinnung. Bei dieser Stimmung war es auch zu erwarten, daß sie sich an dem Kampfe an der Nußdorfer und kleinen Linie zu

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