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9. Uhr. Die Schiffbrücke ist zur Hälfte gegenüber der schwarzen Lacke bei Nußdorf fertig, gegen sieben Pontons sind schon verbunden. Sonst keine Veränderung.

„Nr. 380. G. R. Note. Einem löbl. Nationalgarde-Ober-Commando kann es nicht unbekannt seyn, daß die deutsche Reichsgewalt Mitglieder des ReichsParlaments zu dem Ende nach Wien entsendet habe, um eine friedliche Ausgleis chung der hiesigen Wirren zu erzielen. Da es einer solchen Unterhandlung im höchsten Grade abträglich seyn müßte, wenn es in Folge von Plänkeleien, Streifungen c. von Seite der Nationalgarde zu irgend einem Konflikte zwischen den Garden und den f. f. Truppen käme, so sieht sich der Gemeinderath zu dem dringenden Ersuchen an Ein löbl. Ober-Commando veranlaßt, Seinen bewährten Einfluß auf die sämmtlichen Abtheilungen der Volkswehr dahin verwenden zu wollen, das bis zum Schluße der dießfälligen Unterhandlungen von Seite der Reichstags-Deputirten jede, wie immer geartete Feindseligkeit möglichst hindangehalten werde. Vom Gemeinderathe der Stadt Wien, am 23. October 1848. Der Vorstand Stellvertreter, Martyrt, m. p.

Der Schriftführer, J. v. Würth, m. p."

Zu gleicher Zeit wurde nachstehendes Plakat angeschlagen :

Mitbürger! Nachdem Se. f. t. Hoheit der Erzherzog Johann durch die Reichscommissäre Welcker und Mosle, Namens der deutschen Centralgewalt, so wie der hohe österreichische Reichstag, die friedliche Lösung der Wiener Angelegenheiten eingeleitet haben, so müssen wir Euch dringend ans Herz legen, jeden feindlichen Zusammenstoß mit dem f. f. Militär zu vermeiden, damit nicht durch voreiliges Einschreiten das große Friedenswerk, welches über das Wohl und Wehe unser Aller entscheidet, im Vorhinein unmöglich gemacht werde. Wien, 23. October 1848.

Vom Gemeinderathe der Stadt Wien."

Am 23. ließ Messenhauser den Ordonnanz-Offizier Knoth zu sich rufen und sagte ihm: Der Reichstag habe beschlossen in Folge der Kundmachung vom 18. October ein Kriegsgericht zusammen zu seßen, wozu auch alle Beifizer und die Stabs-Auditore sammt den andern nothwendigen Beamten gewählt feyen, und ihm (Knoth) die Präsidentenstelle angetragen werde. Knoth erfuhr bei dieser Gelegenheit die Namen der stimmberechtigten Beisiger und freute sich, wie er sagt, daß es lauter ehrenwerthe Namen waren. Die Stabs-Auditore und Adjunkten waren Dr. F. X. Völkl, Dr. Franelich, Dr. Hammers schmidt, Dr. Emperger (von Graz), Ludwig Paduan, dann verschiedene untergeordnete Actuare u. dgl. Indem Knoth bei manchem Namen der mögli cherweise einzureißende Terroriêmus einfiel, sah er sich genöthiget Messen ha user um Bedenkzeit zu bitten. Nachdem sich Knoth mit seinen Freunden berathen, erklärte er dem Ober-Commandanten, daß er bereit sey, die Würde eines Prä

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sidenten des Kriegsgerichtes anzunehmen, jedoch mit der unerläßlichen Bedingung, daß alle Verhaftsbefehle nur dann ihre volle Gültigkeit erreichen, wenn solche von ihm unterzeichnet sind. Messenhauser führte Knoth in die Reichstags Permanenz, woselbst die anwesenden Mitglieder die Bedingung, die Knoth gestellt, genehmigten, und er ward somit Präsident des Kriegsgerichtes. Die erste amtliche Funktion des neuen Präsidenten betraf die Angelegenheit des Plaß- Offiziers Mied anner, des Herrn Kuchenbecker, f. k. Offiziers und Legions-Hauptmanns, welche jedoch frei gesprochen wurden, dann zwei Proletarier über welche später verhandelt wird. Ueberhaupt nahm Knoth nach Beendigung seines kurzen Präsidiums das freudige Bewußtseyn mit sich ins Privatleben, daß während seiner Amtirung über keinen Gefangenen das Schuldig" ausgespro chen wurde. Bei einigen Fällen, welche für eine Kriminal-Untersuchung geeignet waren, wie zum Beispiel, Naubanfälle, Nothzucht 2c. übergab Knoth (das Kriegsgericht) die Verbrecher der legalen Behörde.

Leider hatte sich dessen Stellung seinen Auditoren gegenüber sehr mislich ge staltet; man legte Knoth Verhaftsbefehle gegen Personen vor, welche keines andern Verbrechens (!) beschuldigt werden konnten, als daß sie zur sogenannten schwarzgelben Partei" gehörten, und darauf bestanden, daß der Kampf gegen das Militär eingestellt werde; natürlich mußte der Präsident ähnlichen Verhaftsbefehlen die Unterschrift verweigern; immerwährende Konflikte mit den StabsAuditoren waren die Folge hievon.

10. Uhr Vormittag. Dr. Stü ß, Plaßoffizier, berichtete dem Ober-Commando, daß er zum besonderen Schuße der Nationalbank beordert sey, und sich das Gerücht verbreitete, daß im Falle von dem Militär die Stadt beschossen würde, das Volk die Burg demoliren und die Nationalbank anzünden wolle.

10. Uhr. Bei der Nußdorfer Linie mehrere Kanonenschüsse. An der Brücke, Nußdorf gegenüber, sind bereits schon 20 Pontons eingezogen, die Brücke ist also schon größtentheils fertig. Auf der Fischamenterstraße steigt ein etwas hoch sich erhebender Rauch seit einer Viertelstunde auf. Gegenseitig wird bei Nußdorf geschossen.

11 Uhr. Wurde beim Ober-Commando gemeldet: In der Leopoldstadt wird der Generalmarsch geschlagen; man hört von der Nußdorfer-Linie Kanonenschüsse; es verbreitet sich das Gerücht, daß k. k. Truppen zu den Wienern übergegangen. Leßteres bestätigte sich nicht.

11. Uhr. Die Brücke bei Nußdorf ist fertig. Die Signale wurden von unserer Seite erwiedert, jedoch entsprach es nicht unseren Erwartungen.

,,Tagsbefehl. Zu Beisigern des Kriegsgerichtes werden bestimmt: Die Herren Offiziere: Leszczynski, Fenneberg, Du Beine, Brandler

und Möser. Die Garden: Schröder und Kepezky. Die Ersaßmänner werden seiner Zeit bekannt gegeben werden. Das Kriegsgericht hat sich gleich heute Nachmittag um 4 Uhr im Bureau der Feldadjutantur zu versammeln. Von nun an wird mit Ausnahme der Ausländer das Passiren der Linien Wiens bis auf Weiteres strengstens untersagt. Dem Defensions-Commandanten Grigner wird mit Anerkennuung seiner bisher geleisteten ausgezeichneten Dienste die Vertheidigung der Taborbrücke übertragen, und es haben alle dort stationirten Commandanten mobiler und nicht mobiler Garden sich seinem Befehle unbedingt zu unterwerfen. Alle noch nicht verwendeten Pioniere und Artilleristen werden eingeladen, sich augenblicklich im Hauptquartier bei dem Chef des Generalstabes zu melden. In Folge der durch meinen ersten Adjutanten, Hauptmann Fenneberg, erfolgten Besichtigung der Getreidemarkt-Kaserne finde ich mich veranlaßt, den dort commandirenden Herren Hauptleuten, Sauerländer und Müller, meine volle Zufriedenheit und Anerkennung für die musterhafte Ordnung und Disciplin, die daselbst von ihnen hergestellt wurde, ausdrücken.

Hauptquartier Schwarzenberg-Palais, den 23. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant.“ ,,Befehl. Die Linien Wiens hat vom Augenblicke des Empfanges dieses Befehles Niemand als Ausländer zu passiren, welche auf ihrem Passe die Visa sowohl einer fremden Gesandtschaft, als auch des Nationalgarde-Ober-Commando's aufweisen müssen. Die alten Geleitscheine sind nicht mehr zu respectiren. Hauptquartier Schwarzenberg-Palais, den 23. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant," Schuselka erstattete im Reichstage Bericht im Namen des permanenten Reichstags-Ausschusses, und zwar:

1. Daß an den permanenten Ausschuß von den Journalisten der Betrag von

von vier Gemeinden in Nieder-Oesterreich

dann von zwei Gemeinden, ebenfalls in Nieder-Oesterreich,

durch den Abgeordneten har

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125 fl. 20 fr.

75

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193 fl. 46 fr.

Zusammen 394 fl. 46 fr.

zur Unterstüßung bedürftiger Studenten und Nationalgarden eingegangen, und seiner Bestimmung zugeführt worden sey.

2. Daß dem Ausschusse eine Proklamation aus Innsbruck, dd. 16. October 1848 an die Tiroler und Vorarlberger, unterschrieben von dem Gubernial-VicePräsidenten Benz, und dem Präsidenten des tirolischen Landtages Wolfenstein zugekommen ist, mit welcher in einer falschen (¿) und offenbar böswilligen Auffassung der Octoker-Ereignisse in Wien, der tirolische Landtag eigenmächtig einberufen wird. Diese gesinnungstüchtige Proklamation lautet wie folgt:

,,Liebe Landsleute aus Tirol und Vorarlberg! Der Kaiser ist aus der Burg seiner Väter geflohen. Er hat seine Hauptstadt verlassen, deren Straßen Aufruhr und Mord mit Bürgerblut befleckte, wo Verbrecher-Rotten seinen Minister erwürgten, und Vereine, die nur durch den Umsturz alles Bestehenden sich die Herrschaft zu erringen trachten, durch Bestechung und Verführung einen großen Theil der Volksmassen für fich gewonnen und bewaffnet haben.

Unter solchen Einflüssen kann auch der Reichstag nicht mehr frei berathen. Die Gewalt ist übergegangen in Hände von Menschen, welche die Freiheit im Munde führen, aber schrankenlose Tirannei üben. Ihr leßtes Ziel ist die Auflösung aller Bande der Geseße, und die Zertrümmerung der Monarchie, um aus den Ueberresten eine Republik zu gründen.

Landsleute von Tirol und Vorarlberg! Als der Kaiser flüchtete, hat er durch ein Manifest uns Alle aufgefordert, sich um ihn zu schaaren, und mit ihm die Monarchie und die Freiheit zu retten.

Wo kann der Ruf des guten, tief gebeugten Monarchen, der seinen Völkern gerne und von Herzen Alles gab, was er geben konnte, einen wärmern Anklang, eine tiefere Erwiederung finden, als in der Brust der Tiroler und Vorarlberger, die ein halbtausendjähriger, mit dem Herzblute besiegelter Bund an den Kais ser knüpft!

Unsere Wahl kann nicht schwanken, wir schaaren uns um den constitutionellen Thron des Monarchen, wir folgen seinem Rufe, wir geben ihm Gut und Blut, mit ihm wollen wir stehen und fallen.

Der ständische Landtags- Ausschuß hält es für seine Pflicht, in dieser schwierigen Zeit die Landesvertretung einzuberufen, und im Einklange mit den Behörden einstweilen jene Maßregeln zu treffen, welche die Noth des Augen blics erheischt, zugleich aber auch eine Deputation an Se. Majestät den Kaiser zu entsenden.

Zu diesem Zwecke wird gleichzeitig der vertagte Landtag einberufen, und derselbe mit stimmberechtigten Vertrauensmännern nach der Volkszahl verstärkt werden, damit die Volksvertretung auf diese Weise eingeleitet, die Verbindung Vorarlbergs mit Tirol in ständischer Beziehung angebahnt, und das beklagenswerthe Zerwürfniß mit unsern Brüdern in Wälsch-Tirol gehoben werde.

Landsleute! wir rechnen auf Eure Liebe zum Kaiser, auf Eure bisher unerschütterte Treue, auf Euren bewährten Rechtssinn, auf Eure Mitwirkung zur Erhaltung des Friedens und der Ordnung, die uns bisher beglückten.

Lasset es uns aussprechen vor den Provinzen Oesterreichs, vor Deutschland und Europa, was wir wollen!

Wir wollen den Fortbestand der constitutionellen Monarchie, wir erkennen in ihr den Hort der Rettung aus den Stürmen der Gegenwart. Wir wollen die

Erhaltung des Kaiserstaates, und die uralte Verbindung seiner Völker durch die geheiligte Person des Monarchen. Wir wollen die Gleichberechtigung aller Völkerstämme des Kaiserstaates; keine Nation unterdrücke die andere, sondern stehe brüderlich vereint zum Völkerbunde. Wir wollen als deutsche Provinz enge Verknüpfung mit Deutschland und seiner Centralgewalt, an deren Spiße, durch des Volkes Stimme gerufen, unser alter Freund aus dem Kaiserhause, der Erzherzog Johann steht. Wir wollen die unverkümmerte Freiheit, wie sie uns durch das Wort des Kaisers verbürgt ist, aber wir wollen sie gebaut auf die Grundvesten des Rechtes und der Achtung vor dem Geseze, weil ohne sie gar keine Freiheit denkbar ist. Wir wollen die Beachtung unserer religiösen, geistigen und materiellen Interessen. Wir wollen die Aufrechthaltung unserer provinziellen Selbstständigkeit, sie ist das Erbtheil eines Jahrtausends, das kostbare Vermächtniß der Våter, das kein Volk ohne Selbstmord opfern kann, für sie stehen wir, wie jemals, Mann an Mann.

Laßt uns, liebe Landsleute, auf Gott vertrauen, der die Geschicke der Völker lenkt; laßt uns festhalten an den Geboten der heiligen Religion; fie führt uns sicher auf den Weg zur Rettung. Laßt uns einig seyn! Denn Eintracht gibt allein Stärke, sie macht das Kleine groß. Laßt fahren in dieser schwer bedrängten Zeit kleinliche Zwiste und Meinungsverschiedenheiten, wo es nur Hülfe gibt, wenn Einer für Alle, und Alle für Einen stehen. Laßt uns einander hülfreich sehn, wie Brüder. Laßt uns wandeln auf der Bahn des Geseßes, auf ihr ruht Gottes Segen. Laßt uns Selbsthülfe und Gewalt verschmähen, fie führen zur Unterdrückung. Treten wir entgegen den Wühlern, denen kein Mittel zu schlecht ist zur Erreichung ihrer schmachvollen Zwecke, die unter dem Vorwande der Volksbeglückung Geseglosigkeit und Anarchie wollen, um aus dem Schiffbruche Eurer Güter ihr Glück zu erbauen. Laßt uns Muth fassen in dieser dunkeln Zeit, denn Muth und Zuversicht, das Recht und die Geseße zu wahren, sind mit Gottes Hülfe Rettungsanker. Gehen wir, liebe Landsleute, entschlossen auf dieser Bahn, und glauben wir fest und sicher, daß uns diese Sterne leiten werden durch die schwarze Gewitternacht, bis der Tag des Friedens und der Freiheit anbricht, der uns lohnen wird für die muthige Ausdauer. Innsbruck, 16. Oct. 1848. Benz, m. p., f. f. Gub.-Vicepräs.; Wolken stein, m. p., Präs. d. tir. Landt.“

Rücksichtlich dieser Proklamation stellte der permanente Ausschuß folgenden Antrag: Das Ministerium werde aufgefordert, die eigenmächtige Berufung des Tiroler Landtages für ungefeßlich und unzulässig zu erklären."

Da über diesen Antrag der Abgeordnete Gleis pach bemerkte, daß zuerst ermittelt werden müsse, ob die Tiroler Stände nicht das Recht haben, einen Landtag zu berufen, so entspann sich über denselben eine Debatte, deren Resultat, da gezeigt wurde, daß die Stände hiezu das Recht nicht haben, das war, daß der

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