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,,Die medizinische Fakultät an die Bevölkerung Wiens. Die medizinische Fakultät hat zu Folge der Aufforderung des Gemeinderathes die ärztliche Obsorge für Verwundete in allen Theilen der Stadt übernommen und bereits durch ihr Plakat vom 17. October die Krankenhäuser und Nothspitäler namhaft ge= macht, welche schon für eine überaus große Anzahl von Verwundeten wohlgeordnete Unterkunft sichern. Folgende Anstalten werden übrigens noch zu voller Beruhigung des Publikums veröffentlicht. 1. Die Nationalgarde - Compagnien find mit Aerzten versehen, die bisher bereits denselben sich freiwillig eingereiht und dadurch vom regulären Dienste befreit haben. Die Fakultät segt in diese Compagnie-Aerzte das unbedingte Vertrauen, daß dieselben nun in dem erforderlichen Zeitpunkte auch wirklich ihren Compagnien pflichttreu in jeder Richtung folgen, und an Ort und Stelle die erste Nothhülfe leisten, sodann aber, wie es Einsicht und Erfahrung gebieten, die Verwundeten sofort in die bereits durch Plakat der Fakultät bezeichneten Spitäler verschaffen lassen werden. 2. Für den ärztlichen Dienst aller mobilen oder mobil zu machenden Truppen ist hinreichend durch ein sehr zahlreiches Personal gesorgt, welches unter der Leitung des Chefs, Professors Reter, in jeder erforderlichen Richtung obsorgt, und nicht nur mit allen Bedürfnissen versehen, sondern auch mit der Fakultät in ununterbrochene Verbindung gesezt ist. Die medizinische Fakultät hat alle diese Einrichtungen nur im Interesse der Verwundeten getroffen, um die rasche Hülfe da zu sichern, wo dieselbe erforderlich erscheint. Vor allen Dingen mußte die Fakultät eine zwecklose, nicht zu überwachende, und die ärztliche Obsorge für die Verwundeten nur geradezu gefährdende Vermehrung der schon vorhandenen Spitäler abweisen ; es ist nach genauer Erwägung der möglichen Vorfälle dermalen hinreichend und zweckmäßig für die Unterbringung der Verwundeten gesorgt, und gleichzeitig sind noch jene Vorkehrungen berathen, durch welche selbst einem (jeßt nicht vorauszusehenden), nahmhaft größeren Andrange von Verwundeten sogleich Unterkunft gesichert werden kann. Bloß für diese hier bezeichneten, und von ihr speciell überwachten Anstalten übernimmt die Fakultät die Verantwortung, indem dieselben nicht nur mit geschickten Operateurs, und einem geordneten Personale versehen sind, sondern auch von den in der Chirurgie bewährten Männern : Professor Schuh, Primarius Dummreicher, Primarius Sigmund, als Inspections-Aerzten überwacht werden. Wien, am 20. October 1848.

Dr. Lerch, Decan.

Dr. Köd, Pronotar.“ Anmerkung. In Bezug auf Seite 453 ist erhoben worden, daß der betreffende Leichnam nicht aus dem Spitale der barmh. Brüder entwendet worden ist. Daß aber dem Gemeinderathe eine derlei Anzeige, und zwar anonym zugekommen sey, bleibt eine Thatsache. Seite 227 ist zu berichtigen, daß die 88 Verwundeten nicht ins allg. Krankenhaus überbracht worden sind; denn im October wurden alle ins Spital der barmh. Brüder überbrachten Verwundeten, selbst jene aus den Filialspitälern allda verpflegt und behandelt, bis sie genesen oder gestorben. Alle Leichen wurden ins allg. Krankenhaus gebracht.

„Uebersicht

der unter Oberaufsicht der mediz. Fakultät stehenden Nothspitäler für Verwundete und des dieselben leitenden ärztlichen Personals.

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Stadttheil. Laimgrube

St. Ulrich

Josefstadt

Rossau

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Ingenieur-Akademie, 80 Bett, Dr. Lackner Joh, Operateur

Schottengasse Nr. 6, 12 Bett.
Im ungar. Gardehaus, 30 Btt.
Blindeninstitut nächst der Ler-

chenfelder Linie, 6 Betten.
Löwenburg'schen Convict bei den
Piaristen.

Dr. Schulz, Dr. Gartner.
Anzion, gewes. Oberarzt.
Dr. Dinstl, Dr. Wimmer.
Dr. C. Ph. Schmidt, Dr. Kart-
naller, Operateur.

Dr. Hoelzl.

Das Kloster der P. P. Servi- Dr. Innhauser, Oper. Neuner. ten, 50 Betten.

Im Judenspital, 12 Betten.

Dr. Innhauser, Dr. Winter

nig, Operateur Neuner.

Sämmtliche Nothspitäler sind mit dem nöthigen ärztlichen Hülfspersonale hinreichend versehen; die Inspektion führt in der innern Stadt Herr Prof. Schuh, in der Rossau, Josephstadt und St. Ulrich Herr Primarius Dummreicher, in der Leopoldstadt, Landstraße, Wieden, Gumpendorf und Mariahilf Herr Primarius Sigmund. Wien, am 20. October 1848.

Von der medizinischen Fakultät.

Dr. Lerch, Decan. Dr. Köck, Pronotar."

An allen Straßenecken wurde nachstehendes aufrührerische Plakat angeschlagen:

„An das souveräne Volk von Wien! Der Central-Ausschuß der demokratischen Vereine Wiens übergibt dem freien Volke Wiens ein Aktenstück der Olmüßer Hofpartei, welches den öffentlichen Verrath (??) derselben an den durch die März und Mairevolution errungenen Rechten zeigt. Was das Wiener Volk durch blutige Kämpfe mühsam errang, wie Preßfreiheit, Vereinsrecht, Volkswehr, das soll geschmälert (??) werden.

Das ist also die väterliche Fürsorge des Monarchen ?"

Hierauf folgte das Manifest Sr. Majestät des Kaisers, dd. Olmüg 16. October 1848. An Meine Völker!" (Solches ist Seite 472 enthalten.)

In Wien verbreitete sich das Gerücht, es wäre auf den Kaiser geschossen worden, doch, zur Ehre aller Oesterreicher, es war erlogen.

,,Gleichzeitig mit der Deputation des Wiener Gemeinderathes zur Ueberreichung einer Adresse an Se. Majestät hat auch die Nationalgarde der Stadt Wien sammt den zur Hülfe der Hauptstadt herbeigeeilten Wehrmannschaften der Städte Brünn, Linz und Graz eine Deputation zu demselben Zwecke abgeschickt.

Von Seite des Ober-Commandos der Nationalgarde wurde aus dessen Stabe der Major Haug dieser Deputation beigegeben. Der Inhalt der Adresse ist folgender:

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,,,,Eure Majestät! Die ehrfurchtsvoll Gefertigten, von Euer Majestät im März d. I. aus eigenem Willen ins Leben gerufenen Bürger- und NationalKörperschaften im Gebiete der Stadt Wien erfüllt es in diesem wichtigen Momente mit tiefem Schmerze, daß Eure Majestät Sich bewogen gefunden haben, wegen der Ereignisse des 6. Octobers d. J. Wien zu verlassen. Es handelt sich dermalen nicht um zu rechten, sondern darum, solche Vorschläge und Maßregeln Eurer Majestät zu unterbreiten, welche das fünftige Wohl der Bevölkerung Wiens, das Wohl der Gesammtmonarchie, ja den Frieden von ganz Europa dauernd sicher stellen können. Diese Entzwecke, abgesehen von allem Andern, können aber nur erreicht werden, wenn Eure Majestät sich bewogen finden, die nachstehenden, ehrfurchtsvoll gestellten Bitten in Erwägung zu ziehen: 1. Der Herr General der Cavallerie, Graf Auersperg, beziehe mit seinem Militär die Garnison Wiens, deren Anzahl aber 10,000 Mann in Allem nie übersteigen möge. 2. Das Militär sey auf das Allerhöchste Patent vom 15. März und 15. Mai 1. 3. zu beeiden, mit Vorbehalt der allgemeinen Beeidigung auf die vom Reichstage zu berathende Constitution. 3. Daß Eure Majestät Sich sechs Männer aus dem gesammten Nationalgarde-Institute zum Adjutanten-Dienst in die Hofburg bestimmen möge. 4. Daß die Herren Generale Jellačič und Fürst Windischgrä ß nicht nach Wien kommen, sich vielmehr aus der Umgebung von Wien alsobald entfernen, und die Linien-Regimenter Nassau, Latour, so wie auch Wrbn a Chevaurlegers nicht die Garnison von Wien beziehen. 6. Daß die Volkswehr auf Grundlage eines tadellosen Rufes, Intelligenz oder Befiß auf ein vom Reichstage sogleich, wenigstens provisorisch zu erlassendes Gesez organisirt werde, wo jedoch die Besißhabenden in keiner Weise dem Nationalgarde-Dienste sich entziehen dürften. 6. Die alsobaldige Bildung eines freifinnigen, volksthümlichen Ministeriums, und endlich 7. daß Eure Majestät ge= ruhen, Sich in Ihr allzeit getreues Wien zurück zu begeben, wodurch Ruhe und Ordnung schnellstens hergestellt seyn wird. Dieses Lezteres ist um so nöthiger, als Euer Majestät angeborne Herzensgüte gewiß nicht will, daß die schöne Stadt Wien und ihre Bevölkerung unter der Last der jeßigen Verhältnisse einem unabsehbaren Unglücke noch länger Preis gegeben sey. Unberechenbare Folgen hängen von den zu treffenden Maßregeln ab. - Millionen treuer Einwohner sehen mit Sehnsucht der Entscheidung entgegen. Im Uebrigen erklären die Gefertigten in der Wesenheit mit der Tendenz der Adresse des Gemeinderathes einverstanden zu seyn, und haben sich in weiterem auf dessen Inhalt berufend in tiefer Ehrfurcht zu nennen, Eurer Majestat 2c. 2. (Folgen die Unterschriften.)

Wien, am 20. October 1848."

Da durch die schon am 6. October erfolgte Auflösung des Kärnthner-Viertels die Gewehre der bestandenen sechs Nationalgarde-Compagnien ohne Bestimmung waren, und aus den aufgelösten Garden dieses Bezirkes in der Folge nur Eine Compagnie zum Dienste zusammengesezt werden konnte, so erhielt der Feldwebel Fr. Kaf ka vom Ober-Commando den Befehl, alle überzähligen Waffen einzusammeln und in das k. Zeughaus abzuführen, daselbst die Reparatur und Deponirung aller vorhandenen und beschädigten Gewehre vorzunehmen und über die daselbst befindlichen Arbeiter die Verpflegs-Rechnungen zu führen.

Am 20. trat Kafka seinen Dienst im k. Zeughause an, und es waren hier zu dieser Zeit 1 Magazineur, 1 Ober- und 1 Unter-Büchsenmacher, 1 Werkführer, 28 Büchsenmacher-Gesellen und 6 Handlanger beschäftigt. Außer diesen arbeiteten laut Gemeinderaths-Beschluß noch bei 150 Individuen an der Erzeugung von Schießpulver. — Zwölf Studenten übten sich hier im Exerciren mit Kanonen. Wiewohl fast jeden Tag bei 200 Gewehre reparirt wurden, so konnte man doch die leßten Tage allen Anforderungen nicht Genüge leisten, da Studenten, Garden, Arbeiter und Freiwillige beständig, und selbst in der Nacht das Zeughaus mit Abfassungen von Waffen in Anspruch nahmen.

Hauptmann-Stallmeister Sensel erhielt den Auftrag, sich beritten mit drei gesattelten Pferden zur Verfügung des Haupt- und Feldadjutanten Fenneberg zu stellen. Hierauf kam Fenneberg mit noch zwei gänzlich unbekannten Offizieren, deren es damals viele gab, zu Sensel mit einer Schrift, welche er ihm übergab, und ihn anwies, mit ihm und diesen zwei Herren zur ungarischen Garde auf Pferde- Requisition zu reiten. Im Garde Gebäude angelangt, stiegen sie im Hofe ab, und Fenneberg ließ fich und seine Begleiter durch einen Diener des Hauses zum Commandanten desselben, dem würdigen, im Dienste ergrauten F. M. &. Martonig geleiten. Fenneberg forderte daselbst von Sensel die ungelesen ihm übergebene Schrift ab, die eine von Fenneberg selbst geschriebene Vollmacht an Stallmeister Sensel lautend war, alle im Gardehause befindlichen Pferde zum Bedarf des Ober-Commando in Empfang zu nehmen, überreichte diese dem F. M. 2. Martoniß, und begehrte die Uebergabe der Pferde. Obgleich die in einem sehr gebieterischen Tone geschriebene Vollmacht auf den ergrauten General einen tiefen Eindruck machte, entschuldigte sich derselbe doch auf eine höfliche Weise, dieser Anforderung aus dem Grunde nicht entsprechen zu können, weil er nur mehr der Hüter des ungarischen NationalEigenthums sey. Fenneberg bestand aber auf der Forderung, daher sich der General mit mehreren Offizieren der ungarischen Garde besprach, worunter der Oberstlieutenant v. Etvös war, wornach sich F. M. L. Martonig dahin erklärte, nur wenn der königl. Unter-Staatssekretär Pulsz ky hiezu den Befehl

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