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vatvermögen zusehen; weil die Gehalte dieser Beamten in der Regel ganz knapp zugemessen waren; endlich 6. haben wir bei dem hohen Ministerium eine Bitte eingebracht, womöglich in Postelberg ein Bezirksgericht zu kreiren, um Unterstügung dieses Petitums wollen wir recht angelegentlichst die hohe Reichsversammlung anflehen! Sollte die nahe Berücksichtigung dieser Wünsche in der Weisheit des hohen Reichstages liegen, so bitten hierum ganz vertrauensvoll die hochachtungsvoll gefertigten dankbaren Comittenten eines Antheils des Saazer Wahlbezirkes durch ihren Ausschuß.

Der Verein für Ruh' und Ordnung, Recht und Wahrheit zu Großlippen, am 24. September 1848."

Die am Schlusse ausgesprochenen Wünsche der Adressanten wurden an den Petitions-Ausschuß gewiesen.

Schuselka erstattete im Namen des permanenten Sicherheits-Ausschusses folgenden Bericht:

1. Im Stande unserer Verhältnisse hat sich im Wesentlichen nichts geändert, der Gemeinderath der Stadt Wien hat zum Versuche einer friedlichen Ausgleichung eine Deputation an Se. Majestät abgesendet.

2. Laut einer brieflichen Mittheilung sind in Brünn bedeutende Unruhen und zwar vorzüglich aus Veranlassung, daß mehreren Nationalgarden Brünns in Lundenburg von dem Militär nicht nur die Waffen, sondern auch Barschaft und Wäsche auf eine schimpfliche Art abgenommen wurden.

Ueber die Bemerkung des Präsidenten, daß nach der vorgenommenen Zählung nunmehr 193 Abgeordnete anwesend sind, wurde das gestrige Sigungs-Protokoll von der nunmehr beschlußfähigen Versammlung angenommen. Der Berichterstatter, Abgeordneter S chuselka, verlas ferner eine Dankadresse mehrerer Gemeinden des Saazerkreises in Böhmen, (siehe diese Seite 553), dann eine Zuschrift des deutschen Central-Vereines für Böhmen in Reichenberg an den Reichstag, (siehe diese Seite 420), und einen Aufruf desselben Vereines an die Wiener Reichs-Deputirten und ihre Wähler (siehe diese Seite 421). Ueber ein durch Pillersdorf dem Reichstage übergebenes Gesuch des NationalgardeCommando in Liesing um Schuß bezüglich seiner durch das Militär abgenommenen Waffen, stellte Schufelka im Namen des permanenten Ausschusses den Antrag, an den commandirenden Generalen die Aufforderung zu erlassen, die der Garde von Liefing und anderen Ortschaften abgenommenen Waffen zurückzugeben, indem die Nationalgarde durch kaiserliche Sanction geseßmäßig bewaffnet ist, und das betreffende Geseß bisher auf constitutionellem Wege weder zurückgenommen, noch geändert ist. Dieser Antrag wurde angenommen, eben so auch der weitere Antrag desselben Abgeordneten, lautend: Der Reichstag beauftrage den permanenten Ausschuß, den commandirenden General mit Hinweisung auf die von

Sr. Majestät ausgesprochene volle Anerkennung alles dessen, was der Reichstag zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit verfügte, aufzufordern, die Zufuhr von Lebensmitteln nach Wien frei zu geben, indem es sonst dem Reichstage unmöglich wäre, Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten.

Der Zusaßantrag des Abgeordneten Dilewski: Auch das Ministerium aufzufordern, den commandirenden Generalen die Weisung zukommen zu lassen, die Zufuhr der Lebensmittel nicht abzuschneiden, dann der weitere Zusaßantrag des Abgeordneten Fedorowicz, den commandirenden Generalen zu befragen, ob und von wem er den Befehl habe, die Zufuhr der Lebensmittel nach Wien abzuschneiden, wurden angenommen. Der permanente Ausschuß stellte durch Schusella den Antrag: Der Reichstag wolle beschließen, daß dem hiesigen Gemeinderath aus den zur Unterstüßung der hiesigen Gewerbtreibenden votirten zwei Millionen 200,000 fl. CM. zur Disposition gestellt werden, und daß der Finanz-Minister mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt werde. Sofort wurde eine Adresse der Nationalgarde Gmunden und anderer nahe gelegenen Orts schaften an den Reichstag des Inhaltes verlesen:

„An den hohen Reichstag: Die Kunde von den Ereignissen in Wien am 6., 7. und 8. October hat uns tief erschüttert, denn unsere Blicke sind stets dahin gewandt, wo unsere Vertreter tagen für unsere Freiheit und unser Wohl, und wo die Legion für diese kostbarsten Güter die Waffen trägt. Wien ist das Herz, dessen Schläge auch die Provinzen fühlen. Der Reichstag hat in den Tagen, wo die Freiheit am höchsten bedroht war, da Bürger und Militär gegen ihre eigenen Freiheit begeisterten Brüder wütheten, das Vaterland nicht aufgegeben und nicht verlassen. Er hat die vollziehende Gewalt übernommen. Wir sprechen aber mit Offenheit unsere Mißbilligung über Jene aus, die in eiliger Flucht ihren Siß im Reichstage verließen, und die ihnen anvertrauten Interessen ihres Wahlbezirkes Preis gaben.

Die Ereignisse in Wien haben uns gezeigt, wer die wahren Vertreter des Bolles find. Die Entflohenen sind es nicht (?) und können es nicht mehr seyn.

Wir bedauern, daß der Kaiser abermals seine Residenz verlassen hat. Wie auch der Sieg im Kampfe der Gegenrevolution mit der Freiheit ausfallen mochte, der Kaiser war nicht gefährdet, das Bolt weiß zu gut, daß sein Herz voll Güte, aber sein Blick getrübt ist von seiner Umgebung. Vermag sich der Kaiser nicht selbst zu befreien von seinen ärgsten Feinden, so muß ihn das Volk befreien. Wir erkennen alle Errungenschaften der März- und Maitage und alle vom Reichstage bisher entworfenen und angenommenen Geseße, wir wollen auch ferner uns seinen Entschlüssen unterwerfen, wenn er, wie bisher auf dem Boden constitutioneller Freiheit sich bewegt. Darum, wenn Wien und der Reichstag unser bedarf, find wir bereit, seinem Ruf augenblicklich zu folgen, denn wir sind bereit auf

diesen Ruf mit Gut und Blut die erworbene Freiheit zu vertheidigen, und den Reichstag in seinen Entschlüssen zu schüßen.

Im Namen der Nationalgarde Gmundens und mehrerer anderer Gemeinden." (Folgen die Unterschriften.) Die Drucklegung und Veröffentlichung dieser Adresse wurde beschlossen. Goldmart, als Berichterstatter der Commission zur Redaction der Proklamation an die Völker Oesterreichs, verlas den Entwurf dieser Proklamation.

Der Zusagantrag des Abgeordneten Polaczek, es möge in der Proklamation ausdrücklich die Erklärung des Reichstages enthalten seyn, daß er in diesen Tagen der Gefahr nicht aufgehört habe in seiner beschlußfähigen Anzahl und frei von jeglichem Einflusse (!) zu tagen, wurde zwar gehörig unterstüßt, blieb aber bei der Abstimmung in der Minorität. Der Antrag des Abgeordneten Ambrosch, die Proklamation in allen Sprachen der bei diesem Reichstage vertretenen Nationalitäten zu überseßen, wurde angenommen, und die dießfallfigen Translatoren bestimmt.

„Völker Desterreichs! Durch Euer Vertrauen zu dem friedlichen Werke der Constituirung unserer Freiheit berufen, ist der Reichstag durch die Gewalt der Ereignisse plöglich mit in den Kampf der Zeit gestellt. Der Reichstag mußte in diesem Kampfe vor Allem seinem Friedensberufe getreu bleiben, deßhalb hat er bis zu dieser Stunde alle seine Kräfte aufgeboten, um das Loshrechen des Gewaltkampfes zu verhindern und aus den verworrenen Verhältnissen des Augenblickes den Pfad der Versöhnung und des Friedens zu finden und zu zeigen. Die Bemühungen des Reichstages sind bis jetzt ohne den erwünschten Erfolg geblieben. Zwar hat das edle Volk von Wien seine Erbitterung und Kampfeslust bezähmt, und den Angriff auf die offenbar feindlich verfahrenden Truppen vermieden, zwar haben selbst Se. Majestät der Kaiser Allem, was der Reichstag zur Hintanhaltung der drohenden Anarchie verfügt, die volle Anerkennung gezollt, aber nichts desto weniger ist Wien noch immer in derselben kriegerisch bedrohten Lage, und nur dadurch allein ist die Möglichkeit aufrecht erhalten, daß der blutige Kampf, und in Folge dessen die Auflösung der geseglichen Ordnung losbreche. Der Einmarsch des, dem constitutionellen Boden Desterreichs fremden kroatischen Heeres bedrohte unmittelbar die Thore Wiens; vergebens bot der Reichstag, unter Mitwirkung des verantwortlichen Ministeriums Alles auf, den Rückzug dieses Heeres durchzuseßen, vielmehr bildete dasselbe nur den Vortrab immer größerer Truppenmassen, welche bereits die Hauptstadt Wien eng umschlossen haben. Ihre Vorposten dringen bis in die Straßen der zu Wien gehörigen Ortschaften, bis an die Linien der Stadt; die auf des Kaisers Wort geseßmäßig organisirte Nationalgarde der Umgebung Wiens wird entwaffnet, friedlich Reisende werden gefänglich zurückgehalten,

Briefe erbrochen und vorenthalten, die Zufuhr von Lebensmitteln abgesperrt ; Kanonenkugeln flogen bereits in die Straßen der Vorstädte, ja selbst Abgeordnete zum Reichstage wurden festgehalten und unwürdig behandelt, kurz, mit jedem Tage erfährt Wien mehr und mehr das schwere Verhängniß einer belagerten Stadt. Vergebens hat der Reichstag mit dem ganzen Gewichte seines Ansehens dagegen protestirt; solchen Thatsachen gegenüber mußte der Reichstag das Bestreben des Wiener Volkes, sich in Vertheidigungszustand zu verseßen, als eine Nothwendigkeit anerkennen. Wien ist die, durch das Ansehen der Jahrhunderte geweihte Hauptstadt des Reiches, und keine andere Stadt kann es seyn; Wien ist der Mittelpunkt der Interessen aller Völker Desterreichs, und jedes Unglück, welches Wien trifft, wird bis in die fernsten Theile des Reiches schmerzlich nachempfunden; Wien ist der einzig mögliche Sig eines Reichstages, welcher der Gleichberechtigung so verschiedener Völker entsprechen soll; Wien ist die Wiege und die Burg unserer Freiheit. Völker Desterreichs! Ihr alle seyd in der Bevölkerung Wiens vertreten, Wien ist Euch allen stets eine gastliche Hauptstadt gewesen. Wer aber für das Vaterland, wer für den constitutionellen Thron, wer für die Volksfreiheit stets einig ist, der muß für Wien seyn. Der Reichstag erkennt es daher als seine heilige Pflicht, sowohl der Reaction als der Anarchie entge genzuwirken; die Reaction soll uns nicht den kleinsten Theil unserer Freiheit rauben, die Anarchie nicht den ganzen Schaß derselben vernichten. Dieß will der Reichstag, dieß will er für alle Völker und für alle Stände des Volkes, für den freien Bürger wie für den tapfern Krieger des Vaterlandes. Aber um dieses vollbringen zu können, muß Wien gerettet, muß es in seiner Kraft, Fülle und Freiheit erhalten werden. Völker Desterreichs! vertrauet denen, die Ihr zur Wahrung Euerer und Euerer Kinder Rechte erwählt; vertrauet denen, die Eueren Boden von Robot und Zehent und allen übrigen drückenden Lasten befreiten, und die so eben im Begriffe find, jene Gefeße zu schaffen, durch welche Euere volle Freiheit auf fester Grundlage gesichert wird, kräftiget uns daher mit Euerer ganzen moralischen Macht für das bedrängte Wien; unterstüßt unser offenes Wort durch Allgewalt Euerer Stimme, helft uns den Kaiser beschwören, daß er durch Einsegung eines neuen volksthümlichen Ministeriums, durch Zu rückziehen der Truppen aus Niederösterreich, durch Beeidigung des Militärs auf die freien Volksrechte, der Stadt Wien und dem Reiche den Frieden gebe, da mit im Segen des Friedens das neue Heil des Vaterlandes gedeihe.

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,,Kundmachung. Der Gemeinderath der Stadt Wien hat in seiner Plenarfizung vom 19. October die Absendung einer Deputation an Se. kaiserliche

Hoheit, den Herrn Erzherzog Johann beschlossen, welche bereits am 20. d. M. abgegangen ist, und nachstehende Adresse zu überreichen hat:

„„Eure kaiserliche Hoheit! Eure kaiserliche Hoheit haben an dem Tage Ihres Abschiedes von Wien die Bürger Wiens aufgefordert, wenn immer ein Anliegen sie bedrücke, fich vertrauensvoll an Euere kaiserliche Hoheit zu wenden. Dieses Wort ist tief in das Herz der Bürger Wiens gegraben, und nur zu früh ergab sich der Anlaß, der seine Erfüllung in's Leben rief. Der Gemeinderath der Stadt Wien hat in der, Euer kaiserl. Hoheit nicht unbekannten traurigen Lage der Commune eine Deputation an Se. Majestät den Kaiser abgesandt, welche demselben eine Adresse zu überreichen hat, in welcher der Zustand der Stadt Wien geschildert und an Se. Majestät jene Bitten gestellt werden, welche die Wiederherstellung der bürgerlichen Ordnung anbahnen, der Monarchie und der Stadt Wien einen dauernden Frieden zusichern, sie seiner Zeit neuer Blüthe entgegenführen sollen. Der Gemeinderath erlaubt sich die besagte Adresse zur näheren Einsicht beizuschließen. Eure kaiserliche Hoheit haben durch ein fleckenloses und rühmliches Leben das Vertrauen des Bürgers und die Achtung ihrer Standesgenossen zugleich erworben. Ihre echt deutsche freiheitsliebende Gesinnung ist längst erprobt. Bereits einmal hat Wien den segensreichen Einfluß Ihrer Vermittlung in Anspruch genommen, und es sind ihm jene Lage unvergeßlich, da Eure kaiserliche Hoheit die Pforten der Freiheit durch Eröffnung des constituirenden Reichstages erschlossen. Es waren Tage der Ruhe für Wien, Tage, seit welchen ein unauflösliches Band die Person Eurer kaiserlichen Hoheit und die Bürger Wiens, ein Band der Liebe, die leßteren hoffen es, Beide umschlingt. Jene schönen Hoffnungen, welche damals erblühten, haben sich seitdem verdüstert.

Eure kaiserliche Hoheit sind Bürgerfreund. Es ist die bürgerliche Ordnung in Wien gestört, es ist theilweise das Recht des Bürgers verlegt worden, sie wieder herzustellen, seine Thätigkeit ist gelähmt.

Wenden Eure kaiserliche Hoheit, von dem hohen Standpunkte, auf welchen Sie das Vertrauen der deutschen Männer berief, Ihren Blick auf jene Stadt, welche auch die Wiege der deutschen Freiheit war. Sie ist schwer bedroht in den innersten Räumen ihres einst so fröhlichen Lebens. Das Wort, der Rath Eurer kaiserl. Hoheit ist von hoher Bedeutung in der kaiserlichen Burg, wie im Frankfurter Parlament, Europa blickt auf Sie und ehrt Ihr Handeln, ehrt Ihre Beschlüsse. Verwenden Sie Ihren schüßenden Einfluß für Ihre zweite Vaterstadt, für die Monarchie Ihrer Ahnen, unterstüßen Sie mit Ihrem gewichtigen Einfluffe die Bitten, welche die Bürger Wiens ihrem Kaiser vorzutragen sich gedrungen fanden. Ihr Andenken wird in Oesterreich nicht verlöschen, und Ihr Ruhm, zum neuen deutschen Reich den Grundstein gelegt zu haben, verherrlicht werden

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