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nicht minder, als von Euer Majestät gewünschten friedlichen Zustandes angestrebt, so sind vor allem die Ursachen zu beseitigen, welche der Anlaß des gegen= wärtigen Zustandes waren, und nicht minder die Grundlagen anzubahnen, welche für alle Folge die Bürgschaft gegen die Rückkehr ähnlicher Ereignisse zu bieten vermögen. Der Bürger allein ist im Stande (?) eine bürgerliche Ordnung herzustellen, sie im Sinne der Freiheit auszubilden. Sobald stöhrende feindliche Elemente mit Gewalt der Waffen nicht nur Ordnung, sondern auch Freiheit herzustellen sich anmaßen wollen, ist die Wirksamkeit des Bürgers geschlossen. Die Bürger Wiens und der Gemeinderath an ihrer Spiße in ihrer Vertretung, werden das Amt, Ordnung zu gründen und sie zu erhalten, wieder mit Hingebung aufnehmen, sobald sie jeder anderen Einmischung werden entledigt seyn. Sie sehen gegenwärtig die Gewerbsthätigkeit der Stadt, ja der gesammten Monarchie gelähmt, Verarmung über dieselben hereinbrechen und den alten Flor beider verkümmern. Nur auf versöhnlichem Wege kann erstrebt werden, was Euer Majestät selbst wünschen, viele obschwebende Fragen, die dem Herzen des Bürgers nahe lagen, haben indessen schon in den Vertretern des Volkes ihr geseßliches Organ bei Euer Majestät gefunden. Gleichwohl ist der Gemeinderath durch seine Pflicht gedrängt, folgende Punkte der Erwägung Euer Majestät zu unterbreiten, von deren Erfüllung die Rückkehr eines bleibenden friedlichen Zustandes und die Entwickelung unserer Institutionen, mit der dauerhaften Befe stigung des constitutionellen Thrones zuverläßlich zu erwarten ist. Geruhen Euer Majestät, Erstens, die Entfernung des Ban von Kroatien in einer Weise, daß die Stadt Wien durch seine Armee nicht mehr bedroht sey, mit Vorbehalt der durch den Reichstag weiter zu stellenden Anordnungen, sein Verbleiben auf österreichischen Boden betreffend, baldigst zu verfügen. Zweitens, die Vertheilung der Truppen in einer der bisherigen Gepflogenheit entsprechenden Weise, jedoch nur mit Verwendung volksthümlicher Militärkörper zu veranlassen, auf daß der Verkehr der Stadt nicht mehr gehemmt werde. Drittens, dem Drange ihres Herzens folgend, eine allgemeine Amnestie (?) nach dem Antrage des Reichstages zu erlassen. Viertens, endlich die baldige Bildung eines volksthümlichen Ministeriums zu genehmigen, um hiedurch den gefährlichen Folgen vorzubeugen, welche der längere Mangel einer geseßlichen Exekutivgewalt herbeiführen müßte. Dieß sind die Bitten, welche auszusprechen der Gemeinderath, durch die ihm anvertrauten Interessen der Stadt Wien, so wie durch die unerschütterliche und treue Anhänglichkeit an Euer Majestät sich verpflichtet fühlt.

Am 17. October 1848. Bom Gemeinderathe der Stadt Wien."" Die Veröffentlichung geschah zu gleicher Zeit, als die Adresse Sr. Majestät überreicht wurde.

„Vom Nationalgarde-Ober-Commando. An den Herrn Commandanten des Uhlanen-Vorpostens jenseits von Floridsdorf.

Herr Commandant! Sie sind bis in die Nähe unserer Stadt vorgerückt, ohne daß vom Herrn Ober-Befehlshaber Erklärungen über ihre Absichten in das Publikum gedrungen wären. Bei der gegenwärtigen Sachlage wäre es vielleicht selbst nicht überflüssig gewesen, zur Verhütung von nußlosen Feindseligkeiten, Erklärungen direkt an das Ober-Commando gelangen zu lassen. Es muß dem Herrn Commandanten bekannt seyn, daß der provisorische Nationalgarde-OberCommandant von dem hohen Reichstage, der höchsten legalen Behörde eines constitutionellen Staates, mit dem Auftrage betraut worden, die Stadt Wien sammt Umgebung in Vertheidigungs-Zustand zu seßen. Gegen welchen Feind ist nicht deutlich gesagt worden. Die öffentliche Meinung sieht den Feind in allen Truppen, deren Befehlshaber in Folge von Befehlen agiren und gegen Wien heranziehen, welche kein verantwortlicher Minister contrafignirt hat. Solche Befehle sind, falls unsere Errungenschaften eine faktische Wahrheit seyn sollen, inconstitutionell, und die Wiener Bevölkerung legt, gestützt auf die Beschlüsse des hohen Reichstages, feierlich Verwahrung dagegen ein. Aus diesem Grunde, Herr Commandant, habe ich die Ehre, Sie zu ersuchen, sich in der angemessenen Entfernung zu halten; sich nicht gleich den Truppen des Banus Feindseligkeiten und Constitutions-Verlegungen gegen die Bewohner zu erlauben, da ich sonst nicht umhin kann, Sie für alle daraus entstehenden Folgen verantwortlich zu machen. Wir (?) haben Niemand den Krieg erklärt; wir stehen gerüstet, so lange uns nicht Bürgschaft wird, daß unsern Errungenschaften keinerlei Gefahr drohe. Sollte ein ernstlicher Akt der Feindseligkeiten demungeachtet stattfinden, so werde ich sogleich im Namen der Bevölkerung Wiens die Beschwerde (!) an Seine Majestät unsern constitutionellen Kaiser (!) gelangen lassen. Ich erlaube mir zugleich die fernere Bitte an Sie zu stellen, dieses mein Schreiben Ihrem Herrn General schleunigst zukommen zu lassen und mir eine bestimmte Erklärung gefälligst mittheilen zu wollen. Wien, den 19. October 1848.

Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant."

„An das mobile Universitäts-Corps. Brüder! Die Stunde der Entscheidung naht, schon hat der hohe Reichstag selbst in einer energischen Proklamation die Revolution anerkannt, und der Schilderhebung Wiens das Siegel seiner heiligften Ueberzeugung aufgedrückt. Waffenbrüder! An Euch ist es, dem rühmlichen Worte des Reichstages die rühmliche That folgen zu lassen. Die nächste Stunde schon kann Euch zum Kampfe rufen, für den Ihr Eueren Arm bewaffnet, und der endlich geseßlich anerkannt ist. Brüder! Ich brauche Eueren Muth, Eure Begeisterung für die heilige Sache der Freiheit nicht erst aufzurufen, noch ist die kriegerische Flamme, die in den ersten October-Tagen auf dem Altare des

Vaterlandes so hell aufloderte, in Euren männlichen Herzen nicht erloschen, noch habt ihr nicht vergessen, daß in Euren Armen Oesterreich lebt, daß die Freiheit auf Eure Bajonete und Musketen sich stüßt. Ueber Deutschlands Ehre, über Europa's Frieden, über Leib, Leben und Blut Eurer Familien, über Sein und Nichtsein (?) des Bürgerthums, gegenüber der despotischen Soldateska, die weltgeschichtlichen Würfel zu werfen, ist Euer ehrbarer Beruf. Erkennt diese Eure hohe Stellung, seyd stolz auf sie, rechtfertigt sie durch glänzende Waffenthaten, wenn der Trommelwirbel Euch auf's Feld der Ehre ruft. Schaart Euch muthig in Euere Compagnien und Bataillons, Keiner bleibe feig zurück, Keiner dränge tollkühn sich vor, gehorcht dem Commando, welches die Sache des Krieges ist; es wird Euch zum Siege führen, den Gott der gerechten Sache verleiht, durch die Mitwirkung der Braven und Tapfern. Also auf, auf 3 um Kampfe für die dreimal heilige Freiheit. Horch! die Stunde der Weltgeschichte schlägt, der entscheidende Augenblick rückt näher und näher, wir stehen bereit Mann für Mann, der große Moment findet ein großes Geschlecht, schon senkt sich der Lorbeer der Unsterblichkeit (!) auf unsere Häupter herab, und Welt und Nachwelt preist in ewigen Zeiten die Streiter dieser Stunde. Kameraden, ein herrlicher Kampf ist unser Beruf, herrlich wollen wir ihn erfällen. Meinen Handschlag und Brudergruß hinaus auf das glorreiche Feld des Sieges! Wien, den 19. Oct. 1848. Habrofsky, m. p., Corps-Commandant.“

Der demokratische Verein verkehrte mit dem Studenten-Ausschusse durch Habrofsky und Deutsch, Vorsißer des leßteren, welcher sich mit erste= rem Vereine nie einigen mochte.

Vormittags hielten Messenhauser und Bem eine Musterung über die Mobilen. Das Reichstagsheer war nicht groß, und, mit den Kroa ten verglichen, erbärmlich anzusehen. Die Bezahlung war gut, wurde vertrunken oder verspielt. Die Mitglieder des Stabes hatten Massen Geldes, und spielten sehr hoch. So wurden im Seilerstätter Zeughause große Summen verspielt. Ein Obrist bekam täglich 8 fl., ein Hauptmann 4 fl., die anderen Offiziere 2 fl. C. M. täglich. Die Offiziere des Generalstabs bekamen noch mehr. Messenhauser bezog 200 fl, Bem 100 fl., Fenneberg 60 fl. C. M. täglich.

Da die Reichstagstruppen die Geleitscheine des Ober-Commando nicht respektirten, erschien nachstehende

,,Bekanntmachung. Da sich wiederholt Fälle ereignet haben, daß mit vom Nationalgarde-Ober-Commando ausgestellten Geleitscheinen versehene Individuen von Wach Commandanten an den Linien zurückgewiesen und sogar insultirt worden find, so sieht sich das Ober-Commando veranlaßt, allen Wach Commandanten hiemit bei strengster Verantwortung zu befehlen, die von demselben ausgestellten Geleitscheine gehörig zu respektiren und die darin benannten Personen ungehin

dert passiren zu lassen. Die Geleitscheine, mittelst welchen die Zurückkunft gestattet ist, find den Passirenden wieder einzuhändigen, alle andern jedoch den Passanten abzunehmen, und bei Gelegenheit des Früh-Rapportes an daß Pakamt in der Stallburg zurück zu senden. Die Geleitscheine müssen entweder vom Paßamte oder der Feldadjutantur unterzeichnet seyn. Wien, am 19. October 1848. Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant.“ Der Verkehr mit Klosterneuburg begann gestört zu werden. Der Deputirte des Frankfurter Parlamentes Welfer kam in Wien an.

11 Uhr Vormittag. Der Stations-Commandant in Floridsdorf berichtete dem Ober-Commando: daß wieder ein Regiment (Paumgarten-Infanterie) angelommen sey; daß sich die Truppen in die Leopoldau ziehen, und von der Ueberfuhr zwischen Korneuburg und Klosterneuburg 120 Mann Pionnire als lleberläufer erschienen seyen (?). Das k. k. Militär hat in der Gegend 400 Ochsen requirirt; auch meldete er, daß es den Floridsdorfer Garden die Waffen abgenommen habe, um feine eigenen Leute bewaffnen zu können.

2 Uhr Nachmittag wurde dem Ober-Commando gemeldet: daß vor der Taborlinie 40 Wagen mit Wein und Brot, für Wien bestimmt, angehalten worden.

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vom Militär

Die Leopoldstadt war gegen den Augarten, wo kein Linienwall vorhanden, bloßgestellt. Ungeheuere Quantitäten von Patronen wurden ausgefolgt, aber solche verschwanden durch nußloses Feuern oder wurden auf andere Weise beseitigt. Die gutgesinnten Garden wollten gegen das Militär keine scharfen Patronen verwenden.

Aus dem demokratischen Vereine. Dr. Tausenau, der früher das Präfidium führte, war am 15. in Folge des Seite 430 geschilderten Ereignisses nach Ungarn abgereist, und suchte nun dort zu wirken; Häffner entweder aus Furcht oder um den Landsturm zu organisiren, fuhr nach Ober-Oesterreich ab — wurde unterwegs gefangen, und in die Festung Josefstadt abgeführt. Dr. Becher ward zum Präsidenten ernannt und in dessen Abwesenheit übernahm immer Dr. Chaises dessen Stelle, selbst wenn Ersterer anwesend war, hatte der Legtere den Vorsig, da er derjenige war, welcher den ganzen Tag anwesend, sich mit Absendungen von Deputationen an den Sicherheits-Ausschuß, den Gemeinderath, das Ober-Commando, mit Proklamationen an die Bevölkerung, mit Absendung von Emissären für die Erhebung des Landsturmes, und für Erforschung der Stellung des Militärs mit Beihülfe anderer Mitglieder befaßte, und somit in dem Gange der Verhältnisse am unterrichtetsten war. Der Central-Ausschuß, um der ganzen Bewegung eine Leitung und Richtung zu geben, welche in seinen Plänen lag, und um seinen Wirkungskreis fester zu begründen, hatte die leitenden legalen uud illegalen Gewalten mit Personen umgeben oder zu umgeben getrachtet, welche Alles zu beobachten hatten. So wurden von allen Seiten die.

Berichte abgestattet, und jene Maßregeln eingeleitet, welche zur Durchführung als passend befunden wurden. So blieb z. B. Dr. Becher im fortwährenden Verkehr mit Messenhauser, dessen Ernennung zum Ober-Commandanten lediglich vom demokratischen Clubb betrieben wurde; und um selbst Messenhauser zu bewachen, daß er sich nicht außer der Bahn bewege, welche der demokratische Clubb sich vorgezeichnet, war Fenner von Fenneberg (auch Mitglied des Clubbs) ihm beigegeben worden, auf dessen gleiche Gesinnung man zählen konnte. Für das Studenten-Comitee war Herr Deutsch, (Mitglied des Studenten- und Central-Comitees), welcher alle Nachrichten von dort brachte, und er, so wie Habrofsky handelten - unbewußt dem Studenten-Ausshusse im Interesse des demokratischen Clubbs. Für den Gemeinderath war Dr. Jellinek bestimmt, welcher seinen Einfluß auf Dr. Stifft junior wirksam zu machen wußte, und mit leßterem zugleich auf die Stimmung der übrigen Gemeinderaths-Mitglieder influenzirte.

Der Reichstag stand unter dem Einflusse und im direkten Verkehre mit diesem Vereine, er stand unter dem Einflusse desjenigen Volkes, welches die Demokraten-Partei herangebildet hatte, und er mußte unwillkührlich dem Strome der Bewegung folgen.

Unter den Versammelten am 19. waren: Dr. Becher, Dr. Jellinek, Dr. (?) Chaisés, Eckhart, Hauk, Grißner, nebst Blum und Fröbel, welche sich als Mitglieder eingereiht, auch Dr. Heinrich Buttfe anwesend. Cha isés eröffnete die Sigung mit einer Einleitungsrede, welche sich auf die Tageszustände mit Hinweisung auf Ungarn bezog. Er erklärte der Versammlung, daß es nothwendig sey, eine Proklamation an die Bevölkerung Wiens zu erlassen, in welcher hingewiesen werden soll, daß der Reichstag und Gemeinderath nicht das Vertrauen des Volkes befißen, da sie nur immer den Weg des Vermittelns ergreifen, anstatt den durch viele Anzeichen bereits erklärten Krieg sogleich anzunehmen. Es sey ferner nothwendig, die Ungarn nochmals um Hülfe anzurufen, und wolle dieses der Reichstag und Gemeinderath nicht bewerkstelligen, so wolle man an die ganze Bevölkerung das Ersuchen stellen, eine Petition an die Ungarn mit 150,000 Unterschriften zu versehen und einzusenden, damit die Ungarn auf diesen Aufruf, der mehr legalen Bøden hätte, den Wienern zu Hülfe zu eilen.

Bevor sich noch Debatten über den angeregten Gegenstand erhoben, machte ein Mitglied auf Dr. Wuttke aufmerksam, wie es ihn wundere diesen hier zu finden, da es doch bekannt sey, wie wenig er mit der Linken in Frankfurt sympathifire. Dr. Wuttkè wurde nun von mehreren Seiten aufgefordert, sich über seine politische Gesinnung zu äußern. Nachdem derselbe sein Glaubensbekenntniß im constitutionellen Sinne entwickelte, wiederholte er laut seine Abneigung gegen

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