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,,Vom Berwaltungsrathe der Nationalgarde. lleber die vom löbl. Ober, Commando gestellte Anfrage hat der Verwaltungsrath beschlossen, sogleich zur Zusammensezung des Ehren- und Disciplinar-Gerichtes auf Grundlage des provisorischen Statuts vom 12. October d. 3. zu schreiten. Es hat demnach jede Compagnie nach S. 15 des Statuts, 25 Wehrmänner durch absolute Stimmenmehrheit zu wählen, und die Liste der Gewählten mit Angabe ihrer Beschäftigung und Wohnung dem Verwaltungsrathe einzusenden.

Bis diese Wahlen zu Stande gebracht seyn werden, wird das Ehren- oder Disciplinar-Gericht, wenn dringende Fälle es erfordern, durch Mitglieder des Verwaltungsrathes, da diese als Vertrauensmänner ihrer Compagnien da stehen, beseßt werden. Wien, am 14. October 1848."

Unserem Wissen nach wurde aber durch das Ober-Commando auf Veran lassung des von Messenhauser zum Feld-Adjutanten und Hauptmann er, nannten Freiherrn Fenner von Fenneberg, ein Kriegsgericht zusammen gesezt, bei welchem alle derlei vorkommenden Fälle behandelt wurden, und wozu außer dem Plaß-Hauptmann du Beine, welcher gleichzeitig auch Sekretär des Verwaltungsrathes war, Niemand vom Verwaltungsrathe zugezogen wurde, und auch dieser lehnte dießmal die ihm zugedachte Function aus Gründen, die schon früher besprochen wurden, ab. Das zusammengesezte Kriegsgericht bestand sonach aus keinem einzigen Vertrauensmann der Garde - wohl aber aus Bertrauten Fenneberg's. *)

,,Das in öffentlichen Spitälern angestellte männliche Personale ist vom Nationalgardedienste befreit. Wien, am 14, October 1848.

Bom Reichstags-Ausschusse.

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Dr. Fischhof, m. p., Obmann. Severin Bilinet, m. p., Schriftführer."

Mitbürger! Die Augenblicke sind dringend, unsere gegenwärtige ungewisse Lage ist für länger unerträglich. Die Würfel müssen fallen, unser Schiďsal muß sich entscheiden. Es kann sich aber nur zum Glücke entscheiden durch allgemeine Einigkeit, durch eine schleunige Erhebung des ganzen Volles. Darum rufen wir allen unseren Brüdern in der Stadt und auf dem Lande zu: Auf, zu den Waffen! zum Kampfe für Freiheit und Baterland! Es gilt unser Aller Les ben, es gilt alle Errungenschaften. Aber unsere Stimme verhallt, denn sie ist

am 23. August bei dem Kampfe mit den Arbeitern im Prater, an welchem Tage die vereinigte 12. und 13. Compagnie des V. Bezirkes den Angriff eröffnete und die rebels lirenden Massen sprengte, die ersprießlichste Hülfe leistete.

Dr.

*) Sohn des verstorbenen f. f. General F. M. L. Freiherrn Fenner von Fenneberg und der noch lebenden Gräfin von Wolkenstein; ein ebenso talentirter und scharfsinniger als gewandter Theilnehmer an den Ereignissen des Octobers.

die Stimme Einzelner. Der Reichstag, die vom Volke frei und vertrauungsvoll gewählten Vertreter müssen zu den Waffen rufen, wenn die Erhebung eine allgemeine, wenn sie eine solche seyn soll, die zum Siege führt. Nur die Stimme des Reichstages wird mächtig Anklang finden, nur seine Stimme wird alle Bürger zu ihrer Pflicht rufen, zur Bertheidigung des von einer reaktionären (!) Bajonetenpartei bedrohten Vaterlandes. Der gefertigte Ausschuß, von dieser Ueberzeugung durchdrungen, läßt daher an den hohen Reichstag eine dringende Bitte ergehen, er möge die Organisirung des Landsturmes mit kräftiger Hand leiten, er möge selbst alle Söhne unseres theueren Vaterlandes zur Vertheidigung desselben auffordern. Mitbürger, Brüder! unterstübet diese unsere Vorstellung an den hohen Reichstag aus allen Kräften, lasset selbst solche Bitten an den hohen Reichstag ergehen. Dieß ist der einzige Weg zum Siege, der einzige, der unsere gegenwärtige peinliche Lage zum Heile enoigt. Wien, am 14. October 1848. Der Ausschuß der Studenten."

In den Vorstädten Landstraße bis gegen die Rossau, und ebenso in den umliegenden Ortschaften wurde allarmirt. Bei St. Mary waren die gewöhnli chen bedeutungslosen Plänkler-Affairen Schuld daran. In der Gegend des Meidlinger Bahnhofes stießen Patrouillen von Schönbrunn mit der Volkswehr auf einander. Leßtere verloren einen Mann der getödtet wurde. Mehrere wurden außerdem verwundet. In Währing wurde aus Mißverständniß aus dem Liguorianergarten geschossen, jedoch ohne einen Unfall.

Aus Sievering so wie aus den Umgebungen von Lerchenfeld wurden mehrere Wagen mit zurückgelassenen Montursstücken und Munitionsvorräthen in die Stadt transportirt. Die Militäreffekten wurden vom Plazoffizier Dunder ausgefolgt.

Die Garden der Gemeinde Wilhelmsdorf bei Meidling find entwaffnet worden. In das schwach beseßte Belvedere wurden Kanonen von den Basteien zu führen befohlen.

Die Landleute, welche aus den von Kroaten beseßten Dörfern kamen, verficherten, daß diese alle ihre Lebensmittel, welche sie benöthigen, mit österreichischem Papiergelde bezahlten. Anständig gekleidete Personen aus Wien durften die von Kroaten und Auersperg'schen Truppen beseßten Ortschaften passiren, aber fie durften keine Stürmer oder Calabreser tragen und keine steyerischen, lichtgraulodne Röcke anhaben.

Aus Graz find abermals Zuzüge nach Wien gelangt. Kudlich wurde bei Wien angeblich gefangen genommen, war fünf Stunden eingesperrt, Oberst Pott ließ ihn aber wieder frei.

Bei Fünf- und Sechshaus stand die kampflustige Garde; Militär und Garde hatten dort Gelegenheit einander gut zu betrachten.

Die militärische Besaßung des Pulverthurmes auf der Türkenschanze hat,

nach aufgefangenen Briefen, den Befehl erhalten, vor der etwaigen Uebergabe denselben in die Luft zu sprengen. Der Commandant hat bereits erklärt, es vorkommenden Falls auch zu thun. Das Briefgeheimniß wurde also nicht respektirt. Die Radikalen rechneten auf den Landsturm aus den deutschen Kreisen Böhmens und Mährens mit aller Zuversicht.

Die Stimmung der Bevölkerung Wiens war seit dem 6. October zum ersten Male heiter; doch dauerte die Heiterkeit nicht lange.

2. Häfner, Redacteur des ultraradikalen, im Barrikadenstyl geschriebenen Blattes,,die Constitution," wurde bei Stein vom Militär arretirt.

Das . t. Justiz-Ministerium in Wien hat von dem Reichsministerium der Justiz in Frankfurt folgende Note erhalten:,,Es geht durch alle öffentlichen Blätter die Erzählung, daß in Folge der jüngsten Ereignisse in Wien, ein Arbeiter in einer öffentlichen Versammlung *), es wird sogar der Reichstag selbst ge= nannt, erschienen sey, sich seines Antheiles an der Ermordung des Generals „Latour zu rühmen. Derselbe soll die Versammlung nicht nur unangefochten verlassen, sondern zum Theile sogar Beifall erhalten haben. Ferner werden Aktenstücke bekannt gemacht, in welchen einerseits Amnestie für alle während jener Ereignisse vorgefallenen Handlungen verlangt, anderseits dieses Verlangen, ohne Unterscheidung zwischen politischen Vergehen und gemeinen Verbrechen in Erwä gung genommen wird. Ob diese Thatsachen wahr sind **), ist natürlich hier in der Entfernung und bei der Verwirrung aller Nachrichten nicht zu ermessen. Wenn dem aber so wäre, so hält sich das Reichsministerium in einer für die Sicherheit und das Wohl ganz Deutschlands so verhängnißvollen Sache für eben so berechtigt als verpflichtet, nachstehende Erwägungen dem kais. Justizministerium mitzutheilen. Die provisorische Centralgewalt ist natürlich an sich weit entfernt, sich irgend einen Einfluß auf das Begnadigungs- oder Amnestirungsrecht Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich anzumaßen; allein fie kann doch nicht unbemerkt lassen, daß die Art und Weise der Ausübung dieses Rechtes in der vorliegenden Sache einen höchst verderblichen Einfluß auf ganz Deutschland ausüben könnte. In den lezten Wochen sind wiederholt Morde an politisch hervorragenden Personen begangen worden, zum Theile unter Umständen, welche einem Barbarenvolle zur Schmach gereichen würden. Eine Staflosigkeit dieser Verbrechen müßte den verderblichsten Einfluß auf das Rechtsgefühl der ganzen Nation ausüben, alle Begriffe von Schuld

Es war im Studenten-Ausschuß auf der Aula, wie es Selte 164 angeführt erscheint. **) Leider sind sie wahr ! Dunder.

und Strafbarkeit verwirren. Ueberdieß ist es bekannt, daß Beispiele von Mordthaten eine allzuleichte Nachahmung *) finden, namentlich, wenn sie gar, wie dieß jeßt leider in Deutschland nicht selten geschieht, wo nicht geradezu gelobt, doch wenigstens entschuldigt, und als etwas sich von selbst Verstehendes dargestellt werden. Die provisorische Centralgewalt für Deutschland könnte es daher nur tief beklagen, wenn die verantwortlichen Räthe einer deutschen Regierung politische Begnadigungen und Amnestien auch auf solche schauderhafte, ge meine Verbrechen ausdehnen, anstatt alle Kraft der Geseze, zu deren schleunigster Entdeckung und rechtlicher Bestrafung anwenden würden; davon gar nicht zu reden, daß ein Zusammenwerfen politischer Handlungen und ihrer Begnadigung mit den gräulichsten Missethaten nichts weniger als gerecht gegen die Urheber der ersteren ist, welche man doch für entschuldbar hält, oder versöhnen will. Das Reichs-Ministerium ist überzeugt, daß das kaiserliche Justiz-Ministerium diese Ansicht völlig theilt, und es sicht daher auch einer Erfüllung des Wunsches mit Bertrauen entgegen; daß das kaiserliche Justiz-Ministerium ihm über den Thatbestand, welcher obigen Nachrichten zu Grunde liegt, gefällig baldige Mittheilung mache und, daß es bei seinen Anträgen auf Begnadigung und Amnestirung diejenigen Grenzen beobachten möge, bei deren Aufrechthaltung allein die Rechtssicherheit in Deutschland aufrecht erhalten, und das Vaterland vom Verfinken in ein Meer von Gräueln bewahrt werden kann. Frankfurt, den 14. October 1848." Der Reichsminister der Justiz, R. Mohl, m. p., Dr. Mettenius, m. p.“ Diese Note ist ein Beweis des Rechtsgefühls braver deutscher Männer!

Hoher Reichstag! Der furchtbare Zustand einer fieberhaften Aufregung und Spannung der Gemüther, der gänz lichen Stockung des Verkehrs, des Handels und der Gewerbe, **) der von Stunde zu Stunde durch allseitigen Zuzug von Truppen steigenden Gefahr, macht es zu unserer Pflicht, ein ernstes entschiedenes Wort, in diesem ernsten Augenblick zu sprechen, und dieses Wort an jene Versammlung zu richten, welche uns als der legale Ausdruck des Willens der souveränen Völker Desterreichs erscheint. Wir zweifeln nicht, daß diese hohe Versammlung von der Dringlichkeit des Augenblickes und der Unabweislichkeit eines entschiedenen Schrittes eben so innig überzeugt sey, als wir, und wir hoffen daher um so zuversichtlicher, daß sie zum Wohle der Stadt, zum Heile des Landes und zur

*) Der Ermordung Lichnowski's und Auerswald's in Frankfurt, dann Lamberg's in Pesth, solgte jene Latours in Wien, und Rossi's in Rom. Und jene Mörder-Partei soll man nicht verdammen, löbl. Redaction der allg. österr. Zeitung? Es muß sich — da die Unverlegbarkeit eines jeden Deputirten aufgehört — erweisen, ob die beantragte Amnestie vom 6. October, und die zu Kremsir beantragte Aufhebung der Todesstrafe nicht die eigene Sicherheit für die Zukunft hervorrief. **) Wer hat denselben herbeigeführt, als die knabenhafte Ünreife Eueresgleichen?!

Wahrung unseres höchsten Gutes, der Freiheit, mit Entschiedenheit handeln werde, als ein längeres Zögern nicht nur den Wohlstand Wiens zerstören, sondern auch diese Versammlung, den lebendigen Ausdruck der Volkssouveränität selbst gefährden würde. Ein mächtiges Heer steht feindlich vor den Thoren der Stadt, entwaffnet widerrechtlich die auf legalem Wege gebildete Garde *) der Umgebung, nimmt von des Kaisers-Schloß die deutsche Fahne, **) die des Kaisers eigene Hand zuerst ausgesteckt hat, ab, und bedrückt durch Requisition von Lebensmitteln und zahllose Belästigungen das Land. Eine Garnison, die an schuldlosen Opfern einer blinden Rache unerhörte Gräuel ***) geübt, vereinigt sich mit ihnen und bedroht die Stadt die sie schüßen sollte. Zahlreiche Deputationen, Aufforderungen und Versöhnungs-Anträge wurden nur mit glatten Worten beantwortet. Auf der anderen Seite ein bewaffnetes, todesmuthiges Volk mit Allem versehen um den Kampf zu beginnen, zitternd vor Begierde loszuschlagen †), und das befreundete Heer der Magyaren und der Landsturm in zahlloser(sic) Menge in Anzug. Dabei der Umstand, daß der Gegner immer neuen Zuzug erhält. All dieß nöthigt uns die offene Erklärung ab, daß jeßt und zwar bald, oder nie Etwas geschehen müsse, und zwar einzig vom Reichstage, dem die volle Macht, ja die heilige Verpflichtung obliegt, das Vaterland zu retten, und die Revolution, deren Frucht er selbst ist, zur vollen und unbedingten Anerkennung zu bringen. Möge der unheilvolle Tag nie erscheinen, wo das bedeutende Wort eines Mitgliedes dieser Vers sammlung zur schrecklichen Wahrheit werde, und die an den Pforten des Hauses pochende Geschichte ungehört darüber zur Tagesordnung übergehen wird. Noch steht der Reichstag als der gewaltige Damm zwischen Despotie und Anarchie, noch ist die gesegliche Gewalt geachtet (?), noch die Gewaltherrschaft zurückgewiesen,. in jedem Augenblick der Säumniß spült die nagende Woge der Ereignisse einen Grundstein jenes Baues um den andern hinweg, und wehe uns, wehe der Freis heit, wehe unserem deutschen Vaterlande, wenn das ganze Gebäude erschüttert zusammenbricht und Scilla und Charibdis seine Trümmer verschlingt. Noch könnt Ihr helfen, Männer des Volksvertrauens, noch könnt Ihr sprechen das Wort der Zeit, ehe es ungehört von ihrem Sturmesbrausen verhallt, sprecht es schnell, weiset den Feind des Vaterlandes hinweg, biethet die Euch dargereichte helfende Hand, brecht die legte Burg der Tyrrannei, das Heer, durch dessen alsbaldige Verwandlung in die Eine untheilbare Volkswehr', durch offene legale

*) Der communistische Pöbel war doch nicht legal bewaffnet?!

**) Desterreichs glorreiches Banner, geführt in zahllosen Schlachten, wehe fortan auf des Kaisers Burg, und fein anderes — wollen Desterreichs Völker.

***) Aber früher doch Lamberg, Latour nicht ermordet?!

†) Die Verblendeten, Irregeführten, Fanatisirten!

Dr.

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