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Debus meldete im Gemeinderathe, daß ein Kanonier mit Geleitschein des Gemeinderathes mehrere Positionen der Nationalgarde an den Linien besichtiget habe, was große Erbitterung unter lepterer hervorrief. Er beantragte größere Vorsicht und Beschränkung in der Austheilung der Geleitscheine. Es wurde be schlossen, daß nur die Führer der im Gußhause zurückgebliebenen Mannschaft, und nach Herrmanns Zusage, wenn sich Abtheilungen an bestimmte Orte begeben, Geleitscheine erhalten sollen. Debus wurde mit der Vollziehung beauftragt.

Die Gemeinde Landstraße bath im Gemeinderathe um Vergütung eines an die dortigen Garden früher ausgezahlten Betrages von 500 fl. CM. Brodhuber bemerkte, daß diese Auszahlung vor dem Beschlusse des Gemeinderathes wegen des Verpflegsbeitrages geschehen, und überhaupt kein genauer Ausweis beigeschlossen sey.

Im Gemeinderathe wurde ein vom Ober-Commando bewilligtes Gesuch um Auszahlung eines Restes von 180 fl. an den Commandanten des 1. mobilen Bataillons Frank, welcher schon 4 Compagnien eingereiht hatte, genehmiget.

Die Handelsleute Dieß und Compagnie bathen im Gemeinderathe um Vergütung der ihnen an hiesiger Mauth vom Ober-Commando requirirten und in's Zeughaus gebrachten 2 Kisten Waffen. Da dort nur noch ein kleiner Rest davon liegen sollte, so wurde Bern brunns Antrag, sich wegen eines genauen Berichtes über diese Angelegenheit an's Ober-Commando zu wenden, genehmigt. 8 Uhr Abends. Bericht des Studenten- Comitees an das Ober-Commando vom 14. October 1848.

„An der kleinen Erdberger-Linie find für jede der drei Kanonen nur drei Kugelpatronen vorhanden, fehlt also an Patronen; Kartätschen-Patronen find genug, dürften aber dort wegen des weichen Bodens nicht mit Erfolg anwendbar seyn; es wird eine reitende Ordonanz gewünscht; auch eine Vermehrung der Mannschaft ist sehr wünschenswerth, da größtentheils nur Arbeiter dort find; es fehlt an Gewehrpatronen; es fehlt an Lunten.

Marrer-Linie: Es werden dorthin noch zwei Kanonen gewünscht; es fehlt an Kanonenkugel-Patronen; es fehlt an Lunten; rechts von der St. Marrer Linie über dem Wasser-Canal wäre eine bis zwei Kanonen gewünscht; es fehlt an einer reitenden Ordonnanz; es fehlt an einer ordentlichen Oberleitung in Bezug auf Angabe des Rückzuges Instruction zu geben.

Belveder-Linie: Es sind dort nur acht Kugel-Patronen; es wird angetragen eine Mobil-Artillerie-Garde zu organisiren; es fehlt an genügender Besaßung. Favoriten-Linie: Verstärkung der Besagung.

Magleinsdorfer-Linie: Verstärkung; man wünscht Schrottbüchsen.

Hundsthurmer Linie: Es fehlt an Kanonenkugeln, da nur sechs Stücke vor

handen sind; die Barrikaden an der Linie sind ganz unzweckmäßig.

Zwischen der Hunds thurmer-Linie und der kleinen Gumpendorfer-Linie ist die Passage beim Einfluß des Wienflußes ganz unbeschüßt, es wäre daher etwa dorthin oder in die Gumpendorfer Schlachthäuser eine Kanone zu stellen; auch ist eine Stelle nächst dem Schlachthaus und dem Linienwall ganz frei, unbarrikadirt.

Kleine Gumpendorfer-Linie: Mangel an Mannschaft; es wird noch eine Kanone gewünscht.

Mariahilfer-Linie: Es fehlt an Lunten; es werden noch 4 Kanonen gewünscht, und zwar zwei auf den Wall, zwei auf die Höhe der Wasserleitung; es fehlt an Mannschaft.

Lerchenfelder-Linie: es ist dort gar keine Kanone, zwei wären nöthig; Lebensmitteln für die Mobilen, heute noch.

Meldung, 14. October, 8 Uhr Abends. Dr. Hammerschmid, m. p.,

Comitee-Mitglied, im Auftrage des Studenten-Comitee's."

,,Tagesbefehl vom 14. October, Abends 9 Uhr. Es ist Jedermann bekannt, daß der hohe Reichstag das Ober-Commando mit dem bestimmten Auftrage bes traut, die von Gefahren mannigfacher Art bedrohte Stadt Wien sammt Umgegend in Vertheidigungsstand zu sehen.

Garden! die Aufgabe ist schwer, für die kurze Dauer meines Ober-Commandos doppelt schwer. Die nächste, dringendste Gefahr hat die öffentliche Meinung bereits genau bezeichnet. Sie heißt: die kroatischen Truppen des Banus, welche zu einer Waffenentscheidung gegen ihre Feinde, die Ungarn nach Buda-Pesth marschiren sollten, sind vor ihren Siegern flüchtig (sic) in die Gränzen unseres öfterreichischen deutschen Vaterlandes eingebrochen. Mit welchen Abfichten? Als Feinde oder als Freunde unserer constitutionellen Freiheiten, unseres constitutionellen Kaisers, unserer wie alle Welt es weiß, mit außerordentlichen Anstrengungen schwer erworbenen Errungenschaften?!

Freunde sollen nach allem Völker- und Privatrechte mit offenen Armen empfangenen werden. Die Umgebung Wiens, organische Theile unserer schönen großen Stadt, gibt mit ihren Klagen über gewaltsame Entwaffnung der Volk 3wehr Antwort, über die Freundschaftsversicherungen des Banus. Von dem ungarischen Reichstage ist Baron Jellačič als der gemeinsame Feind aller constitutionellen Freiheiten(sic), aber noch mehr als der Feind aller volksthümlichen Errungenschaften feierlich ausgerufen worden. Die lesende Bevölkerung unserer Stadt hat sich über den feierlichen Inhalt dieses Manifestes ausgesprochen. Der Banus von Kroatien wird von der ungarischen Armee unter den Feldherren C3 a ni und Moga verfolgt, und das Ober-Commando glaubt demnächst einen Zusammenstoß zwischen beiden Armeen befürchten zu müssen.

Die erste Kriegsregel, Borsicht, weiters, meine mir von der hohen Reichsversammlung übertragene Aufgabe für die Stadt Wien und Umgebung durch die

umfassendsten Vertheidigungs-Maßregeln Sorge zu tragen, zwingt mich im ersten Augenblicke der Berwirklichung jenes außerordentlichen Momentes, die ganze waffenfähige Bevölkerung Wiens aufzurufen. Die Art und Weise meines Verfahrens ist den Herren Bezirks-Chefs in einer Hauptbesprechung mündlich erklärt worden. Von ihnen werden die Garden Aufklärung erhalten, so weit ich durch schriftliche Befehle mich vor der gesammten Garde nach Maß der, von Stunde zu Stunde fich ändernden Verhältnisse, werde aussprechen können. Offenheit und Wahrheit knüpft mich an die Volkswehr unseres schönen Vaterlandes.

Die Führer der mobilen Abtheilungen und unserer Brüder, der begeistert zur Hilfe geeilten nicht heimischen National Garden werden von mir besonders verständigt werden. Auch nicht die kleinste Abtheilung wird ohne Kenntniß bleiben.

Die Herren Bezirks-Chefs wollen für die Sicherheit der Außenwerke Sorge tragen, sonst aber allen ihren Garden empfehlen, mit Ausnahme der unumgånglichsten Bereitschaften sich zur Ruhe zu begeben. Erfolgt bis 4 Uhr Morgens kein Allarm, so wird ein solcher aus dem mehrfach ausgesprochenen Beweggrunde vorläufig nicht stattfinden.

Diese Ansprache des Führers an seine Garden wird morgen durch öffentlichen Anschlag der gesammten Bevölkerung bekannt gegeben werden.

Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant." 10%. Uhr Nachts. Beim Ober-Commando wurde berichtet, auf der Sternwarte der k. Burg sah man durch einen Tubus, rechts von der Karolikirche, auf dem Laarberge zu, ein bedeutendes Wachsener bei welchem Truppen vorüber zu ziehen schienen. Auf der Straße gegen Hainburg ebenfalls ein sehr großes. Vom Stephansthurm sind bereits 13 Raketen gefallen. Nach einer Zeit von mehreren Minuten erschien in der Richtung unter Simmering ein Licht, welches aber durch seine zunehmende gelbe Farbe eine Leuchtkugel zu seyn schien. Gegen Dornbach find fünf, gegen das Neustift zu ein sechstes Feuer sichtbar.

Die auf Befehl Messenhausers abgebrannten Raketen waren Signale für die magyarischen Verbündeten, welche erwiedert wurden.

Die Kundgebung gemäßigter Gesinnungen wurde vom 14. Oct. an immer gefährlicher, man begann die Gemäßigten und österreichisch-constitutionell Gesinnten zu kontrolliren, ihre Namen zu notiren; es bildete sich eine geheime Aufsichts-Cotterie unter den Umstürzlingen. Die Studenten waren in allen Beziehungen unermüdlich; jedoch schwand ihre Zahl immer mehr und mehr. Man begann für den „leßten Calabreser" zu fürchten. Die sich in Böhmen äußernde Mißbilligung des Wiener Aufstandes machte unter den politisch Gebildeten Sensation und erregte gegründete Besorgnisse. Die in Wien lebenden Slawen mit Ausnahme der Polen - heg ten nicht geringe Besorgnisse vor Verfolgung.

Beim Ober-Commando verlautete, Messenhauser habe von Seite der

Kossuth'schen Partei die Zusage, im Falle des Gelingens der magharischen Bewegung, werde er ungarischer Kriegsminister werden.

Die Nationalgarde- und Bürger-Cavallerie Wiens, welche in ihren Reihen ausgezeichnete Männer, und zwar : den Commandanten Grafen Ferdinand Kolowrat, Rittmeister Martiniz, Oberlieutenant Sk all, Adjutanten Per ger, Estandart-Führer Finsterlein c. zählte, hatte bei mehreren Gelegenheiten durch festes, energisches Einschreiten ihren guten Geist bethätigt, und durch freiwillige starke Nachtpatrouillen in den Septembertagen, besonders bei den Unruhen am 13. September durch ihren Anschluß an das Cavallerie-Regiment Wrb na Chevaurlegers, fich musterhaft benommen. Es kann daher nicht befremden, daß diese beiden Corps von der Umsturzpartei als reactionär ausgerufen, und den Beinamen: Windischgräß-Cavallerie" erhielten. Doch fie fühlten sich nur geehrt durch diesen Namen, dessen guter Klang in ganz Europa bekannt ist.

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Am 14. wurde vom Ober-Commando der Nationalgarde- Cavallerie der Befehl ertheilt, an General Bem eine angemessene Anzahl Pferde zu liefern; doch dieses Anfinnen wurde von allen Cavalleristen entschieden zurückgewiesen, und im Hofe der Stallburg erklärte der Estandart-Führer Finsterlein, ein wackerer Tyroler, öffentlich, daß diese Pferde Privat-Eigenthum seyen, und Niemand darüber disponiren dürfe. Da erfrechte sich ein Pole, Namens Kupta, welcher als Hauptmann einer Mobilgarde-Compagnie im Hofe stand, die Cavallerie in Gegenwart der bewaffneten Proletarier zu verdächtigen, indem er ausrief: Man kennt schon dieses schwarzgelbe Corps; er aber sey ein Mann des Volkes, und die Pferde werde man schon bekommen. Ja, in seiner Aufregung ging er noch weiter, und rief dem eben von einer Parlamentär-Sendung in die Stallburg, in Begleitung von Cavallerie-Ordonanzen einreitenden Legions-Commandanten Aigner zu: „Herr Commandant, ich würde mich fürchten mit solchen Beuten zu reiten, oder unter ihnen zu seyn!" Mit den Worten: Sind wir Banditen?" sprang Adjutant Perger auf Kupka zu, dieser zog den Säbel, Perger parirte mit der Hand; doch in demselben Augenblicke wurde Kupka's Hand von der starken Faust des Estandart - Führers Finsterlein und des Garden Eisenberg der Säbel entrissen, er aber zu Messenhauser geführt, und dem Ober-Commandanten das Betragen dieses Menschen geschildert. Der Arretirte nahm jezt eine reumüthige Miene an, that Abbitte, und rühmte sich einer angeblich am 6. October begangenen That, wodurch er das Leben eines Cavalleristen, Dr. Viv..., gerets tet habe. Dieser Mensch wurde sonach mit einem Verweise von Messen hauser entlassen.

Die Cavallerie verwahrte sich jedoch gegen jede weitere Dienstleistung mit Ausnahme der Ordonnanzritte, und gab sich schon am 6. October gegenseitig

das Wort: Niemals gegen das t. t. Militär zu kämpfen; welches Ehrenwort auch männlich gehalten wurde.

Welche kühne Sprache die Umsturzpartei schon zu dieser Zeit führte, möge folgende Thatsache beweisen: Im Gasthause zur Kaiserin von Oesterreich in der Weihburggasse wohnte Dr. Schütte, und redete eines Abends den Rittmeister Martinis folgendermassen an: Ihr Tod war am 6. October beschlossen; ich hatte bei 100 Leute unter meinem Commando; der Umstand jedoch, daß Sie mit Borrosch ritten, und wie ich sehe, jest zur liberalen Partei gehören, rettete Sie! Martin is entgegnete: „Daß Sie ein Schurke sind, weiß ich, daß Sie jedoch so ein schwarzes Herz haben, hätte ich nicht geglaubt; übrigens hätten Sie mich am 6. October morden lassen, müßte ich nicht die Schmach, die über Wien tam, erleben." Das waren die Demokraten in Wien!

Die beiden Divisionen der Nationalgarde-Cavallerie benahmen sich, mit Ausnahme einzelner republikanifirter Mitglieder, immer loyal und gefinnungstüchtig, und es war nicht zu wundern, daß solche von den Umstürzlingen angefeindet, ja sogar mit dem Tode bedroht wurden *).

,,Kundmachung. Das fortwährende Schießen und Plänkeln auf den Basteien und Glacis, welches die Sicherheit der Passanten bereits zu wiederholten Malen ernsthaft gefährdet hat, und unter der Bevölkerung allarmirende Gerüchte erregt, wird abermals streng untersagt. Die Herren Posten-Commandanten werden hiermit aufgefordert, diesem Unfuge auf das Ernstlichste zu steuern, und die Zuwiderhandelnden sofort zu verhaften, und zur weiteren Anzeige zu bringen. Wien, am 14. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant.“ Nachstehendes Plakat, mit großen Buchstaben gedruckt, war an allen Straßenecken zu lesen :

Bekanntmachung! Der Ober-Commandant der Nationalgarde Wiens und der Umgebung gibt an die Garden und mobilen Corps, so wie dem Publitum die erfreuliche Nachricht, daß der rühmlich bekannte General Lieutenant • Bem ihm in Leitung der strategischen Angelegenheiten zur Seite stehen wird. Wien, am 14. October 1848. Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant.“

⚫) Mit Anerkennung muß ich ter Cavallerie bei Gelegenheit der vielen Kagenmusilen vor dem October erwähnen, welche mir bei dem höchst beschwerlichen Dienste als Playoffizier ritterlich beigestanden, und zur Herstellung der Ordnung jedes Mal muthig eingeschritten ist. Ebenso kann ich nicht unerwähnt lassen, daß solche

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