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Kasernen größtentheils geraubt oder verwüstet wurden, leztere sogar aus den Kasernen vertrieben, dadurch obdachlos geworden sind, wuchs mit jedem Tage, und dieselben konnten nicht mehr im k. t. Invalidenhause untergebracht werden.

Unter diesen dargestellten Verhältnissen und Umständen war das Ertheilen eines solchen Befehles, wie der eben angegebene viel leichter, als diesen Befehl in Bollzug zu bringen.

Ungeachtet dessen verfügte sich der Plaß-Hauptmann du Beine gleich nach Erhalt dieses Befehles zum Ministerium, seßte dasselbe in genaue Kenntniß von den obwaltenden Verhältnissen, veranstaltete, daß dem General M a tauschec sogleich die nöthigen Mittel geboten werden, um für diese Individuen Sorge tragen zu können, wobei ihn in Folge dessen ein Ministerial-Beamter, und der Hofrath Carl von Einkhemmer kräftigst unterstüßten. Auch machte du Beine das Ministerium auf den Umstand aufmerksam, daß, wenn dem in der Stadt auf diese Weise zurückgehaltenen, und im k. f. Transport-Sammelhause untergebrachten Militär nicht durch eine Zulage die Existenz erleichtert würde, es schwer werden dürfte, die Mannschaft in selber zu erhalten, indem die Löhnung der Mobilen nebst Brod, Wein, Tabak, noch in täglichen 25 kr. C. M. besteht, und dieses mit der Verlockungssucht agirender Emissäre jedenfalls verblendend auf die Mannschaft einwirke.

Hierauf erhielt der Plaß-Hauptmann die Zusicherung der kräftigsten Unterstüßung von Seite des Ministeriums, veranlaßte sogleich im Einverständnisse mit dem Generalen Matauscheck, welchen er von seinen bereits getroffenen EinLeitungen in Kenntniß seßte, das Geeignete, daß das k. k. Militär-TransportSammelhaus durch die Nationalgarde gehörig geschüßt werde, commandirte den Play-Offizier Ruf permanent in dasselbe, zur Verfügung des daselbst befindlichen k. k. Hauptmanns Hilbert, und den Play-Offizier Schefzik und Ordonanz-Unteroffizier Freiherrn von Freudenthal permanent in das k. k. Invalidenhaus zur unmittelbaren Disposition des Generalen Matauscheck mit dem gemessensten Auftrage, sich im steten Rapporte sowohl mit dem Nationalgarde-, als dem k. k. Militär-Plaß-Commando zu erhalten.

Beide Plaß- Offiziere, Ruf und Schefzik, traten noch an diesem Tage ihre Dienstleistungen an, und haben seitdem ihre Diensipflicht redlich erfüllt.

10 Uhr Vormittag. Stephan, Techniker, meldete beim Ober-Commando, daß seit 6 Uhr Morgens in der Leopoldstadt über der Donau ununterbrochen und heftig geschossen werde.

Mar Christoph, Mediz. 2. Comp., meldete dem Ober-Commando, daß Stephan Haas seit Montag bei ihm auf der Stephansthurm-Wache sey, daß er eine Pistole und ein Gewehr, die erstere um 20 kr. C. M., und legteres um drei Cigarren verkauft habe.

10%. Uhr. Bauer, Techniker 8. Comp., brachte dem Ober-Commando das Ansuchen des Commandanten der 6. Comp. 0. Bez., es sollen die im Donau, Canale bei der Sophien-Brücke sich befindlichen Schiffe weggeräumt werden, weil es dem Gegner dadurch erschwert würde, über die Donau zu kommen.

11 Uhr. Zwei Brünner Garden berichteten dem Ober-Commando, daß man den Brünner Garden, die uns gerne noch zu Hilfe kommen wollen, in Brünn die Fahrt auf der Eisenbahn verweigert habe, und stellen das Ansuchen, daß ein hoher Reichstag interveniren solle.

11 Uhr Mittags. In Klosterneuburg befanden sich 2000 Mann Cavallerie. Auch 500 Mann Cavallerie sind durch das Meidlinger Thal geritten.

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Der polnische Parteigänger, Emissär und Insurgenten-General Bem erschien beim Nationalgarde-Ober-Commando. Ehe seine Laufbahn in Wien beginnt, wollen wir auf sein früheres Leben einen Blick zurück werfen.

Josef Bem ist zu Tarnow in Galizien im Jahre 1795 geboren, studirte zu Krakau, dann in der Militär-Schule zu Warschau. Er machte den französischen Feldzug im Jahre 1812 als Lieutenant der reitenden Artillerie gegen Rußland mit, und wurde 1819 bei der neuorganisirten polnischen Armee, unter dem Großfürsten Constantin, Hauptmann und Lehrer an der Artillerie - Schule zu Warschau.

Revolutionärer Gesinnungen wegen verdächtigt, wurde er vor ein Kriegsgericht gestellt, nahm 1825 seinen Abschied, wendete sich nach Lemberg und beschäftigte sich mit Mechanik. Nach dem Aufstande in Warschau vom 29. November 1830 erhielt er als Major das Commando einer reitenden Batterie, zeichnete sich in mehreren Treffen, bei Iganie und besonders bei Ostrolenka aus, stieg zum Obersten, dann zum General und Befehlshaber der gesammten Artillerie. Nach dem Falle Warschau's flüchtete er sich nach Frankreich, schloß 1833 mit Don Pedro (!) einen Vertrag über Errichtung einer polnischen Hülfslegion ab, die aber nicht zu Stande kam, worauf er sich allein nach Lissabon, dann nach Madrid begab, ohne jedoch seine Dienste angenommen zu sehen.

Unverrichteter Dinge nach Paris zurückgekehrt, suchte er, jedoch vergebens, eine politechnische Gesellschaft, eine wissenschaftliche und künstlerische Zeitschrift zu begründen. Er beschäftigte sich leßterer Zeit theils mit Mechanik, theils mit Unterricht in der von Jazwinski erfundenen mnemonischen Methode. Er schrieb: Erfahrungen über congrev'sche Brandraketen" (Weimar 1820, 4.) ,,Ueber Dampfmaschinen“ u. a. m.

Be m's Talent und persönliche Tapferkeit kann Niemand in Abrede stellen, so wie seine Gabe, Streitkräfte zu organisiren. Dieses beweiset sein revolutionäres, unheilschwangeres Wirken auf fremden Boden im October in Wien, dann in Ungarn und Siebenbürgen. Er hat einen festen eisernen Charakter, ist streng,

ja sogar hart. Sein Lieblings-Commando lautet:,,'enken, der Mann." Seine vielen Wunden beweisen, daß er gewohnt ist, seine Truppen immer persönlich anzuführen, ungeachtet dessen (er brauchte täglich einige Stunden, um seine Wunden verbinden zu lassen) ist er zu Pferde eben so rührig, als zu Fuß hinfällig Daß Bem ein geborner Graf Potocki seyn soll, ist nicht erwiesen.

In der Sitzung des constituirenden Reichstages am 14. October theilte der Präsident Smolka der Versammlung mit, daß nach der Unterbrechung der gestrigen Abendsigung von mehreren Abgeordneten der Wunsch ausgesprochen worden, der Deputation an Se. Majestät den Abgeordneten Selinger beizuge sellen, da derselbe mit dem Fürsten Lobkowiß in freundschaftlicher Verbindung stehe,indem er sein Erzieher war — und daß diesem Wunsche, um auch durch Vermittlung den Erfolg der an Se. Majestät erlassenen Adresse zu unterstüßen, entspro> chen wurde.

Die Protokolle der gestrigen Morgen- und Abendsigung wurden verlesen, anstandlos genehmigt und beschlossen, daß die in den Protokollen bezogenen Aftenstücke in denselben wörtlich aufzunehmen seyen.

Der Abgeordnete Peitler erstattete im Namen der ersten an Se. Majestät abgesendeten Reichstags-Deputation folgenden schriftlichen Bericht:

„Hoher Reichstag! Die gefertigte Deputation mit der Mission betraut, Sr. Majestät nachzueilen, und eine Adresse bezüglich Allerhöchstihrer tief beklagenswerthen Entfernung aus der Nähe Wiens, dann der diese Stadt bedrohenden Truppen, namentlich des Banus Jellačič, zu überreichen, reiste unverzüglich, nachdem sie diese Adresse erhalten, am 11. dieses, Nachts auf der Nord-Eisenbahn ab, und erreichte Brünn gestern Früh um 9 Uhr. Nachdem wir in Erfahrung gebracht, daß der Kaiser das leßte Nachtlager in der Probstei Pöltenberg nächst Znaim genommen habe, und gestern in Selowig, einem dem Erzherzoge Albert gehörigen Schlosse und Markte, südlich drei Stunden von Brünn übernachten wolle, begaben wir uns dahin."

,,Erst spät am Abende trafen Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin unter Militärbedeckung ein, zugleich die kaiserlichen Hoheiten Erzherzog Franz Karl und die Erzherzogin Sophie mit ihren vier Prinzen."

„Wir wurden schon in das Audienzzimmer zu treten eingeladen, wo sich beide Majestäten, Se. kais. Hoheit der Erzherzog Franz Carl und Fürst von Lobkowig befanden. Nachdem der Abgeordnete Schmidt auf den Wunsch der übrigen Gefertigten eine kurze Ansprache gehalten, überreichte er die Adresse in die Hände Sr. Majestät des Kaisers, Höchstwelcher sie nach einem flüchtigen Blicke in dieselbe dem dienstthuenden Fürsten von Lobkowiß übergab, und eine Antwort herablas, die uns wesentlich ein Theil jenes bekannten Manifestes zu seyn schien, welches der Herr Minister Krauß zu contrafigniren verweigert hatte.“

,,Nach Beendigung der Lesung zogen sich die Majestäten mit dem Herrn Erzherzoge sogleich, nach der gewöhnlichen Hof-Ettiquette, auf eine zwar freundliche, jedoch leider kurz abfertigende Weise zurück, und die Deputirten mußten mit dem innigen Bedauern scheiden, daß ihnen keine Gelegenheit gebothen war, die Petitionen des hohen Reichstages mündlich zu unterstüßen; nur erhielten felbe durch den Fürsten Lobkowiß die mündliche Zusicherung, daß die Truppen nicht angriffsweise verfahren würden, und Se. Majestät aus der Adresse mit besonderer Freude entnommen habe, daß der Reichstag Vertrauen auf Sein kaiserliches Wort hege."

,,Die Deputirten gingen nun unter sich über das, was weiter zu thun sey,zu Rathe, und einigten sich in der Ansicht, daß, da die Antwort Sr. Majestät die speziellen Petitionspunkte nicht berührte, die Deputation im schriftlichen Wege Se. Majestät um eine spezieller eingehende Antwort und deren schriftliche Mittheilung zu bitten hätte. Eine in diesem Sinne von dem Deputirten Schmidt verfaßte Eingabe an Se. Majestät, wovon wir den Aufsaß beilegen, wurde noch um Mitternacht in die Hände Sr. kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Franz Carl zur Uebergabe an Se Majestät überreicht."

,,Heute Morgens entsendeten wir die Deputations-Mitglieder Madonizza und Feifalik, um die schriftliche Antwort Sr. Majestät einzuholen ; allein wie die angeschlossene Relation beweist, scheiterte zu unserem tiefen Bedauern auch dieser Bersuch. So mußten wir also, wenig zufrieden mit dem Erfolge unserer Bemühungen, unsere Rückreise nach Brünn antreten, während der Hof seine Reise von Selowig, ohne Berührung dieser leßteren Stadt, über Raußnig nach Wislau fortseßte, und wie verlautet, morgen in Olmüß eintreffen will. Brünn den 13. October 1848.

J. B. Radmilli, m. p. Dollschein, m. p. Carl Clementi, m. p. Dr. Madonizza, m. p. Peitler, m. p. Alexand. Borkowski, m. p." ,,Den 13. October begab ich mich in Begleitung des Herrn Abgeordneten Madonizza Morgens vor 7 Uhr in das Schloß zu Selowig, um daselbst die etwa erfolgte schriftliche Antwort Sr. Majestät auf die reichstägige Adresse, um welche die Deputation in einer eigenen an Se. Majestät gerichteten Petition gebeten hatte, entgegen zu nehmen. Wir fanden daselbst Alles zur Abreise gerüstet. Ich ersuchte den Fürsten von Lobkowiß, welcher der Kammer Sr. Majestät vorsteht, um die Auskunft, ob die Deputation einer schriftlichen Antwort Sr. Majestät sich zu erfreuen habe. Der Fürst erwiederte, er werde sich sogleich erfundigen. Nach Verlauf einer guten halben Stunde kehrte Fürst Lobkowig mit einem Zettel in der Hand zurück, wir traten mit ihm abseits, und er las uns aus dem Blatt Papier, welches mit etwa fünf Zeilen beschrieben, jedoch von Niemanden gefertigt war, als die Antwort Sr. Majestät eine in sehr all

gemeinen Ausdrücken und daher für das Gedächtniß unhaltbare Erwiederung vor, und als ich darauf bemerkte, daß mir hierin über den Hauptpunkt der Adresse, nähmlich über die Zurückziehung der Truppen des Banus Jellačič nichts enthalten zu seyn scheine, entgegnete er, der Sinn dieser Antwort gehe eigentlich dahin, es hätten die t. k. Truppen in Folge der Ereignisse in Ungarn die österreichische Gränze überschritten, und es könne gegenwärtig noch nicht beurtheilt werden, welche Stellung fie künftig einzunehmen hätten."

„Ich ersuchte sodann mir die schriftliche Antwort Sr. Majestät einzuhändigen; der Fürst erwiederte aber, dieses nicht thun zu können. Auf mein weiteres Ersuchen, mir den Zettel copiren zu lassen, schien er darauf einzugehen; allein plöglich entschuldigte er sich, nicht länger verweilen zu können, indem Se. Majestät eben auf dem Punkte stehe, abzureisen, und da er sich unmittelbar darauf entfernte, geschah es, daß auch keine Copie genommen werden konnte."

•,,Unmittelbar darauf traten beide Majestäten mit dem Erzherzoge Franz Carl, kaiserl. Hoheit, dessen Frau Gemahlin und vier Herren Söhne heraus, und bestiegen die Reisewägen."

Johann Feifalik, m. p. Dr. Madonizza, m. p." ,,Euer Majestät! Die von dem durch Euere Majestät selbst berufenen Reichstage in dem wichtigsten Momente der jüngsten Zeitgeschichte abgesandte Deputation muß es tief bedauern, daß ihr bei der durch die Reise Euerer Majestät herbeigeführten Eile nicht die Gelegenheit gegönt wurde, jene Mittheilungen zu machen, welche durch die Darstellung der wahren Lage und der Größe der Gefahr geeignet gewesen wären, eine dem Gegenstande entsprechende reifliche Erwägung und Allerhöchste Schlußfassung zu bewirken."

,,Die unberechenbare Verantwortlichkeit, welche die in Ehrfurcht gefertigte Deputation bei dieser Mission übernommen hat, macht es derselben zur heiligsten Pflicht, die Antwort Euerer Majestät sich schriftlich zu erbitten.“

,,Bevor jedoch das entscheidende Wort Euerer Majestät in der für uns und das Vaterland nothwendigen Form zum verheerenden Blizstrahle werde, sey es uns gegönnt, Folgendes in der durch die Zeit gebothenen Kürze beizufügen.“

,,Die in Ehrfurcht gefertigte Deputation hegt eben so wie der gesammte Reichstag das unerschütterliche Vertrauen in die vollste Unverbrüchlichkeit des kaiserlichen Wortes Euerer Majestät, als den von uns gekannten besten und redlichsten Monarchen."

,,Es handelt sich auch nicht um irgend den leisesten Zweifel in das kaiserliche Wort, sondern um Maßregeln, welche nicht blos das Wohl Wiens und seiner Bewohner, sondern das Wohl der Monarchie und den europäischen Frieden in Frage stellen."

,,Wenn die Deputation nach den Wahrnehmungen des heutigen Tages und

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