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ker glänzen, die unter dem Joche der Tyrannei und des vielarmigen Aristokratismus seufzen. Die ungarischen Husaren plänkeln bereits bis Schwadorf (?).“ Preslern von Sternau wurde bevollmächtigt, ein mobiles Corps zu errichten.

Die Kaufmannsläden waren geschlossen, die Damenwelt war unsichtbar geworden, die Promenaden waren in Waffenpläge umgewandelt, die Barrikaden bei der Universität, an den Thoren und einzelnen strategischen Punkten wurden mit Dünger und Erde belegt und bewacht. Die Arbeiter waren unermüdlich, unverdrossen, willig und äußerst wachsam.

In Folge nachstehenden Aufrufes wimmelte es von polnischen Parteigängern in Wien:

Aufruf der Polen-Legion an ihr Vaterland!

,,Die sich in Wien befindenden Polen, durchdrungen von der heiligen Pflicht der Freiheit, haben sich entschlossen, bewaffnet in den Reihen des Wiener-Volkes, gegen welche die Camarilla den lezten Stoß ausführte, zu kämpfen.

Sie bilden eine polnische Legion, um einverleibt in den Reihen aller Bertheidiger der Freiheit Wiens, und unter dem Befehle der Studenten-Legion und des Ober-Commandos der Nationalgarde zu stehen und zu fallen!

In diesem Falle rufen wir Euch edle Freiheitskämpfer Polens, Euch Brüder, deren Herzen durchdrungen vom feurigsten Gefühle der Freiheit aller Völker : eilet in die Reihen der freiwilligen polnischen Legion, welche mit gleicher Seelengröße für ihr Vaterland sowohl, als auch für sämmtlich gedrückte Völker ihr Blut zu vergießen bereit sind.

Auf nach Wien, Ihr Männer Polens, und vereiniget Euch mit den Wiener Freiheitsschaaren und kämpfet in den Reihen unserer Brüder für die Freiheit mit jenem Muth und Ausdauer, welche unsere große Nation in allen Kämpfen auszeichnete. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!"

Nachstehenden aufrührerischen Äufruf erließ der beim Frankfurter Parlament befindliche, in Wien anwesend gewesene Abgeordnete (?) Grigner den 13. October 1848 in dem Blatte,,die Constitution":

,,Wiener! Ihr habt heldenmüthig gekämpft, Ihr habt die Ehre Deutschlands in dem Augenblicke gerettet, als sie in Belagerung und Standrecht zu erfäufen drohte, aber Ihr seyd noch nicht fertig, und die Feuerprobe ist erst zu überstehen. Windischgräß ist bereits von Prag abgerückt, und hat geschworen, die Nuhe in Wien herzustellen. Wir aber werden triumphiren über die blutrünstigen Feinde des Vaterlandes, der Freiheit, so wahr ein Gott im Himmel lebt. Wir werden siegen, und dann wehe ihnen. Der Räuberhauptmann (sic) Jellačič plündert, schändet, sengt und brennt; der Rebell (?) Auers

perg verhöhnt den Reichstag und läßt uns einen General Matauscheck als legale Verbindung mit dem Reichstage hier! legal! es wäre zum Lachen, wenn man nicht trauern müßte, daß es noch Leute gibt, die mit diesen Rebellenhäupts lingen anders sprechen, als mit Schwert und Kugel. Ja die Frechheit Auerspergs geht so weit, daß er in einem gestrigen Plakate nach seiner Vereinigung mit Jellačič auf Verpflegung von Wien aus Anspruch, und die hiesigen Behörden für das Eigenthum seiner Söldner und des Staates verant wortlich machen will. Aber das siegreiche (sic) Ungarheer hat gestern Bruck verlassen, und wir werden vereint mit unserem treuen Brudervolke die Freiheit für ewige Zeiten sanctioniren und die Verbrechen an der Volkssouveränität züchtigen. Auf Wiener, seyd wachsam auf den Feind außen, und die Feinde in unse ren Mauern. Bald werden wir mit Gottes Hülfe triumphiren; aber seyd wachsam und ermüdet nicht. Grigner."

Frankls Abendzeitung erklärte, daß die dem Studenten-Comitee mitgetheilte Nachricht (Seite 156) hinsichtlich der Studenten, welche von berittenen Garden aus Wien ergriffen und Kürassieren übergeben worden wären, leeres Gerücht sey.

Die Mariahilfer- und Gumpendorfer-Garde wollte mit aller Gewalt die Kroaten in Schönbrunn angreifen, die Bewaffnung von Fünf- und Sechshaus weinte fast nach Krieg und Schlacht, und nur mit der unsäglichsten Mühe gelang es dem Studenten-Comitee, die Deputationen dieser kampslustigen Bezirke zu beschwichtigen. Dagegen geschahen Abends auf drei verschiedenen Seiten von den Kroaten selbst Angriffe auf die Stadt, nähmlich bei St. Mary, bei der kleinen Erdberger-Linie und im Prater. Ins Studenten-Comitee brachte man eine zersprungene Granate, welche bei St. Mary von den Kroaten gegen die Linie geworfen wurde.

Das Studenten-Comitee, welches sich vor dem Andrange der streitbegierigen Bevölkerung nicht mehr retten konnte, erließ eine Adresse an den Reichstag, worin es ihn zu einer entschiedenen Maßregel, entweder Pacification oder Kriegserklärung auf das Nachdrücklichste auffordert.

Die Armee war jenseits des Wienerberges von Simmering bis Mödling gelagert, der Maßleinsdorfer Friedhof war stark besegt, von allen Seiten kamen neue Truppen. Die angekündigten Magyaren wurden vergeblich erwartet, obgleich es jeden Tag hieß, sie wären schon da oder dort. Die Bauern ließen sich eben so wenig sehen.

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Messenhauser erließ folgende Aufforderung: Alle Jene, welche bei der Artillerie gedient haben, oder sonst Kenntnisse vom Artilleriedienste bestBen, werden hiermit dringend aufgefordert, sich zur Einreihung in das ArtillerieKorps zur nöthigen Bedienung der Kanonen sogleich im Universitäts-Gebäude im

ersten juridischen Hörsaale zu melden, und ihren deßfallsigen Ausweis beizubringen, um daselbst unverweilt verwendet zu werden. Bei Versorgung und Bethei= lung wird auf dieses wichtige Corps besonders Nücksicht genommen werden.

Wien, am 13. October 1848.

Messenhauser, m. p. provisorischer Ober-Commandant."

Um die Abgeordneten kenntlich zu machen, erschien nachstehende „Kundmachung. Die hohe Reichsversammlung hat beschlossen, jeden der Reichstags-Abgeordneten mit einer Medaille von Kupfer zu versehen, auf deren einer Seite zu Lesen find die Worte: Reichstags Abgeordneter," auf der anderen Seite: „Wien 1848." Mit Vorzeigung dieser Medaille ist jeder Reichstags-Abgeordneter in die Lage verseßt, sich als solcher auszuweisen. Wien, am 13. October 1848. Bom Reichstags-Vorstande. Franz Smolka, m. p. Präsident.

Carl Wiser, m. p. Reichstags-Schriftführer."

Professor v. Ettingshausen berichtete Folgendes: Gestern erhielt ich einen von meinem Bruder, Major im Otoczaner Grenz-Regimente, an unsere Mutter mit Bleistift geschriebenen offenen Zettel, nachstehenden Inhaltes:

Inzersdorf, 11. October. Liebste Mutter! Seit gestern Nachmittag bin ich hier auf Vorposten. Welche Ereignisse! Gott gebe, daß die Männer, welche jest Wiens Schicksale lenken, bedenken mögen, was für unglück über die Stadt kommen kann. Eine Verständigung wäre noch immer möglich. Wir haben nicht die Absicht, die constitutionelle Freiheit zu beschränken, nur die tolle Freiheit möchten wir zügeln. Es ist mir schmerzlich, so die theuere Wienerstadt wieder zu sehen, und zu wissen, daß Sie und die Unsern in so großer Gefahr schweben. Ihr ic.“

Sogleich nach Empfang dieses Zettels, und nachdem ich mich mit einem Geleitschein versehen, passirte ich die Vorposten, und traf bald die Leute des Bataillons, welches unter dem Commando meines Bruders einen so rühmlichen Antheil an der Vertheidigung von Peschiera genommen, und nun nach dem beschwerlichen Marsche über Ancona vor den Mauern Wiens steht. Nachdem ich meinen Bruder gefunden, geleitete er mich allsogleich zum Banus, der mich auf das Freundlichste aufnahm. Ich hatte mit demselben eine lange Unterredung, in der ich Alles aufbot, seine bedenkliche Lage und die auf ihm lastende Verantwor= tung unsäglichen Unheils ins Licht zu stellen. Ich zeigte ihm, daß jedes Bemühen der Reaction Vorschuß zu leisten, an dem freien Sinne der Bevölkerung Wiens scheitern werde; ich bath ihn, die bewaffnete Macht Wiens ja nicht gering zu schäßen; er möge bedenken, daß eine ungarische Armee im Anzuge sey. Ich bath ihn dringend, einer friedlichen Ausgleichung entgegenzukommen. Der Ban antwortete mir: „Ich bin kein Feind der Freiheit, ich habe zu einer Zeit für die Freiheit geredet und gehandelt, als Niemand in Wien es wagte, dafür auch nur den Mund aufzuthun. Ich dulde keine Knechtung. Weil man das Volk,

dem ich angehöre, knechten wollte, hielt ich es als Ban für heilige Pflicht, dieses Volk zu den Waffen zu rufen. Für die Freiheit habe ich das Schwert in der Hand, nicht für die Knechtung. Ich will keine Reaction in Wien, weder selbst durchführen, noch als Mittel dazu für Andere dienen. Ich bin kein Diener der Camarilla. Warum ich vor Wien stehe? Meine militärischen Operationen in Ungarn haben mich an die Gränze des Landes geführt, welches gegen Desterreich hin liegt. Ich bin nicht geschlagen worden, meine Bewegung beruht auf strategischen Grundsäßen. Auf meinem Wege vernehme ich, daß Wien sich im Aufstande befindet, daß Anarchie eingerissen, daß der Kriegsminister schändlich ermordet und seine Leiche beschimpft worden, daß der Kaiser die Flucht ergriffen. Ich bin k. k. General, ich commandire f. f. Truppen, obgleich ich als königlicher Commissär in Ungarn, der ich noch bin, vielleicht eine andere Nichtung hätte einschlagen können, als General meines Kaisers durfte ich unter solchen Umständen nicht die Hände in den Schoß legen, wer nur einen geringen Begriff von militärischer Ehre hat und von Anhänglichkeit an die Gesammtmonarchie, wird einsehen, daß ich, der ich ein wohl geordnetes, kraftvolles Heer commandire, mich in die Nähe Wiens begeben mußte, so wie Einer, der einen Brand sieht, in die Nähe desselben eilt, um zu helfen. Deßwegen stehe ich da, nicht gerufen, aber bereit, die Befehle meines Kaisers, dem ich angezeigt habe, daß ich dastehe, zu vollziehen. Ich habe noch keine Feindschaft gegen Wien geübt, und werde keine üben. Was ich thun werde, wird nur Hülfe seyn. In Wien ist Anarchie. Der Reichstag ist ohne Macht, ohne Ansehen, vielleicht schon auseinander gegangen. Vermochte er ja nicht einmal den gegen alles Recht auf der Aula gefangen geseßten Minister Recsey zu befreien. Ich will der Wiener Bevölkerung weder ihre Begeisterung für die Freiheit, noch ihre Tapferkeit absprechen; aber das weiß ich, daß ihre Streiter mit einer disciplinirten Truppe nicht verglichen werden können. Sie mögen sich für ihre Sache dem Tode weihen, aber siegen können sie nicht gegen eine geordnete Armee. Dazu gehört Eines was ihnen fehlt, nämlich Einheit im Handeln. Da will Jeder befehlen, Keiner gehorchen. Sie werden jeden Tag einen anderen Commandanten haben. Je länger ich dastehe, desto mehr werden sie uneing werden, je mehr Bewaffnete sie sich verschaffen, desto mehr Unordnung wird entstehen." Dieses ist das Wesentlichste von dem, was der Banus mit der Lebhaftigkeit sprach, durch welche ein feuriges Gemüth seine Ueberzeugung beurkundet.

So viel über Ettingshausen's freiwillige Sendung an den Banus, welche er in der edlen Absicht unternommen, seine Mitbürger vor namenlosem Unglücke zu bewahren; doch die meisten hörten nicht auf seine Veröffentlichung, oder wurden von den radikalen Blättern irregeleitet, oder waren bereits entflohen. Die meisten der Proletarier waren in Noth und der Wehrlohn war ihr Verdienst ; solche waren die blinden Werkzeuge der Umsturzpartei. Verführtes, armes Volk!

Ein Plakat wegen Wehrlohn-Auszahlen:

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An sämmtliche Bezirke der Nationalgarde. Um eine Gleichförmigkeit bei Auszahlung und Verrechnung jener Beträge zu erzielen, welche auf Anordnung des hohen Finanz-Ministeriums an jene mittellosen Garden mit 20 kr. pr. Kopf zu verabreichen sind, welche über 24 Stunden den Wachdienst versehen haben, so verordnet das gefertigte Ober-Commando, daß jeder Herr Compagnie-Commandant ein Verzeichniß verfassen lasse, worin die unter die bezeichnete Kategorie gehörigen Garden nominativ aufzuführen sind. Diese Verzeichnisse sind von dem Herrn Compagnie-Commandanten gehörig gefertiget und von dem Herrn BezirksChef mitgefertiget zur weiteren Anweisung und Auszahlung anher zu überreichen. Wien, den 13. October 1848. Vom Ober-Commando der Nationalgarde.

Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant."

Aus Mähren wurde berichtet: „Olmüş wimmelt bereits von Militär. Heute erwartet man dort den Feldmarschall-Lieutenant Windischgräß und den Kaiser zugleich. Das Geschüß ist bereits abgegangen und wird wahrscheinlich schon morgen in der Gegend von Wien eintreffen.“

Eine heitere Stimmung verbreitete sich unter der Bevölkerung Wiens. Man erwartete Friedensresultate von der in Jellačič's Hauptquartier abgegangenen ungarischen Mission; ein Glaube, in welchem man durch die Art und Weise, in der die Abgesandten ihre Rückkehr nach Wien einleiteten, bestärkt wurde. Sie schwenkten weiße Fahnen, und riefen im eiligen Vorüberreiten den nach Nachricht sehnsuchtsvoll Fragenden ein „Alles gut“ zu. Zu gleicher Zeit verbreitete fich in der ganzen Stadt das Gerücht, daß Auersperg mit seinen Truppen wieder kaserniren und Jellačič abziehen wolle. Auch sprach man von einem kaiserlichen Handbillet, worin die Einstellung aller Feindseligkeiten gegen Wien anbefohlen seyn sollte. Fast komisches Aufsehen erregte der Umstand, daß unter den in der Studentenstraße aufgestellten Wachen ein Serezaner ganz gravitätisch mit dem Gewehre auf dem Posten stand. Mit dem hereinbrechenden Dunkel wurde jedoch die Stimmung durch die Nachricht trüber, daß die Kroaten in Masse bei der St. Maryer Linie einbrechen wollten. Die Allarmtrommel wirbelte durch die Straßen, und in einigen Vorstädten, die der Landstraße nahe liegen, wurde Sturm geläutet. Verläßliche berittene Ordonanzen, die sogleich auf den Schauplaz des Kampfes eilten, brachten jedoch bald beruhigendere Nachrichten. Es war kein Einbruch der Kroaten beabsichtigt, sondern blos ein lebhaftes Plänklerscharmügel gewesen. Ein um so lebhafterer Kampf wurde aber mit dem Wildpret im Prater geführt, das sein Contingent zur Approvisionirung der dortigen Garden in Natura liefern mußte. Besonders erfreuten sich dieser Gourmandise die an der sogenannten Wasserlinie aufgestellten Posten.

Das Studenten-Comitee saß bereits 8 Tage ununterbrochen Tag und Nacht

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