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Eine besondere Auszeichnung für die Stadt Brünn*). In den Tagen der Gefahr und zwar am 10. d. M. um Mitternacht haben sich die Brünner Garden und akademische Legion unter Sturmgeläute und Allarmtrommeln in einer zahlreichen Schaar am Karmeliterplaß in unserer Mitte einge funden, wofür ihnen die Leopoldstädter Garden im Namen aller Garden Wiens sogleich folgende Dankgefühle aussprachen:

,,Großherzige, tapfere Brünner!

Eure wahrhaft edlen und brüderlichen Gesinnungen haben wir bereits bei mehreren Gelegenheiten wahrgenommen, es hat uns aber mehr überrascht, daß Ihr auch in den Tagen der Gefahr unser eingedenk seyd. Mit Sehnsucht haben wir Euch erwartet, aber bis zu Thränen waren wir gerührt, als wir bei Sturmgeläute und Allarmtrommel Eure zahlreiche Schaar in unserer Mitte fanden. Nehmt unsern herzlichsten Dank und seyd versichert, daß wir diese brüderlichen Gesinnungen, so lange unser Herz schlägt, nie vergessen werden.“

,,um jedoch den großherzigen und tapfern Brünnern ein bleibendes Andenken für fortwährende Zeiten zu weihen, hat die Gemeinde Leopoldstadt den,,Karmeliter-Plaß," woselbst sich die Brünner Garden und akademische Legion vor dem Gemeindehause aufstellten, mit dem Namen „Brünner-Plag“ getauft, und diese Bezeichnung bereits vornehmen lassen, worin die theuren Angehörigen der Brünner-Garden und akad. Legion hiermit in erfreuliche Kenntniß geseßt werden. Wien am 12. October 1848."

Borstehendes konnten die Leopoldstädter Garden als einen Ausbruch der Anerkennung und Dankbarkeit wohl thun; weder sie, noch die Brünner haben beurtheilen können, daß den Freiheiten, welche Ferdinand der Gütige ertheilte, von Seite der kaiserlichen Truppen keine Gefahr drohe, und daß die angeblichen Gefahren nur von der Umsturzpartei böswilliger Weise vorgegeben wurden. Nachstehende Adresse gelangte aus Steyermark mit einer Deputation nach Wien:

Die Steyermärker an die Wiener!

,,Liebe Wiener! So eben ist wieder eine neue Deputation aus Graz angekommen, um die noch immer verzögerte Abseßung Wickenburg 8 zu bewirken.“

,,Nach ihren Mittheilungen hat Graf Wickenburg die an ihn Montag und Dinstag vom Ministerium erlassenen telegraphischen Depeschen, in welchen die Ankunft Jellačič's, und die für Wien drohende Gefahr berichtet, und die dortige Nationalgarde auf ihre Anfrage aufgefordert wurde, hierher zu kom

*) Welcher Wiener erinnert sich nicht, auf welch' großartige Weise die 800 Brünner Garden, welche der Wiener Nationalgarde eine Fahne überbracht haben, in Wien am 30. Juli 1848, empfangen worden sind!

men, abermals verheimlicht! Die Proklamation des Reichstages verweigerte er dem Landvolke bekannt zu geben, weil die Druckkosten zu hoch wären! Fordert man von ihm Organisirung des Landsturmes, so will er es ohne Erlaubniß des Reichstages nicht zugeben. Er läßt aber durch Militär alle Bahnhöfe der Eisenbahn beseßen, so daß zu besorgen, daß die Euch Wienern zu Hülfe Eilenden dann eben so behandelt werden, wie die tapfere Schaar des steyermärkischen FreischüßenBataillons, welche bei ihrer Abreise von Graz von ihren eigenen Kameraden verrätherisch überfallen wurde."

,,Graf Wickenburg erklärte der Deputation des Grazer demokratischen Vereines, Jellačič sey nach Wien gekommen, um sich mit dem Wiener demokratischen Verein zu vereinigen! So wagte er es noch Spott und Hohn zu treiben, Wiener! Die drei nach einander hierher gelangten Deputationen haben troß ihrer wiederholten Borstellungen weder die Abseßung Wickenburgs, noch irgend eine Autorisation zur Organisirung des Landsturmes erhalten können."

,Der Reichstags-Ausschuß schickt sie zum Gemeinderath, dieser zum OberCommando der Nationalgarde, und legteres wieder zum Reichstage."

,,Wiener! Unterstüßt unsere Bitten! Wir brauchen nichts, als die Abseßung Wickenburgs und die Autorisirung zur Organisation des Landsturmes, und ganz Steyermark ist auf den Beinen.“ Im Namen der steyermärkischen Deputation : Jos. Leop. Stiger. Dr. Emperger. Anton Nez."

Josef Pregl.

Nachschrift. So eben sind wieder 400 Steyermärker eingetroffen, 1000 Arbeiter stehen noch in Mürzzuschlag, und erwarten nur Waffen, um sich nöthigenfalls zu Euch durchzuschlagen.“

,,In Cilli ist bereits ein Bataillon Gränzer eingetroffen; General Pirker, Commandant der steyermärkischen Nationalgarde, hat seine Leute in Mödling schmählich verlassen.“ *)

5 Uhr Nachmittag. Von der Sternwarte wurde dem Ober-Commando gemeldet: das Lager der Kroaten wird auf dem Laaerberge durch Verhaue gesichert. 6 Uhr. Die Tirailleurs der Kroaten beunruhigen die Vorposten der Garden. 6'/, Uhr. Ein Akademiker, 3. Compagnie, zeigte dem Ober-Commando an, daß Garden auf der Landstraße sich in Kellern und auf den Hausböden verstecken, und von den Weibern hervorgeholt werden.

Die Polen machen auf der Türkenschanze Lager.

In der Abendsigung des Gemeinderathes beantragten Wessely und Bernbrunn neue Wahlausschreibungen statt der nie erschienenen Mitglieder. *) Es wäre mir sehr angenehm, wenn diese schmähliche, in öffentlichen Blättern ausgetragene Notiz über den würdigen General, für den letzten Theil dieser Schrift berichtiget würde.

Dr.

Würth wollte die in der Sigung vom 9. d. beschlossene Einladung in Vollzug gebracht haben. Der Antrag Dr. Beers, jedes Mitglied, welches sich wegen Krankheit entschuldigt, habe ein ärztliches Zeugniß beizubringen, und jener Göt's, es sey eine definitive Erklärung über die Annahme der Wahl abzugeben, wurde angenommen.

Auf eine Note des Reichstags-Ausschusses, der Gemeinderath solle nach Entfernung der militärischen Effecten die Kaserne in seinen Verschluß nehmen, wurde eine aus den Herren Böh, Perl und Kalt bestehende Deputation zur Anlegung des Gemeinderaths-Siegels abgeordnet.

Ein von Wessely beantragtes Plakat an die Bewohner Wiens über die Stellung der Sicherheitswache wurde genehmiget.

Die Unterschrift des Gemeinderathes auf die Kundmachung des neu errich teten Spitals für Verwundete wurde zugesagt, und Dankadressen an den Schottenprälaten, den k. k. Hof- und Burgpfarrer, und an den Fürsten Liechtenstein erlassen.

Das Ministerium des Aeußern machte die Anzeige, daß ein Individuum fich Uebergriffe bei der ottomanischen Gesandtschaft wegen Erbschafts-Angelegenheiten erlaubt habe. Es wurde durch das Ober-Commando eine Wache an das Gesandtschafts-Hotel beordert, die Untersuchung des Vorfalls der Stadthauptmannschaft zur sogleichen Amtshandlung aufgetragen, und das Anerbieten Dr. Beer's, bei der Gesandtschaft privatim Rücksprache zu pflegen, angenommen.

Brodhuber erstattete Bericht über die Vorschläge der Verpflegs-Commission. Bei dem Kassastande von 282,000 fl. sey nur mit aller Vorsicht und Sparsamkeit vorzugehen. Der Betrag von 25 kr. sey nur für ganz Mittellose, welche sich ohne Ablösung durch 24 Stunden im Dienste befanden, so wie für einen zwölfstündigen Dienst 15 kr. CM. auszuschen. Es sey zu erklären, daß der Gemeinderath damit keineswegs eine Dauer der Verpflichtung ausspreche, sondern daß dieselbe durch Maßgabe der Geldmittel beschränkt, und nur auf die Tage des außerordentlichen Zustandes anzuwenden sey. Bei der Berathung über diesen Gegenstand wurde beschlossen, (nach Stiffts Antrag) die Auszahlung des Betrages von 25 kr. so lange zu genehmigen, als der Blokadezustand dauert und später erst einen definitiven Beschluß zu fassen. Auf das dringende Bittgesuch mehrerer Gemeinden außer den Linien wurde in Anbetracht der wichtigen und nüßlichen Dienstleistungen der dortigen Bewaffneten die einstweilige Bewilligung des Verpflegsbeitrages ertheilt, mit dem Zusaße Stiffts, daß die Auszahlung durch die dortigen Gemeinden zu geschehen habe.

Der 10. Compagnie 6. Bezirkes wurde, da sie sich zwei Tage unabgelöst auf der Burgwache befand, ein kleiner Beitrag zu Mundvorrath übermittelt.

Weffely beantragte ein dringendes Gesuch an den Reichstag um Aushülfe von Seite des Staates in Beträgen von je 100,000 fl.; wurde angenommen, und die Herren Wessely und Borkenstein begaben sich sogleich dahin. Gelangte die Anzeige in den Gemeinderath, daß 300 Mann Militär aus dem Transporthause mit Versicherung ihrer Treue sich gestellt hätten und in die Salzgries-Kaserne gelegt worden seyen.

Vom Reichstag 8-Ausschusse kam der Auftrag, die erle digte National-Garden-Ober-Commandantenstelle zu bese= Ben, und die Mittheilung, daß vom Studenten-Comitee, Messenhauser dazu vorgeschlagen sey. Der von mehreren Rednern ausgesprochene Grundsaß, daß die Beseßung dieser Stelle nicht in Bereich des Gemeinderathes gehöre, wurde aner fannt, und nach Bernbrunns Antrag die anwesende Deputation des Stu denten - Comitees in den Verwaltungsrath eingeleitet, um vereint mit demselben den Ober-Commandanten zu wählen. Wessely's Antrag, daß die drei Depu tationsmitglieder des Gemeinderathes in dieser Wahlcommission Sig und Stimme haben sollen, wurde verworfen.

Das Ministerium des Innern zeigte einen beabsichtigten Angriff auf die fais. Gewehrkammer dem Gemeinderathe an. Das Ober-Commando wurde zum sogleichen Schuße derselben ersucht, die Commission zum Schuße einzelner Militär - Abtheilungen verschob ihren Bericht bis zur Antwort des Generals Matauschef.

Gelangte die Zuschrift des Verwaltungsrathes in den Gemeinderath, daß Messenhauser als Candidat gewählt sey. Wessely zeigte an, daß der Auftrag, einen Commandanten zu ernennen, auf einem Irrthume von Seite des Ausschusses beruhe. Der Antrag Kubeniks wurde angenommen, dem Reichstags-Ausschusse sogleich bekannt zu geben, daß der Gemeinderath den Verwaltungsrath im Verein mit dem Studenten-Comitee zu einer Wahl veranlaßt habe, worauf er eine Note über die getroffene Wahl erhalten, die er dem ReichstagsAusschusse mit der Bitte übergab, von dem ihm allein zustehenden Rechte der Ernennung Gebrauch zu machen.

Würth beantragte die Erlassung eines Plakates an die kampflustige National-Garde (welche durch Ordonanzen an den Linien und Linienwällen zu vertheilen seyen), um sie vor jedem Angriffe der traurigen Folgen wegen abzuhalten. Wurde angenommen, Freund mit der Verfassung beauftragt. Zu dem Antrage Brauns: der Reichstag möge verbiethen, daß ein Angriff gemacht werde, wünschte Wessely den Zusaß, daß nur auf Befehl des Ober-Commandos anzugreifen sey. Dagegen stellt Kaltenbäck das Amendement; daß das Ober- Commando ohne Auftrag des Reichstags nicht

angreifen lassen dürfe, welches auch mit dem Antrage Braun's angenommen wurde.

10 Uhr Nachts. Messenhauser wurde, wie bereits berichtet, zum OberCommandanten gewählt, und zwar zum zweitenmale.

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Spät Abends erschien eine Deputation des Gemeinderathes in der Permanenz des Verwaltungsrathes beim Ober-Commando, mit dem Ersuchen, allsogleich einen Ober-Commandanten zu wählen. Da die Permanenz mit dem gerade anwesenden Vice-Präsidenten Dr. Bauer sich berieth, und der Deputation erklärte, daß es für die Permanenz zu viel gewagt wäre, daß dieselbe am nächsten Morgen die sämmtlichen Vertreter einberufen wolle, und dann eine Wahl treffen würde, mit Zuziehung der Bürger, Studenten und akademischen Legion, da nahm Bernbrunn als Sprecher der Deputation das Wort, schilderte die Umstände wie sie waren, und ohne Ober-Commandanten werden könnten, und bath sogar wenigstens nur für die Tage der Gefahr am Ende nur für diese Nacht einen Ober-Commandanten zu wählen, in welches leßtère Verlangen die Permanenz unter der Bedingung willigte, daß das Studenten-Comitee davon benachrichtiget werden und mitwählen müsse. Das Studenten-Comitee sendete folgende Herren: Gunster, Fränkel, Döhler, Passek, Bondi und Heller*), welche mit einer Vollmacht versehen sich mit der Permanenz des Verwaltungsrathes vereinigten um zu wählen, und den schon einmal zum Ober-Commandanten ernannten Messen hauser auf's neue vorschlugen, gegen welche Wahl wohl die Permanenz-Mitglieder größtentheils protestirten, der aber nach geschehener Wahl dennoch die meisten Stimmen erhielt, und Obercommandant der Nationalgarde geworden, von da in die Verwaltungsraths-Permanenz, und von dieser in die ReichstagsPermanenz gerufen, und auch anerkannt wurde.

An direkten und indirekten Versuchen, den Gemeinderath zur Theilnahme an den Umtrieben der Umsturzpartei zu vermögen, wenn nicht zu verlocken, hat es nicht gefehlt. Zu der erstern Gattung ist unbedingt folgende vorerwähnte Zuschrift zu rechnen.

,,An den löblichen Gemeinderath der Stadt Wien. Da der heute ernannte Commandant der Nationalgarde, Herr Spißhitl, die Stelle nicht aunehmen will, und es äußerst nöthig ist, daß die Nationalgarde in diesem Augenblicke nicht ohne Führer sey, so ertheilt hiermit der Reichstags-Ausschuß an den löblichen Gemeinderath den Befehl, daß die Commandanten-Stelle durch einen würdigen, das Vertrauen der Garde besigßenden Mann beseßt werde.

Wien, 12. October 1848. Vom Reichstags-Ausschusse.

Fischhof, m. p. Osmann. Füster, m. p. Schriftführer.“

*) Solche brachten dem Spikhitl das Mißtrauensvotum?

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