Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Wien erwünscht seyn muß, über militärische Angelegenheiten mit einer competenten Lokalmilitär-Behörde verkehren zu können."

,,Er wird zu diesem Behufe seinen Aufenthalt im Invalidenhause nehmen, welche Anstalt ich, so wie seine eigene Person und Jene aller anderen dem Militärstande angehörigen Individuen, die in Wien zurückbleiben, dem Schuße*) des hohen Reichstages und Ministeriums empfehle.“

Hauptquartier, fürstlich Schwarzenberg'sches October 1848.

Palais in Wien, den 11.
Auersperg, m. p."

Bezüglich deren er hinzufügte, daß das Ministerium erklärt habe, eine Entwaffnung der Bevölkerung könne nicht Statt finden; der einzige Weg zur Beruhigung der Gemüther könne nur seyn, daß der Ban sich zurückziehe; da nun dem Commandirenden alle österreichischen Truppen im General-Commando untergeben find, so stehe es nur bei ihm, dem Feldmarschall-Lieutenant Jellačič, der ausdrücklich erklärt habe, als österreichischer General österreichisches Militär zu führen, den Befehl zu ertheilen, sich hinweg zu begeben.

Da übrigens das Zurückziehen der Garnison, deren Positionen sogleich durch die Nationalgarde eingenommen wurden, früher geschehen sey, als die Kenntniß davon der permanenten Commission zukam, so habe man nicht im ersten Augenblicke für die Sicherung der zurückgelassenen Effekten sorgen können, habe dieß jedoch sogleich gethan, als es möglich war. **)

Der Abgeordnete Zbyszewski, welcher mit der Erklärung Jella čič's an Se. Majestät gesendet worden war, sey nicht vor Se. Majestät vorgelassen worden, eben so wenig als der Abgeordnete Löhner, dem aber für heute Morgens eine bestimmte Antwort zugesagt sey.

Minister Hornbostel sey von Hadersdorf noch nicht eingetroffen.

Nach nicht vollkommen verbürgten Nachrichten, stehe eine starke ungarische Truppenmacht bei Bruck an der Leitha, welche noch Zuzüge erwartet. Das Nationalgarde-Obercommando bitte um die Erlassung eines Reichstags-Geseßes über die Disciplin zur größeren Einheit im Handeln, des Inhalts :

„Hoher Reichstag! Unter den gegenwärtigen Verhältnissen erscheint es zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit erforderlich, daß für die Dauer der Gefahr:

*) Die betreffenden, in Berufung auf den Reichstagsschuß vom t. t. Plag-Commando von General Matauscheck, und vom Nationalgarde-Play-Commando von Plaz-Lieute nant W. G. Dunder ausgefertigten Schußbriefe für die t. t. Militär- Offiziere und Beamte, sind pünktlich respektirt, und von Seite des Nationalgarde-PlagCommando leßteren jeder erdenkliche Vorschub freudig geleistet worden.

**) Im l. Zeughause kamen die Herren Abgeordneten auch zu spät, ungeachtet der Aus-. schuß permanent war. Eine unmaßgebliche Wahrheit.

Dr.

1) Alle waffenfähigen Männer sich sogleich unter das Commando desjenigen Bezirkschefs, dem sie ihrem Wohnorte nach angehören, zu stellen haben.

2) Daß sich alle Bewaffneten Wiens dem Befehle des Nationalgarde-OberCommando unbedingt unterordnen.

3) Endlich, daß Dienstverweigerung, Infubordination und Verrath durch ein aus der Nationalgarde zu bildendes Disciplinargericht bestraft werden. Der hohe Reichstag wird gebeten, das dießfalls Erforderliche zu veranlassen. Von dem Obercommando der Nationalgarde. Wien, den 11. October 1848.

Braun, m. p.

provisorischer Ober-Commandant."

Beide ersten Punkte wurden angenommen, der dritte aber in suspenso belassen, da ein dießfälliger Gefeßentwurf des Ministers gewärtiget werde.

Der Präsident verlas eine telegraphische Depesche, daß die ReichstagsDeputation um 9/. Uhr Vormittags in Brüun eingetroffen sey, und da Se. Majestät Mittags in Sellowiß erwartet werde, sich sogleich dahin begebe.

Abgeordneter Schuselka las ein Schreiben des Ministers Doblhoff an die Abgeordneten Klaudy und Goldmark vor, in welchem er seine Abdankung als Minister anzeigt. Dem Abgeordneten Iwan Dolinczuk wurde ein 14tägiger Urlaub bewilligt.

Der Finanz-Minister theilte mit, daß er den vom Reichstage bewilligten Kredit von zwanzig Millionen im Laufe des Monats September gar nicht benügt habe, im Laufe des Monats October bis gestern, sey die vierte Million zur Dotirung der Kassen angegriffen, jedoch nur zum Theile verausgabt worden. Er stellte den folgenden Antrag:

,,Hohe Reichsversammlung!

Mit Beschluß vom 21. August l. I. hat die hohe Reichstags-Versammlung dem Finanz-Ministerium die Aufbringung von zwanzig Millionen Gulden unter der Beschränkung zugestanden, daß hiebei der Kredit der österreichischen Nationalbank nur bis zu dem Betrage von sechs Millionen benügt werden dürfe. In jenen Tagen als dieser Beschluß gefaßt wurde, war man zur Voraussetzung berechtiget, daß der größte Theil dieser Summe auf anderem Wege ohne große Schwierigkeit werde beigeschafft werden können. Allein bei der immer mehr steigenden Stockung des Verkehrs stellten sich dem Absage großer Summen von CentralKassa-Anweisungen bedeutende Hindernisse entgegen.

Die Umstände sind gegenwärtig, wo sogar für Wechselschulden ein Moratorium bewilligt werden mußte, so ungünstig, daß eine Beischaffung von Geld durch Kassa-Anweisungen sehr erschwert, durch ein Anleihen hingegen ohne übermäßige Opfer geradezu unmöglich ist.

Bereits früher unterlag es wesentlichen Bedenken, ein Staatsanlehen aufzunehmen, indem dadurch der Werth der Effekten tief herabgedrückt und Geld nur um unverhältnißmäßig hohe Zinsen erlangt worden wäre.

Um nun dem augenblicklichen Bedürfnisse genügen zu können, erlaubt sich das Finanz-Ministerium den Antrag zu stellen, die hohe Reichsversammlung wolle beschließen:

Daß wegen der gegenwärtigen, außerordentlichen Umstände der Kredit der Nationalbank ohne Beschränkung auf die Summe von sechs Millionen nach Maß des unumgänglichen Erfordernisses des öffentlichen Dienstes zur Aufbringung der mit dem Beschlusse vom 21. August 1848, bewilligten Summe von zwanzig Millionen Gulden und zur Vermittlung für die Hinausgabe der verzinslichen Central-Kassa-Anweisungen, in Anspruch genommen werden dürfe.

Wien, den 11. October 1848. Krauß, m. p. Finanz-Minister.“ welches über Antrag des Abgeordneten Machalski dem Finanz-Ausschusse zur gutächtlichen Aeußerung in der Nachmittags-Sißung zugewiesen wurde.

Ferners unterstüßte der Finanz-Minister ein Gesuch der Direction der Nationalbank, dieses wichtige Institut unter den speciellen Schuß des Reichstages zu stellen, was über Antrag des Abgeordneten Neu wall nicht nur angenommen, sondern auch auf die niederösterreichische Sparkassa ausgedehnt wurde.

Der Antrag des Abgeordneten Scherz er, daß die Herren Abgeordneten für unbestimmte Zeit ein besonderes Kennzeichen, eine Medaille zu tragen berech tiget seyen, und dieser Beschluß durch Plakat bekannt gegeben werden solle, wurde diesmal nicht, wohl aber späterhin angenommen.

Der Antrag des Abgeordneten Gleis pach, daß das Ministerium aufgefordert werde, dem Nationalgarde-Ober-Commando die Weisung zu ertheilen, jenen öffentlichen Beamten und Dienern, welche zur Vollziehung der Aufträge des Reichstages und der Executiv-Gewalt unumgänglich nothwendig find, Beglaubigungen auszustellen, daß fie vom Waffendienste enthoben seyen; so wie der Zusaß-Antrag des Abgeordneten Sidon, daß die in die Reichstagssißungen zugelassenen Journalisten während der Zeit dieser Sigungen vom NationalgardeDienste befreit werden mögen, wurden angenommen; einige andere Anträge, und zwar des Abgeordneten Borrosch auf Ausdehnung dieser Maßregel auf zeitweilig anwesende Fremde, des Abgeordneten Pienczykowski auf die Diener aller öffentlichen Lokalitäten und Justitute, und einige ähnliche Anträge wurden über Vorschlag des Abgeordneten Potocki dem Gemeinderathe und dem Nationalgarde Öber - Commando zur Erledigung zugewiesen. Ebenso ein Antrag des Abgeordneten Scherzer, bezüglich des Aufsuchens der Garden in ihren Wohnungen durch uniformirte Garden des betreffenden Bezirkes.

12%. Uhr Mittags, gelangte zum Ober- Commando der Bericht von

Berchtoldsdorf, daß die dortigen Garden bereits aufgefordert find, die Waffen abzugeben.

1 Uhr. Es kam die Anzeige, daß der Commandant bei der Lerchenfelder. Linie, die Barrikaden wegräumen lassen wolle, damit das Militär friedlich einziehen könne.

1. Uhr. Ein Garde bei der Maßleinsdorfer Linie meldete dem OberCommandanten, daß sie angegriffen worden seyen.

1. Uhr Nachmittag. Von der Gemeinde Greifenstein wurden dem Verwaltungs-Rathe 47 fl. 38 kr. C. M. für unbemittelte Garden überbracht.

2. Uhr. Spighitl, Commandant der Nationalgarde-Artillerie wurde zum Ober-Commandanten der Nationalgarde erwählt, nachdem der Ober-Commandant Braun seine Stelle zurückgelegt hatte.

Es war am 12. October, als Weißenberger *), Oberlieutenant des Bürger-Regiments, ganz zufällig zum Ober-Commando in die Stallburg kam und erfuhr, daß Messenhauser vom Reichstag zum prov. Ober-Commandanten vorgeschlagen ist, und daß sämmtliche Bezirks-Chefs und Commandanten berufen worden sind, um diese Wahl zu bestätigen.

Als alle Bezirks-Chefs und viele Offiziere im Bureau des Ober-Commando versammelt waren, um den Ober-Commandanten entweder zu bestätigen, oder neu zu wählen, war Messenhauser in einem grauen steyrischen Lodenrocke am Schreibtisch, den die früheren Ober-Commandanten inne hatten, stehend zugegen. Wie bereits gesagt, Messenhauser hat sich als Ober-Commandant dem Nationalgarde- Ober-Commando vorgestellt, er war daher über den Zweck der Versammlung wie aus den Wolken gefallen.

Es wurde Vieles gesprochen, worin sich das Befremden kund gab über die Bestimmung eines Ober-Commandanten, ohne daß nur auf irgend eine Weise die integrirenden Theile der Nationalgarde gefragt worden wären.

Besonders zeichnete sich die Rede des Bezirks-Chefs Näßel vom 11, Bezirk aus, indem derselbe mit vieler Wahrheit erklärte, daß in so bedeutungsvollen Augenblicken, wo die Garde sich im vollsten Vertrauen um ihren Commandanten scharen sollte, es immer einem großen Bedenken unterliege, einem Ober-Commandanten gehorchen zu müssen, den Niemand kennt, von dessen politischen Gesinnungen sie keine Bürgschaft habe. Weit- entfernt, nur im Geringsten ein Mißtrauen in die Ehrenhaftigkeit des Charakters des Herrn Messenhauser zu seßen, fühlt er sich in seinem Gewissen verpflichtet, dieses zur Sprache bringen zu müssen. Dasselbe Bedenken äußerte sich unter den Offizieren des Ober-Com

*) Nach einem Bericht des Herrn Josef Weißenberger, Bürger von Wien.

mando, und die politisch Gebildeten sahen sorgenvoll einer Zukunft entgegen, welche in die Hände der Mitglieder der demokratischen Vereine gegeben ward. —

Um halb 3 Uhr versammelten sich die Bezirks-Chefs in einem Zimmer neben der Permanenz des Reichstages, und Abgeordneter Scherzer gab den Vorschlag des Reichstages bekannt.

Weißenberger sah deutlich, daß keiner der anwesenden Herren Messenhauser kannte, und erlaubte sich, als eigentlich zur Versammlung nicht gehörend, die Frage zu stellen, ob Einer der Herren Messenhauser tenne; aber nicht Einer konnte diese Frage beantworten. Weißenberger bat um das Wort und sagte Folgendes: „Nachdem Niemand von Ihnen Messenhauser näher kennt, so halte ich es für meine heilige Pflicht, Ihnen zu sagen, daß ich selben schon 10 Jahre kenne. Ich kenne ihn noch als Offizier des InfanterieRegiments Deutschmeister, als einen sehr exaltirten und überspannten Kopf, als Novellenschreiber, und endlich als Mitglied des demokratischen Clubbs. Ich mache die Herren darauf aufmerksam, und bitte fie, bei der Wahl sehr behutsam zu seyn." Diese Worte wurden von allen anwesenden Herren sehr freundlich aufgenommen und der Beschluß gefaßt, Messenhauser, der schon im Bureau des ersten Stockes als Ober-Commandant fungirte, holen zu lassen, und dessen politisches Glaubensbekenntniß von ihm zu verlangen.

Messenhauser erschien, er war frappirt und verlegen, und ohne der ihm eigenthümlichen Kraft der Nede sagte er Folgendes: „Ich erkenne außer dem Reichstage keine höhere Gewalt, Niemanden, von dem ich Befehle annehmen werde. Alles, was der Reichstag für gut hält, werde ich als solches erkennen und darnach handeln." Weißenberger ergriff wieder das Wort und sagte: „Nach dem eben Gehörten scheint es mir, als hätten wir keinen Kaiser und kein Ministerium mehr; ich erkenne die Stimme Sr. Majestät als die erste und heiLigste. Ueberhaupt stelle ich nur Eine Frage, und bitte die Herren, mir zu sagen, was wir eigentlich wollen ? — Ich bin viel zu beschränkt, um zu erkennen, um was es sich eigentlich handelt! llebrigens, da wir schon beisammen find, fordere ich die Herren auf, zu erklären, ob sie vielleicht eine Republik wollen? — wenn dieß der Fall wäre, es offen zu erklären, damit Jeder wisse, was er zu thun habe, und Niemand beirrt seh, nach seiner Ueberzeugung zu handeln. Wie ich die Herren kenne, bin ich überzeugt, daß Jeder vor diesem Gedanken zittere, und Niemand damit einverstanden seyn wird," welches auch alle Anwesenden bestätigten.

Messenhauser erwiederte: „Gott behüte uns, von einer Republik kann keine Rede seyn; wir wollen nur unsere theuren Errungenschaften uns nicht nehmen lassen u. s. w." Auf dieses wurde er vom Bezirks-Chef Hirn ersucht, die Bersammlung zu verlassen, und das Resultat der Abstimmung abzuwarten.

« ZurückWeiter »