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An diesem Tage wurde die Eisenbahnpost Abends mit einem Extrazuge nachgeschickt, die Linzer Post aber im Stadtgraben durch Schüsse von den Basteien zurück getrieben, durch die Sperrung der Linien von Seite der Nationalgarde mußten die Conducteure durch Plakate des Reichstages, der der Post und den Postconducteuren freie Passage zusicherte, erst später abgefertigt werden, da man auf die willkührlichen Hemmungen und Verbothe nicht gefaßt war.

Der Reichstags-Ausschuß erließ folgende Proklamation:

"

Alle k. k. von Conducteuren geleiteten Postwagen sind ungehindert passiren zu lassen. Wien, den 11. Oktober 1848."

Vom Reichstagsausschusse: Dr. Fischhof, m. p. Obmann,
R. Brestel, m. p. Schriftführer."

Ein Plakat wegen Entfernung der Beamten:

„Kundmachung! Mit Beziehung auf die Kundmachung vom 11. d. M., betreffend die Freizügigkeit, wird als Richtschnur folgendes vorgezeichnet. Derjenige öffentliche Beamte oder Diener, welcher nach den bestehenden Normen den Sig seines Amtes oder Dienstes nur mittelst Urlaubes verlassen durfte, ist jetzt um so mehr verhalten, diese Pflicht zu beobachten, als der durch Nichtbeobachtung der bestehenden Vorschriften die gefeßliche Ahndung zu gewärtigen hätte.“ Wien, den 11. October 1848.

Bom Gemeinderathe der Stadt Wien."

Die Wiener Zeitung brachte eine Anzeige, die in moralischer Beziehung nicht übergangen werden kann. Die beiden Schwestern Katharina Mainone, geborne Frank und Anna Frank, treten als edle Vertheidigerinnen der Ehre des durch böswillige Gerüchte verdächtigt gemachten Bruders, Generals Frank auf, und bemerken, daß deren Vater ein Hauptmann war, als gemeiner Soldat zu dienen begonnen hatte, somit kein Vermögen hinterlassen konnte.— Dem edlen General kann der Geschichtsschreiber der October-Ereignisse zu solch edlen Schwestern nur Glück wünschen!

Ein Plakat wegen Anreihung der Bewaffneten zur Nationalgarde:

,,Kundmachung. 1. Im Einverständnisse mit dem Ober- Commando werden alle Neubewaffneten aufgefordert, sich bei den zuständigen Compagnie-Commando zu melden, um in Compagnien eingereiht zu werden.

2. Jeder Neubewaffnete hat eine Karte mit dem Bezirks- und Compagnie-Numero auf dem Hute zu tragen, welche sichtbar seyn muß.

3. Der Hauptmann soll jeden Nenbewaffneten einschreiben, und das Einreihungs- Numero auf jeder Einzelkarte bemerkt werden.

4. Wer nicht eingereiht ist, und mit Waffen betroffen wird, hat seine Waffe an die Patrouille abzugeben, wenn selbe es verlangt.

5. Wer mehr als ein Gewehr besigt, hat felbes an Unbewaffnete abzugeben. 6. Die Compagnie - Commandanten haben in kürzester Zeit die Anzahl der Neueingereihten an das Ober-Commando zu melden.“

Wien, am 11. October 1848.

Vom Verwaltungs-Rathe der Nationalgarde.“

Da das Proletariat bereits bewaffnet war, so war die Anreihung zu den Compagnien der Nationalgarde eine sehr lobenswerthe Verfügung, wodurch die bewaffneten Massen unter eine Art Disciplin gestellt wurden.

Nachfolgender Beschluß, welcher durch Plakate publizirt wurde, ist eine der merkwürdigsten politischen Gesinnungs-Aeußerungen des Reichstags-Ausschusses, und zwar :

,,Kundmachung. Es hat sich in der Stadt das Gerücht verbreitet, daß der Reichstag den ungarischen Truppen verboten habe, die österreichische Grenze zu überschreiten. Ein solches Verbot ist von dem Reichstage nicht ausgegangen. Wien, den 11. October 1848.

Vom Reichstags-Ausschuße: A. Brest el, m. p. Vice-Obmann.

Prato, m. p. Schriftführer."

Heißt dieß nicht beiläufig so viel, als: Ein solches Verbot ist von dem Reichstage nicht ausgegangen, sondern vom . . . . ., und die Magyaren können kommen wir getrauen uns aber nicht, es auszusprechen? ~

Ein Plakat wegen Waffen-Forderungen im Zeughause :

,,Kundmachung. Die brauchbaren Waffen, welche sich im kaiserlichen Zeughause befanden, find bereits alle an die Bezirks-Commandanten der Nationalgarde ausgetheilt worden. Jeder weitere Andrang dahin, um Waffen zu erhalten, bringt somit nur Verwirrung hervor, welche von allen Ordnungsliebenden vermieden werden muß. Wien, den 11. October 1848.

Vom Gemeinderathe der Stadt Wien.“

Se. Maj. der Kaiser sind am 11. Oct. Nachmittags mit dem Erzherzoge Franz Karl und Höchstdessen Familie sammt Gefolge in Znaim eingetroffen, und in der Pöltenberger-Probstei abgestiegen. Sämmtliche Autoritäten, die Nationalgarde und die Schüßen-Compagnie von Znaim, dann der größte Theil der Einwohnerschaft begrüßten den gütigsten Kaiser mit einem freudigen Lebehoch.

7 Uhr Abends. Die 12. Compagnie des V. Bezirkes machte beim OberCommando die Anzeige: daß Lorenz T. aus Groß-Enzersdorf als ausgewiesenes Mitglied des sich zu organisirenden Landsturmes, die Nachricht bringe, es seyen zu Rasdorf ungarische Grenadiere, in Leopoldsdorf Wallmoden-Cüraffiere, und in Klingendorf italienische Grenadiere, und zwar in manchem Hause 30 Mann

einquartirt, und haben den Befehl erhalten, nach Wien zu marschiren und auf dem Spig einzurücken.

71. Uhr. Johann F., Holzaufseher, berichtete in der VerwaltungsrathsPermanenz beim Ober- Commando; daß er von dem Ortsrichter auf der Mauer, der Michael F. heißt, den Auftrag erhalten habe, dem Ober-Commando anzuzeigen, daß sämmtliche Ortschaften gerüstet seyen als Landsturm gegen die Kroaten einzuwirken; daß sie sich verabredet haben in möglichster Stille sich in der Nähe des Wiener-Berges zu versammeln. Auch seyen heute die Kroa= ten auf die Mauer gekommen und haben Holz und Wein gefordert, was man ihnen auch gegeben habe. Von der zweiten Deputation Kroaten, die mit derselben Forderung kam, habe man vierzig Mann zurückbehalten und zu Gefangenen gemacht.

8. Uhr Abends. Der Bezirks-Chef Brants berichtete beim Ober-Commando; daß in Meidling zwischen Kroaten und Garden Scharmügel stattgefunden hätten.

10 Uhr Abends. Barbara Pichler, auf der Landstrasse wohnhaft, berichtete beim Ober-Commando, daß heute Morgens um 9 Uhr in der RennwegKaserne Artillerie eingerückt sey, daß dieselbe aber Abends um 7 Uhr mit vielen Kanonen nach dem Laaerberge und einige in den Schwarzenberg-Garten gezogen wären. Auch habe man in demselben Kasernhofe noch Geschüße zurückgelassen, theils auf die Landstraße, theils nach dem Rennwege gerichtet, und Kanoniere mit brennenden Lunten wurden dazu gestellt. Die Kasern-Bewohner haben sich in der Nachbarschaft ausgesprochen, daß heute noch ein Angriff geschehen wird. Die Berichterstatterin wollte, daß ihr Mann diese Anzeige schon vor einer Stunde dem Ober-Commando erstatten solle, allein da er den Muth nicht habe, so finde fie sich bei ihrem Gewissen verpflichtet, die Anzeige selbst zu machen.

10%. Uhr Abends. Eine Kiste mit 40,000 Zündern wurde beim Ober-Commando an die Nationalgarden und die akademische Legion vertheilt.

12 Uhr Nachts. Lieutenant Stadler, Bezirks-Adjutant, meldete beim Ober- Commando, daß bei einer Patrouillirung von 24 Garden, zwischen Hernals und Ottakring aus einem Hause, und zwar von dem Hausmeister des Hauses, der im Garten auf die Patrouille gelauert habe, geschossen worden sey, daß ein Garde von dieser Patrouille tödtlich verwundet wurde, und in das Spital gebracht worden sey. Der Thäter wurde dem Kriminalgerichte übergeben.

Am 11. ließ sich der provisorische Ober-Commandant Braun wenig beim Ober-Commando sehen.

Der Play-Offizier Dunder wurde spät in der Nacht mit einer Depesche des Reichstages zum Grafen Auersperg beordert. Derselbe nahm zu seiner Begleitung zwei Garden vom Bürgerregimente deßhalb mit, weil er bei seiner

legten Anwesenheit im Schwarzenberggarten in Begleitung eines Plaz-Offiziers von der akademischen Legion gekommen, und dieser von den Grenadieren mit grimmigen Blicken angesehen und demselben ihm unverständliche Verwün

schungen nachgerufen worden. Außerdem wurde dem Plaßoffizier Dunder von den Stabsoffizieren eröffnet, daß — so sehr ihnen die jedesmalige Ankunft desselben oder eines Offiziers der Nationalgarde angenehm sey, sie es vielleicht doch nicht verhindern könnten, wenn das ergrimmte Militär einem Akademiker Uebles zufügen würde. Als Dunder zur Karolikirche kam, wurde er von dem ersten Vorposten angerufen, ebenso beim zweiten, wo die beiden Bürgergarden stehen bleiben mußten. Beim dritten Vorposten empfing ihn ein Offizier und geleitete ihn zum Garten-Gitter, welches geschlossen war und hinter demselben Grenadiere, Mann an Mann, aufgestellt standen. Der hinter dem Gitter befindliche Offizier weigerte sich den Ordonanz-Offizier des Ober-Commando sogar auf die Eröffnung, daß er vom Reichstage gesendet ist, einzulassen, verlangte vielmehr die llebergabe der Depesche, dessen sich der Ueberbringer mit dem Bedeuten weigerte, daß der Herr Oberlieutenant die Reichstags-Ordonanz, welche die Depesche unmittelbar an den Commandirenden zu übergeben hat, beim legteren melden und ihn fragen solle, ob sie vorkommen könne oder sammt der Depesche umkehren solle. Währenddem ein Unteroffizier zum Grafen Auersperg hinauf ging, brachten die Grenadiere einen Akademiker mit am Rücken gebundenen Händen. Derselbe wollte die Mauer hinauf steigen und ins Lager schleichen, wobei er ertappt wurde. Er gab vor, daß er mit einem Garden um 10 fl. gewettet habe unter die Soldaten zu kommen, ohne daß ihm etwas geschehe. Die Grenadiere haben ihn jedoch eines Anderen belehrt. Endlich ließ Auersperg befehlen, den Ordonanz-Offizier Dunder einzulassen, und derselbe übergab seine Depesche. Die Beantwortung dauerte über zwei Stunden. Während dieser Zeit erzählten die anwesenden Stabsoffiziere dem Plazoffizier Dunder, daß sich ein Akademiker zuvor schon ins Lager eingeschlichen, die Soldaten aufzuwiegeln versucht, die Offiziere zu erschlagen und auf die Aula zu gehen aufgefordert hätte. Die Soldaten hätten demselben mit Säbelhieben geantwortet, hätten ihn aufzuknüpfen versucht, und mit genauer Mühe wäre es den herbeigeeilten Offizieren durch Bitten gelungen, das Leben desselben zu retten. Dunder wurde freundschaftlich ersucht, ja mit keinen Begleiter von der akademischen Legion zu kommen, weil es den Offizieren sehr leid thäte, wenn er etwa ein Freund desselben wäre, und die Erbitterung der Mannschaft nicht verhindert werden könnte.

Während des Wartens auf die Antwort, schickten die beim Vorposten harrenden zwei Bürgergarden eine Ordonanz zum Commandirenden mit der ängstlichen Anfrage, ob der Offizier des Ober-Commando etwa schon weggegangen, oder ihm etwas zugestoßen wäre. Diesen wurde die Antwort, sie sollen ruhig

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sehn, er käme bald, und sie hätten für einen Offizier der Garde wie Jener, nicht das Mindeste zu fürchten, im Gegentheile, würde man ihm vorkommenden Falles den kräftigsten Schuß angedeihen lassen. Zu gleicher Zeit erschien ein Mann, und da er jenen Gardeoffizier erblickte, schien er sich zn besinnen. Er wurde jedoch aufgefordert ohne Umstände zu erzählen, und so begann er über Alles, was beim Ober-Commando, im Nationalgarde-Gasthaus demselben gegenüber, auf der Aula, in den Straßen 2c. geschah umständlich zu berichten. Dunder hörte bei dieser Gelegenheit Vorfallenheiten -die ihm neu waren, und mußte gestehen, daß der Kundschafter genau unterrichtet war. Die Antwort Auerspergs war fertig geworden und Dunder empfahl sich. Der Abschied war der freundlichste, umsomehr, als der Oberstlieutenant Colo selbst so liebenswürdig war, Dun der bis zum Gitter zu geleiten. Die beiden Bürgergarden waren erfreut über die Rückkehr des Ordonanzoffiziers, und gestanden ihm, daß fie furchtbare Aengsten wegen ihm ausgestanden hätten.

An diesem Tage erschien Abends W. Messenhauser, Schriftsteller und gew. k. k. Oberlieutenant, beim Ober-Commando, und erklärte dem anwesenden, Inspektion habenden Plaß - Offizier Dunder, daß er als Ober-Commandant der Nationalgarde bestimmt sey.

L. A. Frankl sagte unterm 24. October v. I. in seiner Abendzeitung folgendes über Messenhauser, was wir über diesen Mann vorangehen lassen müssen, ehe dessen Laufbahn beginnt.

Bei den mannigfachen Gerüchten, die seit einigen Tagen über unseren ebenso thätigen als würdigen Nationalgarde-Ober-Commandanten im Umlaufe find, und die sich namentlich auf die Art und Weise beziehen, in welcher er aus der f. f. Armee trat, können wir es uns nicht versagen, einen Brief mitzutheilen, den Herr Messenhauser am 28. März dieses Jahrs an uns richtete, und der, falls seine im Briefe auseinandergeseßte Angelegenheit eine böse Wendung genommen hätte, schon damals von uns dem Drucke übergeben worden wäre. Zugleich ist dieser Brief vollkommen geeignet, den Character und die Gesinnung des Mannes zu zeigen, der jeßt an einem so bedeutungsvollen Posten steht, und somit doppelt interessant. Die Redaction.

„Mein Herr Doktor und geehrter Freund!" „Ich bin gestern um 12 Uhr Mittags von Lemberg in Wien angekommen. Ich befand mich in dem erstern Orte mit meinem Bataillon in Garnison. Wir empfingen am 17. die ersten Nachrichten von den glorreichen Ereignissen in der Hauptstadt des Kaiserstaates. Jede Brust athmete hoch auf in glühender Begei sterung. Jedes Herz fühlte sich frei, jede Intelligenz fühlte sich entfesselt von dem unwürdigsten Geisteszwange, der je eine biedere, hochherzige Völkerfamilie mit Schmach befleckte. Am 19. und 20. wurde in Lemberg die ganze Stadt festlich

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