Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

ben, und zwar so lange, als die Verproviantirung der gegenwärtig unverhältnißmäßig angewachsenen Volksmenge *) die Verwendung aller disponiblen Arbeitskräfte zur Broterzeugung nothwendig macht.

Wien, am 11. Oct. 1848."

Für den Alterspräsidenten: Skacell m. p. Gemeinderath.“

Ein Plakat wegen Hülfe-Aufforderung der Magyaren :

,,Der Gemeinderath der Stadt Wien, von mehreren Seiten aufgefordert, den Anmarsch der ungarischen Truppen anzuordnen, hat erklärt, daß er sich zur Ergreifung dieser Maßregel ohne Befehl des permanenten ReichstagsAusschußes nicht ermächtiget halte, und hat daher in steter Besorgniß für das Wohl der Stadt sich allsogleich in corpore zum permanenten ReichstagsAusschuße begeben, und auf seine bezügliche Anfrage und dringendes Ersuchen folgenden Erlaß erhalten, den er sich beeilt seinen Mitbürgern fundzugeben; daß das Ministerium im Bereine mit dem Reichstags- Ausschuße über eine soeben vom commandirenden General Grafen Auersperg eingelangte Depesche, betreffend die Stellung Jellačičs sich in Berathung befindet, so wird der löbl. Gemeinde-Ausschuß höflichst ersucht, wegen Beantwortung seiner Wünsche sich bis zum Schluße der Berathung zu gedulden. Wien, am 11. Oct. 1848.

Bom Reichstags-Ausschuße. Dr. Fischhof, m. p. Obmann.“ Ein an allen Ecken angeschlagen gewesenes Plakat des Aufruhrs : „Auf! Polen - Legion! Bewährte Freiheitskämpfer! Schaart Euch um uns, da auch wir für unsere junge Freiheit siegen oder fallen wollen. Wien, den 11. October 1848."

Vom Polen-Ausschuße. Sammelplaß unter den Tuchlauben.“

Ein Plakat der Humanität :

,,Bon der Wiener med. Facultät. Der Gemeinder ath der Stadt Wien hat die medicinische Facultät ersucht jene Herren Aerzte, welche für wundärztliche Behandlung geeignet sind, bei ihrer Ehre und Pflicht aufzufordern, im Falle eines Conflictes der bewaffneten Körperschaften mit den nöthigen Verbands-Requisiten versehen mit allem Eifer und Hingebung ihren Pflichten nachzukommen. Die Aerzte Wiens haben ihre Hingebung für das gemeinsame Wohl jederzeit bewiesen, und unsere Mitbrüder können sich der beru higenden Ueberzeugung überlassen, daß jedes Facultätsmitglied mit Eifer und Aufopferung seiner Pflicht sich weihen werde, wo das Vaterland ruft, und wo immer dem Leben eines Mitbürgers Gefahr droht. Es wollen demnach diejenigen Herren Aerzte Wiens, welche der National-Garde als Aerzte bisher noch nicht eingereiht find, in die prov. Facultätskanzlei (Stadt, Bauernmarkt *) Die Volksmenge ist vermindert worden; aber die Menge der auf Kosten der Come mune zehrenden Individuen wuchs übermäßig an. Dr.

Nr. 589) sich verfügen, um bei etwaigen Anforderungen zu wundärztlichen
Hülfeleistungen im obbezeichneten Falle an diejenigen Orte entsendet werden
zu können, wo ihre Hülfe nothwendig ist. Wien, den 11. October 1848."
Dr. Lerch,
Decan.
Dr. Köd, Pronotar."

Nachstehende Proklamation sollte dem gefährlichen Bagiren des bewaffneten Proletariats steuern :

,,Aufruf! Alle gutgesinnten Bewohner Wiens, welche in den jüngsten Tagen Waffen erhalten haben und nicht in die Nationalgarde eingereiht find, werden aufgefordert, sich bei ihrem Bezirks-Commando zur Anreihung an die betreffenden Compagnien zu melden, und dann bei jedem Allarmzeichen sich am Sammelplage des Bezirkes einzufinden, zur Verfügung des Commandanten zu stellen, und so desto zweckmäßigere Dienste leisten zu können. Zugleich ergeht an die gesammte Bevölkerung Wiens das dringende Ersuchen, bei jedem Allarm, und namentlich zur Nachtzeit, Kinder und andere zum Waffendienste nicht geeignete Personen strenge bei Hause zu halten, damit durch sie keine Verwirrung veranlaßt, und dadurch die Ausführung der angeordneten Maßregeln nicht behindert werde. Wien, am 11. October 1848.

Vom Gemeinderathe der Stadt Wien, im Einvernehmen mit dem

Nationalgarde-Ober-Commando.“

Nachstehende Ermahnung erließ der Gemeinderath an die heißblütigen, bewaffneten Volkssouveräne :

,,Mitbürger! Im Interesse der öffentlichen Sicherheit der Stadt Wien sieht sich der Gemeinderath verpflichtet, alle Bewaffneten und nicht Bewaffneten Bewohner dieser Stadt, auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die daraus entstände, wenn von Seite derselben, ohne höhere Anordnung der dießfalls sie zu ermächtigten, und gefeßlichen Autorität, auf das innerhalb dem Weichbilde der Stadt sich befindende Militär irgend ein Angriff Statt fände, da es höchst dringend ist, jeden Zusammenstoß zwischen Civil- und Militär, sowie jeden Anlaß zu Reibungen streng zu vermeiden, weil ein eigenmächtiger Angriff auf das Militär von Seite unserer Bevölkerung die traurigsten Folgen für Wien hervorbringen könnte. Wien, am 11. October 1848.

Vom Gemeinderathe der Stadt Wien."
Diese Proklamation verdient den Dank aller Wiener Bewohner -

jener, die bereits entflohen waren. — —

Aus dem Studenten-Ausschuße.

auch

Der auf der Universität in Verwahrung befindliche ungarische Ministerpräfident Baron Recsey hat im Studentenausschuße folgende Erklärungen abges gegeben, welche wir wörtlich zu geben nicht unterlassen dürfen; und zwar ;

1. Am 3. October wurde ich in den Ministerrath in die Staatskanzlei berufen, wo sie außer dem Finanzminister Krauß versammelt waren, nachdem ich zwei Tage früher die Stelle des Esterhazy zurückgewiesen hatte, weil es der Batthyanyi nicht contrafigniren wollte, so wie auch die Stelle des Kriegsministers. Als ich am 3. October eingeladen wurde in der Staatskanzlei in dem Ministerrathe zu erscheinen, wurde mir bekannt gemacht, daß Se. Majestät mich zum Ministerpräsidenten von Ungarn ernennen, wozu Se. Majestät berechtiget find, bis der Baron Vai beauftragt ist, ein Ministerium zusammenzuseßen, damit die Geschäfte nicht in Stockung gerathen. Ich erklärte in dem Augenblicke, daß ich mich auf keinen Fall für länger zu diesem Geschäfte werde verwenden lassen. Gleich, wie ich das Unangenehme dieses Manifestes erfuhr, habe ich um meine Enthebung gebeten. Ich mußte aber unterschreiben, weil ich die Stelle angenommen hatte. Ich erklärte, daß ich mit der Unterschrift meine Exilirung aus meinem Vaterlande unterschrieb. Indessen, wenn man so lange Militär ist, ist man das Gehorchen gewöhnt. Nach der Contrafignirung des Manifestes schickte ich einen eigenen Boten zu Sr. Majestät, um meine Dimission einzureichen. Ich erhielt die gnädige Antwort, von meinem Posten enthoben zu seyn, aber noch so lange die Geschäfte fortzuführen, bis der Baron Vai zurückgekehrt sey. Ich wiederhole, von Jugend auf an Subordination gewöhnt, glaubte ich Sr. Majestät dieses nicht verweigern zu dürfen. Sobald ich aber die mißbilligenden Aeußerungen über das Manifest vernahm, habe ich nicht nur sogleich um meine Dimission gebeten, so auch gebeten, Se. Majestät geruhe, das Manifest zu widerrufen. — Uebrigens erkläre ich, daß ich mit keiner Partei vom Hofe einverstanden bin. Ich bin in keiner Verbindung mit dem Erzherzog Franz Carl und der Erzherzogin Sophie gewesen, und ihnen nicht vorgestellt worden bei dieser Gelegenheit. Ich bin mit dem Staatsrathe nicht in Berührung gekommen. Ich habe das Concept, worin ich um die Zurückname des Manifestes bat, dem Parlament in Pesth zugesendet. Ich habe zufällig erfahren, daß Jellačič in der Nähe von Wien sey, habe ihn also bloß aus Neigung besucht, weil ich ihn schon seit dem Jahre 1827 sehr gut kenne. Ich war nur 10 Minuten bei ihm, in dem Hause der Ritter.

Recsey, m. p."

2. „Ich erkläre hiermit frei und ungezwungen, bloß dem einzigen Schreiber dieses gegenüber, daß ich am 6. October 1848 von halb 11 Uhr bis 12 Uhr Vormittags in dem Kriegsgebäude bei dem versammelten vollzähligen Ministerrathe war. Bald nach meiner Ankunft kam eine Deputation, Baron Pillersdorff an der Spize. Während diese Deputation auf die Ankunft der andern Deputa= tion, die sich zum Baron Wessenberg begeben hatte, weil sie ihn in seiner Wohnung glaubte, wartend, sich in ein Nebenzimmer verfügte, gab mir Latour

zwei Briefe von Fellačič, der eine war Privatbrief und gab Nachricht von dem Gefecht bei Belence. Jellačič schrieb, daß die Ungarn sich nach Marton Basar zurückgezogen, daß er eine Linksschwenkung gemacht, bis nach Raab gezogen sey, und dasselbe besetzt habe, mit dem Gros zwischen Wieselburg und Altenburg vorgerückt sey, um der Residenz näher zu seyn, um leichter Hilfe zu bekommen. Der andere Brief war Dienstbrief. Er begehrte darin vorzüglich Cavallerie, so viel als möglich, und wenn es seyn kann, auch Linien-Infanterie, weil er einige tausend Mann von denen, die in der Hausmontur sind, nach Kroatien sende; er spreche also auch die Gnade an, diese über Wien auf der GloggnigerEisenbahn weiter zu befördern. Ich blieb in Wien den 6., 7. und 8. d. M. bis um 5 Uhr Nachmittag. Um halb 2 Uhr erhielt ich durch die Hand des Grafen Mensdorff meine Enthebung, bis der Graf Vai zurückgekehrt, und mündlich den Auftrag im Hoflager nach Krems am 9. einzutreffen, um die Befehle Sr. Majestät zu contrafigniren. Ich traf daselbst am 9., 2 Stunden über Krems um 3 Uhr ein. Se. Majestät reiste nämlich mit Bedeckung von 6000 (?) Mann in der Mitte der Truppen. Ich speiste um / auf 4 Uhr an der kaiserlichen Tafel, wo auch Minister Hornbostel war. Se. Majestät war erfreut, daß ich eingetroffen, und die Einladung zur Tafel geschah durch den Fürsten Lobkowiz. Nach Tische äußerte der Erzherzog Franz Carl zu mir, er wünsche, daß Minister Bach im Amte bleibe, er sey ein braver Mensch. Ich zweifelte, daß er es annehmen werde, weil er keine Popularität befiße. Um 7 Uhr hatte ich Audienz beim Erzherzog Franz Carl, gerade nach der Audienz des Hrn. Ministers Hornbostel daselbst. Er dankte mir fürs Eintreffen, wünschte daß ich bleibe; auf meine Erklärung, die Beamten präveniren zu müssen, entließ er mich mit dem Auftrage, sicher in Olmüß einzutreffen. Ich verließ am 10. dieses um / auf 6 Uhr Morgens das Hoflager, und langte um 4 Uhr Nachmittags in Wien ar. Ohne allen Auftrag verfügte ich mich um halb 5 Uhr ins Lager zu Auersperg. Ich traf ihn bei Tische, sezte mich nicht einmal, und blieb kaum 10 Minuten. Auersperg sagte mir:,,Du kannst den Jellačič grüßen. Der Fürst Jablonski, der im Bahnhof der Gloggnißer Bahn commandirt, wird Dir sagen, wo er ist." Ich fuhr in einem Fiaker ab. Jablonski sagte mir: Jellačič wäre in der Nähe (ich Unterzeichneter weiß den Ort nicht) beim Herrn von Ritter, seiner Frau und einer alten Frau. Die Frauen baten mich nach Wien nicht zurückzukehren. Auf Einladung genoß ich einige Bissen und ein Glas Wein. Ich sprach mit Jellačič kein Wort von Politik, kein Wort von Krieg. Jellačič nahm auch ein Glas Wein und sagte: „Auf die Gesundheit meines Freundes von Recs ey," und wir tranken. Nach einem Aufenthalte von höchstens 1. Stunde begleitete mich General-Major Zeisberg wieder zum Fiaker. Er wollte mir Einen zur Sicherung mitgeben. Ich lehnte es ab, und

langte schon um 6 Uhr wieder in der Stadt an, höchstens um 61⁄4 Uhr. Das übrige ist bekannt. Ich versichere noch einmal bei meiner Ehre und Seligkeit, daß ich weder im mündlichen noch schriftlichen Auftrage gehandelt habe, als ich mich zu Auersperg und Jellačič verfügte; was auch die kurze Zeit bestätiget, und selbst im Hoflager wußten sie nichts von dem Aufenthaltsorte Jellačič's, wenigstens bis 10 Uhr Abends, denn so lange war ich beim Fürsten Lobkowiß. Wien, den 11. October 1848. Recsey, m. p."

Außer den Aussagen des Freiherrn von Recsey kam im StudentenAusschusse noch Folgendes vor:

"

‚Ein Nationalgarde zeigte an, daß er eben vom Gemeinderath komme, den er ersucht hatte, ihm eine Unterstüßung zukommen zu lassen, da er, wie er sich ausweise, einer der ersten bei Eroberung einer Kanone Hand angelegt habe, und übrigens jest in sehr mißlichen Umständen sey. Der Gemeinderath wies ihn ans Studenten-Comitee mit der Bemerkung, daß dasselbe 50,000 fl. zur Verfügung erhalten habe. Das Comitee, über die Unwahrheit der leßten Angabe entrüstet, schickte ihn sogleich in Begleitung des Nationalgarden Herrn Priemann in den Gemeinderath. Die Sache beruhte auf einem Irrthum, indem nicht das Studenten-Comitee, sondern der Verwaltungs-Rath gemeint war." (Der Verwaltungsrath empfing vom Gemeinderathe nie 50,000 fl. C. M.)

„Nach dem Wunsche des Herrn Ober-Commandanten Messenhauser und des Generals Bem, daß der Artillerie der mobilen Garde auch Legionäre beigegeben werden sollten, um die Mannschaft dadurch anzueifern, beschloß d as Comitee, darüber eine Aufforderung an die verschiedenen Corps der Legion, besonders an das Techniker-Corps, ergehen zu lassen.“

,,Nach einer früheren Besprechung wurde der Antrag, die Chargen sollten bei der Legion nicht höher befoldet seyn, als die übrigen Legionäre, von neuem in Berathung gezogen, und endlich beschlossen, darüber erst die Meinung der einzelnen Corps der Legion zu vernehmen.“

,,Ein Legionär berichtete, daß er im Kaffeehause einen Brief aus Olmüß gesehen habe, worin berichtet wird, daß auf den Kaiser geschossen wurde, und Erzherzog Franz Carl sey schwer verwundet. Man vermuthet, daß die Kamarilla den Schüßen besoldet habe.“ (Lügen der Umstürzlinge!)

,,Das Comitee beschloß, weil der gefangene Minister Recsey schon mehreremal die Befürchtung geäußert habe, man werde ihn den Ungarn (soll Magyaren heißen) ausliefern, durch eine Deputation ihm versichern zu lassen, daß das Studenten-Comitee dieses nicht thun werde. Es kommen hierauf zwei Deputirte des Reichstages, worunter Füster, die dem Recsey im Namen des Reichstages, dem er auch von seiner Befürchtung Kunde gab, die Sicherheit seiner Person, und die Nicht-Auslieferung gewährleisteten.“

« ZurückWeiter »