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Auf eine Meldung des Studenten-Comitees über eine geheime Thüre aus Latours Garten in den Stadtgraben, wurde vom Gemeinderathe das UnterKammeramt beauftragt, die nöthigen Werkleute zum Vermauern zu stellen. Es ist überraschend, welches Interesse die Studenten-Commitee-Mitglieder an Latour genommen, und welch' wohl organisirte Spürhunde-Polizei fie unterhielten! Bom Gemeinderathe wurde eine Commission ernannt, welche Sorge für Verwundete und ihre Familien zu tragen habe.

Gemeinderath Quåster berichtete, daß in seiner Gegenwart Grenadiere des Bataillons Richter von Klosterneuburg über Schönbrunn eskortirt worden seyen. Hierauf wurde aus der Mitte des Gemeinderathes eine Deputation an den Reichstag geschickt, um sich dahin zu verwenden, daß die über sie zu verhängende Strafe so lange suspendirt bleibe, bis die Amnestie bewilliget seyn werde.

Im Gemeinderathe berichtete Stifft im Namen der zum Reichstage und Ober-Commando gesendeten Commission, bestehend aus den Herren Stifft, Bernbrunn, Freund, Fabisch und Gassenbauer, Folgendes:

Auersperg hat neuerdings dem Reichstags-Ausschusse erklärt, nicht abziehen zu können, jedoch die Versicherung gegeben, keine Feindseligkeiten im Sinne zu haben. Jellačič stehe mit circa 1000 Mann erschöpfter Truppen bei Schwadorf, wahrscheinlich auf dem Rückzuge nach Steyermark. Das Nationalgarde-Ober-Commando stelle an den Gemeinderath in Betreff seiner Mitwirkung zu Vertheidigungs-Maßregeln folgendes Verlangen: Bequartirung und Verpfle gung der einzurückenden fremden Garden Seitens der Gemeinde; Sorge für vollständige Berproviantirung; Verpflegung der Berwundeten.

Es ist höchst auffallend, daß solche Maßregeln verlangt wurden, wenn der Ban und seine angeblich aus 1000 Mann bestehende Armee im Rückzuge waren, und Auersperg 8 Truppen, laut dessen Aussage, Wien gegenüber selbst gefährdet zu seyn glaubten.

Bernbrunn beantragte zur Beruhigung und Aufklärung des Publikums ein Plakat über den ersten Theil der Mittheilung des Reichstags-Ausschusses, welches auch sogleich vom Gemeinderathe bewilliget und entworfen wurde. Dieses Plakat erschien den andern Tag, und ist ein Beleg, wie der Gemeinderath vom Reichstags-Ausschusse getäuscht worden ist. Dem Reichstags-Ausschusse war es bekannt, daß der Ban mit circa 30,000 Mann anrücke, und dennoch erschien am 10. vom Reichstage ein Plakat, worin von 2000 Mann nur die Rede ist, und dennoch erklärte der Reichstags-Ausschuß dem Gemeinderathe, daß sogar nur beiläufig 1000 Mann eingerückt, und solche sogar wahrscheinlich im Rückzuge be griffen seyen.

Wenn Herr Abgeordneter Prato solche Nachrichten gebracht hatte, so ist der Reichstags-Ausschuß ebenfalls getäuscht worden.

Ueber eine an die Sicherheitswache geschehene Aufforderung, sich der Nationalgarde zur Vertheidigung anzuschließen, wurde vom Gemeinderathe verfügt, daß nur so viel Mannschaft als nöthig zum Schuße der Communalgebäude verwendet, der andere Theil aber dem Nationalgarde-Ober-Commando zur Verfügung gestellt werde. Beim Ober-Commando waren beiläufig 16 Sie cherheitswächter und mehrere Cavalleristen als Ordonanzen im Dienste.

Nachstehende Plakate waren an diesem Tage beschlossen und an den Straßenecken Wiens angeschlagen:

,,An die akademische Legion. Brüder! Nehmet meinen innigsten Dank für die unermüdliche Ausdauer, strenge Aufrechthaltung der Disciplin und die todesverachtende Tapferkeit, die Ihr in diesen Tagen des Kampfes für die heiligsten Rechte des Volkes bewiesen habt. Noch sind die Tage der Gefahr nicht vorüber, noch haben wir keine genügenden Garantien für die Aufrechthaltung unserer Errungenschaften. Darum fordere ich Euch auf, nicht nachzulassen in Eurem Eifer und Eurer Wachsamkeit, da die kleinste Vernachlässigung die unheilvollsten Folgen mit sich führen kann. Die strengste Einhaltung des Wach- und Pa= trouillendienstes ist mehr als je nothwendig, und ich erwarte von Euch, daß jeder für das Vaterland seine Pflichten erfüllen werde.

Aigner m. p., Legions-Commandant." Dieses Plakat war nicht vermögend, die Flucht vieler Legionäre vor dem anrückenden Ban zu verhindern.

Nachstehendes Plakat begann mit einem Dankerguß - um gleich darauf durch ein anderes einen weitern Schritt mit Hinweisung auf die nahe Gefahr zu machen, und endlich sogar den Landsturm durch ein drittes aufzubieten, und zwar :

,,Geehrtes Central - Comitee aller freisinnigen Vereine Wiens! Vereint mit uns seyd Ihr in den Tagen der Gefahr mit Gut und Blut für unsere Errungenschaften eingestanden, habt mitgekämpft mit allen geistigen und physischen Kräften für die heilige Freiheit. Als Mitkämpfer für das edelste Gut der Menschheit müssen wir uns gegenseitig festigen und stärken. Wir können daher nicht zurückhalten den Ausdruck des tiefgefühlten Dankes, welcher uns für Euer und aller Demokraten edles (?) und energisches Wirken durchdringt. Nehmet demnach unseren wärmsten Dank für die Opfer, welche Ihr Alle auf dem Altare des Vaterlandes (?) niederlegt.

,,In der Ueberzeugung, daß Ihr gleich uns in dem begeisterten Wirken verharren werdet, entsenden wir Euch unseren Bruderkuß und Handschlag." Der Ausschuß der Studenten."

,,An das Volk von Wien. Die Gefahr hat die zersplitterten Kräfte der Freiheit vereint. Schon vor dem Ausbruche der neuesten glorreichen (!?) Bewegung haben jedoch die Wiener demokratischen Vereine einen Central-Ausschuß

niedergeseßt, welcher den glücklichen und einheitlichen Gang der legten Erhebung zum Theil sein Werk nennen darf. Er zeigt nun der gesammten, wenn auch in keinem Vereine eingezeichneten Partei fein Bestehen an, und fordert sie, insbesondere die Männer des 6. Octobers() auf, ihm ihr Vertrauen zu schenken und sich an den Lagen der Gefahr wieder um denselben zu schaaren. Die jüngsten Ereignisse haben bewiesen, daß die wahre Ordnung nur aus der wahren Volksfreiheit entspringen kann. Der Central-Ausschuß der Wiener demokrat. Vereine.“

,,An die Landbewohner Desterreichs. Brüder! Der Feind steht vor unsern (!) Thoren. Der Volksfeind (!) Jellačíč hat vier Stunden vor Wien ein feindliches Lager aufgestellt. Unsere und Eure (!) Freiheit ist bedroht. Brüder, eilt zu uns, und fämpft mit uns für die heilige Sache der Freiheit gegen den gemeinschaftlichen Feind (sic). Nur der Landsturm allein kann uns vor der Räuberbande Jellačič's retten. Steht auf, Landbewohner, und rettet die Ehre, die Freiheit der Stadt Wien. Ist Wien frei, dann seyd Ihr es auch!

Der Central-Ausschuß aller demokratischen Vereine Wiens.“

In Bezug auf diese Proklamationen muß bemerkt werden, daß deren Druck größtentheils mit magyarischem Gelde bestritten wurde. Der Central-Ausschuß wirkte auf den Reichstag, auf das Ober- Commando, auf den Gemeinderath und auf den Studenten-Ausschuß.

In Folge der auf den Straßenecken ausposaunten Gefahr -flohen die Bewohner mehr und mehr von Wien. Es hatten sich seit dem 7. hunderttausend Menschen Waffen geholt, aber als Beute, keineswegs um damit zu streiten. Die wirklichen Streiter werden sich später in ihrer Qualität und Quantitä◄ herausstellen.

,,Tagsbefehl. Garnisons-Inspektion bekommt Morgen Herr Commandant des VIII. Bezirks. In Erwägung der Erkrankung des prov. Herrn Ober-Commandanten von Wien und der Umgebung, Herrn Abgeordneten Scherzer, hat das hohe Ministerium des Innern mittelst Erlaß vom heutigen Tage im Einverständnisse mit dem hohen Reichstags - Ausschuße mich beauftragt, einstweilen das Ober-Commando sämmtlicher Nationalgarden ohne Verzug zu übernehmen. Kameraden! freudig trete ich an die Spige von Männern, die auch mir gewiß mit gleicher Aufopferung wie bisher beistehen werden, um das Eigenthum zu sichern, die Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, kurz um die eben so schöne als schwierige Aufgabe, die uns als Nationalgarde obliegt, in ihrer ganzen Größe würdig zu lösen."

„Ich ersuche sofort sämmtliche Bezirks-, Corps- u. Bataillons-Commandanten der Bürger, Nationalgarde und Studenten, sich heute um 3 Uhr Nach

mittags unausbleiblich in dem Ober-Commando-Lokale in der Stallburg einzufinden, um über unser Verhalten zu berathen und zu beschließen.

Am 9. October 1848.

Braun m. p.

prov. Ober-Commandant."

Braun sah ein, daß das Eigenthum gesichert, die Ruhe und Ordnung wieder hergestellt werden mußten!

Am 9. October in der Nacht kam ein Bataillon Nationalgarden von Liesing, Aggersdorf, Brunn, Altmannsdorf, Siebenhirten 2c., 200 Rotten stark, in Wien an, und stellten sich dem Ober-Commando zur Verfügung; sie wurden mit Jubel empfangen, und ihnen die baldigste Verwendung zugesichert, da die Stadt- und Vorstadtgarden durch den angestrengten Dienst schon ganz erschöpft waren.

Das Bataillon wurde auf dem Josefsplaße aufgestellt, und einstweilen die Dispositionen getroffen, mehrere schon lange im Dienste stehende Posten durch selbes ablösen zu lassen.

Als nach Verlauf einer Stunde der Plazoffizier Ruf auf den Josefsplag kam, um die betreffenden Posten durch das Bataillon beseßen zu lassen, fand er dasselbe im Aufbruch begriffen, um nach Hause zu marschieren. Dasselbe marschirte auch troß der dringendsten Bitten des Ober-Commandanten Braun zum Burgthor hinaus; nur ein kleiner Theil der Liefinger Garde konnte bewogen werden, in den Hof-Burg-Lokalitäten zu verbleiben.

Den 10ten Morgens, als diese Abtheilung commandirt wurde in das Zeughaus zu marschiren, und derselbe Plaßoffizier diese Garden dahin führen wollte, fand er dieselben auch bereits abmarschirt. Dieses Bataillon ist die semnach ohne allen Zweck hin- und zurückmarschirt. Exemplarisch!

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Aus Prag. Der Eindruck, den die Wiener Nachrichten in unserer Mitte hervorbrachten, ist unbeschreiblich. Die Spannung war nach den gerüchtweisen Mittheilungen aufs Aeußerste gestiegen. Was sich indeß an Thätigkeit entfalten ließ, um in nähere Kenntniß zu kommen, geschah. Der Herr GubernialBicepräsident sandte mit dem Frühesten des heutigen Tages einen f. t. Gus bernial-Beamten mit der Ordre ab, so weit als thunlich, wenn möglich nach Wien zu fahren und durch Staffette Bericht zu erstatten. Dieses war doppelt dringend nothwendig, da in Anbetracht der schwankenden Gerüchte von einer provisorischen Regierung eine illegale Ordre von Wien aus ebenso möglich gewesen wäre, als es eben so problematisch war, ob die Ordre, kein Militär nach Wien zu senden, vom Reichstage oder einer Fraktion an dessen Stelle abgegan= gen war. Das Stadt-Verordneten-Collegium fandte vier, die mit dem Studenten-Ausschuß vereinigte Slowanska lipa fünf Deputirte ab, und legtere erließen folgende ausgezeichnete und wahrhaft loyale Proklamation:

Aufruf!

In Wien ist die Revolution ausgebrochen und erschüttert alle Gemüther. Zur Aufrechthaltung des Friedens und der Sicherung der Freiheiten, auf welche der Reichstag basirt ist, bedarf es energische und rasche Schritte."

,,Sollte die Minorität des Reichstages die Grenzen ihres Rechtes überschreiten, und unterstüßt von bewaffneter Macht, gewaltsam sich der ganzen Regierung bemächtigen zur Gefährdung der Freiheit, der Gleichberechtigung der Nationen und der kaiserlichen Familie, so verwahrt sich die Lipa Slowanska und der Studentenausschuß gegen jede gewaltsame Handlung der Reichstagsminorität, erkennt die willkührlich zusammengeseßte provisorische Regierung nicht an, und erklärt sich öffentlich für den Schuß aller Anordnungen des vollständigen Reichstages."

,,Der Augenblick der Gefahr fordert die Erklärung über unsere Stellung, von allen Seiten und zu diesem Zwecke treten besondere Ausschüsse in Verbindung mit dem Stadtverordneten-Collegium in permanente Berathung.“

,,Bürger Prags, von Euch hängt es jest ab, daß die öffentliche Ruhe erhalten, daß das Baterland gerettet werde vor der Vernichtung aller Ordnung, daß die Resultate der erwähnten Berathung zum Wohle der ganzen Nation und zur Hebung der Freiheit ins Werk gesezt werden können."

,,Der Ausschuß der Lipa Slowanska. Der Ausschuß der Studentenschaft. “

Der ganze Sinn der Bevölkerung war nach Wien gerichtet; eine, aus Anlaß des leßten Vorfalles mit Redacteur Polz, in das Vereinslocal der Slowanska lipa berufene Schriftstellerversammlung wurde vertagt; dagegen beschlossen, einen Schriftstellerklubb zu gründen und durch die Presse im reinen Sinne aus dem Standpunkte der Föderativmonarchie, welcher die Wiener Bewegung unzweifelhaft entgegen steht, zur Leitung der öffentlichen Meinung zu wirken.

Es war erfreulich zu sehen, wie klar es unserer Bevölkerung ist, daß die Fundamente der bis zu der leßten so furchtbar gesteigerten Bewegung in Wien in einem politischen Gewebe liegen, welches, gegen den Bestand der Monarchie gerichtet, theils national-separatistischen, theils aber republikanischen Zwecken zugewendet ist. Wir fühlen die ganze Gewalt der Krisis, in der sich Oesterreich befindet, wir fühlen, daß nur eine große, gemeinsame nationale Erhebung die Monarchie gegen ihre inneren Feinde retten könne, und wir glauben es im Na men unserer Landsleute aussprechen zu können: Böhmen ist dem Bestande der Monarchie geweiht, fühlt die Kraft der Liebe und des Muthes für eine große Sache in sich, und wird bei ihr ausharren in der schönen Einigkeit des Sinnes mit der es sich ihr geweiht hat.

Nachschrift. So eben hören wir, daß die hier anwesenden Deputirten eine Proklamation verfaßt haben, worin sie sich gegen die Wiener Ereignisse, deren

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