Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

ficht auf Dienstgrade gleichen Unterhaltsbeitrag, welcher nach den eintretenden Umständen zu bestimmen ist.

§. 10. Wenn ein Mitglied der Bürgerwehr sich im oder außer dem Dienste gesezwidrige Handlungen oder Unterlassungen schuldig macht, welche in den bürgerlichen Strafgeseßen verpönt sind, so hat die Amtshandlung des comp tenten Strafrichters ordnungsmäßig einzutreten. Dieser hat von dem Resultate der gepflogenen Untersuchung den Verwaltungsrath der Bürgerwehr jedesmal zu verständigen, wenn der Untersuchte einer entehrenden Handlung schuldig befunden worden ist.

S. 11. Die Vergehen der Bürgerwehr als solcher find entweder Verlegungen der Standesehre eines Wehrmannes oder Verlegungen der Dienstpflicht. Die ersteren gehören vor das Ehrengericht, die lehteren als: Nichtbefolgung des erhaltenen Befehls, eigenmächtiges Verlassen der Posten, Widerseßlichkeit im Dienste, oder eine Ueberschreitung der Amtsgewalt von Seite des Vorgesezten gegen den Untergeordneten u. dgl. vor ein Disciplinargericht.

[ocr errors]

Disciplinar Vergehen ganzer Abtheilungen der Bürgerwehr werden von einer besonders zusammen zu seßenden Gerichts- Commission verhandelt und entschieden.

S. 12. Das Ehrengericht ist competent für die Entscheidung über Ehrenkränkungen, welche einem Wehrmanne in Rücksicht seiner Standes ehre als Wehrmann von einem anderen Wehrmanne zugefügt werden, so wie über alle Handlungen eines Wehrmannes, welche die Ehre dieses Standes verlegen, und nicht durch bürgerliche Geseze geahndet werden, in so ferne nicht dießfalls durch das Friedensgericht eine Ausgleichung zu Stande gebracht werden konnte. (§. 36, 37.)

S. 13. Das Ehrengericht gründet sein Verfahren auf eine vorausgegangene Anklage. Das Verfahren selbst ist mündlich und in so ferne öffentlich, als dazu jedes Mitglied der Bürgerwehr freien Zutritt hat.

S. 14. Es wird zusammengeseßt aus 8 Wehrmännern als Richtern nebst zwei rechtskundigen Wehrmännern als Leiter und Schriftführer, welch' Leßterer nicht stimmberechtiget ist.

S. 15. Behufs der Beseßung des Gerichtes werden Listen angefertiget. Jede Compagnie wählt aus ihrer Mitte durch absolute Stimmenmehrheit fünf und zwanzig Wehrmänner.

Die Gewählten werden mit Angabe der darunter befindlichen Rechtskundigen dem Verwaltungsrathe angezeigt, und von diesem werden sämmtliche CompagnieListen in eine alphabetische Liste gebracht.

S. 16. Das Ehrengericht wird über jede deshalb an den Verwaltungsrath zu stellende Aufforderung von dem Vorstande desselben einberufen, indem er den Gerichtstag anberaumt, und hiezu außer den Parteien und Zeugen aus den von dem

Berwaltungsrathe geführten Listen nach alphabetischer Ordnung die dreifache Zahl der zu Richtern, Leitern und Schriftführern erforderlichen Wehrmänner vorladet.

S. 17. Die Namen der zu Richtern, zum Leiter and Schriftführer Berufenen find vom Verwaltungsraths-Vorsißer dem Ankläger und Beschuldigten vorzulesen, deren jeder das Recht hat, ein Drittel der Genannten ohne Angabe eines Grundes zu verwerfen.

Begibt sich Einer oder der Andere dieses Rechtes ganz oder theilweise, so wird die erforderliche Anzahl aus den übrig Gebliebenen durch das Loos bestimmt.

S. 18. Hiermit find die Verrichtungen des Verwaltungsraths-Vorstandes beendet und die Gerichtsverhandlung beginnt, bei welcher der Leiter den Vorfiß führt.

S. 19. Der Leiter eröffnet die Verhandlung mit der Erinnerung, daß das Gericht bei seiner Ehrenhaftigkeit nach voller Ueberzeugung urtheilen wolle, vernimmt sodann den Ankläger, den Beschuldigten und die Zeugen. Er, so wie die Richter haben das Recht, Fragen an die Parteien und Zeugen zur Aufklärung thatsächlicher Verhältnisse zu stellen.

S. 20. Sobald der Sachverhalt hinlänglich aufgeklärt ist, wobei der Angeflagte das legte Wort hat, schließt der Leiter die Verhandlung, gibt eine kurze Darstellung derselben und zieht sich mit den Richtern in das Berathungszimmer zurück, aus welchem sie sich nicht früher entfernen dürfen, bis sie den Spruch gefällt haben, bei welchem auch dem Leiter eine entscheidende Stimme zukömmt.

S. 21. Zur Verurtheilung des Angeklagten ist die Uebereinstimmung von zwei Drittel der neun Abstimmenden erforderlich.

Sollten die Richter nicht im Stande seyn, ein Urtheil zu fällen, weil site noch nähere Aufklärung über den Sachverhalt nothwendig finden, so ist eine neuerliche Verhandlung einzuleiten oder dieselbe zu ergänzen.

§. 22. Im Falle der Verurtheilung haben die Richter zugleich die Strafe zu bestimmen.

S. 23. Haben die Richter (der Leiter mitbegriffen) ihren Spruch, welcher schriftlich aufzuzeichnen ist, gefällt, so kehren sie in die Gerichtsstube zurück und der Leiter veröffentlicht denselben.

S. 24. Gegen den Spruch steht keine Berufung offen, wohl aber kann der Kläger oder Beschuldigte, wegen offenbarer Incompetenz des Gerichtes oder verleßter Förmlichkeit des Verfahrens, die Cassation ergreifen, welche Einnen drei Tage angemeldet werden muß, um den Vollzug des Spruches zu hemmen.

S. 25. Ueber die Verhandlung des Ehrengerichtes wird ein Schriftfaß (Protokoll) geführt. Derselbe enthält die Namen des Leiters, der Richter und des Schriftführers, die Beziehung auf den Anklage-Akt, die Namen der Parteien und Zeugen, so wie der Angabe der formellen Akte der Verhandlung und den Spruch. Der Schriftsag wird von sämmtlichen Gerichtsmitgliedern unterfertiget,

§. 26. Jede Partei, so wie jeder Zeuge hat auf die ergangene Aufforderung persönlich vor Gericht zu erscheinen, und der Ankläger, so wie der Angeklagte kann einen Vertreter mitbringen.

Erscheint nur eine von beiden Parteien, so hindert dieß nicht die Vorn ahme des Verfahrens; erscheint aber kein Theil, so ist die Gerichts sigung zu vertagen. S. 27. Die Strafen, welche das Ehrengericht über die Schuldigen verhängen kann, bestehen:

1. in Verweisen, und zwar: a) in schriftlichen, b) in mündlichen,

2. in einer dem Kläger zu leistenden Ehrenerklärung, und zwar: a) vor dem Vorgeseßten allein, b) vor mehreren Zeugen, e) vor der Fronte der betref fenden Abtheilung,

3. in Ausschließung aus der Bürgerwehr: a) für eine gewisse Zeit, b) für immer. §. 28. Die Strafe wird nicht vom Gerichte, sondern vom betreffenden Bürgerwehr-Commando vollzogen.

S. 29. Schriftliche Verweise werden dem Schuldigen vom Hauptmanne einschließig aufwärts durch den Ober-Commandanten, vom Oberlieutenant abwärts hingegen durch den Compagnie-Commandanten mittelst versiegelter Ausfertigungen ertheilt. Im Falle der Verschärfung der Strafe ist der Verweis von zwei Wehrmännern mitzufertigen. Mündliche Verweise ertheilt der Vorgeseßte in Gegenwart zweier Zeugen.

§. 30. Lautet der Spruch auf Ehrenerklärung, so ist das Urtheil dem vollen Inhalte nach kurd zu machen, und die Aufforderung, diese Ehrenerklärung zu leisten, beizufügen, auf deren wirkliche Ablegung jedoch der Beleidigte verzichten kann. Die Ehrenerklärung kann im Urtheile dahin bestimmt werden, daß sie a) bloß von dem Vorgeseßten des Verurtheilten, b) in Gegenwart einiger Genossen des Beleidigten, oder c)vor der Fronte jener Abtheilung geleistet werde, welcher der Schuldige angehört.

§. 31. Sollte der Verurtheilte die Ehrenerklärung auf Aufforderung nicht leisten, so ist er noch zweimal, von 8 zu 8 Tagen zur Leistung derselben, und zwar vor der Fronte, aufzufordern; leistet er auch der dritten Aufforderung keine Folge, so ist er als Verächter des Geseßes aus der Bürgerwehr zu streichen.

§. 32. Bekleidet der zur Ehrenerklärung nach §. 30, lit. c, Verurtheilte einen Dienstgrad, so hat die Abtheilung, der er angehört, durch Abgabe von Stimmzetteln zu entscheiden, ob seine Stelle als erledigt zu betrachten sey oder nicht. Im ersteren Falle wird zu einer neuen Wahl geschritten.

§. 33. Die Ausschließung aus der Bürgerwehr, als Strafe einer Ehrenverlegung, ist erst dann zu verhängen, wenn wider denselben Beschuldigten mildere Strafgrade, einzeln oder in Verbindung, bereits zu wiederholten Malen frucht

los angewendet wurden. Diese Strafe ist dem Verurtheilten vor seiner betreffenden Abtheilung kund zu machen, und ihm sohin die Einreihungskarte, so wie die etwa ihm nicht eigenthümlich gehörigen Uniformirungs- oder Rüstungsstücke für die bestimmte Zeit, oder für immer abzunehmen.

§. 34. Sämmtliche, in Folge eines vollzogenen Spruches, für immer aus der Bürgerwehr gestrichenen Wehrmänner sind durch Tagesbefehle kund zu machen.

§. 35. Der für schuldlos Erklärte erhält eine Abschrift des Urtheils vom Ehrengerichte, welches auf dessen Verlangen die Leistung der Ehrenerklärung, durch Kundmachung des Urtheils, mit Hinweglassung des Namens des Klägers, vor der versammelten Abtheilung, welcher der Angeklagte angehört, zu verfügen hat.

§. 36. Zur Ausgleichung unbedeutender Ehrenhändel ist bei jedem Bataillons-Commando ein Friedensgericht aus vier gewählten Wehrmännern, ohne Rücksicht auf Rang, unter Vorsiß des Bataillons-Commandanten zusammenzuseßen. Von den vier Wehrmännern hat jeder Theil zwei namhaft zu machen.

§. 37. Dieses Gericht hat Frieden zu stiften. Sollte eine Ausgleichung nicht zu Stande kommen, so hat es dem Kläger hierüber eine Bestätigung zu geben, auf deren Grundlage er sohin bei dem Ehrengerichte sein Recht weiter verfolgen kann.

§. 38. Die Disciplinargerichte sind auf dieselbe Weise zusammenzuseßen, wie oben von den Ehrengerichten verordnet worden ist, und das Verfahren bei diesen Gerichten ist dasselbe, insoferne nicht die nachstehenden Paragraphe eine Abänderung enthalten.

§. 39. Ueber die erhaltene Anzeige eines Disciplinarvergehens hat der Verwaltungsrath einen wo möglich rechtskundigen Wehrmann zu benennen, welcher die Vorerhebungen zu pflegen, und die Sache für das öffentliche Schlußverfahren vorzubereiten hat.

§. 40. Ueber den Bericht dieses Wehrmannes, daß die Vorerhebung geschlossen sey, bestimmt der Verwaltungsrath einen Wehrmann, welcher bei der öffentlichen Verhandlung die Stelle des Anklägers zu vertreten, in dem Discipli= nargerichte aber keine entscheidende Stimme zu führen hat.

S. 41. Der vorerwähnte Ankläger hat bei dem öffentlichen Schlußverfahren auch die zu verhängende Strafe zu beantragen, worüber die Richter mit einfacher Stimmenmehrheit zu erkennen haben.

§. 42. Die Strafen, welche das Disciplinargericht über den Schuldigen verhängen kann, find: a) Verweis, b) Arrest, c) Verlust des Dienstgrades, und d) Ausschließung aus der Bürgerwehr auf gewisse Zeit, oder für immer.

S. 43. Der Verweis erfolgt mittelft Tagsbefehl in den vom Gerichte zu beschließenden Worten.

Der Arrest kann auf 6 Stunden bis zu 3 Tagen verhängt werden und wird dadurch vollzogen, daß dem Verurtheilten befohlen wird, sich an einem bestimm ten Tage, zur bestimmten Stunde auf der Hauptwache der Bürgerwehr unbewaffnet zu stellen, und den Arrest dort auszustehen. Erscheint er nicht, so wird er durch die Wache abgeholt. Mit dem Verluste des Dienstgrades ist zugleich die Wirkung verbunden, daß der Verurtheilte binnen Jahresfrist vom Lage des fundgemachten Urtheils nicht wieder zu dem bekleideten oder zu einem höheren Dienstgrade gewählt werden kann.

Die Ausschließung aus der Bürgerwehr wird unter denselben Bedingungen, wie bei Ehrengerichten verhängt und auf dieselbe Weise vollzogen.

S. 44. Bekleidet der zum strengen Verweise oder Arreste Verurtheilte einen Dienstgrad, so findet die Vorschrift des §. 32. ihre Anwendung.

§. 45. Das Cassationsgericht entscheidet bloß über die Richtigkeit des vom Ehren- oder Disciplinargerichte gefällten Spruches: a) wegen dessen Incompetenz, b) wegen Verlegung wesentlicher Förmlichkeiten.

§. 46. Ein solches Gericht wird von dem Verwaltungsrathe aus den von ihm nach S. 15. geführten Listen für vorkommende Fälle zusammengesezt und besteht aus 12 Richtern, einem Leiter und einem Schriftführer, welchen beiden kein Stimmrecht gebührt. Sämmtliche müssen Rechtskundige seyn. Auch das Verfah ren vor diesem Gerichte ist mündlich und öffentlich in der im §. 13. für Ehrensachen angegebenen Art.

.

S. 47. Es beginnt seine Verhandlung auf Grundlage des vom Cassations – werber überreichten schriftlichen Cassationsgesuches, und des bei dem Ehren- ode Disciplinargerichte aufgenommenen Schriftsaßes, vernimmt den Cassations werbe und dessen Gegner oder deren Vertreter. In Disciplinarangelegenheiten vertritt auch bei dem Caffationshofe ein von dem Verwaltungsrathe zu benennender Wehrmann die Stelle des Anklägers. Eine Vernehmung von Zeugen findet bei dem Cassationsgerichte nur in soferne Statt, als durch diese Zeugen die Cassationsgründe dargethan werden sollen.

S. 48. Nach geschlossener Verhandlung faßt der Leiter dieselbe in kurzer Darstellung zusammen und stellt die Frage: Ist der vom Ehren- (oder Disciplinar) Gerichte geschöpfte Spruch richtig?"

§. 49. Die Richter berathen, wie bei dem Ehrengerichte, und geben ihren Spruch schriftlich ab. Zur bejahenden Beantwortung der gestellten Frage ist die Uebereinstimmung von acht Stimmen erforderlich.

§. 50. Wird der Spruch des Ehren- oder Disciplinargerichtes für nichtig erkannt, so ist ein neuerliches Verfahren vor einem neu zusammen zu seßendem Gerichte einzuleiten.

« ZurückWeiter »