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mische Legion fund, welche man als Urheberin der Ereignisse des 15. Mai 1. J. und der dadurch erfolgten Abreise des kaiserlichen Hoses beschuldigte, so zwar; daß die akademische Legion Berathungen über ihre zeitweilige Auflösung und Schließung der Aula hielt. Wirklich führte der gediegenere Theil der studirenden Jugend den Beschluß durch; daß die Aula für das Publikum gänzlich, für die Nationalgarden und die Legion aber nur, wenn ein genügender Grund nicht vorlag, geschlossen bleibe, und nur einmal in der Woche zu FakultätsBerathungen geöffnet werde. Das Corps der Juristen und Philosophen zeigte große Neigung, sich auf einige Zeit aufzulösen, ungeachtet das Corps der Mediziner und Techniker sich diesem Beschlusse nicht fügten. Viele der Ersteren legten ihre Waffen freiwillig ab, und andere begannen sich in jene Nationalgarde-Compagnien einreihen zu lassen, in welche sie nach ihrem Domicile gehörten.

Während in dieser düsteren Stimmung noch der beruhigende Hoffnungsstrahl leuchtete, daß das Entwicklungswerk auf gemäßigterer Basis herangebildet werde, kam jener unglückliche 26. Mai 1848 heran, an welchem Tage früh Morgens die Stadtthore vom Militär besetzt, der Ein- und Ausgang verwehrt, die Univer sität aufgefordert, die Aula zu schließen, und die Legion beauftragt wurde, die Waffen niederzulegen.

An diesem Tage feierte die demokratische Fraktion ihren Sieg durch den Sturz des Ministeriums und die Compromittirung des Militärs; an diesem Tage beging die Jugend so viel Unzucht unter freiem Himmel, daß durch die Syphilitischen bedeutende Lücken in den Reihen der Legion entstanden; an diesem Tage ward es nöthig, an alle Gewölbsthüren:,,Heilig ist das Eigenthum“ mit Kreide zu schreiben. An diesem Tage schritt der anarchische Zustand vorwärts, und war der verhängnißvolle Würfel geworfen, welcher großen Zwiespalt in die Nationalgarde brachte, die Presse neuerdings ermuthigte ihr Medusenhaupt terroristisch zu schütteln, und alle die Ereignisse bis zum 6. October 1. J. am Gängelbande nach sich führte. Der 26. Mai endete damit, daß das k. k. Militär den Rückmarsch in die Kasernen antreten mußte, daß sämmtliche Wachposten von Seite der Nationalgarde, die Burgwache aber gemeinschaftlich übernommen wurden. Das kaiserliche Zeughaus, die Kanonengießerei und alle der Armee gehörigen militärischen Gebäude und Depots blieben jedoch fortwährend vom Militär beseßt. Mit diesem Tage keimte der gestreute Same des Mißtrauens gegen das k. k. Militär auf.

Die Folge dieses Tages war die Demoralisirung der Arbeiter und Arbeiterinnen. Zum Plündern war kein vernünftiger Grund vorhanden, da jeder und jede aus freien Stücken hergab, was sie besaßen- um die Leute im guten Humor zu erhalten. Die,,lieben Brüder und Schwestern" trugen an jenem Barrikadentage Pflastersteine in die Stockwerke, und ließen sich das Stück mit einem Zwan

ziger bezahlen. Die Sammlungen an den Barrikaden brachten Massen Geldes den Arbeitern ein, und das mit Kurzweil aller Art, mit Suff, Saus und Braus verbundene Barrikadenbauen, erwies sich als sehr fidel und lucrativ, - abgesehen von dem Verdienste, den das Abtragen der Barrikaden und die Herstellung der Pflasterung der aufgerissenen Stellen darbot. Dadurch wurden die Studenten und Revolutionmacher die besten Freunde der Arbeiter.

Eine weitere Folge dieses Tages war das Entstehen eines „Ausschuß es der Bürger, Nationalgarden und Studenten für Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Wahrung der Volksrechte," dessen wohlthätige Wirkung anfänglich, unter Dr. Fischhofs Vorsit, noch in Jedermanns Erinnerung ebenso bleiben wird, als dessen spätere Uebergriffe in eben dem Maaße von dem intelligenteren Theile der Bevölkerung Wiens mißbilliget wurden. Ungeachtet dessen zeigte sich von einem gewissen Theile der Nat.-Garde einige Sympathie für diesen Verein, wodurch die Bande der Einigkeit dieses bewaffneten Körpers immer mehr und mehr aufgelockert wurden. Nun fingen an sich Vereine auf Vereine zu bilden, unter welchen der demokratische Verein unbestreitbar die bedeutendste Rolle spielte. Auch dieser verfolgte anfänglich ein schönes Ziel, wirkte aufklärend auf die unteren Volksschichten, und in moralischer Beziehung wohlthätig auf dieselbe ein; allein nachdem er sich mit anderen gleichartigen Vereinen anderer Staaten in enge Verbindung brachte, wurde auch er von dem Strudel eines schwindelnden Fanatismus mitgerissen, artete aus, und jedes einzelne Mitglied, von der Macht der ihm aufgebürdeten Vollkommenheit berauscht, wurde zum unumschränkten Selbstherrscher herangebildet.

Dieser Verein, welcher eigentlich nur für die untere Volksklasse ursprünglich berechnet war, die nach dem Ministerial-Erlasse vom 10. April 1848 von dem Nationalgarde-Dienste enthoben wurde, indem dieselbe nur auf Intelligenz und Besiz beruhen sollte, warf seine Schlingen auch in die Reihen der Nationalgarde, und erlangte, besonders in leßterer Zeit, einige Sympathie in selber, wodurch die Einigkeit dieses Körpers noch mehr geschwächt wurde.

Die Mitglieder des demokratischen Vereines vergassen, daß sie nicht das Volk repräsentiren, daß sie als Repräsentanten nicht gewählt worden, und daß sie nur Mitglieder des Volkes sind.

Die revolutionäre Partei hatte ihren Mittelpunkt im demokratischen Vereine, der zwar manche Männer von Bildung und redlicher Tendenz, aber auch sehr viele Stegreifpolitiker, Leute die mit dem Kriminale Bekanntschaft gemacht haben, vazirende, faule, arbeitscheue Handlungsdiener, bankerotirte Kaufleute, liderliche Studenten, Schwindler, theoretische Plänemacher, Winkel-Advokaten, abgeseßte Beamte und Militärs, Versemacher ohne Talent und Kenntnisse, und ähnliche unlautere Individuen zu seinen Mitgliedern zählte.

Ungeachtet dessen, daß der demokratische Verein und die radikale Presse auf das Institut der Nat.-Garde sehr nachtheilig einwirkte, gab es dennoch reines Schrott und Korn in der Garde, und die Gesinnungsart machte sich so zu sagen schon Bezirks- und Bataillonsweise kund, welches die Haltung derselben bei den Arbeiter-Unruhen vom 21. und 23. August 1848 bewies, welche von dem demokratischen Vereine hervorgerufen worden zu seyn, demselben allgemein zur Last gelegt wurden.

Der 23. August und seine blutige Geschichte war die Folge des demokratischen Einflusses. Dieser Tag steht oben an.

Nachdem aber die an diesem Tage einig und kräftig wirkende Nat.-Garde der Leopoldstadt, Landstrasse und der Stadt von der Presse dieserwegen verdächtigend und tadelnd, ja schimpflich angegriffen wurde, und noch längere Zeit darnach, ungeachtet der gründlichsten Widerlegungen immerwährend neuen Verfolgungen ausgeseßt ward, wirkte dieses entmuthigend auf die Garden jener Bezirke welche bei diesen Vorgängen meist betheiliget waren, schlug dem Eiferder Nat.-Garde tiefe Wunden, und brachte Separationen und eine auffallende Erkaltung im Dienste hervor. Die häufigen Allarmirungen trugen viel dazu bei, den Dienst als eine Kalamität umsomehr erscheinen zu lassen, als die zahlreichen Kaßenmusiken nicht selten Jenen gebracht wurden, die im Dienste gegen solche Strassen-Excesse energisch eingeschritten sind:

Der große Verwaltungsrath der Nationalgarde war bemüht, anderweitigen Uibergriffen, die dem Institute von Seite des Sicherheits-Ausschusses mit Gefahr drohten, zu begegnen, und erließ nachstehende Erklärung :

Der Verwaltungsrath an die gesammte Nationalgarde Wiens.

Um ein richtiges Verständniß über den Verwaltungsrath der Wiener Nationalgarde und dessen Wirksamkeit zu erzielen, ist die Darstellung desselben und seines Wirkungskreises um so mehr zur Pflicht geworden, als sich_Mißverständnisse bereits kund gegeben haben.

Die weltgeschichtliche Märzbewegung schuf unsere Freiheit und deren Bürgschaften in rascher Aufeinanderfolge. Die erste Bürgschaft lag in der durch das k. Rescript vom 14. März 1. J. ins Leben gerufenen Nationalgarde.

Der Ministerial-Erlaß vom 10. April 1. J. brachte die provisorischen Grundzüge einer Organisation derselben. Häufige Verstöße des Ober-Commandanten gegen den Geist dieses Institutes, insbesondere aber das Widerstreben des Wesens dieses, aus dem Umsturze der absoluten Gewalt hervorgegangenen Institutes selbst gegen absolute Geseße eines Ober-Commandanten, riefen den Verwaltungsrath der Nationalgarde ins Leben, dessen Wirkungskreis im §. 8 desselben Ministerial

Erlasses bestimmt erscheint, und wornach derselbe aus dem jeweiligen Orts-OberCommandanten als Vorsitzenden, einem Administrations-Organe und mindestens fünf, höchstens eilf Nationalgarden der verschiedenen Dienstgrade, aus ihnen selbst gewählt, bestehen sollte.

Zu diesem Ende wählte zu Folge Ministerial-Erlasses vom 12. April je Eine Compagnie Einen Wahlmann, um durch diese, die der freien Wahl der Nationalgarde überlassenen Individuen für den Verwaltungsrath zu bestimmen.

Als die so gewählten Garden mit dem damaligen Ober-Commandanten, Grafen Hoyos, und dem Ministerial-Commissär, Freiherrn von Hippersthal, zum ersten Male am 18. April zusammentraten, erkannten sie, daß durch freie Wahl von fünf, höchstens eilf Vertretern, den absoluten Formen in der Vertretung der Nationalgarde zum Theile oder eigentlich nur zum Scheine begegnet sey. Sie faßten demnach einstimmig den Beschluß, dem Ministerium durch den Ministerial. Commissär, Regierungsrath von Sippersthal, die Bitte um eine volksthümliche Vertretung der Nationalgarde zur Genehmigung in der Art vorzulegen, daß der Verwaltungsrath aus den Vertretern sämmtlicher Compagnien zusammengeseßt werde, zum len nur von einer solchen Zusammenseßung zu erwarten stehe, daß die gefaßten Beschlüsse den Wünschen und Bedürfnissen der Majorität entsprechen.

Schon bei der nächsten Versammlung am 19. April brachte der MinisterialCommissär, Regierungsrath von Hippersthal, die ministerielle Genehmigung dieses Ansuchens vom 19. April, und so ist der Verwaltungsrath in seiner gegenwärtigen Zusammenstellung eben so streng geseglich, als nur eine solche rein volksthümliche Zusammenstellung den unabweislichen Forderungen der Zeit und den gerech ten Ansprüchen der Nationalgarde zu genügen vermag.

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Der Verwaltungsrath, welchen man aus leicht erklärlichen Absichten sogar zu verdächtigen suchte, daß er selbst ein Kind der Revolution diese und ihre Folgen nicht anerkenne, ist demnach der allgemeinen Bestrebung nach echt volksthümlicher Vertretung thatsächlich vorausgeeilt, indem jene erst mit dem 15. Mai ihren Ausdruck und ihre Verwirkli chung fand.

War die gegenwärtige Zusammenstellung des Verwaltungsrathes, wie nachgewiesen, schon vom Anbeginne streng gefeßlich, so erhielt dieselbe mit dem 15. Mai 1. 3. noch überdieß die über jede Bestätigung erhabene Volks-Sanction, und es muß jeder, welcher diesen erworbenen echt volksthümlichen Rechten der Nationalgarde widerstrebt, als Reactionär im eigentlichsten Sinne des Wortes und als Feind der Nationalgarde bezeichnet werden.

Als der Verwaltungsrath zu seiner Constituirung schritt, ward bei der Wichtig keit des Einflusses, welchen der Präsident auf die Becsammlung und deren Beschlüsse

übt, der Wunsch nach einer freien Wahl des Präsidenten ausgesprochen. Der OberCommandant, Graf Hoyos, theilte diese Ansicht, und der in diesem Sinne gefaßte Beschluß erhielt die ministerielle Bestätigung unterm 26. April.

So wurde schon der erste Präsident des Verwaltungsrathes durch Wahl bestimmt, welche den damaligen Ober-Commandanten Grafen Hoyos traf.

Oberst Pannasch war nur provisor. Ober-Commandant, und erklärte überdieß gleich beim Antritte seines Amtes, daß die Commando-Angelegenheiten ihn derart in Anspruch nehmen, daß es ihm unmöglich sey, den Sißungen des Verwaltungsrathes beizuwohnen. Es wurde demnach auf Grundlage des obigen, vom Ministerium genehmigten Beschlusses, und sohin geseßlich, der bisherige erste Präses-Stellvertreter zum Präsidenten gewählt.

So viel zur geschichtlichen Beleuchtung über die Entstehung des Verwaltungsrathes und zur juridischen Begründung über die Legalität seiner Zusammenseßung aus je Einem Vertreter der sämmtlichen Compagnien, mit dem Rechte der freien Wahl des Präsidenten.

Nun bleibt noch die Darstellung und juridische Begründung des Wirkungskreises des Verwaltungsrathes übrig.

Der Wirkungskreis des Verwaltungsrathes ist im §. 8 des MinisterialErlasses vom 10. April 1. I. so klar und deutlich ausgedrückt, daß selbst die Sophistik der Wühler keine Zweifel in dieselben zu bringen vermag.

Der S. 8 lautet wörtlich:

„In jeder Gemeinde, wo nach §. 7 die Nationalgarde ins Leben tritt, besteht für alle Angelegenheiten der Nationalgarde, welche nicht eigentliche Commando-Sachen sind, ein Nationalgarde. Verwaltungsrath, zu dessen Obliegenheiten insbesondere die Bildung der Nationalgarde auf Grundlage der Stammregister über die für den activen Dienst einzureihende Mannschaft, die Uniformirung, Rüstung und Bewaffnung gehört."

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Bei der jeden Zweifel beseitigenden Deutlichkeit des Gesezes konnten nur jene, welche gegen den Geist des Nationalgarde-Institutes und auf Kosten einer freien volksthümlichen Vertretung den Wirkungskreis der Chargen, insbesondere der Bezirks-Chefs und des Ober-Commandos, zu erweitern streben, auf die Benennung der Körperschaft zurückgehen, um aus derselben Gründe für ihre persönliche Meinung und Interessen herauszufolgern. Hier muß wiederholt vorausgeschickt werden, daß die gesammte Nationalgarde Wiens dem ausgesprochenen Geiste dieses Institutes gemäß — keine Officiere im militärischen Sinne dieses Wortes kennt, zumalen der Grundsaß der Brüderlichkeit und Gleichheit in der Garde feststeht, und einen mächtigen Damm bildet gegen jeden Kastengeist, derselbe möge auch noch so leise auftreten und sich noch so unmerklich einschleichen wollen.

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