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Der dort funktionirende N. G. Hauptmann Josef Martin aber ver, fügte sich alsogleich zum Nationalgarde-Ober-Commando, und bat um eine Bedeckung des k. k. Luftschlosses; erhielt jedoch vom Ober-Commando den Bescheid, sich mit diesem Ansuchen an die Reichs - Versammlung zu wenden, welches er auch schleunigst gethan. Durch die Vermittlung des Reichstages wurde ihm in kurzem Wege der schriftliche Auftrag vom provisorischen Ober - Commandanten Scherzer ertheilt, in Verhinderung des Plazhauptmanns von Raymond, die Versehung des Wachdienstes in Schönbrunn durch die Nationalgarden der umliegenden Ortschaften zu leiten. Ingleichen ersuchte er auch um die Beorderung einer Wachmannschaft von Seite des k. k. Militärs. Das gleiche Ansinnen stellte der Schloßhauptmanns-Adjunkt Tapp von Tappenburg im schriftlichen Wege an den Reichstag; um aber schneller zum Ziele zu gelangen, verfügte sich Hauptmann Martin zu dem Commandirenden, Generalen F. M L. Grafen Auersperg, in das Fürst Schwarzenberg'sche Palais, und suchte mündlich um die Bewachung des Luftschlosses durch das k. k. Militär an. Er machte unter Einem den Commandirenden auf den Umstand aufmerksam, die zu beordernde Wachmannschaft ihren Weg nach Schönbrunn nicht über die Wieden, Hundsthurm und Gaudenzkorf machen zu lassen, da er selbst mit genauer Nothsich durch das Proletariat, welches in großer Anzahl vom k. k. Zeughause bewaffnet hinauszog, sich durchbrachte, und somit das Militär-Wachquantum von einer Compagnie leicht gefährdet seyn könnte; sondern es wäre der Marsch rückwärts vom Belvedere über die Felder nächst der Eisenbahnstrecke zum grünen Thor zu machen.

Hierauf wurde derselbe beauftragt dieß dem betreffenden Hauptmann von Erzh. Stefan Inf. in der Heumarkt - Kaserne, welcher dort schon hiezu in Bereitschaft stand, mitzutheilen, der sodann auch auf obgenante Weise seinen Marsch dahin in Bollzug seßte. Ohne den geringsten Anstand zu haben, an dem sogenannten grünen Berg anlangend, wo mehrere Garden und Proletarier sich mit verschiedenen Schießwaffen befanden, und auf die marschirende Compagnie feuerten, ohne jedoch einen der Soldaten zu verlegen, — rückte die Compagnie vollzählig in Schönbrunn ein. Hauptmann Martin verfügte sich sodann nach Gaudenzdorf mit einer offenen Ordre, worin er ermächtiget war den Dienst der Nationalgarde für Schönbrunn zu commandiren, und suchte alldort um die nöthige Wachmannschaft an, welche er auch durch Vermittlung des dortigen Nationalgarde Hauptmanns erhielt. Selbe bezog auch Abends 6 Uhr die Nationalgarde-Hauptwache in Schönbrunn, welche bis dahin, wie schon früher erwähnt, durch einige Garden von Schönbrunn und Sießing beseßt war. Auf diese Art war das Schloß vor plöglichen Ueberfällen gesichert, und die gewöhnliche Durchfahrt, so auch alle übrigen Ausgänge des Schlosses, wurden abgesperrt.

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Im Verlauf desselben Nachmittags kam der k. k. Ministerialrath von Mitis in Begleitung des Hofsekretärs und Registraturs-Direktors des k. k. Hofmarschallamtes, Carl Edlen v. Rotterheim, welche in Beiseyn des SchloßhauptmannsAdjunkten Tapp von Tappenburg in den Appartements Sr. Majestät die Sperre anlegten. Die Bewachung war regelmäßig durch Hauptmann Martin forthin commandirt, jedoch nicht am pünktlichsten von Seite der Garden befolgt; somit sah er sich genöthiget, erneuert das Nationalgarde-Ober-Commando um die kräftige Unterstüßung hiezu anzugehen. Demzufolge er auch einen erneuerten Befehl von demselben erhielt, worin ersichtlich war, daß man seinem Commando ebenso als ginge es vom Ober-Commando selbst aus, nachzukommen habe. Dem= ungeachtet geschah es doch, daß die Penzinger Nationalgarden durch 48 Stunden stehen bleiben mußten, und ebenso auch dann die Hißinger, welche stets mit der größten Bereitwilligkeit auf Veranlassung ihres Hauptmanns Winkler fich zum Dienste erbothen. Dieselben hatten unter Commando des NationalgardeOberlieutenants Zehkorn vom 11. bis 13. vereint mit der k. k. Burgwache ganz allein die Bewachung des Luftschlosses über sich, indem das Militär abermals eingezogen wurde, bis am 13. Oct. Mittags, wo Oberstwachtmeister v. Oetting8hausen des k. k. Otoczaner Grenz - Infanterie-Regiments mit seinem Battaillon das Schloß beseßte, und den Oberlieutenant Zehkorn beauftragte, ihm die Posten zu übergeben und die Hauptwache zu räumen. Derselbe zog hiemit nach allen ihm vom k.f. Bataillon gemachten militärischen Ehrenbezeugungen von der Hauptwache nach Hießing mit klingendem Spiele ab, wo er laut ihm vom ges dachten Oberstwachtmeister ertheilten Befehle, sämmtliche Waffen abgab. Diese Entwaffnung war wohl für die bekannten, so äußerst gutgesinnten Hizinger Garden für den ersten Augenblick etwas empfindlich, um so mehr als selbe zu jeder Zeit unaufgefordert jeden Beistand Sr. Majestät und den Bewohnern des Luftschloßes mit vollster Hingebung zollten; jedoch nur zu gut einsehend, daß diese Maßregel von Seite des Militärs nur zum allgemeinen Besten veranlaßt wurde, unterzogen sie sich auch bereitwilligst dem Befehle. Bei dem Einrüden der f. f. Truppen leistete der Nationalgarde-Hauptmann Martin als ehemaliger Militär den Truppencommandanten die ersprießlichsten Dienste, wofür sie demselben schriftlich und mündlich Lob ertheilten. Nicht minder war die bereit willige und erfolgreiche Hilfeleistung des Hofarztes Dr. Karl Joseph Meyer, und des Hofapotheker-Expedienten Ludwig Vötter bei den erkrankten und blesirten Militär-Individuen zu Schönbrunn, wozu auch das schöne Geschlecht Schönbrunns durch Lieferung von Charpie ihr Schärflein unter der Oberleitung der k. k. Kammerdienerin Ihrer kais. Hoheit der Frau Erzherzoginn Sophie, Anna Hosp, beitrug.

Plünderung des kaiserlichen Zeughauses.

Nach der Uebergabe des kais. Zeughauses war die maßlose Preisgebung aller Waffengattungen keine Volksbewaffnung mehr, es war eine erbärmliche Plünderung.

Volksklassen aller Farben und Tendenzen rissen – während die Comunalgardisten die beim Zeughause Getödteten auf Bahren davon trugen die aufgehäuften, kostbaren, historisch merkwürdigen, alten, so wie die neuen Waffenvorräthe an sich, das Arsenal — ward die Beute des raublustigen Pöbels. Zu allen Eingängen strömten die Massen hinein, und mit Waffen aller Art, mit Bündeln Feilen, mit Ambossen, Gewehrbügeln und Kappen, Ladstöcken -zu zu Dußenden zu Tausenden heraus.

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Der große Hof war angefüllt mit Leuten, zu den Fenstern wurden die Waffen massenweise in den Hof hinabgeworfen, die Thüren zu den Waffensålen waren erbrochen und dieselben wimmeltin voll Menschen, von allen Seiten fielen Schüsse, veranlaßt durch das Probiren von scharfgeladenen Gewehren, welche von den Garden bei Seite geworfen waren, um sich andere dafür zu nehmen. Ensehend, daß unter diesen Umständen die Vermittlung von Einzelnen ganz nußlos seyn mußte, bewog den Plaßoffizier Ruff der mittlerweile auf's Neue ertönende Ruf: „Feuer“ zum Ober-Commando zurückzueilen. Daselbst erhielt er auf Ansuchen des Ober-Commandanten mittelst Anweisung die k. k. Hofspriße zur Verfügung.-Er holte diese eiligst aus dem Stallgebäude heraus, und führte sie über die Bastei zum hinteren Thore des Zeughauses, wo die Schmiede und ein kleines Nebengebäude neuerdings brannten. Die Absicht des Plazoffiziers Ruff war nicht allein das Feuer zu löschen, sondern auch durch Vorstellungen an das Volk, daß in den Casematten unter der Brandstätte Massen von Pulver lägen, dasselbe von dem Andringen an das Zeughaus abzuhalten, da namentlich durch das hintere Thor das heftigste Eindringen bedeutender Massen statt fand. Er predigte aber in dieser Beziehung tauben Ohren, ja es gelang ihm weder durch Bitten noch durch Drohungen die nöthigen Leute zur Bedienung der Spriße zusammenzubringen, obwohl Tausende aus und eindrängten, so daß die Spriße zuletzt von etwa 20 Buben von 12 bis 14 Jahren in Bewegung geseßt wurde, welche wirklich mit größtem Eifer und unverdrossen bis zur gänzlichen Löschung arbeiteten, während die kaiserlichen Sprißenleute die Schläuche leiteten. Nebstbei war er bemüht, das Verschleppen von Waffen durch Buben, das Forttragen von antiken Waffen von einzelnen Waffenbestandtheilen u. s. w. möglichst zu hindern, wobei ihm wieder seine Burschen als Sammler treffliche Dienste leis steten. Bald hatte er neben der Sprige einen bedeutenden Haufen Karabiner ohne Schlösser, Pistolen und Karabiner mit Radschlössern, Hellebarden, Ritterschwerter, Schwerter der französischen Kürassiere, Streithämmer 2c., auch als

ganz gemeine Diebsbeute Ambosse, ganze Bündel Feilen, Gewehrschlösser, Gewehrbügel und Kappen, Ladstöcke, Alles zu Dußenden gesammelt.

Endlich war das Feuer gelöscht, das hintere Thor des Zeughauses beseßt, und Niemand mehr mit Waffen herausgelassen; doch ließ der Zudrang noch im mer nicht nach, da von einigen Akademikern aus den Sälen des ersten Stockes noch immer Waffen in Massen nach Außen unter das Volk geworfen wurden. Nuff eilte ins Zeughaus, sammelte einige Garden, mit welchen er die Säle des ersten Stockes in geschlossener Colonne durchzog, die Zugänge absperren, die Fenster schließen oder beseßen ließ; Alles was sich noch vom Volke in den Sälen befand, vor sich hertreibend und zu den Ausgängen hinausdrängend; so gelang es die Säle gänzlich zu räumen, welche er dann dem mittlerweile hinzugekommenen Herrn Spißhitl übergab. Mit Ausnahme des schweren Geschüßes und der an den Decken befestigten Hieb- und Stichwaffen, wurde Alles, sogar einzelne Bestandtheile von Gewehren, als Ringe, Vleche, Schlösser u. dgl. fortgetragen und um eine Bagatelle verschleudert. Skanderbeg's Schwert soll um 1 fl. verfauft worden seyn.

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Vormittags um dieselbe Zeit suchten die Nationalgarden dem zügellosen Andrang auch dadurch Einhalt zu thun, daß sie die Straßen Ein- und Zugänge in das Zeughaus absperrten, und Niemanden, außer uniformirte Nationalgarden, Bürger und Legionäre passiren ließen. Dieselbe Sichtung wiederholten die Nationalgarde-Wachen an den Thoren zum zweiten Male. Mit wahrhaft übermenschlicher Kraft und Anstrengung erwehrten sie sich der ungestümen raubsüchtigen Haufen.

Als aber alles das nicht ausreichte, und Personen, die unter dem berüchtigten Namen der Kappelbuben bekannt sind, fortwährend zwei bis vier Armatursstücke zugleich fortschleppten, da begaben sich zwei wohlgesinnte notable Männer, deren Namen uns leider entfallen sind, auf die Universität, um durch dieselbe beim National-Garde Ober-Commando die Anzeige dieses schrecklichen Unfuges zu machen, worauf sogleich von beiden Waffenkörpern angemessene Verstärkungen zum Zeughause abgingen. Besonders thätig zeigten sich die 12. und 13. Compag nie der Leopoldstadt, und zwei Compagnien von Mariahilf, welche die GassenZugänge zum Zeughause von der Bastei und von der Schottengasse beseßt hielten. Hierauf traf man die Verfügung, daß man allen verdächtig scheinenden Individuen, die beim Eingange nicht abzuwehren waren, beim Ausgange die erbeuteten Waffen wieder abnahm, was Anfangs einige Widerseßlichkeiten, jedoch fruchtlos hervorrief. Die beiden Playoffiziere Dunder und Haußner nahmen auf den Straßen allen Kappelbuben die Waffen ab, und wenn sich einer oder der andere widerseßte, appellirte ersterer an die Umstehenden, und fragte: Gehören Waffen für Männer oder Kinder ? — worauf die älteren Leute den Jungen selbst die Waffen abnahmen

und solche dem Plaßoffizier ins Zeughaus oder zum Ober-Commando nachtrugen. Wie gerecht und löblich diese Energie war, zeigte sich dadurch, daß schon Nachmittags Subjecte ergriffen wurden, die ihre Waffen um ganz unbedeutende Beträge verhandelten, abgesehen von dem noch viel schlimmeren Mißbrauch, der. in verbrecherischen Händen zu erwarten war. Es wurde von gutdenkenden Bewohnern nun eifrig auf Waffenträger dieser Art gefahndet, namentlich sind dabei die Verdienste jener erstgedachten zwei Herren, von denen einer allein 800 Gewehre wieder abforderte und ins Zeughaus ablieferte, mit aller Auszeichnung an zuerkennen.

Einer darunter war der Hauptmann Wittmann von der Rossau, bürgl. Gast wirth beim goldenen Kreuz am Himmelpfortgrund, welcher mit seiner Compagnie auf der Freiung gestanden, empört über die Plünderung von Seite des Proletariates, sperrte die Gasse zum Zeughause ab, und nahm auf diese Weise dem Pöbel bei 800 Stück verschiedenartiger Waffen ab, worunter auch werthvolle Alterthümer, gab sie bem Portier beim römischen Kaiser zur Aufbewahrung, machte beim Ober-Commando die Anzeige, worauf sie in Gegenwart des Hauptmanns du Beine ins Zeughaus abgeliefert wurden. Leider wurden sie den kommenden Tag wieder geplündert.

Wegen gestörter Communication mit den nördlichen Gegenden erschien nachstehende

,,Kundmachung! Der Reichstag hat zu Folge gestrigen Beschlusses Mili„tär-Zuzüge auf der Nordbahn verboten. Um jedoch die Herbeischaffung von Le„bensmitteln für die Hauptstadt vom Marchfelde möglich zu machen, da dermalen ,,die gewöhnliche Straße wegen der beschädigten Aerarialbrücken unfahrbar ist, sieht sich der Reichstag veranlaßt, zur Erreichung des angeführten „Zweckes, der Bahndirection die Fahrten zu gestatten, und dieselbe zur Fahr,,barmachung der Bahn von Wien aus zu ermächtigen."

Wien den 7. October 1848. Vom Reichstags-Vorstande:

„Franz Smolka, m. p., erster Vicepräsident."

Den Tag hindurch flohen die Bewohner Wiens in Massen aus den geschändeten Mauern der vor acht Monaten so heiteren, lebenslustigen, gemüthlichen Haupt- und Residenzstadt. Die Herstellung der Eisenbahn-Frequenz vermehrte den Andrang der Fliehenden, und stärkte dadurch das Proletariat und die Umsturzpartei. Daß von den Beamten der Ministerien, und zwar die meisten vom JustizMinisterium, sehr viele von jenem des Innern, einige von jenem der Arbeiten, und die meisten von jenem des Krieges, Wien verließen, war erklärlich - aber sehr zu bedauern!

Am 7. Morgens erinnerte der Abgeordnete Sierakowski den Abgeordneten Jelen wiederholt, für die Sicherheit der böhmischen Abgeordneten schleunigst

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