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noch ungedruckte

deutsche Sprachdenkmale

religiösen Inhalts,

herausgegeben

von

Franz Karl Grieshaber,

Professor am Lyceum zu Rastatt.

Rastatt, 1842.

Gedruckt bei Johann Peter Bir ks.

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Hier übergebe ich zuerst dem Drucke Fragmente von altdeutschen legendenartigen Predigten (No. I.), wie ich glaube noch aus dem zwölften, oder aus der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts. Ich lös'te sie vor mehrern Jahren höchst mühsam denn das von Mone im Anzeiger 1835. Sp. 122. anempfohlene Verfahren war mir damals noch unbekannt von Bücherdeckeln ab. Es sind vier, zu einer und derselben Handschrift gehörige, halbe Bogen in 4to. Jede Seite enthält zwei Columnen mit je 51 Zeilen. Die Hand ist fest und regelmässig, die Orthographie ungleich. Die Ueberschriften der einzelnen Predigten fangen nicht a linea an, sondern laufen zur Ersparniss des Raumes mit dem Vorhergehenden in einer Linie fort. So steht z. B. das »petri et pauli apostolorum« mit Abkürzungen im 2ten und 4ten Worte noch auf der bereits begonnenen, aber noch Raum dafür übrig lassenden Endzeile einer zweiten Columne. Diese Ueberschriften sind ganz roth, so wie die grossen Initialbuchstaben des jeder Predigt vorausgehenden lateinischen Spruches. Als Interpunktionszeichen dient blos der Punkt. Ein neuer Satz, nach einem Punkte im Sinne unserer heutigen Interpunktion, beginnt in der Regel mit einem etwas grössern, mit Roth durchstrichenen Buchstaben. Ebenfalls roth durchstrichen sind die meisten kleinen Anfangsbuchstaben der Eigennamen im Texte. Das i, es mag für sich oder, was sehr häufig der Fall ist, für e stehen, hat nie einen Punkt, meistens aber einen Acutus. Von Abbreviaturen im deutschen Texte der lateinische, besonders in den Vorsprüchen, ist stark abbrevirtkommen beinahe nur vor die durch die, Literatoren bekannten, Zeichen angedeuteten des de bei vnde doch auch nicht immer,

des er, des n oder m in der Mitte bei Doppelconsonanten oder am Ende, und des us am Ende lateinischer Eigennamen. Ich gebe den Text ganz getreu nach der Handschrift, doch mit Auflösung dieser Abkürzungen. Die in Parenthesen eingeschlossenen Aufschriften sind Zusätze von mir. Die mir unleserlichen einzelnen Buchstaben habe ich durch Punkte angedeutet.

So unbedeutend auch diese Fragmente, die ich wegen der vielen darin vollkommenden alten Sprachformen noch in das zwölfte Jahrhundert hinaufzurücken geneigt wäre, ihrem Inhalte nach auf den ersten Anblick scheinen möchten: so werden sie doch, wie ich hoffe, dem Freunde der deutschen Literaturgeschichte, als zu den noch wenig gekannten Anfängen der historischen und oratorischen Prose unserer Sprache gehörig, nicht unwillkommen seyn. Nicht ohne grosses Vergnügen wird man besonders die Riesenschritte daraus abnehmen können, welche die geistliche Beredsamkeit in der kurzen Zeit bis auf Berthold von Regensburg und Tauler gemacht hat. Auch wird die, der evangelischen Geschichte treu folgende, Erzählung von Maria Magdalena und von Johannes Enthauptung ihrer naiv- einfachen Haltung wegen gewiss ansprechen. Die Erzählung in der Predigt auf Mariä Himmelfahrt erhält durch das Drama dieses Gegenstandes in Mone's altdeutschen Schauspielen, Quedlinburg und Leipzig 1841. 8vo., noch besonderes literar-historisches Interesse. Ueberhaupt hat die fromme Sage über den Tod Mariens die heilige Kunst früher viel beschäftigt. Ich erinnere beispielsweise nur an den Altar in der Domkirche zu St. Bartholomäus in Frankfurt am Main von schöner altdeutscher Steinmetzenarbeit, wo die Apostel das Sterbelager der Mutter des Herrn umstehen.

Andere Resultate aus diesen Fragmenten zu ziehen, wie z. B. dass auch hier in vorkommenden Reimen gevangin, gehangin; zestorit, gehorit, wie im Erfurter Judeneid, das mühsame Sich- Lostrennen der Prosa von der Reimsprache der Poesie sich beurkundet, will ich dem sorgsamen Leser selbst aufzufinden überlassen. Die beigefügten kurzen Noten sollen Ungeübtern das Verständniss erleichtern.

Nach diesen Fragmenten folgen drei Stellen aus Heinrich Seussens Büchlein von der ewigen Weisheit, (No. II.) nach meiner eigenen Pergamenthandschrift. Die erste ist der Anfang, die dritte der Schluss dieses Büchleins, die zweite die in W. Wackernagel's altdeutschem Lesebuche, 2te Aufl. Sp. 874. Z. 26. Sp, 875. Z. 23., in der altdeutschen Originalsprache fehlende Stelle, mit Dem, was zunächst darauf folgt. Es war dies Erbauungsbuch unseres frommen Landsmannes früher ungemein viel gelesen, in viele fremde Sprachen übersetzt, und in diesen bald nach Erfindung der Buchdruckerkunst ganz oder theilweise gedruckt. Die hundert Betrachtungen über das Leiden Christi im dritten Buche sind z. B. auch in dem Precordiale devotorum, Strasburg 1489. 12mo., enthalten. In einem Exemplare des Letztern, zu dem ich in den verflossenen Sommerferien durch Zufall gekommen bin, ist ein Holzschnitt des. Wallfahrtsbildes zu Marienthal bei Hagenau im Elsass aus dem 15ten Jahrhundert an den hintern Deckel innen eingeklebt. Er führt die Aufschrift: »O maria zuo mergental bit für vns.<<

Hierauf folgen einige vollständige altdeutsche Homilien (No. III.) eines mir unbekannten Verfassers aus einem Pergamentcodex des XIV. Jahrhunderts in klein 4to. Vom ersten Sonntage. nach Ostern anfangend enthält er Vorträge über sämmtliche sonntägliche Evangelien des Jahres. Die Hand des Schreibers ist recht sauber und leserlich. In geringerm Grade ist es jene, die später hie und da ausgerissene Blätter ergänzte. Die oratorische Anlage sämmtlicher Homilien ist dieselbe. Immer kommt zuerst ein lateinischer, aus dem betreffenden Evangelium selbst gewählter, Vorspruch; sodann eine lateinische Skizze der Hauptpunkte des nachherigen Vortrags. Hierauf wird immer mit folgenden oder ähnlichen Worten: »Diziu wort, diu ich han fürgelait in der latine. diu haben wir hiut gelesen in dem h. Ex.. ze der h. messe. vnd sprechent entüschen also etc.,« die, bald wörtlichere, bald kurz paraphrasirende, Mittheilung des Evangeliums eingeleitet, und sodann zum Vortrage selbst übergegangen. Auch der Schluss: »Vnd daz uns dac widervar,« oder wond dac wir dez wirdech werden. dez ferlihe vns der vater.

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