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Ohne Druckort: J. F. Reichards musikalisches Kunftmagazin. Siebentes Stück. von S. 65 bis 92. in

Folio.

- Auch diefes fiebente Stück enthält vortreffliche Winke,

lern, der ihm nicht reich genug ift. Die Kammerherrin erklärt fich mit Wärme, und indem fie aus voller Ueberzeugung das wahre Glück der Ehen, eine zufriedene Mittelmässigkeit anpreift, fpricht diefe Seite mit dem fympathetischen Herzen der weinerlichen Staroftin, die zugegen ift, fo ftark an, dafs diefes auf einmal umgekehrt die jedem, der wahres Kunstgefühl hat, höchft willkom men feyn müffen. Wir brauchen nur den Inhalt anzuwird, und eine Verbindung aus Schwachheit empfiehlt, der fie fich vorhin aus Schwachheit widerfetzt hatte. Der zeigen, um unfere Behauptung zu bestätigen, und junMann, der ihr lieber den Willen thun, als eine neue Ohn- gen Künftlern diefes fo intereffante Werk zu ihrer Behermacht veranlaffen will, giebt nun auch nach, jedoch un- zigung beftens zu empfehlen. Den Eingang macht dies mal eine Stelle von der Methodeniehre des Geschmacks aus ter der Bedingung, dafs Valer feine politischen Grundfätze für fich behalte, und weder feine Tochter noch feine Kants Kritik der Urtheilskraft, die unfere Empfehlung nicht bedarf. Hierauf folgen 2) einige Anmerkungen Enkel damit anitecke, die, um diefer Gefahr auszuweizu den merkwürdigen Stücken grofser Meifter im fechchen, bey dem Grofsvater erzogen werden follen. Man willigt, wie leicht zu erachten, in diefe letzte Grimaffe, Ren Stücke.. Der Herr Kapellmeifter zeigt unter andern, dafs gewiffe übrigens fehr verdienstvolle Männer Glucks und Valer wird noch mit Ablauf des Tages feiner Wünfche theilhaftig. Diefe Handlung ist leicht und natürlich, Werke zu einfeitig, nämlich blofs als Grammatiker, öf und geht befonders im 2 und 3. Act einen rafchen Gang, fentlich beurtheilen, und folglich den in feiner Art gro auch die Einheit der Handlung wird durch nichts geftört; fsen Gluck nicht die ihm gebührende Gerechtigkeit wiederfahren laffen. Hr. R. giebt zu, dafs Gluck den fchol dennoch fcheint es weniger das aus der Handlung fliefsende Intereffe, als die ftark abftechenden Charaktere gerechten Theil der Kunft hier und da vernachläfliget der handelnden Perfonen zu feyn, was den Zuschauer habe, oft weil er fühlte, dass,durch ängftliche Behutbey der Aufmerkfamkeit erhält. Auch ift die Handlung,,famkeit das Unnnachahmliche feines Geiftesfchwunges nicht überall genug modificirt: der Stutzer z. B. thut gar,,leiden würde," oft auch, weil ihm wirklich die Handzu wenig, das Mädchen zu erhalten, mit der er fich griffe zu fehlen schienen, die nur ein in den Regeln freut, ein Paar Millionen zu erwifchen, un der Schuld- mechanifchgeübtes Auge erkennt, nur eine geübt Hand ohne Mühe mit Sicherheit ausübt. Sehr treffend fetzt leute los zu werden. Selbft die Weichlichkeit der Stiefer hinzu:,,Nun aber zu glauben, dafs man Glucks Wermutter reicht nicht zu, fich die Unthätigkeit für den begünstigten Stutzer zu erklären, da fie fonft (S. 73) fo,,ke beurtheilen könne, weil man die Regeln des reinen leicht etwas ertrotzen kann. Einzelne Theile der Hand-,,Satzes versteht, ift eben fo gerecht und befcheiden, lung schienen uns zu ifolirt, und nicht genug durch das als wenn man glaubte, Göthes Werke beurtheilen zu Ganze hervorgebracht oder an das Ganze angefchloffen können, weil man Adelungs deutsche Sprachlehre wohl zu feyn; daher einige matte Situationen, und die Per-inne hat." fonen erfcheinen zuweilen etwas zufällig, wie im ersten Auftritt des ersten Aufzugs zum erftenmal Therefe, wenn fie nicht die Nachricht von dem übeln Befinden der StaUnter den Charakroitin auf die Bühne gebracht hat. teren fcheint uns der Charakter des Staroften die meiste Dem Charakter des Valer und der Haltung zu haben. Therefe wäre mehr Vollendung zu wünschen. find wohl die Farben der Charaktere, befonders der lächerlichen, etwas zu grell. Der Dialog ift gröfstentheils ungezwungen und paffend; nur zuweilen fchien uns z. B. der Kammerherr etwas zu viel zu deklamiren, wie etwa S. 18 über die franzöfirende Erziehung der Jugend in der Hauptstadt; dergleichen Stellen laffen fich aber durch locale Verhältniffe immer noch entfchuldigen. Die Diction ift edel und männlich, und der Versbau leicht Der vortrefflichen Stellen, die Tugend, und fliefsend. Vaterlandsliebe und Biederfinn mit Wahrheit und Selbft gefühl empfehlen, giebt es fehr viele. Solche, die auf die gegenwärtigen Staatsverhältniffe Beziehung haben, und die der Vf. gemeiniglich feinem Kammerherrn in den Mund legt, gerathen ihm zur Verwunderung schön. Das Stück ift dem Grafen von Małachowski, der nun das dritte Jahr das Steuerruder der öffentlichen Berath Ichlagungen zur Zufriedenheit der ganzen Nation fortführt, in einer kurzen, aber energischen Anrede, zugeeignet.

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Sonft

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Diefe Rubrik wird mit einigen Anmer kungen über verfchiedene andere merkwürdige Stücke grofser Meifter befchloffen. 3) Merkwürdige Stücke grofser Meifter in Mufiknoten beygefügt. Die Namen Handel, Rameau und Leo bürgen hinlänglich für den ausgezeichneten Werth diefer Tonftücke. 4) Zwey fehr fchone Cavatinen aus der Oper Protefilao von Nauman und Reichardt. 4) Zufätze zu dem Auffatze über die mufikalifche Ausführung im dritten und vierten Stücke des Kunftmagazins. 6) Stimmphyfiognomik, im Nachtrag zu den Auffätzen im zweyten und dritten Stücke. 7) Nachrichten von der ehemaligen Hamburger Oper, aus Leffings Collectaneen zur Literatur. 8) Fingerzeige für den denkenden und forfchenden deutfchen Tonkünftler. 9) Vortreffliche Stellen aus Kants Kritik der Urtheilskraft Aus Mangel an und aus Göthes Künstlerapotheofe. Unterstützung will Herr R. diefes Kunftmagazin mit dem nächstfolgenden achten Stücke befchliefsen. Die Klagen des Herrn Kapellmeifters mögen allerdings volli gegründet feyn; zu bedauern ift es aber, dafs Deutschland im mufikalischen Fache fo wenige Künstler hat, welche die Fortsetzung nützlicher Werke durch Vorausbezahlung u. f. w. befördern können. Denn dafs es aus Geringfchätzung der Kunft unterbleibe, wollen wir aus Liebe zu unfern Landsleuten nicht hoffen.

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Montags, den 13. Junius 1791.

PHILOSOPHIE.

LEIPZIG, b. Weygand: Karl Wilhelm Heydenreichs Retrachtungen über die Philofophie der natürlichen Religion. Erfter Band. 1790. 272 S. gr. 8.

Der

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er Zwreck und Plan diefes Buches läfst fich nicht beftimmter und richtiger, als mit den eignen Worten des Vf. erklären. Er fagt (S. 41.): Mein Zweck ift nicht Kritik und Widerlegung bisheriger Syfteme der natürlichen Religion. Man hat bereits eingeriffen, was nur in diefem Felde der Philofophie grundlos und fchwankend da ftand, und das Bedürfnifs zu bauen ift gegenwärtig das dringendíte geworden, welches man fich denken kann. Erftlich werde ich den Begriff: Gott beftimmen, dann unterfuchen, welche Art von Wahrheit und Gewissheit für die Vorftellung des Dafeyns, der Ei genfchaften, Zwecke und Wirkungen des Gegenstandes deffelben möglich ist, dann den zureichenden Beweisgrund für das Dafeyn Gottes aufftellen, hierauf von feinen Eigenfchaften, feinen Zwecken und Wirkungen handlen, und endlich befonders das Verhaltnifs der Menfchen gegen Gott, und die ihm demfelben zu Folge zukommenden Verbindlichkeiten bestimmen." In diefem erflen Thei le ift er vorzüglich bemüht gewefen, die Lehren von der Wahrheit überhaupt, von der fubjectiven befonders, und am allermeisten vom moralifchen Glauben ins Licht zu fetzen.

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Eine neue, ausführliche und fyftematische Bearbeitung diefer höchften und edelsten Vernunftwiffenfchaft, war allerdings durch die in der Metaphyfik entstandene Krife zum Bedürfniss geworden, und felbft nach den verdienstvollen Bemühungen eines jüngern Reimarus, eines Jakob in feiner Prüfung der Mendelsfohnfchen Morgenftunden, feiner Methaphyfik, und feiner Preisschrift über die Unfterblichkeit der Seele, u. a., fehlte es noch immer an einem Werke, worinn der Lage angemeffen, in welche die Religionswiffenschaft durch die Vernunftkritik verfetzt worden, nicht nur die Principien unterfucht und festgesetzt, und die Grundlinien zu einem neuen philofophifchen Lehrgebäude der Religion gezogen, fondern das Gebäude felbft auf diefe fichere Grundlage errichtet, bis in feine kleinern Abtheilungen ausgebaut und mit allen für den Zweck feiner Bewohner erfoderlichen Einrichtungen und Bequemlichkeiten vollständig verfehen ware; ein Gebäude, das innere Solidität und Brauchbarkeit mit einem würdigen und gefchmackvollen äussern Anfehen verbände. Das gegenwärtige Werk des Hn. Prof. Heydenreich kommt, fo weit aus diefem erften Theile erfichtlich ift. diefem Ideale merklich nahe; es legt dem Lefer scharf beftimmte Begriffe und bündige VerA. L. Z. 1791. Zweyter Band.

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nunftschlüffe in einer reinen, klaren gefühlvollen und beredten Sprache vor, fo dafs in gleichen Verhältniffen der Kopf an hellern Einfichten und Begriffen und das Herz an lebhaftem Intereffe für Vernunftreligion gewinnt. Die erfte Betrachtung über den Gefühlsglauben an Gott, setzt feine innere Organisation auseinander, und legt feine Vortreflichkeit dar, zeigt aber auch die Nothwendig keit, ihn durch Philofophie zu berichtigen. Der Name: „Gefühlsglaube ift wohl nicht ganz paffend. Er unterfcheidet fich von der Philofophie über Gott nur dadurch, dafs ihn kein deutliches Bewufstfeyn feiner Gründe begleitet. Die Ueberzeugung felbft aber, die man fo nennt, ift kein Product weder der Empfindung, noch des Gefühls, fondern des gemeinen, unentwickelten Menfchenverftandes. Sie erregt zwar Gefühl, hat aber diefe Wirkung mit derjenigen Ueberzeugung, die durch Philofophie hervorgebracht wird, gemein. Dafs diefer Glaube fich auf gefühlte Bedürfniffe gründet, zeichnet ihn eben fo wenig von dem philofophifchen Glauben aus; denn diefer ruht ja ebenfalls zuletzt nur auf gefühlten Bedürfniffen, und keinesweges auf folchen Beweifen der räfonnirenden Vernunft, die von diefen Gefühlen unabhängig wären. — Wegen des Ueberganges, der S. 24. zur übernatürlichen Offenbarung gemacht wird, wollen wir nicht mit dem Vf. freiten, noch unterfuchen, ob und inwiefern die Natur. der Sache ihn veritatte; es fcheint auch nur ein beyläufiger Gedanke zu feyn, den der Vf. hier wenigstens nicht weiter verfolgen wollte. Salchen Lefern, welche die Güte und Zuläffigkeit einer Philofophie nicht aus ihren eigenen Principien. fondern lediglich aus ihrem übereinftimmenden Verhalinifs zu einer geoffenbarten Gotteslehre zu beurtheilen pflegen, wird diefe Erwähnung willkommen feyn, und fie wird für den übrigen Hauptinhalt des Buches Verzeihung auswirken, dafs er aus der Vernunft gefchöpfet worden; diefe aber, und auch andereLeser werden mit dem Rec. wünfchen, dafs Hr. H. der wichtigen Frage über die Möglichkeit, den Zweck und die Erweislichkeit einer übernatürlich mitgetheilten Gotteserkenntnifs eine befondere Unterfuchung im andern Theile widmen möchte. Die zweyte Bett entwickelt aus den drey geiftigen Vermögen, und den daraus entspringenden Bedürfniffen und Zwecken des menfchlichen Geiftes den Begriff von Philofophie und von natürlicher Theologie, und verweist übrigens wegen des erwiesenen Verdienstes der Vernunftkritik um Sicherung und Läuterung der Religion auf die mehrmals rühmlichft angeführten Reinhol dischen Eriefe. Die dritte fetzt den Begriff Gott fo auseinander, wie es fich von einem fo gründlichen Kenner der krit. Philof. erwarten läfst, und zeigt, dafs diefer Begriff eine im Wefen der Vernunft urfprünglich gegründe te, nothwendige Bedingung ihrer gefetzmäfsigen WirkRrr

fam.

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wegen der Unbegreiflichkeit diefes geiftigen Naturgefetzes,
in einzelnen Fallen daffelbe nicht anerkennen und befol
gen will, ob er ihm gleich fonft und fogar bey feinem
fkeptifchen Räfonnement, wenn er es objectiv geltend ma
chen und andern zur Ueberzeugung mittheilen will, un-
vermeidlich getreu bleibt.
Nach der Heydenreichi-
fchen Erkl. (fo weit Rec. fie verfteht) würde jede Vor-
ftellung wahr feyn und bleiben müffen, weil keine Vorftel
lung anders, als in Angemeffenheit eines Stoffes zu den
urfprünglichen. Formen unfers Vermögens, gedenkbar
und möglich ift; die Definition ift alfo zu weit und kann
nicht zur Unterfcheidung der Wahrheit von dem Irthume
gebraucht werden. Die Art und Weife, wie der Vf. obje
ctive und fubjective Wahrheit unterfcheidet, erregt ähnli-
che Bedenklichkeiten. (Des Vf. Begriff von Wahrheit
überhaupt vorausgesetzt, kann es keine andere, als obje
ctive Wahrheit in der von ihm angezeigten Bedeutung ge
ben. Er fodert nemlich zur Wahrheit überhaupt (S.65.), dafs
fie in Rückficht auf Stoff und Form befriedigen müffe, und
dies könne fie nur dadurch, dafs Stoff und Form mit den
wefentlichen Regeln und Bedingungen derjenigen Vermō-
gen auf das vollkommenfte übereinstimmen, welche die
Vorftellungen bewirken. Als Merkmal der objectives
Wahrheit aber, giebt er (S: 67.) an, dafs wir die Stoffe
von den Gegenständen, auf welche fie fich beziehen.
felbft, und zwar vollkommen gemäfs den Bedingungen
und Regeln unfrer Empfänglichkeit empfangen, und die
alfo empfangenen vollkommen gemals den Bedingungen
und Regeln unfrer Ideen bildenden Vermögen zu Vorftel
lungen gebildet haben. Da nun (zufolge des Gegenfa
tzes) zu der fubjectiven Wahrheit kein Stoff von den Ge
genstanden gegeben und den Gefetzen der Empfänglich-
keit und Selbstthätigkeit geniäfs empfangen und gebildet
wird: 10 paist der Gattungsbegrift von Wahrheit nurauf
die eine von den zweyen angeblich unter ihm enthal
tenen Arten; folglich müfste entweder jene Definition
oder diefe Eintheilung richtiger und bestimmter ausge
drückt werden. Der pofitive Charakter von fubjectiver
Wahrheit einer Vorstellung, ihre Uebereinstimmung nem-
lich mit der Natur des Subjects und ihr nothwendiger
Zufammenhang mit wefentlichen Befchaffenheiten def
felben mufs, (wofern es nicht befonders erklärt wird)
dem Gattungsbegriff von Wahrheit überhaupt gemals,
von Befchaffenheiten des l'orfeliugs- und Erkenntnifsver
mogens verftanden werden; damit mufs aber alle Wahr
heit übere.ftimmen, und dadurch allein kann fich jede
Wahrheit, als folche, zeigen. Es giebt dies alfo kein
Unterfcheidungsmerkmal ab, wodurch nur die eine Art
von Wahrheiten kenntlich würde. Was endlich (S. 6.
68.) die objectiv fubjective Wahrheit feyn foll, deren Zu-
fammenhang mit dem Objecte durch das Subject beftimmt
wird

famkeit ift. In der vierten, ihres Gegenstandes und fei-
ner, Behandlung wegen, äufserft wichtigen Betr. über
die Natur der Wahrheit beftreitet Hr. H. die gewöhnli-
chen Erklärungen diefes Begriffes, verwirft fogar die ge-
wöhnliche Bedeutung diefes Wortes, wornach er die Ue
bereinstimmung einer Vorstellung mit ihrem Gegenstande
bezeichnet, und definirt endlich die Wahrheit felbft als
die vollkommene Uebereinstimmung unfrer Vorftellung mit
den ursprünglichen Formen, Principien und Gefetzen unfrer
Erkenntnifsvermogen. So weit es der Raum geftattet,
will Rec. die Gründe angeben, weswegen ihn Hr. II. in die-
fer Unterfuchung nicht vollkommen befriedigt hat. Der ge-
meine Menfch, deffen Urtheile, wo fie unter fich über-
einftimmen, bey dem Begriff und der Erklärung eines
Wortes niemals übergangen oder geradezn verworfen,
fondern nur etwas genauer beftimmt und entwickelt wer-
den dürfen, denkt fich bey Wahrheit nie etwas anders,
als Uebereinstimmung der Vorftellung mit dem Gegenflande.
Der Philofoph, wenn er den rohen Begriff von einem
Gegenstande, und von möglicher Erkenntnifs deffelben
unterfucht, findet zuletzt, dafs wir alsdann einen Gegen-
fland, fo weit er möglich ist, erkennen, wenn fich an
dem empfangenen Stoffe feiner Vorstellung alle mögli-
chen Functionen unfers Vorstellungsvermögens geäufsert
haben, oder wenn diefer vorhandene Stoff fich nach al-
len Formen des Vorstellungsvermögens hat bearbeiten
laffen, und wenn wir die Vorftellung felbft diefen For-
men und Gesetzen gemäss mit allen übrigen Vorstellungen
vereinbar finden. Wir erkennen den Irithum, fo bald wir
gewahr werden, es laffe fich ein gegebener Stoff nicht
nach unfern Denk formen bearbeiten, weil er entweder
innerlich unvereinbar ift, oder weil die innerlich mög-
liche Vorstellung fich nicht mit den übrigen Vorstellun-
gen nach den Gefetzen unfres Vorstellungsvermögens in
Einem Bewufstfeyn verträgt, fondern bey dem angelteil-
ten Verfuche einer folchen Vereinigung ich selbst zer-
ftört. Wahrheit, d. i. Uebereinstimmung der Vorstellung
mit dem Gegenstande, fetzen wir überhaupt bey jeder
Vorftellung voraus, folange wir keine Unvereinbarkeit
entdeckt haben. Wir werden von ihr um fo völliger
überzeugt, je mehr wir durch vielfältige Verfuche ihre in
aller Rücklicht mögliche Vereinbarkeit erfahren. Folg-
lich ist jener gemeine Begriff das von unferm Bewufst-
feyn unabtrennliche Urbild und Ideal, worauf alles Stre-
-ben unfres Erkenntnifsvermögens abzweckt. Es ge-
fchieht zufolge eines nothwendigen, aber unerklärbaren
Gefetzes unfres Geiftes, dafs wir den Gegenftand über
haupt, und eine Beziehung der Vorftellung auf denfelben
d. i. Wahrheit der Vorstellung überhaupt vorausfetzen.
Nach einer eben fo unbegreiflichen, aber auch nicht min-
der nothwendigen, Einrichtung, macht unfer Geift die
Harmonie oder Disharmonie der Bestandtheile einer Vor-
ftellung wider fich felbft, und einer Vorstellung mit al-
len übrigen, die fich ihm bey der fortgefetzten, gefetz
mäfsigen Bearbeitung offenbart, zum Charakter, wornach
er felbft Wahrheit und Irthum in concreto beurtheilet.
und unterscheidet. Der Skeptiker, felbft an diefe Ein-
richtung gebunden, ift eben dadurch (aber auch fonft auf
keine andre Weife) widerlegbar, dafs man ihm die In-
confequenz einleuchtend macht, die er begeht, indem er

das ist im Zusammenhange nicht ganz verftandlich; weil es doch keine andern fubjectiven Wahrheiten geben kann, als folche, wo wir etwas in Bezug auf er kannte (innere oder aufsere) Objecte und auf ihre Be fchaffenheiten nach Gefetzen unirer Subjecte vorausfe tzen, und weil ohne alle Beziehung auf erkannte Obje cre keine, auch nur fubjective, Wahrheit möglich it. Hieraus würde fich nun die Folge ergeben, dafs es kei nen denkbaren und reellen Unterschied zwifchen obje

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Allein

im Gegentheil nur des letztern erwähnt hat.
bey genauerer Anficht wird Hr. H.,wohl felbft ge
wahr werden, dafs fein contemplatives Intereffe nur
eine befondere Modification und Beziehung des von
Kant nicht übersehenen theoretischen Vernunftinteref-
Man betrachtet in diefem Falle die
fe überhaupt ift.
Moralität blofs als eine merkwürdige Erfcheinung in
der Natur, für die man eine Naturerklärung vergebens
fucht. Wird aber Moralität auf diefe Art und nicht als
abfolutes Gefetz unfrer Handlungen, d. h. als Grund eines
praktifchen Bedürfniffes, angefehen, fo kann die Ver-
nunft zwar eine folche Auflöfung fehnlich wünschen, aber
fo wenig als für jede andere Naturerfcheinung diefelbe
fchlechterdings fodern, noch weniger aber zu einer be-
ftimmten Vorausfetzung eines durch beftimmte Begriffe
Demnach liegt
gedachten Grundes fich felbft nöthigen.
alle Kraft des moralifchen Gesetzes, religiöfe Ueberzeu-
gung hervorzubringen, doch am Ende nur darinn, dass
es ein unbedingt gebietendes Gefetz ift, das auf Hand-
lungen, mithin auch auf die Annahme folcher Vorftel-
lungsarten von einem übernatürlichen Urwefen dringt,
wodurch diefe gefetzlich bettimmten, aber doch nicht
phyfifch abgenöthigten Handlungen dem Menfchen mög-
lich werden. Die an fich höchit unbedeutenden Ew
difchen Gedanken über die Kantifche Philofophie der Re-
ligion waren kaum einer fo gründlichen Widerlegung
werth, als lie hier finden; eher hatten es wohl die scharf.
finnigern Zweifel eines Flatt u. a. verdient, dafs fie von
einem fo gründlichen Kenner und gewandten Vertheidi-
ger der guten Sache gelöft würden. Der in der Ueber-
fetzung eingerückten fchönen Stelle aus des Hn. Girard
ami de la nature wird man wegen des reinen Sinnes für
Moralität und Religion, der darinn ausgedrückt ift, und
wegen ihrer Eleganz gern ihre Stelle zwifchen fubtilen Un-
terfuchungen über ähnliche Gegenstande eingeräumt fe-
hen. In der fechften Betr. über das Fürwahrhaken und Glau-
ben, nimmt der Vf. noch eine andere glückliche Wen-
dung, um zu zeigen, dass alle Menfchen, deren geifti-
ge Organisation im Zuftande vollkommener Gesundheit
und harmonifcher Verhältnifsmässigkeit der Wirkungen
aller ihrer Kräfte ift, welche alfo durchaus bestrebt find,
Einigkeit und Uebereinstimmung mit sich selbst zu be-
würken, und kein ächtes Mittel, diefes zu thun, unge-
braucht laffen, fich gezwungen fühlen müffen, den
Glauben an Gott anzunehmen und Güter der Zukunft zu-
hoffen. Die fiebente Betr. über die Methode in der na-
türlichen Theologie, weift der Philofophie über die na-
türliche Religion ein doppeltes Gefchaft an.
1) die in der menfchlichen Vernunft liegenden Gründe
für die Ueberzeugung vom Dafeyn Gottes, feinen Eigen-
fchaften, Zwecken und Wirkungen wahr, vollständig
und bestimmt dar. 2) Sie giebt die Mittel an, diese
Gründe unter dem Menfchen zur schnellsten, stärksten,
vollständigften und ficherften Wirkfamkeit zu bringen.
Man kann demnach die Philofophie der Religion in die
theoretische und praktische eintheilen, oder in die na-,
türliche Theologie und in die Afcetik der natürlichen
Religion. Die letztere hat Hr. H. nicht in feinen Plan mit
aufnehmen wollen; wer wünscht aber nicht, dafs er fich
auch diefes neue und grofse Verdienft erwerben möchte?

ctiver, fubjectiver und objectiv-fubjectiver Wahrheit in den Bedeutungen gäbe, die der Vf. angegeben hat, und dafs feine folgenden Unterfuchungen, fo weit fie mit diefen Erklärungen und Unterfcheidungen zufammenhängen, auf keiner fichern und hinlänglich befestigten Grundlage beruhen. Allein diefes Beforgnifs zeigt fich in der Folge des Lefens als ungegründet; indem man entdeckt, dafs diefe Erklärungen da, wo die Anwendung von der felben auf die philofophifche Theologie gemacht wird, unvermerkt berichtigt und genauer bestimmt werden. Dies gefchieht fogleich in der fünften Betr., wo unterfucht wird, welcher Art von Wahrheit die philofophifche Theologie fähig fey? Vertraut mit den Lehren der kritifchen Philofophie und mit der feltnen Kunft begabt, ihre Entdeckungen auch dem minder geübten Kopfe fafslich und einleuchtend zu machen, beweift Hr. H. das Unvermögen menfchlicher Erkenntnifskräfte, zur objectiven oder auch objectiv-fubjectiven Wahrheit der Vorstellung von Gott zu gelangen, und es ergiebt fich hier auf einmal, was oben bey der allgemeinen Erklärung dunkel und zweifelhaft gelaffen wurde, dafs nemlich fubjective Wahrheit nichts anders feyn foll, als diejenige Ueberzeugung, welche durch einen nothwendigen Zweck unfrer Subjecte hervorgebracht wird, und dafs fich diefe fubjective Wahrheit der Vorftellung von Gott, als eine Beitimmung der Vernunft objectiv darthun, ihre Gültigkeit aber nicht durch das Verhaltnifs der Vorstellung zu ihrem vom Gegenftande abhängigen Stoffe erweifen laffe. Die objective Wahrheit wird erkannt; die fubjective geglaubt. Die Gründe diefes fubjectiven Glaubens an die Gottheit erklärt Hr. H. der Sache nach ganz fo, wie es von Kant gefchehen ift, und wo er von dem letztern abzuweichen fcheint, da betrifft fein Widerspruch mehr gewiffe einzelne, misdeuti ge Formeln, als das Wefen der von Kant felbft anderswo beftimmter ausgedrückten und eingefchränkten Behauptung. Wenn Kant z. B. (Krit. der r. V. S. 854. der dritten Ausg.) den doctrinalen oder theoretischen Vernunftglauben herabsetzt: so geschieht dies nur in Vergleichung mit dem moralifchen; er legt ihm in jeder andern Rücklicht, hier fo wie anderwärts (Vorr. XXXIII.), ein fehr grofses Gewicht bey, und behandelt ihn keinesweges, wie Hr. H. S. 167 zu verstehen giebt, zu sehr als Kleinigkeit. Auch ift Kant gegen den theoretischen Vernunftgebrauch überhaupt nichts weniger als ungerecht, (wie ihn unfer Vf. S. 165 befchuldigt), wenn er Natur fchlechterdings alfo blofse Natur will behandelt wiffen, und fich der Verdrängung physischer Erklärungsgründe durch teleologifche widerfetzt; vielmehr ift eben dies dem Intereffe der Vernunft, als Erkenntnifsvermögen, höchit angemeffen, und die Vernunft kann nur durch praktische Gründe beftimmt werden, die teleologische Beurtheilung der Natur mit der phyfifchen und zwar nur fo zu verbinden, dafs der letztern nicht der mindefte Abbruch dadurch gefchieht. Die Kritik der Urtheilskraft hat dies aug nfcheinlich gezeigt. In Rückficht des mo ralifchen Glaubensgrundes für Religion glaubt Hr. H. #ebenfalls (S. 173.) von Kant abgehen zu müssen. Er #gründet nemlich diefen Glauben auf ein gedoppeltes Be dürfnifs, welches dem Menfchen religiöfe Ueberzeugung aufdringt, ein contemplatives und ein praktisches; da Kant

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Die Kritik der demonftrativen Beweife (Betr. VIII.) gehörte allerdings in den Plan, konnte aber nicht wohl et was Neues enthalten. Dagegen verdient die Kritik des Spinozismus (Betr. IX.) um fo mehr Aufmerkfamkeit, weil fie eben fo fehr den geübten Kenner diefer metaphyfifchen Dogmatik, als der Vernunfikritik verräth. Er lafst diefem grofsen Meisterwerke der ohne Kritik ihres eigenen Vermögens und Zweckes bauenden Vernunft alle gebührende Gerechtigkeit wiederfahren. Und gleichwohl gelingt es ihm durch einige, wenige und höchft einfache Erinnerungen, wozu die Selbiterkenntnifs der Vernunft den Stoff darbietet, das Mifsverhältnifs zu zeigen, worinn ein fulches Syftem zu der menschlichen Vernunft fteht. Theils ift ihr Vermögen zu befchränkt, um feine ersten Gründe völlig zu rechtfertigen; theils ift ihre Beftimmung zu grofs, als dafs fie durch ein folches Gedankengebäude alle ihre Zwecke erreicht, und allen ihren, befonders praktifchen, Bedürfnissen abgeholfen fähe. Wenn Hr. H. im zweyten Bande diefes Werks, der Anlage gemass, das vollständige Gebäude der natürlichen Religionserkenntnifs über den hier gelegten Grundsteinen erbauen wird: fo wird er gewifs noch weit mehr Neues und Intereffantes liefern, als diefer erfte Band nach dem, was neulich fchon über diefelben Gegenftände gefagt worden, enthalten konnte, und Hr. H. hätte fich dann das ruhmvolle Verdienft erworben, der Erfte zu feyn, der ein Syftem der erhabenften Vernunftwiffenfchaft Kritifch erbaut hat.

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Mayet 1790. 119 S. 8. (8 gr.).

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lichen Boden und Klima, wo er am beften gedeyht, ent reiffen, und in kaltere Gegenden, in ein leichtes, fandiges Erdreich, wo er nicht fo fehr in die Höhe fchiefst, und fchmälere, dünnere, trocknere Blätter trägt, ver pflanzen mufs. Der Vf. fucht diefe paradoxe Behauptung durch Thatfachen zu beweifen, und geht hierauf in das kleinfte Detail, in Abficht auf die Kultur diefes Baums über. Ob ich feine Anweifungen und Regeln auf das Klima und den Boden der preufsifchen Staaten wirklich und leicht anwenden laffen, müffen Zeit und Erfahrung lehren. Wir erinnern blos noch, dafs die deutsche Aus gabe aus 15 Kapiteln besteht, und mit den darinn vor. kommenden wichtigen Veränderungen und Zufätzen, un ter den Augen des Verf beforgt, und nach feiner eignen franz. Handfchrift veranstaltet worden ist. Das Original empfiehlt fich durch einen edeln Styl, wo es die Materie verstattet, und die Uebersetzung durch Deutlichkeit und Treue.

LEIPZIG b. Crufius: Landwirthschaftliches Magazin

Herausgegeben von Mund. Viertes Qua: 'alftück. 1788. Enthält unter andern nützlichen Auffärzen eine Be fchreibung der Atropa bella donna L. nebft einer fchönen Zeichnung diefer Pflanze. Ueber das Blauwerden der Milch werden mancherley Unterfuchungen angestellt, zwar ohne Resultat, doch wird die Haupturfache fchad lichen Kräutern und niedrig liegenden fumpfigten Ge genden beygemeffen. Der Auffatz: über die Anwendung der Chemie auf den Ackerbau und die Landwirthschaft ent hält viel Gutes. Aus den Parifer memoires d'Agricul ture it hier die Bemerkung angeführt: dafs der Klee auch ungetrocknet mit Stroh vermifcht aufbewahrt wer den kann, ohne dafs er gähre oder fchimmelé. Für prak tische Landwirthe hatte das Verfahren hiebey etwas uar ftändlicher erzählt werden müffen. Das Mutterkorn wird von nackten Schnecken hergeleitet, wovon man schon in Lichtenbergs Magazin III. B. IV. St. S. 116. Nach richt findet.

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AURICH U. LEIPZIG b. Crufius: Ueber die Vehne oder Torfgräbereyen, von Johann Conrad Freefe. Mit einer Charte und Kupfer. Auf Koften des Verfaflers. 1789. 174 S. 8.

Der Vf. hatte einen Traité de la Soie in zwey Bänden, franzöfifch und deutfch, angekündigt, wovon gegenwärtiges Werk nur den Anfang enthält. Verfchiedene Wer hier eine vollftandige Anweifung zu Anlegung Gründe haben ihn vermocht, eine Zeitlang damit einzuder Torfgrabereyen und eine umftändliche Befchreibung halten, von der franz. Ausgabe nur die erften 6 Kapitel aller hieher gehörigen Handgriffe zu finden hoft, der zu liefern, und fich bey der deutschen blos auf die Kul- irrt fich. Der Vf. bleibt blofs bey hiftorifchen und topo zur des Maulbeerbaumes einzufchränken. Die Hauptab- graphifchen Erzählungen, vorzüglich der Frielifchen ficht des Werks ift, die proff. Unterthanen zu überzeuVehnen ftehen, zeigt beyläufig den grofsen Nutzen die gen, dass ihr Boden und K'ima dem Seiden- und Maul- fes Gewerbes und verfchiedene Fehler, die man fich bey beerbau eben fo günftig is, als die fruchtbarften und demfelben noch zu Schulden kommen läfst. Uebrigens wärmsten Länder Europens. Die Güte der Seide (fagt zeigt der Vf. eine überaus grofse Belefenheit in allen hie der Vf.) bängt weder vom Wurme noch vom Saamen, her gehörigen, fowohl alten als neuen Schriftstellern fondern von der Nahrung ab; und die Natur hat den und dadurch, dafs alle hier gesammelte Materien m Maulbeerbaum so organifirt, dafs, wenn feine Blätter Auswahl und vieler Beurtheilung gefammelt find, b vorzügliche Seide geben follen, man ihn dem mütter- allerdings diefe kleine Schrift einen vorzüglichen Werth

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