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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Donnerstags, den 30. März 1791.

GOTTESGELAHRTHEIT.

JENA, b. Cunos Erben: Ueber den Geift der Sittenleh re Jefu und feiner Apoftel, von D. Johann Wilhelm Schmid, der Gottesgel. ordentl. öffentl. Lehrer zu Jena. 1790. 428 S. in g.

Die Hauptabficht des Vf. geht dahin, die Ueberein

ie Hauptabficht des Vf. geht dahin, die Uebereinftimmung der Kantifchen Moralphilofophie mit der chriftlichen Sittenlehre zu zeigen. Freuen mufs es doch ́einen jeden, der in den Kantifchen moralifchen Schriften Wahrheit und Ueberzeugung gefunden hat, und fein Herz zugleich von innigfter Hochachtung gegen die göttlichen Belehrungen Jefu und feiner Schüler durchdrungen fühlt, feine Bemühungen fo herrlich belohnt zu fehen, in beiden die Wahrheit in ihrer reinen Geftalt, und die verfchiedenen Arten moralifcher Anweisungen in der schönsten Harmonie zu erblicken. Die Schranken der Aehnlichkeit werden natürlicherweise einem jeden durch die Schrifterklärung, welche er für die befte und richtigfte anzunehmen beliebt, verschiedentlich abgesteckt werden, und Rec. gefteht, dafs er nach feinen exegetischen Grundfätzen lieber da ftehen bleiben würde, wo ein Kant und Reinhold stehen geblieben find; doch erlaubt fich der Vf. bey weitem die Freyheiten fo mancher neuen Schrifterklärer nicht, und man kann alfo nicht fagen, er habe blofs dem Kantifchen Syfteme zu Liebe fich von dem grammatischen Sinne der Bibel hier und da entfernt. Man mag im übrigen exegifiren, wie man will, fo wird man mit Vergnügen das Räfonnement des Vf. über die Kantifche Sittenlehre, welches einen fo hellen Blick in diefelbe verräth, und fich dabey über alle, Manchen so anftöfsige, eigenthümliche Terminologie hinwegfetzt, ohne, unfers Bedünkens, den Geift der Kantifchen Moral im mindesten zu verfehlen, von S. 39--204 durchlefen, und darinn den beften Commentar über Hn. M. Schmids vortrefflichen Verfuch einer Moralphilofophie finden. Diefen, wie es uns fcheint, vorzüglichsten Abschnitt des gegenwärtigen Buchs, empfehlen wir mit vollkommenfter Ueber zeugung jedem Lehrer der philofophifchen Sittenlehre, der feinen Schülern wenigftens das Wefen der Kantifchen Moral beybringen will, und ihnen für die ganze Sprache des Königsberger Philofophen noch nicht genu metaphyfifchen Kopf zutraut. Auch wird im Ganzen der Vortrag des Vf. fehr beförderlich werden, das Uebereinstimmende der Kantifchen Moraltheorie mit der Sittenlehre Jefu einzufehn. Denn was war doch bey den Juden, für welche Jefus eigentlich und zunächst Sit tenlehrer wurde, die Urfache ihrer verderbten moralifchen Befchaffenheit? Nichts anders, als das, dafs fie, A. L. Z. 1791. Erfter Band.

ohne Rückficht auf die Gebote der Vernunft, blofs ihrer Sinnlichkeit folgten. Jefus, indem er wider die Sinnlichkeit (rap) eifert, und Herrschaft über diefelbe durch die Vernunft (vevua) empfiehlt, lehrt also nichts anders, als eben die unbedingte Verbindlichkeit, welche die Vernunft gegen ihre Gebote jedem vernünftigen Menfchen auflegt. Ob nun die Schriftstellen, womit diefes bewiefen wird, alle hieher paffen, in wie weit insbefondere (Jud. 19) hier anwendbar fey, (S. 60) darüber möchten die Urtheile der Kenner fehr getheilt feyn. - Was S. 77 ff. über die Freyheit im Kantischen Sinne und über die chriftliche insbefondere gefagt wird, ift vorzüglich hell und lefenswerth. Ob wir uns vernünftige oder moralische oder freye Wefen nennen, es bedeutet eines fo viel, als das andere. Höchfter moralifcher Grundfatz! (S. 102) Ift er nöthig, wo ift er zu finden? (S. 104) Welches ift er? (S. 109) Er liegt «) nicht in der Selbstliebe; fie giebt nur Klugheitsregeln, keine eigentlich moralifchen Gefetze, (S. 111) fie giebt keine befriedigende Begriffe von Tugend, Pflicht, Gewiffen, Reue. (S. 125, 126.) Auch Zufriedenheit beweift nichts. Ihre Regel wird sehr treffend und bündig gefafst, ihre Unzulänglichkeit entfchieden, durch den Cirkel, welchen fie in unferer Definition vom Gu ten, Moralischguten, veranlafst. (S. 134.) Selbft Hinficht auf ein höheres Glück nach diefem Leben, das mit Recht noch unter dem Princip der Selbftliebe begriffen wird, gründet noch keine Moral. (Sehr wahr an fich; aber unüberwindlich scheinen uns die Schwierigkeiten, wenn man das Princip der Selbstliebe auch von diefer Seite her der chriftlichen Sittenlehre abfprechen will: feyd fröhlich und getroft, es foll euch im Himmel wohl belohnet werden, wird gar zu rund herausgefagt, und wir getrauen uns wenigftens keine gute That des vornehmsten Apostels zu nennen, bey welcher nicht der Lohn des Himmels den entscheidendften Einfluss gehabt hätte.) Der höchfte Grundfatz der Moral liegt auch nicht im abftracteren Ausdrucke der Selbstliebe, der da heifst: perfice te! (S. 141.) Nicht beffer pafst für ihn B) das perfice alios, die Vollkommenheit des Gan zen, denn wir haben keinen deutlichen und vollstän digen Begriff vom allgemeinen Beften, auch fagen wie ja felbft, der Erfolg bestimme nicht den Werth unferer Handlungen. (S. 157.) y) Das moralifche Gefühl wird beleuchtet und verworfen. d) Das dictamen rectae ran tionis, oder folge deiner Vernunft! wird für allzu unbestimmt erklärt. (S. 164.) ε) Allgemeinheit des Gefe tzes gilt, und gilt allein! Diefs wird erwiefen, auf die bekannten Formeln ganz nach Hn. M. Schmids Moralphilofophie zurückgeführt, in möglichster Popularität. dargestellt, gegen Einwürfe gefichert, v. S. 176-204. Ggggg

Nun

Nun läuft erft das Ganze in die chriftliche Sittenlehre hinüber, und der Anfang wird mit der Beantwortung der Frage gemacht: Was liegt bey der Sittenlehre Jefu für ein höchfter Grundsatz der Moralität zum Grùnde? Wille Gottes ift der höchfte Grundfatz der chriftlichen Sittenlehre, aber nicht aller Moralität; diefer ift: feyd vollkommen! (S. 209. 210.). (Wie fich das mit dem Vorhergehenden reime, fehen wir nicht fo ganz ein.) Spuren vom Gebrauche des Gefetzes der Allgemeinheit werden (S. 212-214) Spuren von der Anwendung der Kantifchen Formel: behandle Andere als Zweck, nicht aber als Mittel, werden S. 215 aufgefucht und gefunden unter anderem im göttlichen Ebenbilde. Liebe ist das oberite Gefetz der chriftlichen Sittenlehre. (S. 222.) Liebe Gottes wird ganz richtig von allem Pathologifchen gefaubert, und mit Widerlegung einiger chriftlichen Sittenlehrer genau auf praktifche Liebe eingeschränkt. (S. 225-233) Der Begriff der Tugend wird (S. 283) ganz rein und musterhaft dargelegt, auch zwifchen Willigkeit und Gernethun (S. 306) fehr fchön unterfchieden. Die dazwifchen hineinfallenden Erklärungen von Geift Gottes und Geift Chrifti, fo, wie die Gedanken des Vf. von der Satisfaction, (S. 219.) möchten zwar manchen nicht völlig in die Schranken des Systems zu paffen fcheinen; allein fchadlos halten könnten fie fich etwa für ihren kleinen Un willen auf S. 335. 336, fo wie auf S. 383, wo dem Vf. vom Satanas und feinem Reiche einiges entwifcht. Angenehm überrascht findet man fich übrigens, wenn in den letzten Abschnitten diefes empfehlungswürdigen Buchs noch mehr gethan wird, als anfänglich verfprochen war, und manche ins Einzelne gehende Betrachtungen über Glauben, Tugend, Verhältnifs der Tugend zur Glückfeligkeit und zum Glauben, über Reich Gottes und Chrifti, über den Begriff der Kirche und die chriftlichen Bewegungsgründe zur Rechtfchaffenheit angeftellt werden.

Zeitschriften vermischten Inhalts und andern Schriften, wo man fie nicht fucht, enthalten find, dergleichen Auszüge schon itzt beynahe die Hälfte diefes erften Bandes anfüllen; wobey aber doch wohl mit fo allgemein gelefenen Büchern, wie Meiners und Bartels Briefe find, eine Ausnahme zu empfehlen wäre. Das in der Ankündigung diefer Acten gegebene Verfprechen, in der Vorrede eines jeden Bandes die neuesten Schriften aus der Kirchengeschichte, wie in den vormaligen Actis, kurz anzuzeigen, nimmt aber der Vf. jetzt zurück, weil die während des Abdrucks des erftern Bandes erfchienenen Rintelischen Annalen fchon auf diefen Gegenstand mit gerichtet find, und alfo feine Anzeige folcher Schriften überflüffig feyn würde. Dafür wird er vielleicht in Zukunft am Schluffe eines jeden Bandes in einem befondern Anhang einige ungedruckte Actenftücke und Documente liefern, welche die Kirchengeschichte der vorigen Jahrhunderte betreffen, welches Vorhaben wir, falls der Vf. mit ausgefuchten und intereffanten Materialien hinreichend verfehen ift, mit Fleifs, und nicht als ein blofses Tapspycv, ausgeführt zu sehen wünschen; auch könnten auf den Fall die diefe Documente enthaltende Anhänge mit befondern Titeln, Seitenzahlen u. Regiftern verfehen werden, für die, welche die Acten felbft nicht anfchaffen. Ift der für die diefsmaligen Acten Beyträge aus Polen einfendende Correfpondent derfelbe, der dergleichen für die Acta hift. eccl. geliefert hat, fo müffen wir hier anmerken, was kürzlich der Vf. der Schrift: Ueber die Schulen der Augsburgifchen Confeffionsverwandten in Polen S. 141 an letzterm getadelt, dass seine, die Kirchenverfaffung der Lutheraner in Polen ange hende, Nachrichten nicht immer die zuverläffigften feyn. Den Inhalt einzelner Stücke anzugeben, würde von keinem Nutzen, wenigftens hier nicht, zweckmäfsig feyn. Wir ziehen daher nur Einiges aus, was zur Charakteristik diefer Sammlung dienen kann. Bey Gelegenheit des Circularbefehls des hochfürftl. Badenfchen Confiftoriums zu Karlsruh, die fymbolifchen Bücher be WEIMAR, b. Hoffmanns Wittwe: Acten, Urkunden treffend, 1733. fagt der Herausgeber, II. S. 182 — 184. und Nachrichten zur neuesten Kirchengeschichte. Er- „Manchem würde wohl die Luft, die fymbolifchen Büfter Band, erftes bis fiebentes Stück. 1788. Achtes,,cher und den in demfelben angegebenen Lehrbegriff bis zehntes Stück. 1789. 876 S. 8. 3 B. Vorr. und Regifter. (Jedes Stück 3 gr.)

zu tadeln und zu verwerfen, fehr benommen werden, ,,wenn er fchriftlich anzeigen follte, was feit der Ueber den Zweck und Plan diefer neuen Sammlung Abfaffung derfelben in ihnen genauer behat fich der Hr. Oberconfiftorialrath und Generalfuper- ftimmt, mehr aufgeklärt und durch stärke intendent Schneider zu Eifenach schon in der Vorrede re Beweisgründe unterstützt worden fey. zum zwölften Bande der Acta hiftorico - ecclefiaftica no- „Eine grofse Arbeit, welche manchen, die fich für weiftri temporis, deren Fortfetzung die itzt anzuzeigenden „fe halten, ihren Eigendünkel benehmen, und fie zu Acten find, hinlänglich erklärt: fie foll die wichtigsten einem heilfamen Selbstgefühl bringen würde." DaDocumente u. Nachrichten von dem neuesten Zuftande mit foll doch wohl nicht fo viel gefagt werden, dafs der verfchiedenen kirchlichen Gesellschaften und Par feit der Abfaffung diefer Bekenntnifsbücher Fortfchrittheyen der Chriften und von den vornehmsten Bege- te diefer Art nicht ftatt gefunden, denn diefs hiefse wohl benheiten derfelben vorlegen, und also die Actenftücke die uns zur Dankbarkeit verpflichtenden Remühungen liefern, die der Kirchengefchicht schreiber einmal benu- der aufgeklärteften und fcharffinnigften Gottesgelehrten tzen und pragmatisch bearbeiten kann, wodurch fie fich unfers Jahrhunderts vorletzlich miskennen. Ueberhaupt auch von einem andern Werke, deffen Vf. fich diefem ift diefe Aeufserung von mehr, als einer Seite, febr Gerchait gleich als Referent unterzieht, abfondert, Auf fonderbar. Ueber das preufsifche Religionsedict lafst befonderes Erfuchen verfchiedener Lefer wird fie aber fich Hr. S. alfo vernehmen: Heil dem grofsen und weiauch diejenigen Nachrichten zur neueften Kirchenge-,,fen preufsifchen Monarchen, der durch diefes mit fchichte aufnehmen, die in neuen Reifebefchreibungen, eben fo vieler Liebe und Mafsigung, als Weisheit und

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,,Ernft abgefafste Edict die fchrecklichen Verwirrungen, ,,die durch verschiedene in diefem Edict §. 7. fehr rich,,tig charakterifirte deutsche und focinifche Modelehrer, ,,unter dem gemifsbrauchten Namen der Aufklärung, ,,bisher find verurfacht worden, mit Nachdruck fteuert. ,,Wenn diefes mit der gröfsten Würde und der Wich,,tigkeit der Sache gemafs abgefafste Edict, wie es von ,,der Weisheit des Preufsifchen Monarchen und Höchft,,deffelben erleuchteten Minister gewifs zu erwarten fte,,het, aufrecht gehalten und befolgt wird, fo wird das ,,auf die Wiederherstellung und Erhaltung der ursprüng,,lichen (!!) Reinigkeit und Aechtheit der chriftlichen „Religion nicht nur in Preufsifchen Staaten, fondern ,,auch in den andern proteftantifchen Ländern einen féegensvollen Einflufs haben; die bis zum Entfetzen, zur Läfterung und Verfpottung Gottes, der theuerften Re,,ligionswahrheiten, und der Fürften und Obrigkeiten, ,,und zur Verbreitung der Sittenlofigkeit gemifsbrauchte ,,Prefsfreyheit wird wieder in ihre Schranken zurück,,gewiefen; und das wahre Chriftenthum und chriftli,,che Sittlichkeit befördert werden. Das waren bisher ,,die Wünfche vieler Taufende, frommer, edler und ,,rechtschaffener Männer unter Proteftanten und Katho,,liken. Diefe Wünsche find nun zur Hoffnung worden, ,,und diefe Hoffnung wird durch die weife und gnädige ,,Regierung Gottes, die fich an der chriftlichen Reli,,gion von ihrer Stiftung an fo fehr verherrlicht hat, ge,,wifs zur Erfüllung gebracht werden.“ —

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Schon der Titel diefer Schrift giebt zu verstehen, dafs fie mit einer gewiffen Rückficht auf das bekannte Buch: Hierokles, oder Prüfung und Vertheidigung der chrifllihen Religion, angeftelit von den Herren Michaelis, Semler, Lefs und Freret, abgefafst ift. Hr. Kleuker fetzte, wie man weifs, diefem Hierokles den erften Theil feiner neuen Prüfung und Erklärung der vorzüglichsten BeweiJe für die Wahrheit und den göttlichen Ursprung des Chriftenthums entgegen, und fuchte in demfelben infonderheit die von den Wundern und Weiffagungen hergenom menen Beweise in ein vortheilhafteres Licht zu stellen, und ihre Gültigkeit darzuthun. Diefe neue Vertheidigung einer Offenbarung, und der damit verknüpften Wunder und Weiffagungen nun beftreitet der Vf. der Schrift, welche wir hier anzeigen. Er folgt Hn. K. gleichfam Schritt vor Schritt, um zu beweifen, die Sache, einer übernatürlichen, durch Wunder und Weiffa gungen unterstützten Offenbarung habe durch die Unterfuchungen diefes Gelehrten nicht das Geringfte gewonnen, und was Hierokles dagegen eingewandt habe, fey nóch keineswegs widerlegt. Man könnte bey folchen Umständen fehr natürlich auf die Vermuthung gerathen, der Vf. des Hierokles fey auch der Urheber diefes angeblich unumftöfslichen Beweifes, und wolle fich hier gegen Hn. K. vertheidigen. Allein wenn man bedenkt,

dafs im Hierokles nicht blofs das Chriftenthum, fondern faft alle Religion in einem sehr entscheidenden Tone verworfen wird; diefer Vf. hingegen mehrmals ausdrücklich erklärt, er fey kein Feind Jefu und feiner Lehre, er halte fie vielmehr für eine gute Grundlage zur moralifchen Befferung und religiöfen Erkenntnifs: fo wird man jeneVermuthung nicht eben wahrscheinlich finden. Was es indeffen auch damit für eine Bewandnifs haben mag fo darf man doch darum, weil diefer Vf. einen unumftöfslichen Beweis verspricht, nicht etwan denken, er wille etwas Neueres und Befferes anzuführen, als bisher wi der Offenbarung, Wunder und Weiffagungen vorgebracht worden ist. Auch bey ihm läuft alles auf die fo oft vorgetragenen Behauptungen hinaus, eine überna; türliche Offenbarung fey weder möglich, noch nöthig; die Erzählungen von Wundern verdienten keinen hiftorifchen Glauben, auch feyen Wunder überhaupt nicht gefchickt, die Wahrheit irgend einer Lehre zu begründen; wirkliche Weiffagungen aber gebe es nicht, weil die Propheten des alten Testaments, und Jefus felbft, lauter Dinge vorhergefagt hätten, die überall eintreffen, und von jedem klugen und eifrigen Patrioten eben so leicht angekündigt werden könnten. Das Einzige, was diefe, bereits bis zum Ekel wiederholte, Einwendungen bey unferm Vf. noch unterfcheidendes haben, bestehet darinn, dafs er hier und da einen Gebrauch von einigen Sätzen der Kantifchen Philofophie macht, und in derfel ben eine ganz vorzügliche Bestätigung der Meynung wahrzunehmen glaubt, dafs eine übernatürliche Offenmit vielen andern feines Gleichen gemein. barung gar nicht möglich fey. Alles übrige hat der Vf. nemlich überall fehr entfcheidend. Er erklärt die Schrift Er spricht fehr gewaltfam und gezwungen, und wäre er in der Kunft, fie auszulegen, etwas geübter, fo würde er manche weitläuftige Declamation, z. B. alles, was er S. 47 ff. wider die Fürbitte Chrifti im Himmel fagt, fich haben erfparen können. Er ist auch, wie alle Streiter feiner Art, dreiit genug, unrichtige Behauptungen als ausgemachte Wahrheiten hinzufetzen, und daraus zu fchliefsen. So fagt er ausdrücklich, die Schriften des N.Test. feyen erst am Ende des zweyten Jahrhunderts angenommen, oder vielmehr von der herrichenden Partey als allgemein aufgedrungen worden; Jefus habe feine Wunder nur vor dem unwiffenden Haufen, nie aber zu Jerufalem in Gegenwart heller Köpfe gethan, weil er wahre Wunder nicht habe thun können u. f. w. Dabey ftimmt auch er in den gewöhnlichen Ton feiner Mitbrüder ein, nach welchem die Lehrer des Chriftenthums als Dummköpfe vorgestellt werden, die, (wir borgen gleich einige feiner feinen Ausdrücke) gar zu gerne Staatsrathe Gottes vorstellen, und ihre glaubigen Unterthanen tie flumme Schafe fcheeren und Schinden möchten, S. 37 und 100, Er ift endlich eben fo wenig, wie der Vf. des Hierokles, und andre Leute diefer Art, fahig, eine ruhige unpar teyifche Unterfuchung anzuftellen, und fich über Gegenitände, die fo vielen Millionen feiner Mitmenschen noch immer ehrwürdig und heilig find, fo auszudrücken, wie es der Wohlstand und die ganz gemeinen Gefetze der Höflichkeit bey gefitteten Volkern verlangen. Kin verftändiger Chrift wird den Vf. lieblos verurthe Ggggg 2

wenn

wenn er äufsert, er fühle fich gedrangen, die gewöhn. liche Lehre von der Menfchwerdung des Sohnes Gottes zu bezweifeln; aber was kann ihn zu der Unbefcheidenheit berechtigen, eben diefe Lehre S. 17. gotteslaferlichen Unfinn zu nennen, und zu behaupten, der flupide Feuerländer könne fich keine elendere Vorstellung von Gott machen? Merken denn die Beftreiter des Chriftenthums, die fich nicht entblöden, fich auf eine fo ungezogene Art über die wichtigsten Gegenstände zu erklä ren, nicht, dafs dergleichen Aeufserungen eine wahre Satire auf ihren eignen Kopf und auf ihr eignes Herz find, und dafs fie auf diefe Art wohl Niemand für ihre Partey gewinnen werden, als rohe leichtfinnige Menfchen, die derfelben wenig Ehre machen können?

MÜLHEIM am Rhein, b. Hertel in Remfcheid zu haben: Religionsbuch zum Gebrauch in Schulen, zum Un terricht für Confirmanden, und zu häuslicher Erbauung für Erwachsene. Eingerichtet und herausgegeben von Diederich David Bunge, Prediger in Rem. fcheid. 1790. 244 S. 8.

Man fieht schon aus dem Titel, dafs diefes Buch nicht ganz die eigene Arbeit des Hn. Vf. ift. Er hat, (wie er in der Vorrede meldet,) aus dem Bergfchen Katechismus, aus Cramer, Tittmann, der Ordnung des Heils und andern in feiner Gegend bisher gewöhnlichen und gebrauchten Lehrbüchern das wichtigste genommen, nach feinem Plan geändert, und daraus nicht ein ganz neues, fondern ein, fo viel möglich, nach feinen Abfichten, Ganzes gemacht. Damit aber diefes Buch nicht zu fehr von den fchon von der Jugend in den Schulen erlernten Kenntniffen, in der Vorftellungs- und Erläuterungsart der Religionswahrheiten abgehen möchte; fo hat er es für feine Pflicht gehalten, immer auf diefe fchon gebrauch ten Lehrbücher Rücklicht zu nehmen, und fo viel zu benutzen, als es fein Zweck zuliefse. Uebrigens hat er fich bemühet, diefes Religionsbuch fo einzurichten, dafs es in feiner Gemeine nicht allein in den Schulen zum Grunde gelegt, fondern auch als ein Leitfaden zum :

Unterricht für Confirmanden, und dann auch als ein kleines Hand- und Lefebuch für Erwachsene zur Unterhaltung in den häuslichen Erbauungsftunden gebraucht werden könne. Nach diefer Abficht ift die Arbeit des Vf. billig zu beurtheilen, Vf. billig zu beurtheilen, Wer die Denkungsart des gemeinen Haufens kennt, und aus Erfahrung weifs, wie viele Schwierigkeiten mit der Einführung neuer Lehrbücher verbunden find, der wird es dem Verfaffer eines Katechismus, welcher in Schulen eingeführt werden foll, nicht verdenken, wenn er die Schwächern schont, und manches stehen läfst, was eine strenge Kritik nicht aushält. Aber Hr. B. hat doch wirklich zu viel aus der gewöhnlichen Schuldogmatik in feinen Katechismus aufgenommen, was er ohne Bedenken hätte weglaffen können, zu viel eingemifcht, was der Jugend und dem gemeinen Mann unverständlich, zum Theil auch falsch, und aus der h. Schrift nicht erweislich ist. Auch find die Begriffe nicht allemal richtig auseinandergesetzt. Einige Beyspiele mögen unfer Urtheil rechtfertigen: Was verfteht man unter dem Wort Gottes? A. Die ganze heilige Schrift etc. Teftament (wenn von Schriften des A. und N. T. die Rede ift,) ift ein Inbegriff von Vermachtniffen und Verheifsungen. Die H. Schrift redet von drey Perfonen Gottes, und nennt fie: Vater, Sohn und heil. Geift. Dies wird bewiefen aus Jef. 48, 16. Pf. 33, 6. Matth. 18, 19. (Marc. 16, 15 ift ohne Zweifel ein Druckfehler,) 1 Joh. 5, 7. Hiebey wird die Anmerkung gemacht: Die drey Perfonen in Gott find nicht nach ihrem Wefen, ihren Eigenschaften und Vollkommenheiten, fondern nach ihren persönlichen Verhältniffen unterfchieden. Pf. 2,7. Joh. 15, 26. Wodurch hat der himmlifche Vater uns den Erlöfer der Welt bekannt gemacht? A. Er hat ihn theils durch deutliche Weiffagungen, theils durch Vorbilder genau kenntlich gemacht und verheifsen. fsen. Jeder Abfchnitt ift in Betrachtungen eingetheilt, die durch Fragen und Antworten zergliedert werden. Die einer jeden Betrachtung vorgefetzten Liederverle find meiftentheils gut gewählt, und beynahe das Befte

in diefem Buch.

KLEINE SCHRIFTEN.

MATHEMATIK. Leipzig, b. Fleischer: Accurate KapitalZins - Ausrechnung nach verfchiedenen angenommenen Prozenten. Bearbeitet von Joh. Chriftoph Luthardt, dermalen Secretarius bey dem kurfürftl. Sächf. Neuftädtischen Kreiskommiffariat zu Schwarzbach bey Neuftadt an der Orla. 1790. 68 S. 4. (9 gr.) Tafeln, welche die jährigen, halb- und vierteljährigen, monatlichen und täglichen Zinfen, zu 6,5,4 und 3 pro Cent Zinfenfufs, für ein Capital von, Pfennig an u. f. w. bis auf 500,000 Rthlr., und eben fo vollständig auch für die Rechnung nach Meifsnifchen Gulden in reinen und deutlichen Ziffern anfagen, auch nach unferm Exemplar zu urtheilen, auf fehr gutes Papier gedruckt find. Da fchon aus diefem Aeufserlichen zu fchliefsen ift, dafs dergleichen Inftrumente, fonft fo genannte Zinfenknechte, ihr Publicum finden; und fie allerdings auch manchen Rechnungsführern, befonders bey Kirchenkaffen und

Vormundschaften, nöthige Dienste leisten mögen, fo wollen wir noch ein Paar Bemerkungen herfetzen: 1) Der Vf. follte nicht blofs verfichern können, dafs er für feine Perfon im Manufcripte alle Rechnungsfehler vermieden habe, jede etwa noch vorhan dene Unrichtigkeit daher dem Setzer und Corrector beyzumeffen fey ;fondern er mufs dergleichen Sachen auch nach den Abdru cke revidiren, und die dabey vorgefundenen Fehler forgfältg anzeigen welches das rathfamfte ift; oder wenn fie e wa in allen Exemplaren, wie in dem unfrigen, mit der Feder verbelfert find auch diefes ausdrücklich verfichern. 2) Mus man folche Tafeln fo licht als möglich zu drucken fuchen. mancher Quartfeite kommen hier zwey - bis dreyhundert Repetierftriche vor, die gar keinen Nutzen haben, fondern nur das Auge verwirren und ermüden.

Auf

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Donnerflags, den 31. März 1791.

STAATSWISSENSCHAFTEN.

LEIPZIG, b. Fleischer: Guft. Aug. Heinr. Baron von Lamotte ausführliche Abhandlung von den Landesgefetzen und Verfassungen, welche die Landftrafsen und Wege in den Königlich Preussifchen Staaten betreffen. 1789. 238 S. gr. 8. (22 gr.)

Der

weite Umfang und die Wichtigkeit des Gegenftandes hat vermuthlich Hn. v. L. bewogen, diefe Abhandlung befonders herauszugeben, welche fonft schicklich in feine bekannten praktischen Beyträge zur Kameralwiffenschaft gehört hätte, da fie ganz nach eben der Art verfaffet ift. Ein kurzer Vorbericht handelt von der Nothwendigkeit und dem Nutzen guter Wege und von ihrer Einrichtung mit befonderer Anwendung auf die Kurmark. Die gemeinen Beweise und Grundfätze der ältern Schriftsteller find hier wiederholt, fo wie z. B. der 16te §. faft wörtlich aus dem 428ten im 1ften Band von Jufti's grösserer Polizeywiffenfchaft abgefchrieben ift. Verftehet Hr. v. L. diefes darunter, dafs er in der Vorrede fagt, er habe die Erfodernisse und den Werth guter Wege aus den beften in feinem Vaterlande noch zu wenig benutzten Schriften dargethan, fo giebt er damit den Preufsifchen Kameraliften ein fchlechtes Lob, und bedenkt nicht, dafs fo etwas blofs von der Natur der Dinge abhängendes, gar nicht hiftorisches, eben fo wenig aus Schriftstellern bewiefen werden kann und darf, als die berauschende Kraft des Weins aus dem I. B. Mofe. Auch felbft die Anwendung auf die Kurmark ift durch diefes Nachfchreiben fchief geworden. Denn was Jufti von den tiefen Gleifen in ftarkem lehmigten Boden fagt, pafst dort gar nicht. Welch eine Uneinftimmigkeit! hätte man darüber mehr Grund auszurufen als der Vf. über die Strafse von Charlottenburg nach Berlin durch den Thiergarten, welcher diefer Stadt zum Vorzuge vor andern fchönen Städten in Europa verhilft, und die grundlofen und gefährlichen Wege, welche dem Fremden das vom Anblick einer der prächtigsten Städte auf dem Erdboden gehoffte Vergnügen verbittern. Diefes ift zugleich eine Probe von des Vf. Schönfchreiberey wenn er fich über den ihm fonft anklebenden Actenftil zu erheben fucht.

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Die Abhandlung felbft ift in fechs Abschnitte getheilt, 1) von den Verordnungen wegen der Landftrafsen und Wege in der Kurmark. Diefe werden von 1652 her angeführt und die vornehmften aus dem Mylius und den Acten ganz eingerückt. 2) Von den nicht zu Stan de gekommenen Wege-Reglements für die Kurmark. Hier ift ein 1742, nach dem Mufter einer Hannoverfchen Inftruction und ein von der Mindenfchep Kammer 1755 A. L. Z. 1791. Erfter Band..

gemachter Entwurf abgedruckt. Beide find ziemlich vollständig und gut, aber durch den fiebenjährigen Krieg ins Vergeffen gerathen. 3) Von den Damm-, Wegeund Brückengeldern. Ihr Ertrag ist aus den Städten 5164 Rthlr. für den König und 3168 Rthlr. für die Kämmereyen, vom Lande aber und den Adlichen nicht berechnet. Die Kammer fchlug vor, dafs zu den Ausbefferungen ein Fünftel der Kosten aus der Poftcaffe, zwey aus der Zollcaffe und zwey aus der Steuercaffe des Kreifes beygetragen, aufserdem aber noch von den Unterthanen die Fuhren geleiftet werden follten. Allein wegen des Geldmangels hätten die Wegegelder gleich erhöhet werden müffen und deswegen blieb es gar liegen. Hr. v. L. lobt hiebey den Grund der Bedenklichkeit, keine Befchwerde veranlaffen zu wollen, meynet aber doch, auf fo ungegründetes Murren dürfe die Kammer nicht achten. Ift es aber nicht wirklich schreyend ungerecht, für Erhaltung guter Wege- Abgaben zu er heben, wenn fie noch fchlecht find? reichten fie wirklich nicht zu oder wurden fie vielleicht mit auf andere. Art verwendet? und wäre nicht allenfalls noch der Ausweg übrig geblieben, das Geld auf Zinfen zu nehmen ́ oder in einem fo reichen Staat, als der Preufsifche ist, aus dem Schatz herzugeben, und nachdem bey verbefferten Wegen durch die erhöheten Abgaben allmählich wieder abtragen zu laffen? Diefes Mittel hat wenigstens nun die Güte und Weisheit der jetzigen Regierung erwählet. 4) Von der kurmärkischen Verfassung und einigen Praejudiciis juris in Wegefachen. Aus Müllers Practica civilis Marchica, Scheplitz Confuetud. Brandenburg. Behmeri us Controverfum, einem Urtheil des Kammergerichts und einigen Verordnungen der Kammer, find einige Entfcheidungen über den Unterschied des eigentlichen Zolls und Wegegeldes, das Zollrecht und die Freyheit der Edelleute und Neuanbauer beygebracht, welche aber das märkifche Wege- und Zollrecht bey weitem nicht erschöpfen. 5) Von den Verordnungen wegen der Landftrafsen und Wege in den übrigen Provin zen. Hier find theils einzelne Stellen der Gefetze, theils ganze Reglements für Magdeburg, Pommern, Oftfriesland, Preufsen, Geldern, Schlefien, Cleve und Halberftadt aus dem Mylius abgedruckt. Zur Gefchichte und Erläuterung derfelben aber ift faft gar nichts hinzugekommen., Diefer Abschnitt ift daher der längste und doch der unnützefte. Denn der in Wegefachen arbeitende Gefchäftsmann, Landesbediente, Baumeister u.f.w. mufs die Gefetze ohnehin fchon haben. Für diejenigen Lefer aber, welche fich überhaupt nur unterrichten wollen, hätte ein vergleichender Auszug gemacht werden müffen. So finden fie natürlich, faft durchgängig von Seitengraben, Knüppeldämmen, Hohlwegen u. d. g.

Hhhhh

viel

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