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ALLGEMEINE LITERATUR - ZEITUNG

Sonnabends, den 26. März 1791.

SCHÖNE KÜNSTE.

LONDON, b. Payne, u. a. auf Koften des Vf.: A Ge neral Hiftory of Mufic, from the earliest Ages to the prefent Period. By Charles Burney etc.

(Fortsetzung der im vorigen Stücke abgebrochenen Recenfion.)

Das

Während feines Aufenthalts in Hannover fetzte er feine Opern, die man verdeutfcht auf das Hamburgische Theater brachte. Seine Duette find meisterhaft, und dienten den gröfsten Sängern, als Solfeggi, zur Uebung ihrer Stimme. So zeichnen fich auch die Duette von Clari, und vorzüglich die von Durante, ungemein aus. S. 537 ff. ertheilt der Vf. noch Nachricht von einigen mufika lifchen Schriften der Italiener; und S. 543 ff. giebt er verfchiedene Fragmente mehrerer Componisten, woraus fich die Befchaffenheit der Melodie zu Anfange des vo rigen Jahrh. beurtheilen lässt.

Im IX. Kap. wird der Fortgang der Violine in Italien, von fechszehnten Jahrhh. an bis auf unfre Zeiten, befonders befchrieben. Der erfte Violinist von Bedeutung war Baltazarini, von den Franzofen Beaujoyeux genannt, der 1577 an den Hof der Königin Katharine von Medices kam. Von der allmähligen Einführung der verfchiedenen Stücke für dies Inftrument findet man hier ganz merkwürdige Anekdoten; am längsten verweilt fich der Vf. bey dem berühmten Corelli, der hier Epoche macht, und theilt verfchiedne Anekdoten von ihm mit, die Geminiani einem feiner Freunde erzählte, der fie gleich darauf niederfchrieb. Corelli's Beyspiel und Talente brachten die Violine überall, durch ganz Euro: pa, in Gang. Unter feinen Nachfolgern erlangte Tartini mit Recht den gröfsten Ruhm, und bildete viele berühmte Schüler. Auch Veracini, Barbella u. a. m. werden hier näher charakterisirt.

as VIII. Kap. betrifft die Gefchichte der italienifchen Kirchen- und Kammermufik im vorigen Jahrhundert. Einer der berühmtesten damaligen Kirchencomponisten war Ludovico Viadana; und aufser ihm machten fich Cima, Soriano, Micheli Romano, Turini, Agostini Paolo, Valentini, als folche, und am meisten durch ihre Canons, bekannt. Die gelehrteften Kirchencomponisten diefes Zeitpunkts aber waren Allegri, Benevoli, Bernardi und Bernabi. Diefe Meifter, und manche andre gute Harmonisten, verfahen damals die Kirchen Italiens mit einer faft unzählbaren Menge von Compofitionen, und belebten diefelben noch mehr durch Melodie, Modulation und Ausdruck. Der Kirchenftil erlitt merkliche Veränderungen, fowohl durch die Nachahmung der dramatifchen Mufik, als durch Einführung der Inftrumente, der Schreibart in transponirten Schlüffeln, und Erweiterung der Tonleiter. Am meisten aber gelang die Verbindung der angenehmften Melodie mit der reizendften Harmonie den beiden grofsen Meistern, Cariffimi und Stradella. Die von Kapsberger zu Rom 1612 herausgegebnen Motetti Paffegiati waren, wie es Von den zahlreichen deutschen Mufikern des vorifcheint, die erften Solomotetten, worin Läufe oder Paf- gen Jahrhunderts führt der Vf. (Kap. X.) nur die vorfagen vorkamen. Auch wurden die Pfalme, das Stabat nehmten an. In Deutschland herrschten Harmonie und Mater, die Miferere's und Salve Regina's, mit Solo-Arien, fugirte Mufik länger, als in Italien, weil fie nicht so früh jetzt fehr gewöhnlich, obgleich oft ziemlich gefchmack von dem theatralischen Stil verdrängt wurden. Zuerft los und unfchicklich bearbeitet. Die Madrigale waren von den berühmteften Orgelfpielern: Klemme, Frober zwar nicht fo beliebt mehr, wie vordem; indefs fanden ger, Ilammerfchmidt, u. a. m. Dann von den Theoreti fich noch verfchiedene Componiften, die fich mit den Kern, Kepler, Kircher, Krüger, Prinz, u. f. f. Ferner, felben befchäftigten, worunter Mazzocchi einer der von den Opern in Deutschland, und ihren Componisten, glücklichften war. Er führte auch die Bezeichnung des Was Riccoboni von den Schauspielern auf der Hamburcrescendo, diminuendo, piano und forte ein. Viel Pof gifchen Opernbühne zu Anfange des gegenwärtigen fenhaftes ift in den Arbeiten des Tarquinio Merula an- Jahrhunderts fagt, es wären lauter Handwerker, Obftzutreffen, der unter andern die Declination von Hic, händlerinnen u. dgl. gewefen, bezweifelt der Vf. mit Haec, Hoc, in eine Fuge brachte. Es giebt wenig In- Recht; und es ift offenbar ohne Grund. Die Violine war ftrumentalmufik von Belang aus dem vorigen Jahrhun- im vorigen Jahrh. vielleicht nirgend fo beliebt, als in dert; nur die Orgel erhielt durch Frescobaldi, und fei- Deutschland; und unter allen deutfchen Virtuofen auf ne meisterhaften Fugen, gröfsere Vollkommenheit. Auch diefem Inftrument scheint Biber, in Salzburg, der beste wurde gegen das Ende des vorigen Jahrh. eine Art von gewefen zu feyn. Zuletzt erhält noch der verdienftgelehrten und ausgearbeiteten Kammerduetten für Sing- volle Keifer fein gebührendes Lob. Er konnte, heifst ftimmen beliebt, z. B. von Bononcini, Steffani, u. a. m, ,,es unter andern, fobald er nur die Feder anfetzte, eben Steffani war nicht (wie man gemeiniglich glaubt,) ein,,fo ficher auf glückliche Einfalle und Originalität rechDeutscher; fondern aus dem Venetianifchen gebürtig. „nen, als es Haydn gegenwärtig kann.“ A. L. Z. 1791. Erfler Band. Bbbbb

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Kap.

Kap. XI. In Frankreich war unter Ludwig XIII, der die Mufik liebte und beförderte, Arthur aux Couteaux, der vornehinfte Kirchencomponist; und von den weltlichen Hofcomponisten war Boeffet der beliebtefte. Die vollständigte Nachricht von dem damaligen Zuftande der franzöfifchen Mufik findet man in den Schriften des Paul Merfenne, befonders in feiner Harmonie Universelle, die in manchen Betrachte merkwürdig ift. Michel Lambert war um die Mitte des vorigen Jahrh. der LieblingsComponist für die leichtere Singmufik. Die Oper warde dafelbft durch Italiener, vornemlich durch Rinuccini, eingeführt; und die erfte im J. 1645 gespielte fcheint eine komische Oper gewefen zu feyn. Perrin brauchte zuerst franzöfifche Texte zur drainatifchen Mufik. Und 1672 erfchien die erfte Oper von Lulli: Les Fétes de l'Amour et de Bacchus. Von diefem fo berühmten Componisten wird S. 587 ff. ausführliche Nachricht ertheilt, wobey auch von der Sängerin Maupin unterhaltende Anekdoten vorkommen. Sodann von den vornehmften Orgelfpielern und andern Tonkünftlern diefes Landes.

Kap. XII. In England gab es nach Purcel verfchiedne gefchickte Kirchencomponisten, Clarke, Dr. Holder, Crofts Boyce, u. a. m., deren Verdienfte hier genauer auseinander gefetzt werden Zuletzt noch von einem neuern englifchen Kapellmeifter, John Stanley.

Vierter Band.

men erft zu Anfange des fiebzehnten Jahrhunderts in Gang; und das erfte Stück diefer Art, welches durchgängig in Mulik gesetzt war, und worin der Dialog weder tactmässig, noch ganz ohne mufikalische Begleitung vorgetragen, fondern recitativifch gefungen wurde, war die Dafne, von Rinuccini gefchrieben, und von Peri gefetzt. Beide waren Florentiner, und zu Florenz wurde dies Schauspiel 1597 mit grofsem Beyfall in dem Pallafte Corfi aufgeführt. Indeffen mafste fich auch Emilio del Cavaliere, ein Römer, diefe Erindung des Recititativ's an. Von den ersten zu Florenz gespielten Opern werden S. 20 ff. ganz merkwürdige Nachrichten des Doni ausgezogen. Monteverde ift als einer der vornehm ften Gesetzgeber der Oper anzufehen; und befonders hat ihm das Recitativ viel zu verdanken. Von feinen Recitativen und Ritornellen findet man hier S. 31 ff. einige Proben in Kupfer geftochen. Weitere Nachrich ten von dem Fortgange des Recitativ's werden aus einer Abhandlung des Pietro della Valle entlehnt, woraus fich unter andern der fonderbare Umstand ergiebt, dafs die erfte zu Rom gefpielte Oper, eben fo, wie das erfte Trauerfpiel in Griechenland, auf einem Karren ge-fpielt wurde. Auch findet man hier merkwürdige hiftorifche Erörterungen über die Einführung der Caftraten. als Sänger in der päbfilichen Kapelle. Roffini war im J. 1601 der erfte darunter. Hierauf von einigen berühmten italienischen Sängern, von den weitern Fortfchritten der Oper in Rom, Venedig und Neapel.

Als Einleitung fteht hier ein kurzer Verfuch über Das zweyte Kap. erzählt den Ursprung und Fortdie Euphonie, oder Anmuth der Sprachen, und ihre Fa- gang des geistlichen mufikalifchen Drama, wobey man auf die fogenannten Myfterien zurückgehen mufs, derhigkeit zur Mufik. Unftreitig macht der Reichthum der Selbfilauter, und die Menge von Wörtern, die auf ei- gleichen in Italien gegen die Mitte des 13ten Jahrh. aufnen Vocal ausgehen, eine Sprache zur Mulik vorzüglich kamen. Die eigentlichen Oratorien aber nahmen erit ge gefchickt. Es ift ausgemacht, dafs die franzöfifche Spra- en die Mitte des 16. Jahrh. ihren Anfang, nachdem San che nafal, die deutsche guttural, und die englifche zi-Filippo Neri 140 die Congregation der Priefter des Orafchend, mit Confonanten, Nafalfylben in torii zu Rom geftiftet hatte, von welchem Laudi oder ng, und andern harten Endungen, überladen ift, und aufserdem viele geiftliche Gefange bey m Gottesdienfte gefungen, aus der Wörter hat, die auf fumme Confonanten ausgehen. Die heil. Gefchichte gezogen, und dialoglrt wurden. Das erfte Stück diefer Art, worinn durchgehends gefungen, und italienifche Sprache behauptet in mufikalifcher Rückficht ohne Zweifel die grüfsten Vorzüge. Der Vf. läfst das Recitativ zuerft eingeführt wurde, war die Rappre fich indefs am meiften auf die Prüfung der englifchen fentatione di Anima e di Corpo von Emilio del Cavaliere, im J. 1600, wovon S. 86 ff. genavere Meldung gefchieht, Sprache, in Hinficht auf lyrifche Poefie und Gefang ein, und musikalische Proben mitgetheilt werden. S. 100 ff. und empfiehlt den lyrifchen Dichtern feiner Nation eine hat der Vf. Nachricht von des berühmten und unglückliforgfaltige Wahl und Anordnung der Sylben um fo mehr, chen Ale J. Stradella Lebensumständen, und von feinem da felbft Dryden's meifterhafte Ode, Alexanders Feft, Oratorio di S. Gio. Battifta, eingefchalet. Ueberhaupt findet man hier fowohl von vielen Oratorien, als von ihren Componiften, fehr gute Notizen.

von diefer Seite nicht ohne Tadel ift. Zuletzt noch eine Erinnerung über die Fehler, die Händel, als Ausländer, in der Accentuirung englifcher Worte nicht felten begieng.

So reichhaltig, belehrend und unterhaltend übrigens diefer vierte Band ift; fo müffen wir uns doch, um nicht zu weitläuftig zu werden, blofs auf die Aushebung feines vornehmsten und wefentlichften Inhalts einfchränken. Gleich das erfte Kapitel, über die Erfindung des Recitativ's, and die Einführung der Oper in Italien, enthält viel Merkwürdiges und Unterrichtendes; und gleich Anfangs eine Zergliederung des Orfeo von Politiano, welches der erfte Verfuch eines eigentlichen Singspiels war. Förmliche Opern und Oratorio's ka

Kap. III. Von der Opera Buffa, oder komifchen Oper, und den Intermezzi, oder mufikalischen Zwischenfpielen, im fiebzehnten Jahrhundert. Muratori halt irrig den Antiparnaffo von Vecchi, der 1597 zu Venedig aufgeführt wurde, für das erfte komische Singspiel in Italien; es giebt ihrer mehrere, die alter find; ob fich gleich die erfte komifche Oper mit Recitativen nicht mit Gewissheit angeben läfst. Die Intermezzi entstanden fchon beynahe funfzig Jahr früher, als die in Arien und Recitative vertheilten Opern; und fie waren nicht immer von der niedrigkomifchen Art.

Kap.

Kap. IV. Von den Gantaten, oder der Kammermu fik im erzahlenden Vortrage. Sie entstanden aus den Opern; waren anfänglich faft blofses Recitativ; hernach mit gleichförmigen Stanzen, nach einerley oder ähnlicher Melodie, untermifcht. Das Da Capo fcheint um 1660 aufgekommen zu feyn. Caccimi, ein fehr beliebter Sänger aus Rom, brachte eine ganz einfache Art von Sologefangen auf, die fehr gefiel. Auch entstanden zu Anfange des vorigen Jahrh. erzählende Cantaten; diefe Benennung felbft aber hat der Vf. nicht früher, als in einer 1638 herausgekommenen Sammlung, gebraucht gefunden, obgleich es fchon viel früher, um 1314, von Kirchenstücken in eben dem Sinne gebraucht wurde, wie es bey uns Deutschen noch jetzt üblich ift. Der gegenwärtige Unterschied, den die Italiener zwi fchen geiftlichen Cantaten und Motetten machen, fcheint blofs das Recitativ zu feyn. Cariffini und Stradella gaben für das letztere erft gehörige Regeln, nnd ertheilten dem Vortrage des Recitativs feinen wahren Charakter. Aus Cariffimi's Cantaten giebt der Vf. S. 147 ff. verfchiedene auserlefene kleine Beyfpiele von Melodie und Modulation. Merkwürdig ist auch die Befchreibung einer handfchriftlichen Sammlung von vermifchten Singstücken, die Dr. B. vor zwanzig Jahren in Rom von der Urenkelin des berühmten Dichters, Mahlers und Mufikers, Salvator Rofa, kaufte, worin unter andern acht von ihm verfertigte, in Mufik gefetzte, und mit eigner Hand abgefchriebene, Cantaten befindlich find. Gegen das Ende des vorigen, und in der erften Hälfte des jetzigen Jahrhunderts gelangte indefs diefe Mufikgattung erft zu ihrer Vollkommenheit. Kein Tonfetzer aber hat fo viele Cantaten gefchrieben, als Aleffandro Scarlatti. Von feiner eignen Handfchrift befitzt der Vf. eine Sammlung von 35 Stücken, woraus er einige Stellen zur Probe mittheilt. Nächst ihm war wohl Cononcini darinn am fruchtbarften. In den neuesten Zeiten hat man die Bearbeitung der Cantaten ziemlich hintangefetzt, und pflegt dafür Scenen oder Arien aus Opern für die Kammermusik zu wählen, die doch fo zweckmäfsig nicht find, felten Zufammenhang haben, und meiltens nicht hinlänglich befetzt werden können.

Kap. V. VI. Ueber die einzelnen Verfuche dramatifcher Mufik in England, vor Einführung der italieni fchen Oper dafelbit. Dergleichen machte zuerft Sir Wil tiam D'Avenant, im J. 1656 mit feinem Entertainment of Declamation and Mufik after the Manner of the Ancients, welches aber meistens nur zur Declamation ohne Mufik beftimmt war. Seine Theaterunternehmung wahr-. te auch nach feinem Tode fort; man fpielte Shakspeare's Sturm, Macbeth, und andre Stücke, mit Mufik untermifcht, und nannte fie Opern. Der Dialog wurde ohne Begleitung blofs gefprochen, und die zu den Liedern oder Arien gefetzte Mufik war ziemlich in Lulli's Manier. Dryden fchrieb eine Oper, deren Inhalt der Sündenfall war; fie wurde aber nie componirt noch ausgeDie italienische Mufik hatte fchon lange in England Beyfall gefunden, ehe man dort italienifche Opera aufzuführen anfieng. Gegen das Ende des vorigen Jahrh. liefsen fich einzeln verfchiedne italienische Sänger und Sängerinnen zu London öffentlich hören.

führt.

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Im J. 1705 wurde eine italienifche Oper, Arfinoe, ins Englische überfetzt, und von Clayton in Mufik gebracht; und von diefer Art folgten mehrere. Addifon schrieb feine Rofamunde, die 1707, von eben dem Clayton componirt; zuerit gegeben, aber nur dreymal aufgeführt wurde. In der Oper Pyrrhus und Demetrius liefs fich 1709 der unter dem Namen Nicolini damals fo berühmte Nicolino Grimaldi zuerst hören. Die Operntexte wurden, wie ehedem bey uns Deutschen, zuerst ein Gemifch aus beiden Sprachen; hernach gab man fie ganz in der italienischen. Gegen das Ende des 171oten Jahrs kam Händel nach England; und mit feiner Ankunft begann eine merkwürdige Epoche für die dortige Oper. Im Februar des folgenden Jahr wurde feine erfte Oper, Rinaldo, zuerst auf die Bühne gebracht, deren vorzüglichfte Schönheiten man S. 223 ff. zergliedert findet. Sie erhielt grofsen Beyfall, obgleich Steele und Addifon allen ihren Witz aufboten, diefe Schauspielgattung überhaupt lächerlich zu machen. Wir müffen das ausführliche chronologische Verzeichnifs übergehen, welches, der Vf. von den folgenden in London aufgeführten, von Händel u. a. in Mulik gefetzten, Opern giebt. Es ist durchgehends kritisch und zergliedernd; auch find gelegentlich biographifche Nachrichten und Anckdoten von den berühmteften Sängern und Sängerinnen, z. B. der Robinson, Cuzzoni, Fantina, Farinelli, Caffarelli, u. a. m. eingefchaltet. S. 480 kommt der Vf. auf den ver-dienstvollen J. C. Bach, der 1763 nach London kam, und läfst feinem ausgezeichneten Talent und Gefchmack volle Gerechtigkeit widerfahren. Die neueften glänzenden Epochen für die Oper in London machten die berühınten Sanger: Manzoli, Guadagni, Tenducci, und die grofsen Sängerinnen: Gabrielli, Agujari, Bernafconi, die Todi, Mara, u. a. m. Vorzüglich werden Pacchierotti's Talente gerühmt. Auch von verschiednen neuern Componiften und Virtuofen, die fich in London aufhielten, von Bertoni, Sacchini, Giardini, Anfoffi, und von den. Sängern, Rubbinelli, Marchefi, u. a. m. findet man hier kritische Nachrichten und Charakterifirungen.

Hierauf wird im fiebenten Kapitel diefes Bandes der Fortgang des musikalischen Drama in Venedig, während des gegenwärtigen Jahrhunderts, erzählt. Unter den vielen dortigen, Operncomponisten zeichneten fich Caldara, Lotti, Vivaldi, Orlandini, Vinci, Porpora, Galup pi, Marcello, vorzüglich aus.

Kap. VIII. enthält die Gefchichte des Singfpiels zu Neapel, und Nachrichten von den berühmteften Compo-. niften diefer Stadt, und der dortigen Schule des Contrapuncts. Der erfle dortige Operncomponist des jetzigen Jahrhunderts war Mancini, von 1700 bis 1731; her nach wurden mehrere Meifter in Neapel berühint, z. B. Leo, Scarlatti, Vinci, Haffe, Pergolefi, u. a. m. Dep. letztern nennt unfer Vf. einen Sohn des Gefchmacks und der Eleganz, und einen Zögling der Grazien; und die Nachrichten, die er S. 551 ff. von ihm giebt, find defto fchätzbarer, da man bisher, fo viel Rec. weifs, noch we nig Befriedigendes über diefen fchätzbaren und gefühlvollen Componiften hat. Eine der glänzendften Zierden der neapolitanifchen Schule aber war Jommelli, von dem hier gleichfalls S. 561 ff. umständlich gehandelt wird.

Bbbbb 2

(Der

Der vor fieben Jahren zu Stuttgard entworfne Plan, die fämmtlichen Singftücke diefes grofsen Meifters herauszugeben, deffen S. 562 in der Note gedacht wird, ift nicht zur Ausführung gediehen.) Zuletzt findet man hier noch Nachrichten von Perez; die neueften zahlreichen Künstler diefer Schule hingegen werden nur blofs genannt.

Kap. IX. Von den Operncomponisten in Rom, und den in Italien herausgekommenen neuern Schriften über die theoretische und praktifche Mufik. Hier findet man die in Rom aufgeführten Opern und ihrer Meifter chronologisch verzeichnet; und man fieht daraus, dafs die beften unter ihnen, nachdem fie fich fchon anderswo Beyfall erworben hatten, ihr Verdienft dort vollends zu bewähren und zu krönen fachten. Unter den Schriften der Italiener über die Mufik hätte vielleicht des Padre Martini unvolle ete Gefchichte diefer Kunst eine etwas umftändlichere Recenfion verdient.

(Der Befchlufs folgt.)

LEIPZIG, in der Weidmannfchen Buchh.: Weiber machten ihn weifer, und glücklich. 1790. 478 S. 8. (1 Rthlr.)

Dafs unter zehn Perfonen, welche diefes Buch in die Hand nehmen, um es zu lefen, wenigstens neune (wenn fie nicht vorher gewarnt werden) fich getäuscht fehen werden; darauf ist Rec. mit jedem, und wäre es mit dem Vf. felbft, zu wetten erbötig. Zwar das möchte noch hingehn, dafs man dem Titel nach einen Roman vermuthen follte, und drinnen ein biographifches Werk findet; denn eine unterhaltende Biographie wiegt oft zehn Romane auf; doch dafs diefe Biographie wieder blofs ein Rumpf ohne Kopf und Füfse ift; das heifst, dafs fie in gegenwärtigen Buche weder anfängt noch fchliefst; das können wir unmöglich billigen und die Entfchuldigungen des Vf. in der Vorrede überzeugen uns keinesweges. Er konnte feine Biographie bey einem andern Verleger anfangen, bey einem andern fortführen und wohl gar bey noch einem andern endigen. Er konnte auch im Titel etwas ändern, aber auf demfelben gar keinen Fingerzeig zu geben, dafs és blofse Fortfetzung fey; - Fortfetzung, die Fortfetzung, die unverständlich bleibt, wenn man das erftere Werk nicht

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hat!

Das heifst Autor-Kunstgriff und zwar keiner von den ganz unfchuldigen.

Viele unfrer Lefer kennen vielleicht eine Schrift, die 1787 und 88. in zwey Theilen unter dem Titel: Gefchichte meiner Kinder- und Jünglingsjahre in pfycholo gifcher Rückficht erfchien. Hier erhalten fie folche fortgeführt. Die eigentliche Gefchichte ift nicht reichhaltig; fie liefse fich, zumal wenn man die Episode von Albertinen (325-75) ausnahme, recht gemächlich auf zwanzig Octay-Seiten bringen. Aber die Unterfuchung der geheimern Triebfedern, die pfychologifche Zergliederung macht bey weiten das Vorzüglichere des Bandes aus. Oft hat diefe ihre vortheilhaften Seiten. Der Charakter Friederikens, noch mehr der Charakter der Frau H. hat Neuheit und Intereffe. Albertinens Schilderung hat Züge, welche zu fagen fcheinen: dies Portrait it getroffen. Reflexionen, da und dort, ge lingen ebenfalls dem Vf. und wir könnten als folche elnige S. 97, wo er fich Friderikens Vater zum Gehülfen anbittet, S. 120. wo er feinen Freund, der ihn wahrhaft abfchildert, behorcht hat, vorzüglich die S. 241. wo er von Gefchenken, die man früh Morgens erhält, fpricht, und wohl noch zwanzig bis dreyfsig andre ausheben. Gleichwohl ist der Gang des Ganzen etwas zu sehr gedehnt; zu oft wird ftatt Pfychologie etwas theologisches aufgetifcht, verschiedne Dinge werden drey bis viermal wiederholt (z. B, gleich S. 428. 425. 443. mit einander verglichen!) und das Buch ift daher nicht als Mufter einer unterfuchenden Selbft-Biographie, ja nicht einmal als fehr unterhaltend zu empfehlen. Endlich verfpricht der Titel auch weit mehr, als das Buch leiftet. Weifer können den Vf. allerdings zwey Frauenzimmer gemacht haben; aber das glücklich bleibt er noch fchuldig. Er verfpricht davon wieder in einem neuen Buche zu handeln. Hat er wohl genugfam überdacht: dafs vollständig und weitlauftig zwey fehr verschiedne Begriffe find: in denen man fich freylich oft vergreift? Die Beziehung auf Reifers und auf Stillings Leben schützen hier nicht. Denn viele unfrer bisherigen Vorwürfe treffen auch diefe beiden Werke, wiewohl in etwas geringern Grade. Am Scharffinn gebricht es übrigens dem Vf. nicht, und er wird ihn vielleicht auch dadurch bewahren, dafs er in künftigen Werken die bisherigen Flecken wegwifcht.

KLEINE SCHRIFTEN.

GOTTESGELAHRTHEIT. Ohne Druckort: Warum wollen in den öfterreichischen Staaten fo wenige Priefter werden? beantwortet von einem freymüthigen Katholiken. 1789. 78 S. 8. Die Urfache, warum in den öftr. Staaten fo wenige Beruf zu dem geiftlichen Stande fühlen, findet der Vf. theils in der Herabfetzung des Priefterthums, theils in der Erziehung der Jünglinge. Der geiftliche Stand verfpricht keine Bequemlichkeiten, keine Ehre und Anfehen, keine Reichthümer. (Durften das fonft die Gründe feyn, diefen Stand zu wählen?) Die Erziehung ermuntert den Jüngling nicht mehr, die fchweren Pflichten deffelben, Beten, Arbeiten, Enthaltfamkeit, zu übernehmen. Der Vf. hat hier befonders das Colibatgesetz vor Augen, und gefteht, dafs es dem Jüngling, der fo Vieles, nach der heutigen Erziehung, lefen, fehen und hören darf, unbegreiflich vorkommen müffe. Was

men.

wäre aber hier zu thun? Entweder müsse fich der einmal herr schende Geist der Erziehung, oder das Cölibatgeferz ändern. Ift nun das Erfte nicht zu erwarten, nicht zu wünschen; fe muffe die Kirche eine ohnehin unnütze Bürde dem Geiftlichen abneh Zuletzt findet der Vf. die Bildung in den Generalfeminarien durchaus verderblich. Man höre die Urfachen!,,Hier lehrt man theologifche Toleranz, fetzt das Concilium von Trient herab; fpricht wider die innere Gnade, wider die Sacramente, wider die Beichte, wider Aberglauben und die Heiligen, wider Ordensftande, Faften, Büssen, die Gerichtsbarkeit des Pabstes, wider Erbfünde und Ewigkeit der Höllenftrafen; man macht Jefus zum Profeffor juris naturae purioris; man Logik von Feder, dem Allbezweifler "!!

empfiehlt die

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Montags, den 28. März 1791.

SCHOENE KÜNSTE.

LONDON, b. Payne, u. a. Koften des Vf.: A General Hiftory of Mufic. from the earliest Ages to the prefent Period. By Charles Burney etc.

(Befchluss der im vorigen St. abgebrochenen Recenfion.)

Be

ey dem zehnten Capitel, welches die Fortschritte der Mufik in Deufchland während des jetzigen Jahrhunderts betrifft, verweilten wir uns gern etwas länger, wenn es der Raum diefer Blatter und die fchon fo fehr angewachsene Länge der gegenwärtigen Anzeige verstattete; theils um eins und das andere zu berichrigen, theils auch, um unfern Landsleuten, deren vielleicht nur Wenige das Werk felbft lefen werden, mit den Notizen und Urtheilen eines ausländifchen Kenners und emfigen Forfchers bekannt zu machen. Also nur das Vornehmste. Der Vf. verfichert, dafs feine Materialien zur Gefchichte der deutschen Mufik feit feiner mufikalifchen Reife dergeftalt angewachfen find, dafs er darüber einen ganzen Band liefern könnte. Er glaubte jedoch nur feinem Vaterlande ein vollständiges Detail fchuldig zu feyn. Zuerft von den ältern Opern zu Anfange diefes Jahrh. befonders den Hamburgifchen und ihren Componisten Keifer, Händel, Telemann und Matthefon. Dann auch von den zu Wien aufgeführten italianifchen Singftücken und ihren beiden berühmten Dichtern, Apoftolo Zeno und Metaftafio, auch von Gluck, Ditters, Haydn u. a. m.; aber alles nur ganz fumma rifch. Hierauf von der Oper zu Dresden, Berlin, München, Manheim, Stuttgard und Leipzig. Von Braunfchweig wird nur mit ein Paar Worten die neuere Epoche des Singfpiels erwähnt, und die ältere ganz übergangen. G. Benda gehörte dahin nicht; Schwanbergers Name aber, der nur ganz im Vorbeygehen genannt wird, hätte doch in dem S. 583 f. gegebenen Verzeichniffe deutscher Opernfetzer nicht fehlen follen. Auch die Aufzählung der Inftruments componisten ist nicht vollständig. Unter den mufikalifchen Schriften erhalt Walthers Lexikon verdientes Lob, und die eben fo verdiente Erkenntlichkeit des Vf., deffen Wunsch einer Fortsetzung auch der unfrige ift, den wir auch erfüllt zu fehen Hoffnung haben. Scheibens angefangenes grofses Werk über die mufikalifche Compofition fcheint dem Vf. nicht bekannt gewefen zu feyn. Auf die jetzigen deutschen musikalischen Zeitfchriften, (die denn doch nicht, wie Hr. B. meynt, unzählich find,) und die darinn geführten Streitigkeiten werden die Vorfe im Hudibras angewandt:

A. L Z. 1791. Erfter Band.

As if their Mufic were intended

For nothing else but to be mended.

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Dafs die Religion in die Urtheile und in den Beyfall mufikalifcher Werke in Deutschland Einflufs haben, und die Katholiken ungerecht gegen die Arbeiten protestantifcher Componiften, und umgekehrt, machen follte, können wir uns doch unmöglich überreden. Eher möch te folgende allgemeinere Bemerkung Grund haben: There feems to be a mutual rivalry between the German Proteftants and Catholics still fubfifting fince the long religious wars in that country, which, though diminished by political arrangements and philofophy, is ftill lurking in the hearts and habits of the Several inhabitants. Ziemlich zahlreich; aber doch bey weitem nicht vollständig, ift das Verzeichnifs der deutschen Tonkünftler des gegenwärtigen Jahrhunderts. Von dem jetzt fo beliebten Pleyel urtheilt der Vf., dafs er faft zu ergiebig an Erfindung, zu fehr Haydns Nachahmer, und im Gebrauch der Semitonien, der Paufen und Ralentado's zu gefucht fey, um fich lange in diesem Beyfall zu behaupten. Was S. 592 von Telemann's zahlreichen Kirchenftücken, vermuthlich aus dem Catalog feines Nachlaffes. angegeben wird, find nur Tropfen aus einem weiten Meere. S. 598 kommt ein in Deufchland felbft wenig bekannter deutscherComponist, Eckard, vor, der fich funfzig Jahre hindurch in Paris foll aufgehalten haben, und deffen wenige bekannt gemachte Arbeiten einen Mann von Genie und einen grofsen Meifter auf feinem Inftrument (vermuthlich dem Clavier,) verrathen. Sehr rühmlich werden Fleischer, Wolf, Schmidt u. a. erwähnt; am rühmlichften aber, und mit Recht, Haydn, the admirable and matchlefs Haydn! fagt der Vf., und fetzt hinzu: er habe aus feinen Arbeiten mehr Vergnügen in feinen ältern Jahren, von der mehreften andern Mufik ermüdet, geschöpft, als er jemals in der unerfahrenften und schwärmerischsten Zeit feiner Jugend genoffen habe, als ihm noch alles neu, und die Empfänglichkeit zum Vergnügen bey ihm noch nicht durch Kritik oder Ueberdrufs gefchwächt war. Die Lebensumstände und verfchiedenen Anekdoten von diefem jetzt auch in England fo allgemein beliebten Künftler wurden dem Vf. von dem englischen Minifter zu Wien, Sir Roberth Keith, mitgetheilt. gebreitet sein Ruhm ift, fieht man unter andern daraus, dafs ihn der Vf. eines vor zehn Jahren zu Madrid gedruckten fpanifchen Gedichts, die Tonkunft, zum Helden deffelben gewählt hat. - Noch ein Paar Proben der hier vorkommenden kürzern Charakterisirungen setzen wir mit mit des Vf. eigenen Worten her: Schulz, of Berlin, is a nervous and excellent compofer, as will Ссссе

Wie aus

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