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scheinlichen, verfchönert. Eben fo übereinstimmend die mit verfteckter, aber grofser Kunft, die Begebenmit der Gefchichte find die Charaktere der Freunde heiten mit einander zu verbinden und an einander zu Marc Aurels und anderer historischer Perfonen, befon. reihen lieben, deren Erzählung, gleich einem ftillen ders des Kayfers Antonius Pius und des zweyfeitigen Bache, ungetrennt fortläuft, fondern dafs er dafür die Hadrians gezeichnet, deffen Charakter wohl der fchwie Erzählungsart einiger neuerer Schriftsteller, befonders rigfte unter allen ift. Indeffen haben wir an Marc Aurel deutfcher, gefolgt ist, die zu glauben scheinen, dafs u. a. einige Züge bemerkt, über welche wir mit dem die felbstständige Kraft des Genie, fich ohne Sprünge Vf.rechten möchten. Marc Aurels Philofophie erfcheint, und Uebertretung der Regeln des guten Gefchmacks, wie uns dünkt, in feinem Werke über fich felbft, doch nicht bemerkbar machen könne. Wir begreifen nicht, dem floifchen Syftem getreuer, als der Lebensweisheit wie ein Mann von fo feftem Gefchmack die Anmuth des Diognet. Der Dank gegen den Catilius Severus, einer zu einem schönen Ganzen unvermerkt fich forte dafs diefer ihm die Laft der Regierung habe erfparen windenden Erzählung, die unter einer gefchickten Hand wollen, fcheint uns unnatürlich; von einem andern gewifs nicht einförmig und langweilig wird, der flüch Manne würde man ihn für eine Grimaffe halten. Seine tigen Ueberraschung aufopfern konnte, die der uner Bestrafung des Mefomedes, für die er freylich auch wartete Wechsel der Scenen hervorbringen kann, der derbe Verweife bekommt, harmonirt nicht nur nach doch immer der ganzen Erzählung das fteife Anfehen unferm Gefühle, zu wenig mit feinem Charakter, fon- einer Abhandlung giebt, die in Paragraphen zerschnit dern ist auch schlecht ausgefonnen. Und noch weniger ten ift, in die der Vf. die verfchiedenen Punkte bringt find wir mit der Rolle zufrieden, die er bey der Ent- die er vorzutragen denkt. Dafs diefer Fehler (denn deckung von Fauftinens Untreue fpielt. Die Scenen, das ift er gewifs, fo vorzüglich auch einige Schriftstel die von diefer Entdeckung veranlasst werden, find in ler find, die ihn auch begangen haben) bey dem Vf. Shakespearifchen Tone, nicht eben unglücklich, aber nicht zu widerlich ausfällt, und das Vergnügen nicht doch auch nicht recht natürlich. Wenn Marc Aurel in zu sehr flört, das feine Darstellung erzeugt, ist bloss fo heftige Leidenfchaft gefetzt wurde, wie konnte er der männlichen, edlen, correcten Sprache des Vf. zuzufich in dem erften Augenblick gegen Fauftinen und ih- fchreiben, durch die fich fein Werk vor fo vielen, die ren Buhler fo unfchlüffig betragen? Auch ift es uns eben diefe Anordnung haben, rühmlich auszeichnet. aufgefallen, dafs der weife M. Aurel so stolz darauf ift, Indeffen fcheint uns die Kunft und das Mühfame zu sehr ein Römer, und ein Glied des edlen Annifchen Gefchlechts aus feiner Schreibart hervorzuleuchten, und wir finden zu feyn. Unter den Charakteren der Nebenperfonen die natürliche und gefällige Grazie nicht in ihr, durch find wir mit dem Charakter des Pertinax am unzufrie- welche die Mufen felbft den flüchtigen Arbeiten ihrer denften, den der Vf, zwifchen der Pflicht, eine Ver Lieblinge den anziehenden Reiz mittheilen, der fich fchwörung anzuzeigen, und der Bedenklichkeit, fei- leichter empfinden, als entwickeln läfst. Daher kommt nen Eid za brechen, fchwanken, und endlich die kin es, dafs der Vortrag des Vf. hin und wieder hart, ge difche Ausflucht treffen lässt, der Hypatia zu verbieten, fucht, und pretios wird. Nur ein paar Proben: 1. B. was er will, dafs fie thun foll. Wenigftens erinnern S. 212, bricht fich M. Aur. von der Eiche, unter welwir uns keiner Nachricht der Alten, die eine folche cher Curius die Gefchenke der Samniten ausschlug, einen Schwachheit von Pertinax glaublich machte Und blofs Zweig ab, und ruft aus:,,Heilig fey mir diefer Zweig! um der Hypatia Gelegenheit zu geben, eine edle Rache heiliger, als dem blühenden Mädchen der füfsduftende an dem doch wirklich unfchuldigen Marc Aurel zu ,,Blumenftraufs ift, mit welchem der wonnetrunkene üben, war es nicht der Mühe werth, fich an Pertinax Jüngling ihren jugendlichen Bufen fchmükt, wenn Charakter zu verfündigen.- Ein anderes Erforder-,,für ihn das Wort Liebe das erftemal ihren Lippen entnifs historischer Romane, ift genaue Kenntnifs und Be- "fährt." 2. B. S. 12.,,Hypatia war fchön, denn die obachtung der Staatsverfaffung, der Sitten und der Al-,fchaffende Natur vollendete an ihr ihren Ruhm; fie terthümer: und auch hierinn finden wir den Vf. in der fpiegelte fich zufrieden in ihrem Meisterstücke, und Hauptfache forgfältig und getreu. Doch entfchlüpfen,fah fich felbft." 2. B. S. 243. „Nie fcherzte fie ohne ihm hier mehrere kleine, und zum Theil unangenehme Fehler. Er lässt den Marc Aurel manche Sachen vor dem Volke ausmachen, die zu feiner Zeit nicht mehr vor daffelbe gebracht wurden. Einmal fpricht Marc Aurel fogar im Senat von der Rednerbühne (2. B. S. 260). Kleinere Verirrungen finden fich öfters. So konnte z. E. M. Aur. nicht fagen, ein Sklavenhändler habe ein Kind im Spoliarium zum Krüppel machen wollen; denn man verglich blofs die Winkel, in welchen folche Unmenfchlichkeiten getrieben wurden, mit den Spoliarien in den Amphitheatern, wo die getödteten Gladiatoren entkleidet wurden. Was die Anordnung der Reihe von Begebenheiten betrift. fo hat es uns wehe gethan, dals der Vf. nicht die klaffifchen Alten, z. E. den Xenophon in der Cyropädie, zum Muster fich gewählt hat,

„fährt."

mit kunftlofem Witze." Einigemale, wiewohl fehr felten, verunglückten die Phrafen, z. B. 1. B. S. 242. ,,Schwöre nicht, denn du bift unfähig, einen Eid zu brechen." 2. B. S. 357. Z. 5. v. u. mag,,der Lobende" ein Druckfehler feyn; der Zufammenhang fordert,,der ,.Gelobte.",,Den zweyten Anblick wagen" (2. B. S. 12) ist ein falscher Ausdruck. Aneifern" für Anfeuern, dünkt uns unrichtig, und nur mehr für nur noch, ift nicht deutsch. Der Dialog des Vf. ift oft fehr fchön, und felten verkünftelt. Die Reflexionen, die er feiner Gefchichte einwebt, find faft durchaus vortreflich, enthalten viele Lebensweisheit, und zeigen den Vf. als einen geübten Denker und als einen Kenner des menfchlichen Herzens. Unter vielen andern Raifonnemens hat uns vorzüglich auch das S. 215-217

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des

des 1. B. gefallen, durch welches er den Hang zu my, ftifchen Narrheiten zu bestreiten, widerräth. Diefer philofophifche Geift ift es auch, verbunden mit wirkli cher Beredfamkeit, der die vielen, oft viel zu langen Reden, nicht nur erträglich, fondern meiftens fogar unterhaltend macht; doch würde das Buch noch un terhaltender feyn, wenn die Reden feltner und kürzer wären. Es ift überhaupt ein Wageftuick, feinen Helden Reden halten zu laffen, und dann die grofse Wirkung zu rühmen, die diefe Reden gehabt haben; der Schriftsteller macht dadurch immer mehr fich selbst ein Compliment, als feinem Helden: und man mais feiner Sache fo gewifs feyn, als es unfer Vf. feyn konnte, wenn man nicht beforgen foll, dafs die Lefer folche Complimente iibel angebracht finden dürften. Das Acufserliche des Werks ift fchön, und macht der Verlagshandlung Ehre. Aufser zwey Titelvignetten fol len auch zwey Titelkupfer von Malvieux es zieren, und zieren es wirklich, wenn man blofs auf die Schönheit des Stichs fieht; aber auf die Wahl des Sujets und auf die Zeichnung der Hauptfiguren, darf man wenigftens bey dem zum zweyten Bande nicht fehen, denn gewählt ift-Marc Aurels Schaferflunde mit Hypatia, und gezeichnet ist diefe Situation für den ersten Blick ehrbar genug, denn keine Seele würde dabey auf eine Schäferftunde rathen, wenn nicht darunter ftünde: ,, Deine Tugend verlafst Dich!" Wenn man nun aber einmal weils, was das Blatt vorftellen foll, fo macht Aurels rechter Arm eine Bewegung, die ziemlich plump ift, und gegen die feyerlichen und weinerlichen Gefich ter feltfam genug abfticht, und der linke Arm muss von Aurels Leibe abgelöfst feyn, am fo weit um Hy. patiens Leib herum reichen zu können. Das Titelkupfer zum 1. B., das den fterbenden Annius Verus vorstellt, ift in allem Betracht viel beffer; doch macht der Ausdruck des Schmerzens die Gefichter der Frauenzimmer häfslich.

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HALLE, b. Hendel. Gedichte dreyer Freunde. Mit einigen Melodien.. 1789. 13 Bog. Text, I Bog. Noten. (12 gr.)

Die Vorrede, die, in einem witzelnden Tone, nichts fagt, das der Mühe, gelefen zu werden, irgend werth wäre, liefs uns fchon nichts Gutes vermuthen. Die drey Vf. haben fich mit -d, -s under bezeichnet. Um keinem von allen dreyen Unrecht zu thun, müsfen wir wohl von dem Machwerke eines jeden eine Probe geben. Wenige Zeilen werden genug feyn, die Lefer der A. L. Z. in den Stand zu fetzen, felbft ur theilen zu können, wie ohngefähr das Ganze befchaf, fen fey. Rec. verfichert nur noch, dafs er, nachdem er das Ganze durchgelefen, diefe Pröbchen ohne lange Wahl herausgenommen habe. Alfo zuerst Hn. —d's Manier:

An meinen Freund W. N.

O wär' ich nur der kleinfte Hirt im Thale! Führwahr! bey diefes Morgens erftem Strale

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Es find nun fchon fo viele lange Wochen Zu zählen sie, fehlt mir jetzt Luft und Zeit, Dals ich unfonft auf Briefe von Dir hofte, So fehnlich, wie die Neuverlobte fich Nur fehnen mag, zu fehen den Geliebten, Der von ihr fern, und ihr fo theuer ift: So harr' ich auch mit jedem jungen Tage, Zu sehen einen Zeugen Deiner Freundschaft, Die mir in diefer Welt das Liebfte ift Indefs, was hülf es mir, wenn ich noch länger Von Sehnsucht harrte? ftatt Dich zu erinnern An das, was Du jüngst to gewiss versprachft, Und nicht erfüllet haft." Etc.

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Auch hier hoft Rec. nicht zu früh abgebrochen zu haben. Hr. Sammlung geliefert, mit unter leidliche Verfe; aber -s hat die mehreßten Stücke zu diefer das Ganze it felten beffer, als folgendes Lied, das wir ganz abfchreiben.

Wein und Liebe.

Liebe machte glücklich? Nein! Glücklich macht uns nur der Wein. Wenn aus glänzendem Pokale, Duftend, er beym frohen Mahle Uns entgegen blinkt.

Liebe! ha fie reizt mich nie! Wenig Freuden schenket sie, Und aus ihren hohlen Augen, Die zu nichts als Weinen taugen, Kuckt der blasse Tod., Wenn die Gläfer angefüllt, Und das Herz von Freude fchwillt, Ha fo lache ich der Liebe, Spotte ihrer Macht und Triebe, Lach' und trinke Wein.

Freunde drum fo trinket Wein,

Freudenquell kann er uns feyn!

Trinkt und lacht mit mir der Liebe,

Spottet ihrer Macht und Triebe,
Lacht und trinket Wein.

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ALLGEMEINE LITERATUR - ZEITUNG

Freytags, den 18. März 1791.

ERBAUUNGSSCHRIFTEN.

ZÜLLICHAU, b. Frommanns Erben: Predigten über Epiftolifche Texte, von Chriftian Friedrich Karl Herzlieb, königl. Preufs. Infpector und Oberprediger in Züllichau. Nebft einer Zuschrift an den Hn. Probft Teller über die Popularitat im Predigen. 1790. S. 331. Die Zufchrift S. 34 8.

Da

a mit der Popularität, mit dem Worte wie mit der Sache, feit einiger Zeit fo viel Mifsbrauch, und man darf wohl fagen, Unfug getrieben wird; da so viele, welche fich diefes Ausdrucks zu bedienen pflegen, gewiss keinen richtigen bestimmten Sinn damit verbinden; da einige das populär nennen und als populär anpreifen, was im Grunde fade und wäfferigt heifsen follte; da endlich oft gerade diejenigen Prediger und Predigtbeurtheiler, welche am meisten auf Popularität dringen, und am lauteften über Mangel derfelben fchreyen, die Gabe der Popularitat am wenigften befitzen, weil fie in einer veralteten, wahrscheinlich ihnen felbft unverftändlichen, Sprache reden: fo war es uns ein grofses Vergnügen, hier eine Abhandlung über die Popularität im Predigen und die Erwartung, mit welcher wir diefelbe in die Hand nehmen, fo gut befriedigt zu finden. Schon hierinn liegt das Bekenntnifs, dafs wir mit dem Hn. Vf., im Ganzen genommen, völlig übereinstimmen, und ihm unfern ganzen Beyfall geben; und wenn wir uns einige Anmerkungen über feine Schrift erlauben, fo follen es blofse Anmerkungen über uns aufgeftofsene Zweifel und Bedenklichkeiten, keinesweges aber Beweife unfers Tadels feyn. Wir ftreiten nie gerne, und nie über Worte; hier aber ist es uns unmöglich, einem Streite, wenn man es fo nennen will, auszuweichen, der beym erften Anblicke einem Wortftreite ähnlich fieht, und vielleicht doch nicht blofs und ganz Wortftreit ift. Hr. Herzlieb fagt:,,ich glaube, dafs die Popularität im Predigen bey weitem nicht allein im Ausdruck und in der Sprache, fondern vorzüglich in der Wahl der Gegenstände liege, die man behandeln will." Eigentlich und nach dem deutfchen allgemeinangenommenen Sprachgebrauche, denn diefer, und nicht die Bedeutung des lateinifchen Worts popularis kann hier entfcheiden bezieht fich doch wohl die Popularitat hauptfachlich und zunächst auf Ausdruck und Sprache, auf die Art und Weife, wie man die Wahrheit der Vernunft und Religion in Worte einkleidet, Wenigftens ift der Ausdruck Popularität bisher in diefem Sinne genommen worden, und wir glauben, dafs man fich auch künftig an diefen Sinn vorzüglich halten müffe, wenn nicht immer neue Verwirrungen und Missverständniffe daraus entstehen follen. Zwar hat A. L. Z. 1791. Erfter Band.

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der Hr. Vf. hinterdrein auch diefer Art von Popularität erwähnt; aber es scheint uns doch, als ob er gar zu wenig darüber gefagt, und ihren Sinn, der blofs relativ ift, nicht in feinem ganzen Umfange und nach den verschiedenen Rücklichten, welche dabey ftatt finden, angegeben hätte. Nun find wir zwar in Abficht der Erfodernif fe, welche er zur Popularität in der Wahl der Gegenstände rechnet, völlig feiner Meynung; der Prediger mufs fich in fein Publicum hineinftudiren; er mufs wiffen, welche Bedürfniffe es hat, welche Vortheile, Irrthümer, Lafter in demfelben herrfchen, was und wie es über diefen und jenen Gegenftand denkt ; er mufs den moralischen Ton feiner Gemeinde kennen, und über jede Sache fo reden, dafs er gerade feinen Zuhörern nützlich wird; dies alles mufs der gute Prediger schlechterdings beherzigen, darauf mufs er immer die erfte Rücksicht nehmen: aber wir zweifeln nur, ob diefe Eigenschaften zur Popularität gehören; ob fie nicht vielmehr, wie man bisher geglaubt hat, die Kunft, praktisch zu predigen, ausmachen. Wir glauben behaupten zu dürfen, dass man wirklich im gewöhnlichen Sinne des Worts populär reden könne, ohne deswegen praktische Predigten zu halten; und daher wäre es doch wohl beffer, das Praktische und Populäre nicht mit einander zu verwechfeln, fondern dies letzte hauptfächlich auf Ausdruck und Sprache einzufchränken. - Den Mangel der wahren und edeln, den Urfprung der falfchen und pöbelhaften Popularität fchreibt der Hr. Vf. dem Verfalle der Gelehrsamkeit und dem Einfluffe derer zu, welche behaupten, dafs der Volkslehrer keiner eigentlichen Gelehrfamkeit bedürfe. Auch hier find wir der Sache nach mit ihm einverstanden ; aber wir möchten gern einem gewiffen Mifsverstandniffe vor beugen, welches wohl zur Erregung und Fortsetzung diefes Streits das meifte beygetragen hat und beytragen mufste. Hr. H. hat Recht, wenn er verlangt, dafs der Prediger feiner Sprache mächtig, dafs er mit dem Sinne der Bibel vertraut feyn, dafs er tiefere und gründlichere Einfichten in der Religion belitzen, dafs er fich ein reiches Maals von Welt- und Menfchenkenntnifs erwerben foll; denn wem diefe Eigenfchaften fehlen, dem fehlt unftreitig der Beruf zum Volkslehrer: nur follte man die angeführten Kenntniffe nicht Gelehrsamkeit nennen, weil diefer Ausdruck zu unbestimmt, zu wenig begränzt, zu weitfchichtig ift, und weil man dann, wenn man einmal Gelehrfamkeit von dem Prediger zu fodern berechtigt ift, alle mögliche Sach- und Sprachkenntnisse von ihm verlangen kann. Und in diefem Sinne könnten ja wohl diejenigen Recht haben, welche behaupten, dafs der Prediger als Prediger kein eigentlicher Gelehrter feyn müffe. Und fo wäre denn leicht ein gewiffer Vereinigungspunct zu finden, wenn man nemlich demjenigen,

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was der Prediger wiffen foll, einen andern und zweck- Matth. 22, 16. 10) Ueber menschliche Freuden und Leiden. mäfsigernNamen gäbe, wenn man es philofophifcheKennt Pred. Sal. 11.8. 11)Worinn besteht die wahre Aufklärung? nifs der Religion, praktische Philofophie, oder im Allge- Luc. 11, 34 35. 12) Dürfen wir eine grössere und allge meinen Predigerwissenschaft nannte. Eben das hat wahr meinere Aufklärung, als die gegenwärtige ist, erwarten? fcheinlich der Hr. Vf. fagen wollen; denn alle feine Fo- Math. 13, 31, 32. Der Vf. fagt:,,Daraus, dafs die Aufderungen find unter diefen Rubriken enthalten. Eben,,klärung etwas Gutes und Wünschenswürdiges ift, folgt das wollen wahrscheinlich auch die Gegner der Gelehr-,,noch lange nicht, dafs fie allgemein und herrschend famkeit, wenigftens die Vernünftigen unter ihnen, fa- „leyn müffe, und daraus, dafs diefelbe zur Zeit noch gen; denn foviel ift und bleibt ausgemacht, und man ,,nicht allgemein und herrschend ift, folgt keinesweges, kann es mit genug Bey fpielen belegen, dafs theils gewif-,,dafs fie blofs Traum und Einbildung fey. Nein, fo zufe einzelne Felder der Gelehrfamkeit, theils die Begier,verfichtlich wir den Verächtern der Aufklärung unter de, fich in mehrern Fachern zugleich auszeichnen zu ,,die Augen treten, und dieselbe das Glück und die Zierwollen, folche Beschäftigungen erfodern, und den Geift de der Menschheit nennen können, fo freymüthig wolfo ftimmen, dafs der Wahrheitsfinn und der praktische,,len wir es auch geftehen, dafs fie gegenwärtig noch Sinn woran es doch fchlechterdings keinem Prediger lange nicht vollendet, dafs fie in unfern Tagen nur noch fehlen follte dadurch unterdrückt werden und verlo-,,fchwacher Anfang und noch blofse Dämmerung ift." ren gehen müffen. Was die vor uns liegenden Pre- Dann bejaht er obige Frage aus folgenden Urfachen oder digten felbft betrifft, fo find fie, um unfer Urtheil darü- Grundfatzen: a) Die Aufklärung ist offenbar in dem göttber kurz zu faffen, ein neuer Beweis davon, dafs der Hr. lichen Regierungsplane gegründet. b) Die ganze GeVf. der Sache nach mit uns übereinstimmt; denn fie ha- fchichte der Menschheit, die Gefchichte aller Nationen ben das Verdienft des Praktischen, der Anwendbarkeit, und Zeiten ift Gefchichte der von Gott veranstalteten und der Popularität und Fafslichkeit, und man würde es, immer wachsenden Aufklärung der Menschen. c) Das wenn es auch Hr. Herzlieb nicht ausdrücklich gefagt hät- Chriftenthum ift das allgemeinfte und wirkfamfte Mittel, te, dennoch bald merken, dafs er fich vorzüglich nach Aufklärung zu schaffen, und das Menfchengeschlecht zu dem Mufter eines Tellers gebildet hat. veredeln. d) Das Wachsthum der Aufklärung geht fehr langfam von ftatten, und fie kann auch, ihrer Natur nach, nur fehr langsam und stufenweife bewirkt werden, denn Aufklärung ist erworbene, nicht blofs nachgesprochene und ererbte, Wahrheit. 13) Dafs noch viel für Men fchenwohl zu thun übrig fey Matth. 9, 37 38. Anhang. Erfte Predigt. Jefus, das fichtbare Bild der Gottheit über Joh. 14, 8, 9., eine vorzüglich gute Predigt, in der gezeigt wird, wie Jefus die Menfchen liebte und beglückte, fo auch der Vater; wie Jefus die irrenden, fehlerhaften Menfchen behandelte, fo der Vater; wer Jefum ehrt, der ehret den Vater, wer Jefum kennt, der kennt den Vater. 2te Predigt. Das Beruhigende und Troftvolle in der GeSchichte Jefu. Durchdachte Gründlichkeit herrscht in allen diefen Predigten. Der Stil ift ungekünftelt, aber edel; zuweilen lebhaft und rednerifch, aber am rechten Ort ; zuweilen etwas zu weitläufig und wortreich. Jede fängt mit einem langen Anfangsgebete an, davon einige doch nicht in eigentlichen Tone des Gebets abgefafst find, fondern in Anreden an Gott dogmatifiren. Wenn der äufsere Vortrag des Vf. eben fo gut ift, wie feine Predigten unter die vorzüglichen gehören, wird er auf der Univerfitat als Mufter zur Bildung guter Prediger gewifs überaus viel Nutzen ftiften.

GÖTTINGEN, b. Dietrich; Predigten, vorzüglich in
Rückficht auf den Geist und die Bedürfniffe unfers
Zeitalters. In der Univerfitätskirche zu Göttingen
gehalten von J. G. Marezoll. 1790. 416 S. 8. (1
Rthlr.)

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Funfzehn Predigten, alle über intereffante Materien gehalten: 1) Der Geißt und die Bedürfniffe unfers Zeitalters über Eph. 5, 15, 16. Diefer Geift ift ein Geift derVeränderlichkeit, der Kleinheit, der Täufchung und der Gleichgültigkeit; dagegen find Feftigkeit und Beharrlichkeit, Ernst und Würde. Sinn für Wahrheit und lichtvolle Wärme Bedürfniffe unfrer Zeit. 2) Die Wirkungen und Folgen der Sinnlichkeit über Gal. 5, 16 17. 3) Warum bringt die Religion unter den höhern und gefittetern Ständen nicht mehr gute Wirkungen hervor? über 1 Cor. I, 2628. Die angegebenen Urfachen find, weil viele aus diefen Standen die Religion nicht für wichtig genug halten, fowohl was den Unterricht darinn, als die nachmalige Befchäftigung damit betrifft, weil fie fich zu weife, als dafs fie des Unterrichts der Religion bedürften, und für gut und tugendhaft genug halten; falfche Schaam in Abficht guter Eindrücke und tieferer Rührungen, welche die Religion hervorbringt und Geringfchätzung der öffentlichen und häuslichen Religions- undAndachtsübungen. 4) Wie man fich die Religion recht wichtig machen könne, über Pf. 119, 72. 5) Das Bild einer chriftlich frommen Familie über 1 Mof. 18, 19. (Der Text scheint zu dem Bey fatz chriftlich fromm nicht ganz paffend, Abrabams Familie war patriarchalifch fromin.) 6) Die Kunft, fein Leben zu geniessen, über Pred. Sal. 3. 13. 7) Die Nach ehmungsfucht über 1 Theff. 5, 21. 8) Unter welchen Bedingungen kann die gegenwärtige fo weit getriebene Verfeinerung der Sitten unfchadlich bleiben? über Röm. 10, 2. 9) Wie viel dazu gehört, ein ehrlicher Mann zu feyn?

LEIPZIG, b. Crufius: Predigten, gehalten in der Thomaskirche zu Leipzig, von D. Joh. Georg Rofenmül ler. Zweytes Bändchen. 1788. 184 S. 8. Die acht Predigten in diefem Bändchen behandeln folgende Materien: Warum uns Jefu Auferstehung wichtig ift; Von der Vereinigung aller wahren Chriften in der Welt unter ihrem Oberhaupte J. C.; von fchädlichen Vorurtheilen in der Religion; von der wahren Aufklärung deren vornehm ften Hinderniffen und Beförderungsmitteln; und dafs Je fus allenthalben, gleichwie wir, doch ohne Sünde verfucht

; in des Vf. bekannter deutlicher und lebrreicher Ma

nier. Von wahrer Aufklärung in derReligion oder deutlicher und richtiger Belehrung und Erkenntnifs wichtiger Wahrheiten, die das N. T. Erleuchtung nennt, wird viel Gutes vorgetragen, fonderlich was Jugendunterricht und Bibellefen betrifft. Von der Verfuchung Chrifti wird fehr richtig gefagt, dafs, wenn gleich der Verfucher der Teufel genannt wird, man doch weder eine fichtbare Erfcheinung noch Eingebung jenes böfen Geiftes, fondern wie Jefus den Judas Ifchar. Joh. 6, 10-, und fogar den Petrus Matth. 16, 13. einen Teufel nennt, hier nur einen liftigen boshaften Verführer annehmen dürfe, der ihn teufifch zu Entschliefsungen überreden wollte, die dem Plan Gottes und der Reinigkeit feines Herzens zuwider waren, und dafs diese 3 Verfuchungen zu 3 verfchiedenen Zeiten gefchehen feyn können. Im zweyten Theil wird eine sehr praktische Anwendung auf jeden Christen gemacht.

HAMBURG, in eignem Verlage: Chriftliche Predigten, von Johann Otto Thiefs, Doctor der Weltw. und Nachmittagsprediger an der Paulskirche auf dem Hamburgerberge. 1788. 455 S. und 2 B. Vorrede in 8. (1 Rthr.)

Diefe Predigten (an der Zahl 17) verdienen empfohlen zu werden, und es ift dem Hn. Vf. wohl zu glauben, was er in der Vorrede verfichert, dafs er den grofsen Zweck, chrifliche Aufklärung und Befferung unter unfern Zeitgenoffen zu befördern, immer vor Augen ge habt, und dafs an allen diefen Predigten fein Herz mitgearbeitet habe. Die Materien find gut gewählt, auch ift der Vortrag deutlich (nur bisweilen zu wortreich) und herzlich. Mit anftändiger Frey müthigkeit fpricht der Hr. Vf. in der dritten Predigt vom Spiel, befonders in Zahlenlotterieen. (Sie ift nach der dawider erfchienenen obrigkeitlichen Verordnung gehalten.) Auch in der 13ten Predigt ift über das Vorurtheil, dafs es mit der Religion immer beym Alten bleiben musse, viel Wahres und Gutes gefagt. Einige Stellen aus Luthers Werken, welche wörtlich angeführt werden, verdienen bey dem jetzt erneuerter: Streit über fymbolische Bücher von manchen Eiferern wohl beherzigt zu werden. Darum gilts nicht, (fchreibt unter andern diefer grofse Mann,) wenn man fagt, man müffe glauben, was die Concilia befchloffen, fondern man mufs einen Ort anzeigen, da man Chriftum finde, und kein anders. ́ Dafs man aber in Sachen Gottes Wort betreffende, durch Präfcription und Verjährung der Zeit, oder aber durch die Men ge und Gröfse der Menfchen Lehre, (wie heilig diefelben Menfchen immer gewefen find,) etwas vermeynt zu probiren, ift je fchimpflich zu hören." Diefs follten doch manche Leute, die allein ynowe Lutherani heifsen wollen, bedenken! Weniger hat uns die vierte Predigt (über 1 Theff. 4, 13-18,) Troft am Grabe unferer Lieben, gefallen. Die vom Vf. empfohlnen Troftgründe find: Unfere Lieben Schlafen fanft; Jefus Chriftus wird fie wecken, einft werden wir wieder mit ihnen vereinigt werden, und das auf ewig. Die Vergleichung der Verftorbenen mit Schiafenden ift zu gedehnt, und nicht überall paffend. Was in den zwey erften Theilen mit grofser Weitschweifigkeit gefagt ilt, würde Rec. kürzer ge

fafst, und in einer einzigen Abtheilung mit den Wor ten ausgedrückt haben: Es gehet unfern Lieben unmittelbar nach ihrem Hinfcheiden vollkommen wehl. Die gte Predigt: über das Thorichte und Unchriftliche in den ängstlichen Sorgen für die Zukunft, hat manche gute Stellen; fie ift über die Epiftel am 4ten Adventfonntage (Phil. 4,4-7) gehalten; aber des Textes wird nur mit wenigen Worten erwähnt, und in der ganzen Predigt wird das Evangelium am 15ten Sonntage nach Trinit. zum Grunde gelegt. Das Thema der 16ten Predigt, über 1 Cor. 15, 1-10, heifst: der ädle Stolz. Der Vf. entfchuldigt fich in einer Anmerkung, dafs er in einer Predigt einen neuen Sprachgebrauch beliebt habe, und fagt in der Abhandlung, wir hätten kein Wort, womit wir die ädle Eigenschaft bezeichnen könnten, die eben fo weit von Hochmnth, als von der Niederträchtigkeit entfernt, und mit der wahren Demuth fo nahe verwandt fey; aber was Hr. T. ädlen Stolz nennt, scheint. im Grunde nichts anders zu feyn, als was die Moraliften (nach des Rec. Einficht richtiger) Achtung gegen fich felbft, Werthschätzung feiner felbft zu nennen pflegen. Hierauf kommt der Vf. felbft zurück, wenn er S. 413 fagt: Stolz und Demuth feyen nur verfchiedene Aeufserungen einer Tugend, nämlich der richtigen Kenntnifs und unpartheyifchen Schätzung feiner felbft. Wenn auch einige neuere Schriftsteller jenen Sprachgebrauch angenommen haben, fo fcheint es doch nicht, rathfam zu feyn, ihn in Predigten vor einem vermischten Haufen, wo man fo leicht misverstanden werden kann, nachzuahmen. Doch das find Kleinigkeiten, worüber wir mit dem Vf. nicht hadern wollen. Im Ganzen find die Predigten gut, und werden nicht ohne Erbauung gelefen werden.

LEIPZIG, b. Crufius: Predigten an Feft- und Bufstagen, ingleichen über verfchiedene andere Gegenstän de des praktischen Chriftenthums, von K. G. Bauer, der W. W. M. und Pfarrer zu Frohburg. 1790. 486 S. in g.

Der ächte Schüler Zollikofers würde in diesen Abhandlungen unverkennbar feyn, wenn fich auch der Vf. nicht in der Vorrede dankbar dafür bekannt hätte. Die gewählten Materien find durchaus praktisch, und nicht alltäglich, ungezwungen und doch überraschend, aus dem Texte hergeleitet und erläutert, ohne diefen blofs als Motto, oder auch ohne ihn als die einzige Fundgrube einzelner Gedanken zu betrachten; die Ein theilungen richtig, natürlich, nicht ohne Noth vervielfaltigt, und immer für die Aufmerkfamkeit bestimmt genug angedeutet. In der Ausführung herrscht genaue Beitimmung der Begriffe, ftrenge Ideenfolge, Deutlichkeit, fanft eindringende Ueberzeugung, zugleich zweckmäfsige und richtige Bibelerklärung. (In einigen Erklarungen können wir freylich dem Vf. nicht beyftimmen, z. B. dafs pauwv The adinias Luc. 16, 9. ex hebraismo für Schätze der Unwahrheit, d. h. trügliche, hinfällige, irrdifche Schätze ftehen follte, denn fo fehr diefs auch der Zufammenhang mit dem Folgenden zu begünftigen fcheint, und fo fehr nach diefer Erklärung auch alle fonftigen Schwierigkeiten verfchwinden, so ist es doch

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