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GOTTESGELARTHEITS

23.2

Leipzig, b. Crufius: Allgemeines Magazin für Predi ger nach den Bedürfiissen unfrer Zeit. Herausge geben von Johann Radolph Gottlieb Beyer, Paftor zu Schwerborn bey Erfurt. Zweyten Bandes zweytes bis fechftes und dritten Bandes erftes und zweytes Stück 1789 und 1790. (Jedes Stück 6 gr.) Barbie mouse monte ein dem non

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Schmolke fchmecken. So kömmt in der erften Rede die myftifche Floskel vor, mein Freund ist mein und ich bin fein; und in der dritten wird behauptet, dafs die Lage der Chriften, die das heilige Abendmahl geniefsen, ganz diefelbe fey, als Davids, oder es wenigfiens feyn follte. Es ift in der That kläglich, dafs die grundlichften, durch Beweife der Vernunft und Schrift unterfiützten, Belehrungen vernünftiger Theologen fo wenig fruchten, dafs unfre Prediger noch immer fortfahren, den alten Schlendrian zu treiben, den Seelen

Die Predigtentwürfe, welche in diefen Stücken ent- der Chriften, jenen niedrigen, kneehüfchen Geift

halten find, erheben fich zwar alle nicht über das Mittelmäfsige, keiner derfelben zeichnet fich in Abficht auf Erfindung oder Einkleidung vorzüglich aus, und wenn wir nicht irren, kommen fie nicht einmal denen in den vorhergehenden Stücken an BrauchbarKeit end Güte bey'; inzwifchen fcheinen uns die über die Engel, über die Obrigkeiten und über das Weltgericht am belten gerathen zu feyn. Sehr viele derfelben find nach einer ganz falfchen Eintheilung gemacht. und oft ift nicht einmal die erfte und bekanntefte Regel bey der Dispolition beobachtet, nach welcher die Predigt nicht mehr in fich faffen mufs, als im Thema enthalten ift. So könnten auch, nach unfrer Einficht, faimintliche Paffionspredigten weit zweckmäfsiger ein gerichtet feyn, wenn nicht alles immer nur nach ei nem Leiften geformt wäre, fo, dafs erft die blofse, Ge, fchichte erzählt und dann im zweyten Theile die An wendung davon gemacht wurde. Diefelben Bemer kungen, welche hier, hintereinander ftelen, würden weit natürlicher und eindringender feyn, wern fie ordentlich in die Gefchichte verflochten und fog leich mit jedem dargestellten Abschnitte derfelben verbunden was ten. Die Abhandlungen find von fehr verfchiedenen. off nur geringen, Werthe, wovon jedoch die über die Glaubenspflicht eine Ausnahme macht, deren Vf. fo unwiffend er fich anfangs ftellt, am Ende wohl recht haben mag. Auch durch die Gelegenheitsreden ift Rec. eben nicht fehr erbaut worden. In den Trauungs- u. Begräbnifsreden findet fich nichts, worauf nicht jeder mittelmäfsige Prediger von felbft fallen konnte. Die Wung vor dein Meincide enthält einige fchöne and rührende Stellen, hat aber auch alle die gewöhn, ichen Fehler, z, E. das Losfagen von Gottes Barmher zigkeit u. dg., welche fchon fo oft und, wie es fcheint, fo vergeblich gerügt worden find. Noch weniger ha ben uns die Abendinahlsreden gefallen; fie hätten fug lich ungedruckt bleiben konnen, da wir eine Menge, weit befferet haben, und ungedruckt bleiben, follen, da fe viele fchiffe Gedanken und fpielende Redensarten enthalten, die bisweilen wirklich nach Benjamin JA. L. Z. 1791. Erfter Band.

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des Judenthums, einzuhauchen und noch überdies ihre Zuhörer, davon doch gewifs die wenigften eigentliche Verbrecher find, mit dem Könige David zu vergleichen! Die liturgifchen Briefe befchäftigen fich blofs mit allgemein bekannten Dingen, mit Fehlern und Mifsbräuchen, die fchon vor vielen Jahren gerügt und zugeftanden, worden find. Und dabey it noch immer eine gewiffe Anhänglichkeit an das Alte fichtbar der Fall mit den fogenannten Pericopen beweift, welche, nach der Aeufserung des Herausgebers felbft, aus der Urfache beybehalten werden follen, weil die Prediger mit dem Ausfuchen freyer Texte zu viel Zeit verlieren würden. Möchten doch Prediger ihre Zeit nur auf keine andere Weife verlieren! Und möchte doch jeder Zeitverluft fo reichlich wie diefer erfetzt werden! Wer in der Bibel hewandert ift, kann in einer Viertelftunde manchen Text finden; und wer denkt und lieft, wird manchen Text und manches Thema in Bereit fchaft haben, um da, wo er fie braucht, nicht erft, lange fuchen zu dürfen. Solche Gründe find doeh wirk lich zu feicht, als dafs man fie den fo ftarken und überzeugenden Beweifen für das Gegentheil entgegenzu ftellen wagen follie! Ueberhaupt fcheint dies gana ze Magazin dem gewählten Titel, nach den Bedürfnif fen unfrer Zeit, zur Zeit noch wenig zu entsprechen. Es enthält allerdings manches Gute; aber ein Buch file Gelehrte und von fo vielen Bogen könnte und follte. dennoch des Guten mehr enthalten. Wir geben es gern zu, dafs ein Werk, woran mehrere arbeiten, nicht in allen feinen Theilen von gleichem Gehalte feyn kann aber wir können auch den Wunsch nicht unterdrücken, dals Hr. B. bey der Aufnahme fremder Ar beiten und befonders bey Bekanntmachung eingefchickter Predigtentwürfe künftig etwas ftrenger feyn möch te. Oft wandelt diefen und jenen die Luft an, fich fo ganz incognito gedruckt zu fehen, wobey er freylich für feine Ehre nichts zu fürchten hat; aber ob auch das Publikum geneigt fey, ihn gedruckt zu lefen, darauf follte billig die erfte Rücklicht genommen werden. Wenn endlich folche Abhandlungen, wie die über die

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Frage

Frage, ob der Prediger heyrathen foll, blofs der Vollftändigkeit wegen, weil es ein allgemeines Magazin heifst, mitgetheilt werden, fe haben wir nichts dawider: wenn es aber Leute giebt, die dergleichen Aufgaben, welche fchon die gefunde Vernunft und die perfönlichen Unftände eines jeden hinlänglich auflöfen, für wichtig halten, fo können wir unfre Verwunde rung darüber unmöglich bergen. -- Noch fiehet man unter andern aus den hier mitgetheilten Nachrichten, dafs in der freyen Reichstadt Mühlhaufen ein protestantifcher kleiner Papft haufe, der nicht nur in über den Verfall des klagt, weil

fiche eingetheilt. Natürliche brandigte Oele, giebt es unfrer Meynung nach, gar nicht, wir würden daher das Steinöl u. f. w. lieber Quellöle genannt haben, da fie durch Ausquellen der Erde, gewonnen werden. Das Verhalten der ätherischen Oele gegen die rauchenden Sauren, hat Hr. R. nach Haffens Verfuchen, bekannt gemacht. Mit Recht erinnert er dabey, wie fehr es zu bedauren ift, dafs Hr. H. dabey nicht anf die übrige Grundmifchung diefer Oele Rückficht genommen hat. Rec. weifs aber auch aufferdem aus eigner Erfahrung, dafs Hn. Haffens. Arbeiten nicht fehr zu trauen ift; denn mehrere feiner über das der Säuganz ächten Materialien nachzumachen Gelegenheit fultate'; daher fehr, Hn. R. nicht an Zeit und Gelegenheit mangeln diefe Verfuche felbft zu wiederholen; die Erfolge, welche fie darbieten, find in mehr als einem Betracht wichtig.

feinen, Programmen defswegerföhnungslehre heut ren zu den Oelen, die Rec. mit aller Vorficht, und mit

Ichen Synodus der dortigen Geitlichkeit, es jährli- hatte, gaben ganz den feinigen entgegengesetzte Re

zutage nicht nach feinem Kopfe vorgetragen wird, fondern der auch, als Superint. und Prafes des jährlifeine Untergebenen, deren jeder einen Auffatz ablefen mufs, mit folchen dazu vorgefchriebenen lateinifchen Fragen martert, bey deren Beantwortung wenigstens die Auf geklärten unter ihnen in grofse Verlegenheit kommen müffen, wie fie Achtung für die Wahrheit und Gefälligkeit gegen den Hin. Ephorus mit einander vereinigen follen.

PHYSIK...

ERFURT, b. Keyfer: Tabelle, welche die Menge des we Jentlichften Oels anzeigt, das aus verfchiedenen Gewachfen erhalten wird, nebft Farbe, Geruch, Geschmack und Verhalten gegen die rauchende Vitriol- Salpeter- und Salzfaure. Zum Gebrauch für Aerzte, Scheidekünftler und Apotheker entworfen; von Joh. Chrift. Wilhelm Remler. 1789. 58 S. Queerfol. (20 gr.)

Des Vf. Tabelle über die auflöslichen Beftandtheile der Gewächfe, haben wir in der A. L. Z. mit gerechtem Lob angezeigt, und wir freuen uns, diefes Lob auch auf die gegenwärtige Tabelle ausdehnen zu können. Was man in diefer Tabelle zu fuchen hat, zeigt der Titel; und wer die mühfeligen Arbeiten kennt, welche erfodert werden, eine fo unendliche Menge Beobachtungen, als hierher gehören, aus fehr vielen Schrif ten zu fammlen; der wird dem Vf. für feine dabey bewiefene Geduld und Aufmerkfamkeit, gewifs aufrichtig danken: denn der Nutzen einer folchen Arbeit, für Aerzte and Apotheker, darf nicht erft erwiefen werden. Nach einer vorangefchickten allgemeinen Ueberficht, der Oele, in welcher Hr. R. beweift, dafs die deftillirten Oele erft im eilften oder zwölften Jahrhundert, bekannt worden find; wogegen die fetten Q.le fchon zu Jakobs und Hiabs Zeiten bekannt waren, theilt er die Oele überhaupt in drey Claffen. Die ätherischen Oele, welche zur erften Claffe gehö-, ren, theilt Hr. R. nach ihren aufsern Eigenfchaften, in flüfsige, fefte, auf dem Waffer fchwimmende, im Waffer zu Boden, finkende, in der Froitkälte gerinnen de, und in derfelben flüssig bleibende. Eine gleiche Eintheilung erhalten auch die fetten Oele in der zwey ten Claffe; und die brandigten Oele, welche die drit-' te Claffe ausmachen, hat Hr. R. in natürliche und künft

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SCHOENE KÜNSTE.

LONDON, b. Murray: Efays on Shakespeare's Dra matic Character of Sir John Falstaff, and on his, Imitation of Female Charakters. To which are added fome general Obfervations on the Study of Shakespeare. By Mr. Richardfon, Prof. of Humanity in the Univerfity of Glasgow. 1789. 96.S. 8. (2 Sh.)

Man hat von dem Vf. fchon mehrere Zergliederungen fhakspearifcher Charaktere, die fich durch ihren Scharffinn fowohl, als durch die Eleganz ihrer Einkleidung mit Recht empfohlen haben. Falstaffs. Charakter gehört zu den originalften und auffallenditen; eine Schilderung und Zufaminenftellung feiner Grundzüge hat daher fchon langst verschiedne Ausleger des Dichters befchtigt, und vor 13 Jahren fchrieb ein Unge-nannter einen eignen Verfuch über diefen dramatischen Charakter, der auch in der Olla Potrida v. 1779 ins deutfche überfetzt wurde. Gegenwartiger Verfuch wird immer mehr befriedigend feyn, weil die dabey zum Grunde liegenden Ideen minder paradox find. Auch hier, wie in feinen vorigen Verfuchen diefer Art, geht der Vf. vornemlich darauf aus, die Urfachen des Ver gnügens zu erklären, welche das fhakfpearifche Ge mahlde Falstaff's gewährt. So widerlich und empörend für jedes Menfchengefühl der Anblick der Graufamkeit, Bosheit und Rachfucht ift; fo find damit doch zuweilen trefliche Eigenfchaften verbunden, z B. Muth, Unabhängigkeit der Seele, Erfindfamkeit und Unternehmungsgeift, Ein Charakter, worinn diefe Eigenfchaften mit jenen vermifcht find, wird wenigftens nicht mehr blofs ein Gegenstand des Abfcheues, fondern auch unfrer Theilnehmung werden; und felbft der Unwille, den er rege macht, ift nicht durchaus unangenehme, fondern gemifchte Empfindung. Und dieser wird noch mehr. gemindert, wenn folch ein Charakter mit guter Laune, mit einer gewiffen Gewandheit und Schlauigkeit, mit ächtem oder falfchem Witze, verbun

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den

den ift. Da, wo der Gegenftand geringfügig ift, geht diefer Unwille in Verachtung und Verlachung über. In Falltaff's Charakter ift der Hang, gröbere und niedrige Neigungen zu befriedigen, der herrschende und stärkste Grandtrieb. In jeder gefährlichen Lage ist daher die Sorge für feinen Körper fein gröfster Kummer; und feine Feigheit fcheint vielmehr Vorfatz, als blofse Folge feines Temperaments und feines Körperbaues zu feyn. Daher auch feine Gleichgültigkeit gegen alle Ehre, die auf Koften des Körpers erkauft wird. Nur zuweilen konnte ihm, bey aller herrfchenden Sinnlichkeit, auch Ruhmbegier anwandeln; doch geht diefe nur auf fchein bares, nicht auf wirkliches Verdienft. Natürlich war er daher übermüthig, grofsfprecherisch und eitel. Auch ift er auf Trug und Ränke bedacht, und wenns Noth thut, Schmeichler und felbft Scheinheiliger. Um diefen niedera Charakter recht intereffant zu machen, hat Sh. in demfelben noch fo viel fchlimme Eigenfchaften gehäuft, als nur immer mit einander und mit feinem Hauptzwecke verträglich waren. Er ift nicht nur wollüftig, feigherzig, ruhmredig, ftolz und betriegerifch; fondern auch fchmähfüchtig, keiner dankbaren und freundfchaftlichen Gefianungen fähig, und rachfüchtig. So kannte ihn Prinz Heinrich, und fo fchildert er ihn in jener meisterhaften Scene, worinn er die Perfon des Königs, feines Vaters, vorstellen will, wie er feinem Sohn Verweise giebt.

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Bey dem allen ift diefer Charakter fo fehr intereffant, und eine Lieblingsrolle auf der englische Bühne geworden. Seine Eigenfchaften, denen er dies zu danken hat, find, nach unfers Vf. Urtheil, theils gefellig, theils intellectuell. Die erstern find Jovialität und gute Laune; unter den letztern ift fein Witz die vornehmfte. Diefer aufsert fich bald in blofsen Wortfpielen, bald, und am glücklichften, in lächerlichen Gleichnissen, bald in einer gewiffen affectirten Gravität. Aufserdem aber find auch feine Handlungen und Reden überaus launig. (Bey diefer Gelegenheit wird der Unterfchied zwifchen Witz und Laune S. 30 ff. fehr gut erläutert.) Falstaff weifs es recht wohl, dafs er diefe Talente befitzt, und braucht fie oft abfichtlich. Ueberall aber behält er einen gewif fen feyerlichen Ernft, und lacht niemals felbft über feine Einfälle. Auch ift fein Witz faft immer von der leichten und ungezwungnen Art. Die übrigen Eigenfchaften des Verftandes, welche Sh. dem Falstaff gab, find Scharffinnigkeit, Gewandheit und Gefchicklichkeit im Ungange mit Menfchen, die freylich befchränkt find, aber doch hinreichend, zu wiffen, was für feine Ablich ten brauchbar feyn könne, und dann auch von ihnen Gebrauch zu machen. Auch weifs er fich auf eine gefchick te Art zu verbergen, und aus Schwierigkeiten heraus zu wickeln. Er ift niemals verlegen; feine Geiftesge genwart verlässt ihn nicht, und eben fo wenig feine Erfindungskraft. Meisterhaft ift auch der Zug, dafs Sh., deffen Moralität nicht weniger erhaben, als feine Charakterzeichnung treflich und unvergleichlich ist, den Falfaif nicht blofs als einen Wollüftling und Schmarotzer, fondern völlig aller Befferung unfähig darstellt. Selbft gen mit zu feiner Verdorbenheit bey. Der blofse Sen

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fualift, alles edeln Ehrgefühls ur fähig, ift unwieder bringlich verloren; völlig und auf immer verderbt. Eine wichtige und schaudervolle Lehre ! Wir kommen nun zu dem zweyten Verfuche, der die weiblichen Charaktere in den fhakspearischen Schauspielen betrifft. Diefe haben manche Kunftrichter, wie bekannt, für minder meisterhaft gehalten, als die männ lichen. Wenn indefs Sh. mit den gehörigen poetischen Verfchönerungen den weiblichen Perfonen auf feiner Bühne eben den Standpunct gegeben hat, den fie im wirklichen haben, und wenn er fie charakteristisch genug gefchildert hat; fo hat er alles gethan, was man von ihm verlangen kann. Der Vf. fucht zu zeigen, dafs beides wirklich von ihm geleistet fey. Nothwendig mufs fich unter den männlichen Charakteren eine gröfsere Verfchiedenheit und Mannichfaltigkeit finden, als unter den weiblichen, wenn auch die Fähigkeiten und Anlagen in beiden gleich find. Auch mufs man auf die Lage des weiblichen Gefchlechts in den Zeiten Rückficht nehmen, aus welchen der Dichter feinen Stoff nahim. Indefs fehlt es an fehr mannichfaltigen und eigenthümlichen Zügen der Frauenzimmer in Sh's Schaufpielen gewifs nicht. Man erinnere fich nur feiner Miranda, Ifabelle, Beatrice und Portia, deren Charaktere der Vf. einzeln durchgeht. Und wie fchön ist nicht der, hier gleichfalls zergliederte Charakter der Cordelia im König Lear! eben fo glücklich und erfindungsreich angelegt und ausgeführt, als Lear's Charakter felbft! Nicht leicht wird man von irgend einem andern Dichter den Einflufs kämpfender Gemüthsbewegungen mit fo vieler Feinheit gegen einander in Gleichgewicht gehalten und nüancirt finden. Noch denke man an Ophelia, an die Königin Margarete, an Dame Quickly, an Lady Anne, Julie und Desdemona und Imogen. Wenn auch einige von ihnen in den Hauptzügen übereinstimmen, fo find doch die Schattirungen fehr mannichfaltig, und die Si tuationen fowohl, als ihr Benehmen in denfelben, feht verfchieden. Und gerade fo es auch in der Natur.

Zuletzt giebt uns der fcharffinnige Vf. noch einige Bemerkungen über die Hauptgegenstände der Kritik in Shakespears Werken. Kein neuerer Dichter hat die Kunitrichter und Ausleger mehr befchäftigt, als er. Schon die Schwierigkeiten des Wortverftandes und die Verderbniffe feines Textes, machten diefe Bemühungen nothwendig und verdienftlich; und das um fo mehr, da Sh. mit Recht als der Dichter der Menfchheit angefehen wird, der auch dem Moraliften, und dem Philofophen überhaupt, ufserft werth feyn mufs. Seine Lefung kann fehr dazu behülflich werden, den fo rafchen und vorübereilenden Flug der menfchlichen Gemüthsbewegun gen und Leidenschaften fefter zu heften, und ihren Gang beffer aufzufpüren. Diefen Gebrauch fuchte befonders unfer Vf. in feinen bisherigen Verfuchen von den Charakteren der fhakfpearifchen Schaufpiele zu machen, und er zählt hier die Refultate feiner Forfchungen kürzlich wieder auf. Ausserdem aber giebt uns diefer Dichter häufigen Anlafs, in der treffenden Wahrheit feirer Nachahmung, feine überaus glückliche Erfindungskraft zu bewundern. Immerhin mag er unregelmassig in dem Bau fei

ner Fabel, incorrect in feiner geographifchen oder hiftori

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KüSTRIN, b. Oehmigke: Graf Monaldeschi, oder Män nerbund und Weiberwuth. Trauerfpiel in 5 Aufz. von Heinrich Zfchokke. 1790. 156 S. 8. (10 gr.) Die graufame Rache, welche die Königin Chriftina bey ihrem Aufenthalt in Frankreich an ihrem Günftling und Stallmeifter Monaldeschi nehmen liefs, und wo durch fie fich fo verdienter mafsen in Frankreich verhafst machte. diefe Ermordung hat fchon manche romantifche und dramatische Feder in und aufserDeutschland befchäftigt. Da auch die eigentliche Urfache von Chriftinens blutgierigem Zorne ein Geheimnifs blieb: fo hatte die Einbildungskraft ein freyes Spiel und hat es an Ausbrütung feltfamer Abentheuer nicht mangeln Jaffen. Doch abentheuerlicher, als Hr. Z. hat noch niemand diefen Stoff gehandhabt. Wer den wahren Monaldeschi, der überhaupt nicht fehr berühmt wor den, oder die wahre Chriftina, die allerdings originell genug war, hier fucht; der bemüht fich vergebens. Wenn man ein paar flüchtige Winke von ihrer Thronentfagung und ihrem jetzigen Aufenthalt in Frankreich wegnimmt, fo könnte das ganze Drama weit fchickli cher in Italien oder Spanien, weit beffer in der Familie Medicis oder Gonzaga fpielen. Aber ftatt deffen ftöfst man alle Augenblicke auf Banditenfchwärme, welche zur Nachtzeit die Strafsen von Fontainebleau (man denke fich, wie paffend!) durchftreifen; auf eine italienifche Gräfin, die fich mit einer deutfchen Fraulein

und einem welfchen Marquis unter gräfslichen Eiden, und mit blinkendem Dolche zu Dingen verfchwört, die eine Kammerzofe hätte übernehmen konnen; auf Scenen, wo ein Freund feinem andern gefangnen Freund de, ohne dafs es die Wache merkt, einen Panzer leiht) und ihm gleich drauf aus Mitleid mit dem Dolche durch? bohren will, ohne an den Panzer zu denken; auf Sce nen im Kerker (wie mochte Chriftina wohl in einent fremden Lande jemanden zum Kerker verdammen koni nen?) wo Paters zum Tode vorbereiten; anf rafende Damen, die unangehalten Schlofs und Strafse durch fchwärmen, indefs die Vernünftigen ihren Untergang vorausfehn, und doch keine Vorkehrung gegen die Ra! fende treffen; aufeine verkappte Rotte ehrlicher Männer, die eine Donna, um fie,zú tödten, auf die Strafse fchlep pen, und fie allda, man weils nicht weswegen, laufen laffen; auf Geifter, welche erfcheinen, man. begreift nicht, wozu ? und noch auf taufend folche tragische Ins gredienzien, die am rechten Orte und einzeln angebracht gut thun können; hier aber ausfehn,. wie ein Teppich, der aus hundertley Fetzen zufammen gedreht it. Hr. Z. proteftirt fehr, dafs man feinen Monaldeschi nicht für eine Nachahmung des Effex halten folle. Es halt freylich fchwer zu glauben, dafs er die eine Scene von Elifabeth und Nottingham nicht vor Augen gehabt har ben folle; aber fey es auch darum! Das wird er doch wenigftens nicht läugnen können: dafs er aus Leflings Sara Sampfon', aus Schillers Kabale und Liebe, aus Meissners Bianka, aus verfchiednen Stücken von Sha kefpeare eine grofse Anzahl von Scenen und von Stel len entlehnt hat? Natürlich muss daher der Gang des Ganzen äusserst unnatürlich geworden feyn; und wenn er in der Vorrede verfichert: dafs fein Stück nicht nur in der Aufführung gefallen habe, fondern auch ohne fein Wiffen abgefchrieben und an andre Schauspielergefellfchaften verkauft worden fey; fo wollen wir dies ihm zwar glauben, nur erlaube er, dafs wir uns über folchen Beyfall verwundern, und erwarte nicht, dafs wir ihn da rum beneiden follen.

PARIS, b. Didot d. ä.: Poëfies Françoifes d'un Prince étranger. 1789. 108 S. gr. 8.

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Ihr Verfaffer ift der ruffifche Prinz Belofelsky, den felbit Voltaire einft mit einigen Verfen beehrte, und der mit Rouffeau in Briefwechfel ftand; der Brief diefes letz tern, der (S. 53) eingerückt ift, gehört unter die vorzüg lichften Merkwürdigkeiten diefer Sammlung, Die Ger dichte bestehn in drey Epifteln, an die Franzofen, die Britten, und die Republik St. Marino, letztere im fcherz haften Ton, mit Profe untermifcht. Jeder Epiftel find Noten und Anmerkungen angehängt. S. 41 und 52 fin det man einige Notizen von den literarischen Beschäf tigungen einiger ruffifchen Grofsen, und S. 71 eine, mit Wärme und Nachdruck, gefchriebene, Biographie Cromwells.

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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Mittwochs, den 12. Januar 1791.

RECHTSGELAHRTHEIT.

FRANKFURT a. M., in der Andräifchen Buchhandl: Verfuch einer Gefchichte des deutfchen Adels in den hohen Erz- und Domkapiteln, nebft einigen Bemerkungen über das ausfchliefsende Recht derfelben auf Dompräbenden, von J. M. Seufert, der Philofophie D., der Rechte Licentiaten, der juriftifchen Encyclopädie und des deutschen Privatrechts auf der Juliusuniverfität zu Würzburg Profeff. 1790. 230 S. in 8. (14 gr.)

Für

Hr. Vf. durch die alleinige Entwickelung der Frage: ob diefe Güter nach der ersten Stiftungsabficht nur ausfchliesslich könnten genoffen werden? der Hauptfache und dem Zweck feines Verfuchs am allernächsten kommen können, denn aus der ursprünglichen Fundation und in der anfänglichen Grundbestimmung kann doch allerdings über das Recht oder Unrecht der damaligen Ausfchliefsung am ficherften entschieden werden. Der Hr. Vf. reihet in dem zweiten Kapitel die weitern Gefchichtsbeweife und Urfachen an, wie der Adel nach und nach das Uebergewicht in den Domkapiteln erhalten habe, worunter er vorzüglich den Reiz des Stadtür den dermaligen Zeitpunct, in welchem die Feh- lebens, das behagliche Leben am Hofe des Bifchofs, den de gegen das ausfchliefsende Recht des deutfchen Ritterdienst, die Verdrängung des Clerus und des VolAdels an Dompräbenden in den hohen Erz- und Dom- kes von den Bifchofswahlen, und felbft die Abfichten kapiteln immer mehr überhand zu nehmen beginnt, des römifchen Hofes, die Vorzüge des Adels in den Stif verdient diefer Verfuch, der in einem körnigten Vor- tern zu befördern, u. dgl. angiebt; er erweifet das letztrag gefchrieben ist, alle Aufmerksamkeit. Die Zwei- tere S. 48 aus einer Urkunde, in welcher der Pabst das fel an dem ausfchliefsenden Rechte des alten Adels zu Schickfal desStifts Halberstadt u. faft aller Stifte fchildert. den Domherrenftellen in den hohen Stiftern, die in dem „Die Ländereyen und Güther des Stifts, (fagt der Pabfty 2ten Band 3ten St. no. 4. des Göttingischen hiftorifchen,,gränzen an die Güter und Schlöffer der Grofsen und Magazins von Hn. Hofr. Spittler aufgeftellt find, haben „Edlen diefes Landes. Sie, gereizt von den schönen die stärkte Veranlaffung zu denfelben gegeben. Auch ,.Einkünften, welche die Domherren aus ihren Befitzun ift es wahrscheinlich, dafs der Hr. Vf. diefe Arbeit nicht gen ziehen, fuchen immer Gelegenheit zu Streit und ganz ohne Beruf mag unternommen haben, wie fich ,,Fehden, keine Gesetze halten die Habfucht der Ritter auch aus dem Eifer fchliefsen läfst, mit welchem er zurück, oder beftrafen die ungerechten und gewaltdem Verdacht einer Parteylichkeit entgegenarbeiten,,famen Angriffe der Kirchengüter. Ueberall hat fich wollte, von der er fich doch bey allen feinen Verwah-,,das unfelige Recht des Stärkern verbreitet, welches rungen nicht losreifsen konnte. Der Hr. Vf. wirft nach einem gut angelegten Plan zuerft einige Blicke auf die Fundationen hoher Erz- und Domkapitel, und zeigt, dafs weder die ursprünglichen, noch die hinzugekommenen Stiftungen für den Adel allein gemacht feyn, und dafs man hieraus nicht den geringften Beweis für das ausfchliefsende Recht des deutfchen Adels führen könne. Er hebt dabey die beften Proben aus der GeSchichte der Deutschen, fonderlich der fächfifchen Stifte, aus, und zeigt, dafs die Stifter derfelben bey der Errichtung und ursprünglichen Fundation die ganze Handlung allein aus dem Gefichtspuncte der Religion betrachtet haben, und es keinem derfelben eingefallen fey, wenigftens vor den Augen des Publikums diefen heiligen Zweck mit einer politifchen und folglich unheiligen Abficht zu entehren.,,Sie bestimmten, (fagt er 5.4) zwar Güter, womit fie die Kirchen bereicher ten, bis auf das kleinfte Detail; aber die Frage: wer „diefe Güter ausfchliefslich geniefsen folle? liefsen fie unbestimmt, und eben diefe Unbestimmtheit in den Stiftungsbriefen hatte natürlich die Wirkung, dafs unter die Geiftlichkeit des Bifchofs fowohl Adel, als Unadel, aufgenommen wurde. Vielleicht hätte, der A. L. Z. 1791. Erfter Band,

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die Grofsen und Edlen des Landes in Händen haben.“ u. f. w. Dem Stiftsadel wurden daher aus Politik alle Vortheile und Vorzüge von dem Pabfte in die Hände gefpielt. Die Statuten und Gewohnheiten eines jeden Stifts fah man fchon in dem 12. Jahrhundert als Gefe tze an, in welchen überall der Hauptgrund zur Aus fchliefsung des Unadels von den Stiften fchon lag. Hierzu kamen endlich noch die Capitulationen der Domkapitel, und da die mehreften Bifchöfe für das Intereffe der Domkapitel eingenommen waren, fo konnte jedes Kapitel in diefem Falle auch ficher erwarten, dass der Bifchof felbft in Hinficht der päbftlichen Attentate gemeinfame Sache mit ihm mache, wodurch die Verfaffung der Domkapitel, befonders in Anfehung des ausschliefsenden Rechts des Uradels an den Präbenden, ihre ganze Feftigkeit erhielt. Ueberhaupt wurden alle Unadeliche in dem 15ten Jahrhunderte, wie der Hr. Vf. es aus Beyspielen zeigt, mit dem Namen homines novi und intruft in den Stiften bezeichnet. In einer neuern Periode, die nämlich durch die nachher in Schwung gekommene Doctorswürde entftand, deren Schickfal der Hr. Vf. bis auf den W. Fr. befchreibt, zeigt er, wie mancher Unadeliche in den Domftiften fein Glück gemacht habe. Allein

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