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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Dienstags, den 15. März 1791.

VERMISCHTE SCHRIFTEN. (Befchluss der im vorigen St. abgebrochenen Recension.)

GÖTTINGEN, b. Vandenhoek: Philofophifche und hiflorifche Abhandlungen der königl. Gefellfch. der Wif fenfch. zu Edinburg, etc.

Die

ie dritte Abhandlung: über die dramatische Form der hiftor. Schriften bey den Alten, von Wilh. Richardson, Prof. der Humanioren zu Glasgow, (S. 195 bis 214.) fteht; ob fie gleich nicht eben fchlecht ift, doch tief unter den beiden vorigen. Der Vf. vertheidigt die Reden, welche die Alten ihren Hiftorien einge flochten haben, aus den bekannten Gründen, macht fich einen richtigen Einwurf, und antwortet nicht einmal auf diefen befriedigend; nimmt auf ftärkere, die ihm gemacht werden, keine Rückficht; macht den neuen Hiftorikern fchlecht überdachte Vorwürfe, und verlangt zuletzt, trotz feiner Vertheidigung der dramatifchen Form, dafs die Neuern keine Reden in die Gefchichte einweben follen.

Die letzte Abhandlung (S. 215-240) von dem Advocaten Joh. Maclaurin, in welcher gezeigt wird, dafs Froia von den Griechen nicht eingenommen worden ist, wäre finnreich genug, um die Lefer angenehm zu unterhalten, wenn die Hauptgründe gegen die gemeine Meynung neu wären; (fo aber find die Gründe des Dio Chryfoftomus immer noch die ftärksten,) wenn nicht manche falfche, wenigftens grundlofe Behauptungen, mit unterliefen wenn nicht manche von feichten und falfchen Erklärungen griechifcher Stellen herrührten, und wenn es nicht überhaupt empörend wäre, einen Mann von Talenten feinen Witz verfchwenden zu fehen, um eine verwirrte Gefchichte noch verwirrter zu machen; aber wir enthalten uns über diese Abhandlung fowohl, als über die vorhergehende aller Anmerkungen, um den lia. Prof. Buhle nicht vorzugreifen, der uns zu beiden ausführliche, hoffentlich berichtigende Zufätze verfpricht, wodurch beide erft lehrreich wer

den können.

Bey dem gegenwärtigen Bande finden fich nur wenige Anmerkungen von ihm. Eine fehr gute fteht bey S. 144, in welcher er die richtige Erklärung von einer Stelle des Tacitus giebt, die Hill nicht richtig verftanden hatte. Die Uebersetzung lieft fich gut, und fcheint mit Fleifs gemacht zu feyn; doch find uns einige Här ten aufgefallen, am ftärksten in der eleganten Hillifchen Abhandlung, z. E. S. 192: Scharf, wie feine Urtheilskraft war, wachte fie doch nicht immer über die Ausfchweifungen derfelben. Manche Ausdrücke fcheinen L.. A. L. Z. 1791. Erfter Band.

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auch den Sinn des Originals zu verfehlen, z. E. S. 23: ,,Dann haben Könige und Obrigkeiten keine Gelegenheit zu zahlreichen Versammlungen, um ihre Abfichten auszuführen," follte es wohl heifsen:,,dann bedürfen Könige und Obrigkeiten keine zahlreichen Verfammlun gen," u. f. w. S. 186. ..Wenigftens war es feiner Aufrichtigkeit würdig, derjenigen die meifte Wahrfcheinlichkeit beyzumeffen, die dem Plautus am meisten zur Ehre gereichte." Auch wird, um eine Kleinigkeit.zu erinnern, die nur bey einer guten Ueberfetzung erinnert zu werden verdient, das Wie bisweilen gebraucht, wo die Sprache Als fordert, z. E. S. 53: „Nichts kann man mit mehr Sicherheit als (für einen) Beweis gelten laffen wie (als) der Mangel,“ u. f. w.

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Sonft hat Hr. B. noch von den in der zwoten Abtheilung des zweiten Theils vom Original enthaltenen Auffatzen zwey, freylich nur für England interessante, unüberfetzt gelaffen, nämlich 1) Ode über den Volksaberglauben der Hochländer von dem verftorbenen Dichter W. Collins und von Alex. Carlyle mitgetheilt, ein meisterhaftes Gedicht, in wohlklingenden Stanzen voll lebhaft gezeichneter Bilder, und 2) J. Hunters Verfuch über die Natur und Gattung einiger Verbindungswörter, befonders des griechischen de, des lateinischen At und des englischen too.

BERLIN, im Selbftverlag: Fragmente über verfchiedene Gegenstände der neuesten Zeitgeschichte, von Cranz. 1790. Heft I. 150 S. Heft II. 112 S. in 8. Der Hr. Vf., gegen den der Verdacht, als wenn er in neuesten Zeiten in manchen Stücken eine andere Sprache führte, als fonft, wohl schon zum Vorwurf ausgebrochen ift, fucht fich auf alle Weife dagegen zu rechtfertigen, und widmet diefem Zwecke einen befondern langen Auffatz, welcher der erfte des erften Heft's ift: Aus meiner Schriftstellerischen Geschichte zu meiner Vertheidigung gegen verfchiedene Vorwürfe, u. f. w. Er erzählt darin allerley Ranke, wodurch man feine ihm fehr einträgliche Schriftftellerey habe ftören wollen, und vertheidigt fich insbefondere gegen Mirabeaus memoires fe crettes und die dreyerley Wirkungen. In Anfchung feines Bekennens zu folchen Grundfätzen, wie etwa das Religionsedikt enthält, zeigt er, dafs er fchon in den letzten (!) Jahren des einzigen Friederichs öffentlich fo gedacht und gefchrieben habe, und das ist ein neuer, faft überflüffiger Beweis, dafs der Hr. Vf. ein kluger Mann ift. Da aber Rec. keinen Beruf fühlt, zu unterfuchen, was am Ende doch dem Gewiffen überlaffen werder mufs, fo will er aus diefem Auffatze nur noch ein Bekenntnifs zur Beherzigung des Publikums anführen. S. 14 fagt der Hr. Vf. ganz treuherzig, was- D. PPPP

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2) Freymüthige Gedanken über die Befugniffe der Landesherren und der Geiflichkeit, kirchliche Bekenntniffe beyzubehalten, oder Veränderungen darin zu treffen. S. 87. Der Hr. V. geht davon aus, dafs Menfchen von gleichen Religionsmeynungen ein Recht hatten, in Gefellschaft zufammenzutreten, Zufammenkünfte zu hal ten, und Lehrer anzuftellen, welche fie und ihre Kin der ihre Meynungen rein und unvermifcht lehren follten. Diefe Meynungen wären ihr Eigenthum, fie fchlöf fen über deren Vortrag mit den Lehrern einen Vergleich, und die Lehrer übernahmen dadurch eine bestimmte Pflicht. Sie dürften fremdes Eigenthum nicht verletzen, und müssten handeln, wie ein Richter, der ein Gefetz für ungerecht halten könne, und doch darnach fprechen müsse. Ueberdiefs gründe fich der Reichsvertrag wegen der Duldung der Proteftanten auf das Symbol, worin diefe ihre Meynungen vorgelegt hätten, und wenn fie davon abwichen, fo wären fie keine Proteftanten mehr, und hätten eben fo wenig, als Arianer und So. cinianer, Anfprüche auf den weftphälifchen Frieden, welcher nur für Proteftanten lautete. Dafs alfo die Zollikofer, Jerufalem u. f. w., wenn fie manches vernünftiger erklären, über manches fchweigen, Pflichtwidrigkeit, Ungehorfam, Unduldfamkeit auf fich laden, ift (S. 57) noch ein gelinder Vorwurf. Es follte wohl nicht mehr nöthig feyn. das Irrige, welches in diefe Sätze verwebt ist, auszuzeichnen. Wer kann in unfern Zeiten noch den muthigen Bekampfern des Pabftes im 16ten Jahrhunderte die Abgefchmacktheit oder Unredlichkeit zutrauen, ihrer Partey, die sie kaum von einem Pabite befreyt hatten, in den fymbolifchen Büchern einen neuen papiernen zu geben, der freylich nicht so hungrig; aber weit unbiegfamer wäre, als der alte. Dafs le gegen diefen und gegen jeden Pabft proteftirten, das war der Punct, auf den es ankam. Das Symbol war nur ein Beleg, dafs fie übrigens rechtliche Leute wären, die nicht unbefonnen in den Tag hinein tobten. Ift diefer einzig vernünftige Gefichtspunct im weftphal. Frieden nicht ftark genug ins Licht gesetzt, defto fchlimmer für feine Verfaffer! Dann bleibt uns hierin, wie in fo vielen andern Puncten, nichts übrig, als ihn vernünftig auszulegen, und diefe vernünftigeAuslegung allenfalls für die Schwachgläubigen, wie fo manche andere Abänderung des alten Gefetzes, in irgend einer neuen Urkunde, Wahlcapitulation, Friedensschluss u. dgl. heilig machen zu laffen.

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Das Uebrige, was der Hr. Vf. vorbringt, würde alfenfalls gut und richtig feyn, wenn die Religion ein Ding wäre, etwa wie das Ptolemäifche Weltfyftem oder wie die Theorie der Kunft, Schnippchen zu fchlagen, Dergleichen kann man lehren, ohne Theil daran zu nehmen, und wenn der Schüler, der das Syftem wiffen will, nur überzeugt ift, dafs man es genau inne hat, to wird es ihn weiter nicht kümmern, ob der Lehrer is für feine Perfon glaubt; das ist aber bey der ReliDa ist es von rechtswegen gion etwas ganz anderes.

nicht um das Wifen zu thun, fondern um das Ueberzeugtfeyn und um das Handeln. Daher nützt hier derjenige Lehrer nichts, welcher Sachen vorträgt, die er im Verdacht ift, nicht zu glauben; er ift anftöfsig, und daher nützt auch der Rath des Hn. Vf. nichts, dafs er fich betragen folle, wie ein Richter. Hingegen ist es wieder von der Gemeine unter folchen Umständen ungereimt, ihrem Lehrer, den fie für klüger hält, als fich (denn warum wahlte fie ihn fonft zum Lehrer?) vorfchreiben zu wollen, was er fie lehren folle. Will fie den fymbolifchen Buchstaben, fo konnte fie ja wohlmafchine berufen! Will fie aber Wahrheit, fo mufs fie feiler einen Schulmeister oder Kempelens Sprechmaschine berufen! Will fie aber Wahrheit, fo mufs fie ja prüfen und prüfen laffen! Es ist wahr, dazu kann fich jeder mit gutem Gewiffen verftehn, auf der Kanzel die reine Dogmatik nach Hutteri Compendium vorzutragen, wie etwa ein Anderer die reine Mathematik nach Käftner, wenn man jenen nur nicht nöthiget, vorzugeben, dafs er daran glaube; aber dann wird auch unfehlbar die Religion am Wagen des Staats das fünfte Rad.

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Im zweiten Heft ftehn zuerst Reifebemerkungen, in einem Briefe, der, befonders zu Anfange, manches Fremde enthält, welches zum Theil dem Publikum weder verständlich, noch anziehend ift. Uebrigens ift die Rede von Leipzig, von der fachfifchen fteifen Hoflebensart, und befonders von Rudolftadt. Der Fleifs der Einwohner, ihr Wohlftand, die Schönheit der Gegenden, die milde Regierung und die geringen Abgaben werden fehr gelobt.

Mit Unwillen fand Rec. bey einer Aeufserung über das allenfalls zu weit getriebene Mistrauen gegen Katholicismus den Ausdruck:,,es fey ein niedertrachtiges Beginnen." Gegen diefes, befonders gegen die Herten Sieftler und Nicolai, ift der folgende Auffatz gerich:et: „Bruchftück eines Beytrags zur neuern Religi ons-, Kriegs- und Friedensgefchichte." (S. 79.) Vom dritten Auffatze: das politifche Chaos Europens (S. 106) teht nur die Einleitung in diefem Hefte, und darin ganz. gute Gedanken über die Beurtheilung der Staatsangelegenheiten,

LEIPZIG, b. Büfchels Wittwe: Amalthea; für Wif fenfchaften und Gefchmack. Herausgegeben von D. C. D. Erhard, (Prof. der Rechte zu Leipzig.) Erften Bandes Erftes bis Drittes Stück. Zweyten Bandes Erftes und Zweytes St. Jedes Stück 8 Bo gen in gr. 8. 1789. (das Stück 8 gr.) Der Raum verstattet uns nur einige der vornehmsten Stücke aus diefer Zeitfchrift, die nach dem Verfprechen der Herausgeber für das allgemeine Intereffe und Bedürf nifs unfrer Zeit und Nation forgen foll, anzuzeigen. Im I. B. I. St. ftchen Ideen über die Urfachen und Gefahren einer eingefchränkten und falfchen Aufklärung, vom Herausgeber. Eine mit vieler Wärme und ausnehmender Freymüthigkeit gefchriebene Abhandlung, welche zeigt, dafs jede Einfchränkung der Denk - Red- und Schreib - Freyheit dem wahren Wohlftande der Staaten nachtheilig fey, und in welcher man faft Alles, was über diefen delicaten Gegenftand fchon oft gefagt worden ift.

in

in gedrängter Kürze und gut gefagt wieder findet. EinEingefchränkte Aufklärung ist dem Vf. die den Bürgern mancher Staaten verfagte Freyheit, über alle Gegenstände ohne Ausnahme nachzudenken, und die Resultate diefes Nachdenkens frey und laut zu fagen. Halbe Aufklärung mufs da entstehen, wo man fich bemüht, das freye Wirken der Vernunft verdächtig zu machen, oder es auf gewiffeGegenstände und in gewiffeGrenzen einzuschränken. Schlimme Folgen der Einen und der Andern find: Ein eifernes altes Herkommen, und ein lächerlicher Contrast zwischen alten Gesetzen und neuen Sitten: Unfruchtbarkeit des Staats an denkenden Köpfen: überhandnehmende Erfchlaffung aller Kräfte, die für das gemeine Befte wirken föllten: Barbarey der Meynungen von Barbarey der Sitten begleitet, Schwärmerey, Glaubenshafs, Verfolgungsgeift, Pfaffendespotismus u. f. w. Unter der falfchen Aufklärung verfteht Hr. E. alle die Unbefonnenheiten, Thorheiten und Betrügereyen, welche unter dem Vorwande, die Aufklärung zu befördern von Menfchen begangen werden, die auf diefe Art ihre Lüfte zu befriedigen, ihre Ehrfucht und Gewinnfucht zu begünstigen, kurz,, ihre selbstfüchtigen Abfichten zu beför dern fuchen. Aufser dem Schaden, den diefes unfelige Beginnen der Moralität der Nation durch böfes Beyfpiel bringt, ift auch fehr zu beforgen, dafs die Liebe für den guten Gefchmack durch die öffentliche Ungezogenheit folcher falfchen Aufklärer verdrängt; dafs mancher dafs mancher gutmüthige, aber kurzfichtige, Regent, der einem folchen Kraftgenie fein Ohrleiht, irre geführt werde; dafs unter den übeln Folgen des Mifsbrauchs und der Uebertreibung die wahre Denkfreyheit unfchuldiger Weife mit leiden müffe. Das Refultat der Abhandlung ift: Der Stand der Aufgeklärtheit ift der glücklichfte Zustand des menfchlichen Gefchlechts fowohl als jeder menfchlichen Gefellschaft und jedes einzelnen Menfchen, und diejeni gen, welche nach diefem Zuftande für fich und für ande reftreben, thun Etwas fehr Gutes und Lobenswürdiges. Weil aber nicht Alle, die für diefen Zweck arbeiten, die rechten Mittel kennen und anwenden, fo entstehen daraus freylich mancherley Uebel. Indeffen muss man diefe Folgen des Mifsbrauchs nicht dem rechten Gebrauche zur Laft legen, noch fich dadurch abhalten laffen, in der Drittes Stück: Warum urtheilen die Neuen fo zweyrechtmässigen Bemühung nach Beförderung jenes Zu- deutig über die Nützlichkeit der fchönen Künfte für den ftandes muthig fortzufahren. - Mehr Bestimmtheit Staat und die Menschheit, welche doch die Alten fo allgeüber den wahren Begriff der Aufklärung und ihre ver- mein anerkannten? von Heydenreich. „Die Neuern," fchiedenen Arten, die auch noch manche andre genaue fagt der Vf. (S. 24.) betrachten den Künstler nicht blofs Beftimmuugen über die Folgen veranlafst hätte, wäre ,,als das überflüffigfte Gefchöpf im Staate, fondern fogar diefem Auffatze, wie mehrern andern über diefen Ge- als einen zweydeutigen, verführerischen Bürger, welgenftand, zu wünschen. -- Das Schreiben eines alten cher die Sinnlichkeit herrfchender, die Sitten weichliPredigers an Se. Excel., den königl. Preufsifchen Staatscher, und den Luxus reizender macht; als einen moraminifter von Wöllner, das Religionsedict vom 9 Jul. 1788 fchen Giftmifcher" (horribile dictu!),,welcher dem betreffend, behauptet, dafs eine Religion, die fich trotz wohlthätigen Einfluffe der Religion, Gesetzgebung und Feuer und Schwerdt erhalten und verbreitet hat, zu Be-,,Moral entgegen wirkt, und nur auf die Vertrocknung ,,hauptung ihres Anfehens keines obrigkeitlichen Macht- ,,der Lebenskraft in allen Adern des Staatskörpers arbei"Wortes und keiner Strafgesetze bedürfe; ja, dafs das „tet.“ Da diefes als Thatfache aufgeftellt wird, fo Einmifchen der weltlichen Macht in folche Dinge dem follte fie billig erft bewiefen werden, ehe die UnterfuGeifte diefer Religion geradezu widerfpreche." Mit chung ihrer Urfachen anzuftellen war. vieler Würde, mit Ernit und befcheidener Freymüthig keit, mit kaltblütiger Gründlichkeit! und gerade das ist der Ton, in welchem über diefen Gegenstand, fo wie

über viele andere von gleicher Zärtlichkeit, gefchrieben werden musste. Hiezu gehören im dritten Stück einige Erinnerungen des alten Predigers zu Hn. D.Semlers Anmer kungen über dies Schreiben. 6) Bemerkungen über et÷ nige Gegenstände des allgemeinen und pofitiven Völkerrechts, veranlafst durch die neuerlich zwifchen Rufsland und Schweden gewechselten Staatsfchriften. Es fteht dem Gelehrten frey, die Grundfatze des Völkerrechts nach allgemeinen Grundfätzen der Vernunft zu beftimmen, und fie auf vorkommende Thatfachen anzuwenden. Diefer Maxime zufolge ftellt der Vf. Betrachtungen an: 1) über das Recht der Selbfthülfe eines freyen Staats gegen den Gefandten einer fremden Macht, der innere Staatsunruhen veranlasst oder begünstiget; welches Recht der Selbsthülfe der Vf. jedem freyen Staate, felbft in der weiteften Ausdehnung, mit Recht zuerkennt. Indeffen kommt es bey Anwendung diefes Satzes aufeinzelne Fälle allemal darauf an: ob der Gefandte, gegen den fich ein freyer Staat diefes Rechts bedient, einer folchen Veranlaffung oder Begünstigung innerer Staatsunruben überführt fey, oder überführt werden könne? Und diefe Bedindung leitet den Vf. auf die zweyte Betrachtung: 2) Ueber die Frage: Konnte der ruffifchkaiferliche aufserordentliche Gefandte zu Stockholm, Graf Rafumowsky, durch die von Seiten des fchwedischen Hofes gerügten Ausdrücke der am 18ten Jun. 1788 dem Gr. Oxenstierna übergebenen Note feines gefandtfchaftlichen Charakters für verluftig und fonft für ftrafbar geachtet werden? welche der Vf. mit Nein beantwortet. und fchliefst, dafs nicht diefe Note, fondern eine politi fche Nothwendigkeit und Gründe, die wir blofs muthinafsen dürfen, die Ausweifung des ruflichen Gefandien bey diefer Gelegenheit veranlaffet haben.

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Im zweyten St. 2) Ueber die Principien der Aefthetik, oder über den Urfprung und die Allgemeingültigkeit der Vollkommenheitsgefetze für Werke der Empfindung und Phantafie, von Heydenreich. Ift gegen eine Aeufserung Kants gerichtet, aber nun theils durch ebendeffelben Kritik der Urtheilskraft gröfstentheils entbehrlich gemacht, theils auch in Hn. Heydenreichs Aesthetik weiter ausgeführt.

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Zweyten Bandes Erftes Stück: 3) Verfuch über das Anfehen der Gesetze und die Mittel, daffelbe zu be wirken und zu befestigen. Vom Herausgeber. „Diefer AufPppp 2

,,fatz

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,,fönlich." Ift wohl zu hart. Die Handlungen zwar, aber nicht die Perfonen! und er kann fie von seinem vertrauten Umgange entfernen, ohne darum ihre Perfonen zu verabscheuen. Sollten Abfchn. 3. Kap. 2. §. 2. No.Endlich würde Rec. vor

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fchlagen, den Artikeln des vierten Abfchnittes noch folgenden beyzufügen: Durch Einführung und vernünftige Verwaltung zweckmässiger, haltbarer und ehrwürdiger Gefetze in den öffentlichen Schulen, wie auch durch ein gefetz- und ordnungsmässiges Leben in der häuslichen Gefellschaft, wodurch die Jugend zeitig gewöhnt wird, die Gefetze zu ehren. Gewöhnlich bekommen die Kinder in ihrem häuslichen und Schulleben nicht nur keinen Begriff von Gefetzen, indem fie da wirklich nicht nach Gefetzen, fondern nach den Grillen, Einfällen und Launen ihrer Gebieter zu handeln gewöhnt werden; fondern fie erlangen auch fehr oft eine Fertigkeit in Verachtung der Gefetze und Gesetzgeber. Was ist in öffentlichen Schulen gewöhnlicher, als in Uebertretung der (freylich oft abfurden) Schulgefetze eine Ehre zu fuchen? und was ist natürlicher, als dafs die jungen Menfchen diefe unfelige Fertigkeit aus der Schulgefellschaft in die bürgerliche Gefellschaft mitbringen? Bey der Ausarbeitung des gröfseren Werks über diefen Gegenitand wünscht Rec,. dafs es dem Hn. Vf. gefallen möge, das dritte Kapitel des dritten Abfchnittes befonders ausführ-, lich abzuhandeln; weil es ausgemacht ift, dafs, foviel auch die Würde der Gefetze und des Gesetzgebers dazu beyträgt, beiden Ehrfurcht zu verfchaffen, doch die individuelle Stimmung derer, die dem Gefetze unterwor fen find, das wefentlichfte Erfodernifs bleibt; denn das Gefetz im Buche oder im Patente, fo fchön es auch feyn mag, thut wenig, wo das Gefetz im Gemüthe fehlt, oder, welches eben das ift: die Ehre der bürgerlichen Gefetze ruht auf den Gefinnungen und Sitten der Bürger- nicht ungekehrt, wie einige wähnen; da hingegen manche Unvollkommenheit der gefchriebenen Gefetze unfchädlich wird, wo die Menfchen überhaupt geneigt find,, gefetzmässig zu leben.

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,,fatz," fagt der Vf.,,,foll bey weitem nicht für ein voll ist, zu verftecken. S. 81. Er (der Souverain) ver„endetes Werk gelten, fondern blofs zu einer Probe die-,abfcheue die muthwilligen Uebertreter der Gesetze per,,nen, nach welcher das fachverständige Publicum zu ,,entfcheiden hat: ob ich zur völligen Ausführung diefer Materie in einem eigenen vollständigen Werke ge,,fchickt fey oder nicht." Die Ehrerbietung der Staasbürger gegen die Gefetze gründet fich auf objective foi u. 4. nicht einerley seyn? wohl als auf fubjective Erfoderniffe. Die Gefetze müffen ehrwürdig feyn, und auf eine ehrwürdige Art bekannt gemacht und angewandt werden. Aber auch die Gemüther des Volks müffen einer folchen Empfindung, alsAchtung und Ehrerbietung gegen die Gefetze ift, empfänglich feyn. Diefe Empfänglichkeit mufs durch die Gewöhnung von Jugend auf gegründet, durch Ueberzeugung aus Gründen geftärkt, und durch Erfahrung von den wohlthätigen Wirkungen der Gesetze unterhalten werden. Dies alles hat Hr. E. fehr gut überdacht, und die zur Ausführung erfoderlichen Sätze unter vier Abschnitte geordnet, deren Erfter vom Einfluffe der Regierungsform auf das Anfehen der Gesetze; der zweyte von den Eigenschaften der Gefetze; der Dritte von den auf das Anfehen der Gesetze Einfluss habenden Handlungen des Souverains, und der Vierte von der Mitwirkung der Staatsbürger zu Erhaltung desAnfehens der Gefetze handelt. Der dritte Abfchnitt ift wieder in drey Kapitel getheilt, nemlich von den Privathandlungen des Regenten; von deffen öffentlichen Handlungen in Beziehung auf die Gefetzgebung und Gefetzverwaltung, und - in Beziehung auf die Bildung der Nation. Die Materien fcheinen dem Rec. fo wohl geordnet und fo gründlich behandelt zu feyn, dafs er fich von einem nach diefem Plane ausgearbeiteten vollständigeren Werke viel Gutes verfpricht. Er erlaubt fich daher nur wenige Anmerkungen: S. 78. wird es dem Souverain zur Pflicht gemacht, dafs er feine Fehler den Augen des Volks zu entziehen fuche: Ift der Regent fo fehr in feine Fehler verliebt, dafs er fie nicht verbeffern will; oder find fie ihm fo fehr zur Natur geworden, dafs er fie nicht ablegen kann; nun dann möchte, befonders im erstern Falle, das Entziehen vielleicht unter zweyen Uebeln das Kleinere feyn. Strebt aber der Regent eraftlich und eiwelches Streben eifrig, feine Fehler zu verbessern ner der wefentlichften Züge im Charakter eines rechtfchaffnen Mannes ift; dann ist es rathfamer, diefe Fehler freymüthig zu bekennen, als fie zu verftecken. Ein folches freymüthiges Bekenntnifs, eine folche Offenheit macht den Gebieter in den Augen feiner Untergebenen ehrwürdiger, als jenes heuchlerische Verftecken, wodurch er beffer scheinen will, als er ift. Die Fchler des Regenten bleiben dem Volke doch nicht verborgen, und die Entdeckung eines Fehlers, den man zu verItecken bemüht war, läfst insgemein noch zehen andere argwöhnen. Nein, das Volk mufs feinen Fürften ganz kennen! fo kennen, wie er ift; und hat er auch Fehler, fo giebt die aufrichtige Bemühung, fie zu verbeffern, dem Volke ein weit erbaulicheres Bey spiel, als das Stre ben, die Fehler, welche man zu verbeffern nicht Willens

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Zweites Stück: Ueber den Grundbegriff der fchönen Künfte, von Heydenreich. Hr. H. findet ihn in der Darftellung eines bestimmten Zustandes der Empfindfamkeit, und zeigt deffen vorzügliche Brauchbarkeit nicht nur durch Anwendung auf alle Gattungen der fchönen Kunst, fondern auch durch Vergleichung mit allen andern bisher angegebenen und zum Theil angenommenen Grundbegriffen der schönen Künfte, deren Unzulänglichkeit er zu erweisen sucht. Am ausführlichften widerlegt der Vf. den Prof. Moritz, der einen neuen gemeinschaftlichen Begriff für alles Schöne in dem Begriffe des in fich Vollendeten zu geben, und es dadurch vom Nützlichen zu unterscheiden verfucht hat; welche Widerlegung aber hie und da beleidigende Ausdrücke enthält. Alle Gedichte, kleinen Auffätze und Uebersetzungen müffen wir übergehen.

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Mittwochs, den 16. März 1791.

ERDBESCHREIBUNG.

LEIDEN, b. Luzac: F. W. Peftel Brevis Expofitio Rei publicae Batavae. In ufum Auditorum. 1789. 142 S. gr. 8.

Peels

Zahlenangaben zu feyn fcheint, fo mufs er doch geftehen; dafs er Verbannung aller Zahlenangaben eben fo fchädlich für die Wissenschaft hält, und dafs der gänzliche Mangel derfelben bey unferm Hn. Vf. ihm eine der grössten Unvollkommenheiten des Werks zu feyn fcheint. Auch würde Rec. bey dem Abschnitt von den Schulen und Univerfitäten ganz andere Gefichtspunkte gewählt haben. Was und wie gelehrt wird, scheint ihm nebft den Sitten und der Cultur der Studirenden das wichtigfte zu feyn, worauf der Staatsforfcher fehen follte. Dafs Staats-Einnahme und Ausgabe der Bundesgenoffenfchaft, wie der einzelnen Provinzen, die Staatsfchulden und die Antheile der Holländer in auswärtigen Fonds ganz fehlen, ist sehr natürlich. Auch find Angaben der Art von einzelnen Provinzen, wie von Seeland, durchaus unmöglich. Schrecklich grofs und weit gröfser, wie in irgend einem Lande, müffen die Abgaben in Holland. feyn, in Proportion der Volkszahl. Mehr als dreymahl fo viel zahlt der Kopf in Amfterdam im Durchschnitt als der Kopf im parifer District, wie Necker vor einigen Jahren angab, welches ohne die 40 bis 50 Millionen Gulden, die die Republik, wie Rec. gewifs weifs, jährlich als Intereffen von den Ausländern zieht, unmöglich feyn würde.

stels Commentarier. find in den Händen aller Staatskundigen und aller Staatsforscher, und diefer Umftand überhebt Rec. der Mühe, etwas mehr von dem Plan des vor ihm liegenden Werks zu fagen, als dafs es gerade fo viele Capitel, gleichen Inhalts und in eben der Ordnung, als jene Commentarien enthält. Aber nichts weniger als ein Auszug aus jenem grössern Werke, wie man beym erften flüchtigen Anfchauen des Buchs den ken könnte, ift diefs kleinere. Man findet nicht nur hier mehrere Lücken, in den Commentarien, auf das glücklichfte ausgefüllet, mehrere Unvollkommenheiten des ältern Werks hier verbeffert, fondern durchaus jeder Abschnitt der zweyten grössern Hälfte des Buchs unterfcheidet fich durch neue Gedanken und Sätze, durch vollgültigere Beweife und durch hellere Anordnung ganz auffallend von einem blofsen Auszuge. Schade nur, dafs der Hr. Vf. den erften Theil des Werks bey weitem nicht der Aufmerksamkeit würdigte, die dem zweyten zu Theil wurde. Schon mit der 36 Seite hebt die Verfas fung an, und alles, was von dem Lande, dem Menfchen und dem Bürger, feinen Befchäftigungen, feiner Religion u. f. w. gefagt ist, ift fo ganz im allgemeinen gefagt, wie es nur gefagt werden konnte. Es mag immer der Fall feyn, dafs fich manches in Holland nicht fagen läfst, was man anderswo fagen kann; aber gewifs hätten, wie auch schon das ältere Werk beweifet, hier viel beftimmfere und beffere Nachrichten gegeben werden können. Rec. will es nicht einmal rügen, dafs die Beftandtheile der Generalitätslande nicht angegeben, dafs kein bedeutendes Wort von den Nachbaren der Republik gefagt ift; aber der Gewürzinfeln hätte doch gedacht werden follen, da ja des Kriegs mit den Macaffaren im J. 1667 und des Kriegs mit den Eingebohrnen. Ceilans vom J. 1766 erwähnt wurde. Dafs der Ackerbau in der Republik, wie in den Colonien, in neuern Zeiten gestiegen, dafs nicht alle Manufacturen gefunken feyen, dafs ihrer mehrere feit hundert Jahren, wie z. B. die Seegeltuchfabriken in Nord- und Südholland und die Steinbrennereyen merklich zugenommen haben, folche und ähnliche, auch in Holland nicht durchaus bekannte, Angaben hätte Hr. P. immer mittheilen können. Und fo fehr Rec. fich gegen alle die Rechner empört, die kein Werk als ftatistisches Werk gelten laffen, das nicht einer Einmahl Eins Tabelle ähnlich fieht, und fo unzuverlässig und felbft lächerlich ihm der bey weitem gröfste Theil unfrer ftatiftifchen A. L. Z. 1791. Erfler Band.

Defto vollständiger und alle ftrenge Forderungen weit übertreffend, ift der zweyte Theil, welcher sowohl die Verfaffung der Republik, wie das Staatsrecht der einzelnen Provinzen und der Landschaft Drenthe enthält. Dafs aber das Staatsrecht einiger Provinzen ausführlicher dargestellt ist, wie das Staatsrecht einiger andern, wird jeder natürlich finden, der auch nur aus weitefter Ferne die Schwierigkeiten kennet, die fich hier dem Forfcher entgegen ftellen. Am meisterhafteften ift die Schilderung des Bundes gerathen. Seltfam genug, dafs Bundesgenoffen fowohl, als Gelehrte so oft und fo lange ftreiten konnten, ob das Bündnifs communis imperii fey, und unter andern ein auffallender Beweis, was der Nahme thun kann. Hätte man von jeher ftatt Generalstaaten, Collegium der Committirten der vereinigten Provinzen gefprochen und nie Republik genannt, was Staatenfyftem heifsen follte; man würde sicher weniger gestritten haben.

KOPENHAGEN, b. Proft: Nachrichten von Neapel und

Sicilien, auf einer Reife in den Jahren 1785 und 1786 gefammlet von M. Friedrich Münter, Profeffor der Theologie, bey der Kopenhagner Univerfität. Aus dem Dänischen überfetzt. Mit Kupfern, 1790. 8. 652 S. u. 18 S. Vorrede (2 Rthlr.)

Das Original, diefes, mit vielem Fleifs und gelahrten Kenntniffen ausgearbeiteten, und zur nähern Kenntnifs ૨૧૧૧

der

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