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Staaten, gefagt. Ein Beweis, dafs der preufsifche Staat
der glücklichfte unter allen in Europa ift, läfst fich nach
der Natur der Sache nicht in ftrenger Allgemeinheit füh-
ren, wenn es gleich bey diefem Staate die wenigfte Kunft
erfodert, eigene einzelne Vorzüge deffelben vor jedem an-
dern einzelnen Staate aufzuweifen. Gewinnt die Wahr-
heit durch Uebertreibung? und wird nicht der gerechte
fte Lobipruch verdachtig, wenn er mit Declamationen,
wie folgende, unterstützt wird: Ach auch hier (es ift
,,von den übrigen 300 deutschen Staaten die Rede) find
,,der glücklichen nur wenige. Die meisten deiner klei-
nen Staaten werden beherrscht von kleinen Despoten
oder ftolzen Ariftokraten, die unweife fich einbilden,
,,die Unterthanen feyn nur gebohren, die Abgaben zu
,,entrichten, damit fie in Gemächlichkeit ihren fchändli-
,,chen Lüften fröhnen, oder ihren lacherlichen Ehrgeiz
,,befriedigen, oder ihren lächerlichen Launen nachhän-
gen könnten; die ftatt Vater Geiffeln ihrer Völker,
,,oder unwürdige Schwächlinge find, die fich von nie-
drigen Schmeichlern amGängelbande führen laffen, und
,,nicht werth find der Stelle, die fie bekleiden!" Der
Auszug aus Sacy über das alte Ritterwefen ist nicht ein-
dringende Unterfuchung, aber lesbar. Von Preufchens
Typometrie und Siomometrie erficht man aus dem hierGe-
fagten viel zu wenig, um befriedigt zu werden, und
Brunn's Briefe über Carlsruhe find für denStatistiker zu un-
kritifch, da. z. B. die Zahl der Einwohner und Gebäude
diefer Stadt nur nach einem höchft unmafsgeblichen Ue-
berfchlag angegeben wird. Hn. Klingers Befchreibung
feiner optifchen Glasfchleifmafchine bezieht fich auf feh-
lende Figuren, ohne die fie ganz und gar unverständlich
ift. Ueber Jagers Atlas von Deutschland wird eine lehr-
reiche und detaillirte Beurtheilung geliefert.

Bey den philofophifchen Abhandlungen, die den wichtigften und grössten Theil diefer Monatsfchrift ausmachen, mufs unfre Anzeige etwas länger verweilen. Auch unter diefen find einige etwas unbeftimmt und weit Ichweifig; es wird zu viel darinn declamirt und zu wenig erwiefen; z. B. die Abh. über Religion und Theologie. Aber fie enthält doch eine gute Erinnerung, welche die Sprachmengerey einiger nenern Theologen in der Lehre von der Offenbarung betrifft, wo fie in diefem Begriffe gerade das Hauptmerkmal, nemlich des Natürlichen oder Uebernatürlichen, auf Schrauben ftellen; eine Unbestimmtheit, die kein Wahrheitsfreund gut heifsen kann. Was Hr. Fischer über Aufklärung in der Religion und ihre Kennzeichen fagt, ift zwar fo einleuchtend und bekannt, dafs es fich billig von felbft verstehen follte, wird aber gleichwohl noch nicht immer und überall thatig erkannt. Der Vf. der Skizze einer Geschichte der Moral bittet vor Beendigung diefes Auffatzes kein Urtheil über denfelben zu fallen. Et ift noch nicht beendigt; Rec. mufs gleichwohl nach dem Anfange urtheilen: dafs die Fortsetzung weniger gemeine Declamation, mehr BeStimmtheit und gründlichere Unterfuchung enthalten muffe, wenn das Ganze den Beyfall derer erhalten foll, die vorjetzt die Moral nicht für zufällig, ein überfinnliches, allgemeines Sittengefetz für keine Chimäre, Liebe zum Eigenthum nicht für die erite Tagend u. f. w. halten. De Wailly fagt viele kameralistische und ökonomische

Wahrheiten, die fich grofsentheils ohne grofse Schwie-
rigkeit anwenden laffen. Bouterweck nennt feinen Auffatz:
über die Temperamente eine philofophifche Grille, und
will nicht darüber disputiren. Wer könnte und wollte
diefs auch, da fie nichts Neues fagt? E. G. Fifchers
lehrreiche und anziehende Betrachtungen über die Kome-
ten find jetzt befonders gedruckt. - Gegen In. Brans
wird erwiefen, dafs das hebräifche Wort pay den
Begriff von Tugend keineswegs erfchöpfe," fondern
überhaupt: Judenthum, Mofes Gefetz und Religion
und alle die Rechte bedeute, welche nach jüdischer Ein-
richtung und Meynung damit verbunden waren, wor-
unter freylich manches vorkommt, was nach gereinigten
Begriffen nur ein Vorrecht der Tugend ift. Die Sache
möchte wohl ausgemacht feyn, wenn gleich manche Stel-
len aus dem Talmud und den Rabbinen für die frühere
jüdische Meynung zu keinem Beweife taugt. Ueber
Wahrheit fpricht Hr. Salomon Alaymon als ein origineller
und felbitdenkender Kopf, dem weiter nichts fehlt, als
gröfsere Ausbildung feiner philofophifchen Sprache, um
unter den philofophifchen Schriftstellern feiner Nation
und feines Volks (er ift ein polnischer Jude) zu glänzen.
Hr. Tiefttrunk spricht in Bezug auf jenen Auflatz be
ftimmt und deutlich über denfelben Gegenstand. Faft
vermuthen wir aber aus dem, was ein andrer Auffatz:
(Was find Tropez ?) uns von dem Tieflinn des Vf. ahn-
den läfst, dafs Hr. T. dem Hn. M. aus einem Mifsver-
ftand widerfpreche, den wir aber hier nicht zu berichti
gen im Stande find. Den Begriff von Tropen hat Hr.
M. (denn Sprache und Inhalt laffen ihn als Vf. nicht ver-
kennen) mit einer Subtilität entwickelt, und die erften
Gründe zur Philofophie über ihre Natur mit einem Tief
finn erörtert, als es noch nie gefchehen war. Es find,
wie man nun nach der M. fchen Entwickelung deutlich
fieht, zwey Falle forgfältig zu unterfcheiden; der eine
wenn man ein Wort wegen der objectiven Aehnlichkeit der
übrigens verfchiedenen Gegenstände nach und nach auf
diefelben anwendet, in welchem Falle die Bedeutung der
Worte in beiden Fallen eigentlich und ursprünglich, und
nur die Anwendung verfchieden ift; z. B. das Wort Flüch
tig ist eben fo wenig tropifch, wenn es von dem (nicht
haltbaren, befestigten) Gedanken, als wenn es vom
Quecksilber gebraucht wird, fo wie Roth von dem Apfel
eigentlich gefagt wird, wenn es auch ursprünglich von
der Kirfche ware gebraucht worden. Der andre Fall ift
der, wo ein Ausdruck auf etwas anders übertragen
wird, was nicht objectiv durch Einerleyheit und Aehn-
lichkeit, fondern fubjectiv, nemlich durch die ursprüng
lichen Formen unfers Erkenntnifsvermögens mit dem
eritbezeichneten verbunden ist, wie wenn z. B. der Aus-
druck von der Subftanz auf die Accidenz, von der Urfa
che auf die Wirkung übergeht. So entstehen eigentliche
Tropen, z. B. die ganze Stadt für alle ihre Einwohner. Da
nun alle diefe mögliche Beziehungen der Dinge auf ein-
ander aus der Logik bestimmt und vollzablig gemacht
werden können: fo laffen fich auch alle möglichen Tro-
pen nach diefem Princip a priori beftimmt angeben, und
in einem Sylteme vorstellen. Die weitere Ausführung
diefes Gedankens würde ein wichtiger Bey trag zu einer
reinen Philofophie über die Sprache feyn. Zum Schlufs

---

ba

etwas zu erinnern wäre, fo hätten vielleicht in der übrigens mufterhaften Entwickelung der ersten Grundfätze manche metaphyfifche Subtilitäten können vermieden, und manches dagegen einfacher und leichter vorgeftellt werden. Eine Hauptfrage ift ferner übergangen, nemlich wie weit die politive Gesetzgebung fich von der natürlichen entfernen könne und müffe? worüber Hr. D. Hufeland in feinem Naturrecht mit vieler Präcifion fich erklärt hat. Endlich fo fcheint uns der Vf. die Fragen der Staats klugheit mit den Problemen der Staatsweisheit oder der Moral für Staaten an einigen Stellen verwechfelt zu haben. Wie könnte er fonit die Frage nach dem Werth der verfchiedenen Regierungsformen durch ein gefundenes Ideal von einer zweckmafsigen, d. h. moralisch richtigen Regierung überhaupt fchon für entschieden, oder ihre be fondere Auflösung als überflüffig abweifen? wie die moralifchen Begriffe von bürgerlicher Freyheit über haupt hinftellen, wo eigentlich von den Mitteln die Rede ift, wodurch fich die Freyheit als Zweck am vollftandigften bewirken und fichern läfst? Werden beide Wiffenfchaften, jene als ein Zweig der Moral, diefe als ein Theil der Glückfeligkeitslehre: jene als reine, die fe als empirifche Wiffenfchaft, nicht gehörig von einander getrennt, fo ift des Misyerftandes, des Streitens und der Verwirrung kein Ende, weil heterogene Auf gaben fich ihrer Natur nach, nicht aus einerley Princi pien einstimmig beurtheilen lassen.

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haben wir feiner Vortreflichkeit wegen den (wahrscheinlich Tiefttrunkifchen)Auffatz verfpart: Ueber denGeift der Gesetzgebung und das Verhältnifs zwifchen dem Unterthan und Souverain. Eine ächte Moral fürStaaten im Grundriffe. - Eine Regierung mufs, um nicht die Menfchheit zu erniedrigen, der Beftimmung u. dem Charakter derMenfch heit entsprechen. Diefer ift gedoppelt: finnlich und bedingt nothwendig; überfinnlich, geiftig und schlecht hin nothwendig. Beide gehören zufammen: der erftere ist aber dem letztern untergeordnet. Die finnliche Wohlfahrt mufs der Entwickelung des Geiftes nachitehen. Der höchite Charakter des menfchlichen Geiftes ift Freyheit, nicht Gofetzlofigkeit und Willkühr, fondern unbedingte Befolgung feines eignen Gesetzes. Hierauf oder auf Moralitat beruht alle innere Würde des Staates und feiner Glieder, des Regenten und des Unterthanen. Diefs Gefetz in feiner natürlichen, finnlichen Sphäre befolgen, ift die ganze Beftimmung des Menfchen, und die Abficht aller Regierung und Gefetze kann und darf keine andere feyn, als auf Erhebung des Geiftes die Glückseligkeit der Gefellschaft zu gründen., Das politifche Gefetz mufs mit der Selbstgefetzgebung des Geiftes harmoniren, und fich vor dem reinen Willen der Bürger und Unterthanen rechtfertigen, wenn ihre und des Regenten eigene Menfchenwürde behauptet werden, und williger Gehorfam möglich feyn foll. Sinnliche Wohlfahrt, als höchfter Zweck aufgeftellt, verwirret die ganze Bestimmung des Staates. Politik ohne Moralität entadelt die Menfchheit, und untergrabt allmählich ihr eigenes Gebäude. Sie macht klug; Moralität aber edel. Sittliche Vollkommenheit, als der höch-fte und edelfte Zweck des Staats; aus ihm laffen fich die übrigen Zwecke und Gegenstande der Regierung ableiten, nämlich Verftandesbildung der Nation; weil ohhe Gebrauch des Verftandes, der ein Vermögen allgemeiner Vorstellungen ift, keine Kenntnifs und Ausübung des Sittengefetzes möglich ist, und Cultur oder felbftthatige Behandlung der Natur, als Mittel der Verftandesbildung. Alfo ift die Cultur um des Verftandes willen, Verftandesbildung um des fittlichen Vermögens willen; diefes um fein felbit willen. Cultur befördert den Wohlftand; Verftandesübung macht klug; Tugend veredelt. Edelmuth, Einficht und Gefchäftigkeit hat alfo die Regierung zu befördern; keines getrennt von dem Gewalt darf der Regent nur dann anwenden, wenn nur das finnliche Begehrungsvermögen des Menfchen zum Widerftande geneigt macht, und die Strenge fich als Pflicht erweifen lafst. Der Gefetzgeber richtet fich nach dem Maafse der Cultur der Bürger, und verfafst nur das und foviel in Wort und Schrift, als der Bürger nicht durch fich felbft zum Ziele der gefetzlichen Beobachtung machen würde, um die freye Selbftinacht und eigne Bildung nicht einzufchränken. Von dem Detail der Haupt- und Nebengedanken, von den treffenden Beyspielen uud Gleichniffen, von der würdigen Sprache des Auffatzes kann diefer Auszug keine Idee geben. Eine gereinigte Moral mufs auch andere Principien der aufseren Gefetzgebung feftfiellen, als eine folche, die einen eingefchränkten Begriff von menschlicher Bestimmung zum Grunde legt. Wenn ja

andern.

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GOTHA, b. Ettinger: Ursprung, Verfassung, und Gefetze der Colonie zu St. Leucio. Ein Beytrag zu den Schriften über Volkserziehung. 1791. 108 S. kl. 8. (14 gr.)

Das Original diefer kleinen merkwürdigen Schrift ward fchon 1789 in Neapel gedruckt, und ihr Vf. ift der regierende König von Neapel, der fchon 1773 den Grund zu diefer hier befchriebenen Colonie nahe bey Caferta legte. Der König wollte gern vom Geräusch des Hofes entfernt, feine Erholungsftunden nützlich für feine Unterthanen anwenden. Er verpflanzte alfo in der Nachbarfchaft eines Jagdhaufes einige Familien um das Haus, den dazu gehörigen Park und andere Anftalten zu beforgen, errichtete hier eine Erziehungsanftalt für die Kinder, wie fich die kleine Gefellfchaft vermehrte, und verband damit zuletzt, um die Früchte feiner angewandten Sorgfalt nicht zu verlieren, und die jungen und alten Zöglinge zu befchäftigen, eine Seidenmanufactur, welche bis dahin im Königreiche fchlecht betrieben wurde. Damit die neue Colonie in der Folge andern Einwohnern, wie Preufsen zum Mufter dienen könne, ward die Anftalt nach und nach erweitert; fie war fchon bey Abfaffung diefes mit felner Unterthanenliebe und Kenntnifs der Schwächen der ungebildeten niedern Stände entworfenen Werks 214 Seelen ftark. Hierauf ertheilte der erhabene Stifter diefer neuen unverdorbenen betriebsamen Volkspflanzung väterliche Verordnungen, welche die künftige Lebensweife der Bewohner von St. Leucio beftimmten. Diefe find hier vollständig abgedruckt, fie enthal ten fo fichtbar den Umftänden angemeffene Vorschriften, und find überall vom thätigften Eifer belebt, Zwietracht,

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Liederlichkeit und Unordnung unter den Colonisten zu
erflicken. Da diefe Schrift gewifs bald in den Händen
aller aufgeklärten Volksfreunde und Beförderer der
Volkserziehung feyn wird, fo begnügen wir uns hier, ei-
nige für diefe Colonie gemachten Gefetze anzuführen.
Der Gesetzgeber verlangt eine vollkommene Gleichheit
unter den Einwohnern, weil fie alle Handwerker und
Arbeitsleute feyn follen. Ihre Kleidung foll fich nicht
durch Pracht und Aufwand von einander unterscheiden,
fondern fo viel als möglich gleich feyn. Von jungen Leu-
ten, die fich verheirathen wollen, mufs der Bräutigam
wenigftens 20 und die Braut 16 Jahr alt feyn. Sie be-
kommen alsdann ein mit allem verfehenes neues Haus
nebit zweyen Weberftühlen, um ihren täglichen Unter-
halt verdienen zu können. Heirathet ein Mädchen au-
fserhalb der Gefellfchaft, fo bekömmt fie 50 Ducaten (et-
was über 50 Thaler), und ift von der Colonie ausgefchlof-
fen. Ein junger Einwohner kann eine Fremde heira-
then, wenn fie ein Handwerk verfteht. It fie dazu
nicht gefchickt, und der Liebhaber besteh. dennoch auf
Die
der Heirath, fo mufs er die Gefellschaft verlaffen.
vater und mutterlofen Waifen der Colonie werden aus
einer befondern Caffe erhalten, die der König gröfsten-
theils fundirt hat, bis fie ihr Brod verdienen können. Aus
den älteften im Volk werden jährlich fünf der weifeften
und gerechteften Greife erwählt, die mit dem Pfarrer
ohne weitere Appellation in den bürgerlichen und das Fa-
brikwefen betreffenden Streitigkeiten entfcheiden, und
für die wefentlichen Bedürfniffe der ganzen Gemeinde
forgen. Alles Spiel ist den Gliedern verboten. Den klei-
nen Kindern werden zu bestimmten Zeiten die Blattern
eingeimpft, und alle gefährliche Kranken in einem be-
fondern Haufe auf königliche Koften verpflegt. Arme
alte und fchwache Glieder der Gefellschaft werden aus
einer Caffe erhalten, wozu die übrigen nach ihrem tägli-
chen Verdienft einen monatlichen geringen Beytrag er-
legen. Alle Trauerkleidungen find verboten, nur Ael-
tern und Ehegatten darf man einen Monat lang mit ei
nem fchwarzen Flor oder Tuch betrauren. An Festta-
gen werden die tauglichen Mannsperfonen in den Waf-
fen geübt, um bey feindlichem Einfall zur Vertheidigung
des Reichs gebraucht zu werden. Fremde gefchickte
Arbeiter werden nach zweyjährigem untadelhaften Auf-

enthalt Mitglieder der Gefellschaft. Diefen gefetzlichen Vorfchriften folgt ein kurzer Katechismus für dieNormalfchulen in St. Leucio, der im Ganzen die vorzüglichslen Grundfatze der Religion und Moral enth it, uns aber doch für den niedern Stand hin und wieder zu abftract fcheint. Den Beschluss macht ein Stundenzeiger, wel cher die Zeit zum Gebet und die Arbeitsftunden vorzüg lich für die jungen Glieder der Gefellschaft angiebt denen wir etwas mehr Erholungszeit wünschen möchten, und Regeln für die jüngernArbeiter der königlichen Florfabrik. Die Ueberfetzung fcheint mit Sprachkenntnifs, Fleifs und Nachdenken gemacht zu feyn.

LEIPZIG, in der Waltherfchen Buchhandl.: Moralin Beyspielen für Frauenzimmer edler Erziehung. Erfter Theil, mit Kupfern. 1789. 269 S. in 8. Zweyter Theil. 1790. 312 S.

Eigentlich kann jede Gefchichte, jede Erzählung freyer Handlungen mit ihren Folgen Moral in Beyfpielen genennet werden, infofern fie dem denkenden Lefer Anlafs giebt, moralische Maximen oder Grundsatze von den erzählten Thatfachen zu abftrahiren oder dadurch zu berichtigen und zu bestätigen. Indeffen giebt es freylich eine Gattung Lefer und Leferinnen, für welche aus dem ganzenVorrathe der Thatfachen, über die fich moralifiren läfst, erft die brauchbarsten herausgefücht, und auf eine ihrer Faffung angemeffene Art vorgetragen werden müffen. Wer nun zu Begünstigung folcher Lefer moralisch erbauliche Beyfpiele fammelt, der macht fich, wie Rec. dünkt, das Verdienst um fie, dafs er ihnen dadurch die Wahl aus der Menge des mehr und minder Guten erleichtert, indem er alles zur Immoralität Verführende entweder gänzlich wegläfst, oder doch fo itellt, dafs es durch den hafslichen Contraft zur Empfehlung des Moralifch guten mitwirkt. Diefen Gefichtspunct hat der Herausgeber der vorliegenden Sammlung ganz wohl gefafst, zu deren Veranstaltung er durch ein vor zwey Jahren in Frankreich unter dem Titel: Les Françaifes etc. erfchienenes Werk ist veranlafst worden; wiewohl er aus diefem franzöfifchen Werke felbft, aufser der erften Erzählung, nichts beybehalten hat. Der Ton der Erzählung ist übrigens leicht, und der Ausdruck ungekünftelt,

KLEINE SCHRIFTEN.

SCHÖNE KÜNSTE, Prag und Leipzig, b. Diesbach: Das Gewiffen, ein warnendes Gemälde in drey Aufzügen, nach den Eine verübte MordPaltoren des Herrn Halbe. 1789. 66 S. 8. that, die lange Jahre verborgen geblieben, wird durch einen Todtenkopf entdeckt, der, durch eine Kröte bewegt, den Todtengräber auf feine Beschaffenheit aufmerksam macht, und die Thater, bey denen fich das Gewiffen fchon vorher fehr oft geregt hatte, werden durch den unvermutheten Anblick diefes Schädels zum Geftändnifs gebracht. Da die Thäter gleich in den erften Scenen aufrichtige Reue blicken laffen, die fie in der Folge nach dem gethanenen Geftändnifs noch stärker an den Tag legen, so werden gewifs die meisten Lefer erwarten und wünschen, Dies erfolgt aber nicht, dafs fie am Ende begnadigt werden. oder es bleibt doch wenigftens ungewifs, ob fie Begnadigung erhalten; indem fich das Stück damit endigt, dafs der Gerichtsdiener ihnen Feffeln anlegt. So gute Gedanken über die Macht

des Gewiffens, und über das, was eine würdige Verwaltung des
geiftlichen Amtes vermag, auch in diefem Stück vorkommen, fo
fehlt es doch dem Vf. an Talenten zu dem dramatischen Dialog,
In den edeln Rollen findet man entweder affectirte Declamation,
oder leeres fades Gefchwätz. Da klingt es entweder wie S. 11:
„Wenn fie an die Pforte der Ewigkeit klopfen, brüllt der Ver
,,dammungsdonner des Rächers ihnen fchrecklich entgegen:
,,Verworfene, ihr habt eine Seele um ihre Glückfeligkeit ge,
,,bracht!!" oder es lautet wie S, 34:,,Herr Burgemeifter, de
„mortuis non nifi bene; im Gegentheil ift es auch kein Vortheil
,,für die Heerde, wenn der Schäfer ein Schaf ift," In den ko
mifchen Scenen, vornemlich in den Scenen der Todtengraber,
wird der Vf. gar zu niedrig. Hier kommen auch unausftehli-
che Provincialisman vor, z. B, S. 7. verknellen, S. 13. Mizze
katzel, die der Ausländer gar nicht versteht.

ALLGEMEINE LITERATUR ZEITUNG

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Donnerstags, den 24 Februar 1791.

GESCHICHTE.

STOCKHOLM, b. Nordftröm: Bibliotheca Hiftorica Sveo-Gothica; eller Förtekning uppa Saval tryckte Som handfkrifne Böcner, Tractater och Skritter, hoilka handia om Svenska Hiftorien, eller däru tinnan kunna gifva ljus med critifka och hiftorifka Anmärkningar: af C. G. Warnholz, HofRåd. Femte Delen 1790. 288. S., in gr. 8.

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eine Menge wunderlicher und unglaublicher Hiftorien aufgenommen, die den gemeinen Mann zur Unruhe und zum Ungehoríam verleiten konnten. Mesfenti Scondia, wovon nur XV. Bände gedruckt find, be ftand eigentlich aus XX Bänden. Warmholz beurtheilt ihn doch nicht fo hart als Gram und Gebhardi. ftreitig ift er dem Joh. Magnus gar zu leichtgläubig gefolgt. Paulini Gothi Hiftoriae arctoae, haben jetzt. da man nicht mehr alle fabelhafte Berichte auf guten Glauben annimmt, ihren ehemaligen Werth verloren. ebhafter Dank von allen Freunden und Liebhabern Loccenius folgt keiner richtigen Zeitrechnung, ist aber der Gefchichtskunde, gebührt der patriotischen doch in der neuern Gefchichte zuverlässiger als in der Bemühung des Hn. Afs. Gjörwells, der uns von die- alten. Bet. Oernklow in feinem Theatrum Sueogothicum fem vortreflichen Werk einen Theil nach dein andern Ms. ift ein fo genauer Chronolog, dafs er fogar den in die Hände giebt. Der vierte von uns angezeigte Tag, wenn die Sündfluth angefangen und aufgehört im vor J. erfchienene Th. enthielt blofs die Bücher hat, bestimmt Erich Benzeli Utkaft ist voller Fehler. und Schriften, die zur fchwedischen Kirchengeschichte Henley Hiftory af Sweden, 1723 ift eine elende Compi gehören. Diefer neulich ans Licht getretene 5te Th. lation. Der Vf. der deutfchen Ueberfetzung von enthält die Bücher und Schriften, die fowohl die (Botins) Anmärkningar vid von Dalins Svea Rikes HiftoSchwedische politifche Gefchichte überhaupt als die ria in Meufels Hift. Unterfuch. 1. B. ift der Prof. Gefchichte der Schwed. Könige, hier nur noch bis Möller in Greifswald, welcher in dem Vorbericht den auf Chriftian II. oder bis 1520, betreffen, in allen zu Werth der Dalinfchen Reichshistorie fowol als diefer fammen 517. 1) die Vorbereitungsfchriften und allge- Kritik beftimmt, und vieles zu Dalins Entfchuldigung meine Einleitungen in die fchw. Gefchichte. In der anführt. Göransfon war das gröfte ingenium luxurians That hat Schweden, weniger als irgend ein Reich von der Welt, daher fehlt es feiner Hiftorie von 1749, in der Welt Urfache, über Mangel an Urkunden und wie Warmholz hier gesteht, an Kritik und Geschmack. Nachrichten zu klagen. Hieher find auch gerechnet The Hiftory of Sweden, London 1761 ift voller Fehler die Schriften von der Chronologie und Genealogie und Unrichtigkeiten. Lacombe Abregé, 1763 ist fast der schwedischen Könige, worinn freylich viele grof nur ein fehlervoller Auszug aus Puffendorff: u. f. w. fe Fehler begangen find und noch begangen werden, 3) Die Schriften, welche die Gefchichte einzelner Köwie der Vf. bey Gelegenheit von Gothenii Fundamen niglichen Familien und Perfonen angehen. In den tis Chronologiae Suio Gothicae, 1734. Mag. Jac. erften 6 Abtheilungen der Oberdrotten vor C. G., der Gislonis Chronologia 1592. u. a. m. richtig bemerkt. Ynglinger, des Iwarfchen und Lodbrockischen Hauses, Diefer Schriften find 47 angezeigt. 2) Die Schriften, wo dann eine grofse Menge der bekannten Isländiwelche die Gefchichte fchwedischer Könige überhaupt fchen Sagen vorkommen, und des Stenkischen, Swenabhandeln, in allen 101. Hier kommen zuerft die al- kerfchen, und Erichfchen Haufes, theils überhaupt, ten Reim Chroniken vor Erich Olai fchrieb feine Hiftoria Suecorum Gothorumque auf K. Carl Cnutsons Befehl, und ward auch von ihm reichlich dafür befchenkt. Dafs folche mit Recht als glaubwürdig and richtig gerühmt werde, möchte Rec, doch nicht fagen. Warmholz gefteht ja felbft, dafs Erich Olai mehr Liebe für die Geiftlichen als die Könige gehegt habe. Krantz in feiner Chronik wird von Ornhielm nicht unrecht: auctor in rebus noftriscoecutiens genannt. Joh. Magnus hat eben fo wie Saxo die zugleich regierende Künige, fo wie die kleinern Nebenkönige, fowohl was ihre Namen als Thaten anbetrift, unter einander vermengt, und ihr Gefchlechtsregifter mehr felbft erdacht, als aufgefucht. Meister Olof Petri zog fich durch feine Chronik König Gustavs Ungnade zu. Er hatte darinn A. L. Z. 1791. Erfter Band,

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theils einzeln, und dann in der 7ten die ausländifchen Könige und einheimischen Regenten von Albrecht von Mecklenburg bis Chriftian den Tyrannen 1521, jeder in einem befondern . Diefer Schriften find zufammen 517. Auch bey ihnen find aufser dem vollständigen Titel, viele literarische und kritische, oft ausführliche, Nachrichten von den Ausgaben, dem Inhalt, dem Werth u. f. w. derfelben beygefügt. Man fehe z. E. was bey Peringfköld Hifforia Hialmari, Björners nordiska Kampedater, Renhjelms Saga om Olof Tryggvasfon, Snorre Sturlefóns Heims Kringla, Saxo Hiftoria Daniae, Corneri Chronica Novella, Meurfii Hiftoria Danica u. f. w. gefagt wird. Auch find eine Menge Handfchriften mit angeführt. Z. E. 4. Fr. von Bassewitz Geschichte und Handlungen, die

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fich

fich in Schweden von 1470 bis 1503 zugetragen. Aus einem S. 235 angeführten Ms. fieht man, dafs H. Carl Knutfon der Stadt Danzig erft 15000 Mark Pr. und noch eine Summe gegen Unterpfand, und K. Cafimirn gleichfals eine anfehnliche Summe angeliehen habe. Carl ging hernach beides, fowol des Geldes als des erhaltenen Unterpfandes in Danzig verluftig. K. Carl XII, aber zwang die Stadt Danzig 240 Jahr nachher, der Gyllenstiernfchen Familie diefe alte Schuld wieder zu bezahlen. Ein gewifser Pet. Francke foll vom K. Chriflian in Dänemark eine grofse Summe Geldes bekommen haben, um Carl Knutfon ums Leben zu bringen. Der Magiftrat in Danzig wollte es nicht glauben; als aber bemeldeter Frank arretirt ward, fand man bey ihm einen Brief, den K. Chriftian deswegen an ihn geschrieben hatte u. d. m.

LEIPZIG, b. Weidmann; Entwurf der allgemeinen Welt-u. Völkergefchichte der drey lezten Perioden von der Theilung der carolingifchen Monarchie bis auf die gegenwärtige Zeit; von Chriftian Dan. Beck. 1790. S. 13. Bog.

Da Hr. B. die Vollendung feiner ausführlichern Weltgefchichte nicht übereilen wollte; fo gab er fei nen Zuhörern diefen Entwurf in die Hände, nach welchem er fein grösseres Werk ausarbeitet. Er ist voller Beweise nicht nur einer genauen und tief eindringenden Bekanntfchaft mit der neuern Gefchichte, und eines richtigen philofophifchen Blicks in die Natur der Begebenheiten felbft, fondern auch der Kunft, das wahrhaftig Wichtige, und Nothwendige zus dem we niger bedeutenden ausheben zu können. Rec. liefet ein Buch diefer Art und von einem fo gefchickten Manne niemals durch, um nach Fehlern zu hafchen; auch find ihm keine dergleichen aufgeftofsen, die eine Anzeige verdienten. Ein paar Anmerkungen aber, die über das Ganze gehen, wird Hr. B. einem Veteran, der den Werth feiner Arbeit um desto mehr zu fchätzen weifs, da er felbft fich häufig mit ähnlichen abgegeben hat, erlauben, Es ist doch wohl ein unamftofslicher Grundfatz, dafs wir da nur Einfchnitte in die Geschichte machen dürfen, wo durch eine allgemein oder fehr ausgedehnt würkende Begebenheit, eine allgemeine oder fehr weit befonders über unfre hiftorische Welt fich erftreckende Veränderung, und eine neue Reihe von Begebenheiten hervorgebracht wird. Diefe Einschnitte fcheint aber Hr. B. nicht immer richtig gemacht zu haben. So weifs z. B. die europäische Gefchichte, wenn wir Rufsland, das damals kaum zu Europa gehörte, und höchftens PoJen und Ungarn ausnehmen, nichts von einer mogoifchen Epoche. Noch wichtiger ift es, dafs der Vf. die letzte Hauptperiode mit der Entdeckung von Amerika anfängt. Wir glauben, dafs diefes eben fo.. und aus eben dem Grunde fehlerhaft fey, als wenn man die neue oder vielmehr die mittlere Gefchichte mit der Geburt Chrifti anfängt. Auch diefe letzte Be gebenheit hatte ungemein grofse fich über ganz EuTopa erftreckende politifche Folgen; aber diefe traten erft zu Conftantias Zeiten ein, und daher kann diefe

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Begebenheit nicht der Anfang einer neuen Periode feyn. Eben fo treten die Würkungen der Entdeckung von Amerika erst zu Philipps II. Žeiten ein, und al les, was vorher gefchah, bringt keine Veränderung in Europa hervor, erregt nur eine geringe Aufmerk famkeit in den Cabinetten und wirkt keine Kriege, wenn wir die unbedeutende Fehde zwischen Spanien und Portugall ausnehmen. Will man alfo nicht mit der Reformation, mit den grofsen Regenten, die da mals auf den Throne fo vieler Reiche fafsen, mit der Ueberlegenheit des Haufes Oeftreich, die damals den Anfang nahm, mit der Gröfse von England, die damals entstand, mit der beftändigen Trennung von Dänemark und Schweden, die damals eintrat, mit Rufslands Einwirkung in den europäifchen Norden, die damals mit Iwan II. begann, den Anfang der neufuche gegen fo viele Gründe keinen grofsen Erfolg haern Geschichte machen, ungeachtet alle andern Verben können; fo nehme man lieber die Epoche der franzöfifch italienifchen Kriege, die wenigftens Europa zuerst in einen allgemeinen politischen Zufammenhang brachten und in fofern allerdings Epoche machen. Was die Auswahl der Begebenheiten anbe trifft; fo ift fie im Ganzen fehr richtig und der stärkste Beweils von Hn. B. grofsen hiftorifchen Kenntnissen, und richtiger Beurtheilungskraft. Indeffen wären wir doch freylich, befonders in der erften Gefchichte, oft anders verfahren. So hätten wir bey aller angewandten Kürze nicht unterlaffen, im dreyfsigjährigen Kriege die Namen der Gr. von Mansfeld, Tilly's, und Wallenfteins zu nennen, und um dazu Platz zu gewinnen, anstatt:,, diefer Krieg erzeugt auch das wichtige Buch des Hippolytus a Lapide; "gefagt: Hippolytus a Lapide de ratione ftatus. Viel unnöthigen Raum nimmt es in einem fo kurzen, und fo gedrängt gefchriebenen Buche weg dafs die berühmten Männer mit ihren Vornamen und Titeln genannt werden, z. B. F. M. le Tellier, Marq. de Louvois: wo Louvois allein genug ge wefen wäre. Ein gröfsrer Fehler der Auswahl ift die Länge der gelehrten Gefchichte befonders der allerneuften, wo eine Menge Namen ohne gute Auswahl gehäuft find. Befonders gilt das von dem Paragraph, der die Gefchichte enthält. Die Kirchengeschichtfchreiber und die historischen Kritiker (zu welchen Meufel, nicht zu den Statistikern, gehörte,) find ganz vergeffen.

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