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ALLGEMEINE LITERATUR ZEITUNG

Mittwochs den 26. Januar 1791.

GOTTESGELAHRTHEIT.

GÖTTINGEN, in der Vandenh. u. Ruprecht. Buchh. :
Johann David Michaelis Anmerkungen für Unge-
lehrte, zu feiner Ueberfetzung des Neuen Teftaments.
Erfter Theil, Anmerkungen zu Matthaus, Marcus
und Lucas. 1790. 500 S. 4.

Ebendafelbft: . D. Michaelis Ueberfetzung des N.
T. Zweyter Theil, welcher die Briefe der Apoftel
und die Offenb. Johannis enthält. 1790. S. 317

556.

bestimmt, und also, ohne darauf zu achten, dafs ein Mann des Alters und des Amts fchwerlich auch das Talent befitze, für Ungelehrte zu fchreiben, fchon an fich nur in geringem Grade erreichbar ift, und zu vielen Inconfequenzen, Ausnahmen und Abfchweifungen verleitet. Und fo wollen wir auch ein für allemal das Buch nehmen, wie es ift, nicht, wie es nach der vorgegebnen Abficht feyn könnte und feyn müsste, zumal da hier von folchen Materien und von der Erklärung folcher Schriftsteller dieRede ift, welche Gelehrten und Ungelehrten gleich wichtig feyn follen. Bey einem Buche, wie diefes, von einem der berühmteften und verdienteften Schriftausleger, ift es wohl nicht hinlänglich, um es gehörig zu würdigen,

Die Ungelehrten, für welche jene Anmerkungen ge- dass man einige Proben von Erklärungen schwerer oder

fchrieben find, mufs man fich völlig als diefelben, denen der Vf. feine Anmerkungen zum A. T. beltimmte, oder doch als folche denken, welche fich durch das Studium diefes grofsen Werks bereits Kenntnifs und Gefchmack genug erworben haben, um nun auch dies neue Werk benutzen zu können. Die Gelehrten aber verweifet er, vornemlich, wo es auf ausführlichere Worterklärungen, Kritiken und Beweife ankommt, auf feine noch zu erwartenden lateinifchen Anmerkungen. Rec. gefteht gern, dass er fich, ohne stolze Befcheidenheit, in den Kreis jener Ungelehrten begeben, und nicht ohne vielfaltigen Nutzen und grofses Vergnügen diefer ihnen zubereiteten Unterhaltung beygewohnt habe; hält fich auch für verpflichtet, mehr die Gelehrten, als die Ungelehrten, zu ermuntern, feinem Exempel zu folgen, und glaubt, dafs, indem jene fich hier treflich erbauen, diefe nicht felten entweder ftaunen oder jähnen werden. Denn hier kommen nicht nur viele griechische, welches der Vf. entfchuldiget, fondern auch hebräische Worte vor, von welchen er felbft fagt, dafs fie in einem deutfchen Buche fehr fremd und gelehrt ausfehen; und in den Sachen felbft ift noch viel mehr zweckwidriges, z. B. Rechtfertigungen der unterliegenden Verfion, Urtheile über Varianten nicht nur des N., fondern auch des A. T. und der griechifchen Dollmetfcher, mühfame Conciliationen der aus dem A. T. citirten Stellen, Hinweifungen zu des Vf. Supplementis lexicorum Hebr., Oriental. Biblioth. und andern gelehrten Schriften, Erörterungen chronologischer Schwierigkeiten, theologischer Zweifel u. w. Hingegen möchten wir für Ugelehrte noch manches vermiffen, was ihnen den Sinn diefer Schriften verftändlich und ihren Gehalt schätzbar machen könnte. Ihnen wird auch mit einer fortlaufenden, erklärenden Paraphrafe mehr, als mit vereinzelten Anmerkungen, gedient feyn. Indeffen darf man es, bey den unleugbar grofsen und mannichfaltigen Verdienften diefer Arbeit, wohl vergeffen, dafs ihr Zweck zu weit ausgedehnt, zu wenig A. LZ. 1791. Erfter Bund.`

wichtiger Stellen aushebe, oder bemerke, was etwa neues und ungemeines hie und da vorkomme, oder auch anstatt diefer und jener Erläuterung irgend eine andere vorschlage, die fich gleichfalls hören läfst. Lieber würden wir uns begnügen, die Existenz des Werks angezeigt und es im allgemeinen anempfohlen zu haben. Um aber feinen Charakter etwas genauer zu erkennen zu geben, wollen wir die Hauptzüge deffelben, wie fie fich der aufmerkfamern Beobachtung in zerftreuten Aeufserungen darftellen, auffammeln und einzeln auseinander fetzen.

Erftlich, die schönste Seite der Auslegungsmethode unfers Vf. ift die, dafs er der Regel nach durchaus hiftorifch zu erklären, Zeiten, Länder, Sitten, Meynungen und Eigenheiten aller Art, kurz &vxopov Doc feiner Schriftsteller genau zu bemerken, vor Augen zu behalten, und deutlich anzugeben fucht. Bey dem N. T. ift dies leichter, als beym A. T., wo wir dem Schauplatze entfernter ftehen, und ihn weniger erleuchtet finden; indeffen war auch dort nicht allein eine gute Nachlefe von Bemerkungen über das Locale anzubringen, fondern vornemlich dahin zu sehen, dass der Ausleger mit feinem Le fer fich gänzlich in die Stelle der Verfaffer, der handelnden und redenden Perfonen, zurückverfetzte, und bey diefen wie zu Haufe lebte. Statt deffen hängt man bald an einem Worte, philofophirt bald über eine Sentenz, conjecturirt bald über dies und das. Es wird uns fchwer, Beylpiele auszulefen, um die Kunft, oder vielmehr die Leichtigkeit,mit welcher Michaelis von Gefchichtskenntniffen aller Art zum Aufklären der Evangeliften Gebrauch zu machen weifs, ins Licht zu fetzen; da ist nicht leicht eine Geschichte, insbesondre keine Gleichnifsrede Jefu, welche dabey nicht gewonnen hätte. Bald find es naturhiftorische und physikalische Bemerkungen, bald Bezie hungen auf jüdische und römische Gewohnheiten, bald Rabbinische Ideen und Sentenzen, wodurch der Lefer auf einmal in den rechten Standort gesetzt wird, fremdartige

A a

Auf

Auftritte wahrscheinlich, paradoxe Sätze zweckmässig zu finden. Diefe lichtvolle Erklärungsart macht auch dem Ungelehrten die Lecture unterhaltend und angenehm, und felbft Gelehrte treffen hier oft neue und intereffante Auffchlüffe an, fowohl bey Stellen, die noch einer Erläuterung bedurften, als bey folchen, in welchen ihnen der Vf. zuerst die Schwierigkeit zeigte, und darauf erleichterte. Mögen gleich viele diefer dem Vf. eignen Aufklärungen, oder auch alle, einem Theil feiner Lefer fchon aus feinen andern Schriften bekannt feyn, so ift es doch fehr bequem, fie hier bey fammen zu finden.

Ein zweytes Verdienft des Vf. fetzen wir darinn, dafs er feine Schriftsteller, und vornemlich die hier vorliegenden Gefchichten, überaus lebendig und gegenwärtig darzustellen weifs. Sein Witz, feine fruchtbare Einbildungskraft, und glückliche Gabe, Erfahrungen und Kenntniffe aus dem gemeinen Leben und aus der neuern Geschichte mit ähnlichen oder unähnlichen Fällen, worauf die Evangelisten oft nur verfteckter Weife anfpielen, zu vergleichen, bringt in verschiedene Erzählungen die fer Scribenten mehr Klarheit, als oft die gelehrteften Er örterungen nicht vermögen. Da in dem Leben Jefu fo viele alltägliche Dinge, vertrauliche Gespräche und Familienumftande beyläufig erwähnt vorkommen, und da dennoch durch die dunkle Idee von göttlicher Offenbarung, fo wie durch den heiligen und feyerlichen Gebrauch diefer Schriften unter den Christen, ihr gefammter Inhalt, felbft ihre Einkleidungsart, ein geheimnifsvolles Anfehn in den Augen der meiften erhilt, oder auch wohl eine ganz entgegengesetzte verächtliche Vorftellung von Unwürdigkeit folcher geringfügiger Dinge erweckt; fo ift es gewiss nützlich, dafs die Ausleger diefen Büchern die Hülle, welche der fromme Unverstand über fie herges worfen hat, noch immer mehr abzuziehen, die Thaten und Reden Jefu, oder feiner Zeitgenoffen, fo viel fich bey der Kürze jener fragmentarifchen Berichte thun läfst, ins Helle zu fetzen, natürlicher,menfchlicher,wahrscheinlicher abzubilden fuchen, und auf folche Art die wahre Einficht von der Beftimmung, und die richtige Schätzung des Werths der Evangelien befördern.

den wird. Was man dafür wieder erhält, ift um so schätzbarer: gründliche und populäre Erläuterungen wichtiger Religionslehren, fcharffinnige Erweife ihrer Vernunft mässigkeit, und, weil in diefen drey Evangelisten der gröfste Theil der Reden Jefu moralischen Inhalts ift, vornehmlich überaus fruchtbare Entwicklungen der Sittenvorfchriften. Die dahin gehörigen Anmerkungen, in welchen viele Misverständnisse und Uebertreibungen gehoben, aber auch viele für übertrieben gehaltene Gebote nach ihrer Billigkeit und Unerlafslichkeit erwogen und eingefchärft werden, haben in uns den Wunsch zurückgelaffen, dafs des Vf. Moral, in welcher er mehrmals verfpricht, verfchiedene hier nur berührte wichtige Materien weiter auszuführen, bald zum Vorschein kommen möchte.

Drittens, eben diefe edle und freye Manier, die Evangelien zu beurtheilen und zu behandeln, zu welcher der Vf. fo viele vortrefliche Winke und Exempel gegeben hat, kommt auch der praktischen Erklärung und Anwendung der Lehren und Vorschriften Jefu gar fehr zu ftatten. Sein Zweck ift, wie er felbft fagt, gar nicht gewefen, was man gemeiniglich erbauliche Anmerkungen nennt, zu fchreiben, da das N. T. für fich erbaulich genug ist, so bald man es versteht; aber felbft das rechnen wir zu der wahrhaftig praktischen Auslegung, dafs hier fo vielen erbaulichen Vorurtheilen, verkehrten und erkun-ftelten, geiftlichen Deutungen, frömmelnden Moralen, fehlerhaften Applicationen der Reden oder Handlungen Jefu vorgebeugt, dafs unter andern auch fo mancher durch den öftern Gebrauch, oder durch Predigten fortgepflanzte falsche Sinn einzelner Gemeinfprüche berichtiget, und insbefondre die Paffionsgefchichte von den gemeinen homiletifchen Verunftaltungen, (dergleichen auch Seilers bibl. Erbauungsbuch nicht wenige aufbewahrt) entla

Es bedarf keiner einzelner Belege diefer aus dem Ganzen abgezognen Bemerkungen über die wefentlichften Vorzüge eines Buchs, welches doch Niemand, dem das Studium des N. T. wichtig ist, ungebraucht laffen wird. Aber, bey aller Gerechtigkeit, die wir den Verdienften des berühmten Mannes,der von fo vielen weisen Krittlern, felbit aus feiner Schule, fo oft verunglimpft wird, wenn das ganze Publikum feine Schriften immer noch begierig und dankbar aufnimmt, fchuldig zu feyn glauben, find wir nicht so parteyisch, dafs wir gar keine Flecken und Mängel an feiner Interpretationsart entde cken könnten. Dahin rechnen wir nicht manche Anmerkungen, wo er aus gewiffen Stellen mehr, oder weniger, oder etwas anders herausbringt, als wir darin finden; wohl aber fchon dies, dafs er zuweilen folchen fcherzhatten Einfallen, die nach unferm Gefchmacke, nicht einmal den Kathedervortrag zieren, im Zufammenhange mit den wichtigsten Betrachtungen einen Raum gönnt (z. B. Matth. 4, 3. fey bey Gottes Sohn nicht, an die ewige göttliche, mit der menschlichen verbundne Natur zu gedenken, weil hier nicht etwa ein orthodoxer Theologe unferer Kirche, fondern der Teufel, rede; Matth. 10, 4. Judas Ifcharioth follte zwar eigentlich heifsen; Judas von Skariot, allein da möchten viele Lefer glauben, man wollte ihn zum Edelmann machen; u.dgl.) ferner dies, dafs er gewiffe theologische Ideen. z. B. von Infpiration, von geringern Antheil, den Marcus und Lucas daran hatten, von allgemeiner Judenbekehrung, vonErbfünde,moralifcher Macht des Teufels u. f. w. als völlig ausgemacht richtig vorausfetzt und die Erklärung nach ihnen modelt; endlich, dafs er verfchiedene Lieblingshypothefen (z. B. dafs Simeons Sohn Gamaliel gewefen, dafs Matthaus hebräisch gefchrieben habe, dafs Petrus wegen der Verletzung des Malchus würde beftraft worden feyn u. f. w.) zu Principien erhebt, und Folgerungen von Wichtigkeit darauf bauet.

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Bey dem zweyten Theile der Uebersetzung des N. T. dürfen wir kürzer seyn. Ihre Befchaffenheit im Ganzen ift aus dem erften Theile bekannt, wo fich auch der Vf. über die Grundfätze, denen er bey diefer Arbeit gefolgt ist, weitläuftig erklärt hat. Mit Recht hat man ihm vorgeworfen, dafs er die Abficht, höchft genau, rein deutsch, verständlich und fliefsend zu übersetzen, nicht völlig erreicht habe, auch den Regeln, die er fich vorzeichnete, nicht überall getreu geblieben fey. Allein

wird wohl jemals eine Ueberfetzung von Büchern fo vieler Schriftsteller, die gröfstentheils im Schreiben ganz ungeübt waren, die alle fo kunftlos und nachläffig, alle einander fo ungleich fchrieben, die dabey doch fo viel originelles, für uns fremdartiges, in Denkart und Sprachgebrauch hatten, allen Foderungen Genüge leiften, oder wird man auch nur jemals über die Gefetze, die dabey in Acht zu nehmen find, und, was noch mehr fagt, über die Anwendung derfelben völlig einverftanden feyn? Rec. gefteht, dafs er die Hoffnung, wir werden jemals eine Kirchenüberfetzung auch nur des N. T. erhalten, welche alle die Vortheile gewahre, die man fich davon verfpricht, und alle die Eigenfchaften in fich vereinige, die man von ihr verlangt, gänzlich aufgegeben habe, und dafs er in diefem Zweifelmuth, wie fchon ehedem durch die vortrefliche Griesbachische Abhandl. über die verschiednen Arten deutscher Bibelüberfetzungen, (Repertor. für bibl. u. morgenl, Litter. B. 17. S. 262) fo jetzt aufs neue durch diefe, wirklich mit vieljährigem Fleifs und mit Anwendung aller nur zu erwartender Hülfsmittel ausgefertigter Verfion bestärkt worden fey. Wie viel Uneinigkeit herrscht noch in den Erklärungen diefer Bücher? und erft, wenn man in den Erklärungen einig ift, wird an eine Ueberfetzung des Ganzen gedacht werden können. Wenigftens ift dies der Natur der Sache gemals. Aber wie ein viel schwierigeres Werk ist eine folche Ueberfetzung die zu dem beftimmten Zweck brauchbar ift, fowohl nach den Gefetzen ihrer Einrichtung, als nach deren Befolgung in allen einzelnen Punkten und in allen, felbft nur den wichtigsten Stellen! Man würde die Stellen bey Hunderten zählen können, in welchen, dem Gefühl und Urtheil anderer Schriftkundiger zufolge, auch ohne alle Rückficht auf Verfchiedenheit der Erklärung, Hr. M. beffer überfetzen konnte, und der Ueberfetzer wird wiederum feine guten Gründe beybringen. warum er nicht fo, als man ihm vorfchlägt, überfetzt habe. Wer will entfcheiden? Rec. enthält fich daher abfichtlich al ler Bemerkungen der Art, als man fie hier von einer fleifsigen Revifion des Werks erwarten möchte, und findet über den Werth und die Eigenthümlichkeit der nun glücklich vollendeten Michael. Ueberfetz. nur folgendes noch im Allgemeinen zu erinnern. Erftlich ist es ein feltener Vorzug derfelben, dafs fie ganz unabhängig von fo vielen neuern Verfuchen, das ganze N. T. oder einzelne Bücher zu verdeutschen, ausgearbeitet, und infofern ein Originalwerk oder vielmehr ein völliges Eigenthum ihres Urhebers ift. Von wenigen, vielleicht gar keinen, Werken dieser Art aus neuern Zeiten wird man dies fa gen können; immer benützte der eine Ueberfetzer die Arbeit des andern, hier diefes, dort jenes Vorgängers, und wir möchten wohl mehr als einen aufzuweifen haben, dem gar nichts von feiner Arbeit zugehörte aufser dem Zusammenlefen. Aber zweytens eben darum dürfte nun auch eine grosse Anzahl von Stellen durch Hülfe anderer neuer Ueberfetzungen verbeffert, und, felbit mit vor ausgefetzter Richtigkeit im Erklären, reiner und fliefsen der ausgedrückt werden können, als von Hn. M. gefchehen ift; wobey wir nicht entfcheiden wollen, ob durch den Eigenfinn, mit welchem der Vf. fremde Arbeiten un benützt gelaffen hat, für das Studium des N. T.mehr ge

wonnen fey, als wenn er mit seinem kritischen Scharffinn diefelben geprüft und das gute behalten hätte. Drittens auch die gleichviel, ob abfichtliche, oder zufälligeAehnlichkeit diefer mit der Lutherifchen Ueberfetzung, oder vielmehr die wirklich oft hebraifirende Schreibart, hält Rec. nicht für fehlerhaft, fondern vielmehr mit Rückficht auf die an diefe Schreibart durch den Gebrauch jener Ueberfetzung, gewöhnten Lefer, von der ungelehrtern Claffe, denen doch der Vf. vornemlich nützlich werden wollte, für zweckmäfsig.

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ST. GALLEN, b. Huber u. Comp.: Trauungsreden, ein Beytrag zur Beförderung ehlicher Glückseligkeit, famt zwey Predigten vermifchten Inhalts. 1790. 8. Sieben Predigten, fämmtlich als Mufter eines eben fo populären als gründlichen Vortrages zu empfehlen. I) Von den hohen Werth eines guten Vernehmens in Rücklicht auf ehliches Glück. II) Mittel zur Beförderung eines guten Vernehmens zwifchen Ehegatten. III) Ueber die eheliche Glückfeligkeit. IV) Das Glück der Frommen. V) Von dem grofsen Einflufs, welchen das Vertrauen in Gottes Vorfehung auf unfere Glückfeligkeit hat. VI) Ueber die Sonntagsfeyer. VII) Ueber den fröhlichen Gerufs des Guten, das jeder in feiner Lage findet. Ueberall wählt der Vf. die fafslichften, fülilbarften, brauchbarften Vorftellungen aus; fein Vortrag geht in das kleinfte Detail. Hie und da verfalit er eben deswegen in allzugrofse Weitläuftigkeit: auf der andern Seite ift er defto anfchaulicher und wärmer; er greift in die befondern Umstände, in die häuslichen Angelegenheiten, in das Herz ein. Es giebt Betrachtungen, die an fich felbft fehr nützlich find, die aber in öffentlichem Vortrage felten ohne Anftofs gemacht werden können. Der Vf. wagt mit vielem Glück auch folche Betrachtungen; er entfernt bey denfelben alle zweckwidrigen fchadlichen Nebenideen, und weifs auch den Gemählden des finnlichen Genuffes Würde zu geben. So z. B. ift fehr wohl ausgewählt und sehr lehrreich, was er S. io, II, 58, 59 von dem vertrauten Umgange zwifchen Ehegenoffen und von dem freyen Umgange zwifchen Perfonen von ungleichem Gefchlechte anführt. Die beiden erstern Predigten find gleichfam Familienftücke; fie schildern fehr rührend das Glück des häuslichen Le bens. Eben fo die dritte Predigt, welche auch schon vor her befonders abgedruckt worden. Die vierte ftellt treuen Dienstboten, die fich zur herrenhutifchen Gemeinde bekennen, das Glück der wahren Frömmigkeit vor. gefchieht mit vieler Paftoralklugheit. Der Vf. beleidigt eben fo wenig die befondere Vorstellungsart der Herren huter, als die orthodoxe Vorftellungsart. Die fünfte Pre digt empfiehlt chriftlichen Gleichmuth im Leiden. Die fechfte, über die würdige Sonntagsfeyer, nach der 103 Frage des Heidelbergifchen Catechismus, und nach den Worten Matth. XII, 8. eifert nachdrücklich gegen die abergläubifche Begriffe, die fich noch hie und da der gemeine Mann von dem Gottesdienst macht. Die fiebente von dem fröhlichen Genuffe des Guten über Pred. Salom V, 17, warnet vor den Ausfchweifungen der Sinnlichkeit auf der einen Seite, und auf der andern vor finfterm We A4 2 fea

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fen und übertriebener Enthaltfamkeit. Der Vf. ift Hr.. Gregorius Grob, Prediger zu St. Gallen.

TÜBINGEN, b.Heerbrandt: Katechismus über die GlückSeligkeitslehre Jefu Chrifti in der heutigen Volksfprache, Von Jacob Friedrich Weifs, Superintendenten zu Sulz am Neckar. 1791. 112 S. 8.

Ein kurzer Entwurf der chriftlichen Lehre nach einer freyern Lehrart, der bey vielem Guten noch manche Unvollkommenheiten hat. Ueber die nicht gewöhnliche Form, da Chriftus fich mit einem Kinde unterredet, oder wie der Hr. Vf. fich ausdrückt,,,Chriftum mit einem Kin,,de katechifiren läfst, fo dafs man unter feinem Namen ,,allezeit feine Glückfeligkeitslehre verftehen foll, als ,,wenn diefe eine redende Perfon wäre," wollen wir nicht urtheilen, fo wenig als über die gewöhnliche Methode, dafs alles fich an die Hauptidee von eigener Glückfelig keit anknüpft. Wenn aber der Hr. Vf. glaubt, dafs fein Katechismus in der heutigen Volksfprache gefchrieben fey, fo haben wir davon gerade das Gegentheil gefunden. Chriftus fpricht hier immer fehr gelehrt zu feinem Kinde, braucht oft Ausdrücke aus der Bücherfprache, die nichts weniger als populär find, z. B. vergegenwärtigen, fubtile Unterfuchungen, Nationalgötter, Zeitreligion, Ceremoniell, afficiren und veredeln. Das Kind fpricht oft eben fo gelehrt, macht oft aus dem Stegreife bündig Schlüffe, komint Chrifto immer auf dem halben Wege entgegen und weifs schon vieles, was ihm diefer fagen will. Der Entwurf ift übrigens fehr unvollständig, Begriffe und

Wahrheiten find blofs hingeworfen, nicht entwickelt genug, manche wichtige Materien fehlen gänzlich, ais! von der Erhaltung, von den Pflichten gegen uns felbft, Mafsigkeit u. f. w. Auch die Ordnung ist nicht die beste. Als Lehrbuch möchte die Schrift alfo nicht wohl zu empfehlen feyn, allenfalls als Lefebuch für Kinder von reiferm Alter.

ZITTAU, b. Schöps: Das vornehmfte aus der KirchengeSchichte von der Geburt Chrifli bis auf Luthern, nebft der Augsb. Confeffion, einer kurzen Nachricht von dem Evangelifchen Reformat. Feft, u. D. M. Luthers kleinen Catechismus, zum Gebrauch für die Jugend in niedern Schulen. (ohne Jahrzahl.) 24 u. 80 S. 8.1 Wenn wir zu diefem abgefchriebenen Titel hinzufe tzen, dafs in der voranftehenden, fogenannten Kirchengefchichte noch die zehen Hauptverfolgungen der Chriften vorkommen; noch Phocas den röm. Bifchof für die Losfprechung von einer grofsen Sünde zum allgemeinen Bifchof der Chriftenheit erklärt; Otto III. fich und feinen Nachfolgern die Wahl des Papftes eigen macht, u. dgl. m., ingleichen, dafs in der Nachricht vom Evang. Ref. Fefte, der Unterschied zwischen der Evang. Luther. u. R. Kathol. Religion, zum Theil nicht übel, aber auch bisweilen zu rauh und gehäffig, vorgeftellt, überdies zwey Jubellieder von geringer Bedeutung auf die Refor mation beygefügt worden: fo ift die Recenfion, wie fie gegenwärtiges Werkchen verdient, fertig.

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KLEINE SCHRIFTEN.

PÄDAGOGIK. Stade: Joh. Chfti. Meier, der Verdenfchen Domfchule Rector, Nachricht von dem Zuftande und die Einrichtung des Verdenfchen Lyceums. 1790. 44 S. 4. Eine Nachricht über den Zustand der Schulen im Bremifchen (Int. Bl. der A. L. Z. 1790. Apr. S. 340.) hat diefe umständliche Befchreibung der Verdenfchen Schule veranlafst und ins Dafeyn gebracht. Es ift hier kein Raum, aus diefer Nachricht zu wiederholen, was diefe Anftalt feit zwö Jahren gewefen, und noch ift: aber fichtbar ift daraus das unermüdete Ringen und Streben nach höherer Vollkommenheit, das, bey allen fich ereignenden Hinderniffen, doch dasjenige Maafs von Vollkommenheit erzielte, deffen die Anftalt nur irgend unter den Umständen fähig war. Und nur diefe bedingte, keine abfolute, Vollkommenheit wird ein billiger Beurtheiler verlangen. Man gewinnt den Vf. diefer Schrift durch feine ehrliche, offne Darftellung, durch feine biedern Gefinnungen, felbft durch feine treuherzige und vertrauliche Redfeligkeit lieb, und man wird mit inniger Theilnehmung in die Klagen diefes viel erfahrnen und geprüften Schulmannes über das vom Schulftand unzertrennliche Loos, für Verdienfte und Aufopferun gen mit Verachtung und Undank oft belohnt zu werden, einftimmen!

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gelehrte Grammatiker Tyrannio, nach Cic. ad. Att. 4, 4. 8., ordnete. An der erftern Stelle fagt Cicero von feinen Büchern: quorum reliquiae multo meliores funt, quam putaram. Wir wünschten, Hr. D. E. hätte diefer Stelle gedacht, um zu erklären, was Cicero unter dem Reft feiner Bücher verftehe. Vermuthlich aber bezieht fich diefe Stelle auf den beträchtlichen Bücherraub, den fein Sklave Dionyfius (ad Div. 13, 77) verübt hatte, wodurch Cicero's zahlreicher und koftbarer Bücherfchatz fehr vermindert war. Der Vf. bemerkt mit Recht, dafs man, um die ungeheure Anzahl der Werke in manchen alten Bibliotheken richtig zu fchätzen, bedenken müffe, dafs jede Abtheilung (volumen) für ein eignes Werk gerechnet worden: da nun manches Werk aus mehr als 100 Voluminibus habe bestehen können, so laffe fich die von der Alexandrinifchen Bibliothek angegebne Zahl von fiebenmal hundert taufend, ungefähr auf fieben tau fend Bucher zurückbringen. Das letzte dankt uns fehr übertrieben. Der Werke, die aus vielen Büchern beftanden, war verhältnifsmäfsig nur eine kleinere Anzahl, vorzüglich aus der Gattung der hiftorischen; wir glauben daher, der Alexandrinifchen Bibliothek nicht viel unter hundert taufend Bücher zuschrei ben zu dürfen.

VERMISCHTE SCHRIFTEN. Leipzig: Der kleine Zauberer, ein Neujahrsgefchenke für Kinder. 37 S. 8. Für Kinder ganz unterhaltend! ob nützlich? das möchten wir nicht bejahen. Wir glauben, dafs man den Kindern weit belehrendere Spielereyen in die Hände geben könnte. Wozu in aller Welt nützs es z. B. einem Kinde, mit einem Werte, Wildprät, Fisch und Efelsgefchrey zu schreiben ?

ALLGEMEINE LITERATUR ZEITUNG

Donnerstags, den 27. Januar 1791.

SCHOENE KÜNSTE

BERLIN U. STETTIN, b. Nicolai: Heinrich Ludewig Mangers, königl. Preufs. Ober- Hof- Bauraths und Garteninfpectors, Baugefchichte von Potsdam, beJonders unter der Regierung K. Friedrich des Zweyten. Erfter Band, welcher die Baugefchichte von den älteften Zeiten bis 1762 enthält. 1789, 252 S. 8. (18 gr.)

Uate

nter den vielen Denkmalen der Regierung, welche der verewigte König, Friedrich II von Preussen hinterlaffen hat, ift die Gefchichte feiner Bauunternehmungen, befonders an dem Orte feiner gewöhnlichen Retraite, indem Umgang mit den Mufen, bey den thätigften Regierungsgefchäften, gewifs des Aufbehaltens für die Nachwelt würdig. Zu diefer Befchreibung konnte fich nicht leicht jemand beffer legitimiren, als Hr. M., theils weil er als Baumeifter felbft Antheil an allen Baugefchäften feit 1753 genommen hat, und ihm die Regiftraturen offen ftanden; theils, weil feiner Verficherung zufolge, aufset ihm niemand mehr vorhanden ift, der in feiner Laufbahn bey dem Bauen in Potsdam ausgedauert hätte, die vom Feuer und Moder fonderbar geretteten Baurechnungen der erften Jahre aber, ohne Benutzung von einem Augenzeugen, keine hinlänglichen Dienfte leiften. Aufserdem hat der Vf. als Gefchichtschreiber feinen Gegenstand in chronologischer Ordnung vom J. 1250 an, felr zweckmäfsig behandelt; fo dafs das Ganze eine leichte Ueberficht von der Entstehung und dem Zunehmen der mannichfaltigften Gebäude in und um Potsdam, und dabey lehrreiche Bemerkungen über manche fehlerhafte Entwürfe und Ausführungen mit verfchiedenen intereffanten Anecdoten, in einem deutlichen und muntern Vortrage gewähret. Zwar fcheint der Vorwurf mancher unnöthigen Weitläuftigkeit, befonders in den Angaben der Maafse und andrer Umstände, den Vf. zu treffen; allein feine Abficht macht es dadurch gut, dass seine Schrift zugleich zu einer Chronik für die Bewohner Potsdams und ihre künftigen Künftler und Werkmeifter dienen foll, zumal da öfters ftreitig ift, zu welcher Zeit diefes oder jenes Gebäude aufgeführt worden, oder wer an demfelben gearbeitet habe. Auf die Weife wird das Ganze in den beiden folgenden Bänden, welche von den Gebauden nach dem fiebenjährigen Kriege bis zum Tode Friedrich II,und unter andern von den verwendeten Baukoften handeln, aufser dem Nutzen einer fo wichtigen Bauregiftratur, einen neuen grofsen Totaleindruck von dem Geifte Friedrichs des Bewunderten, in Abficht auf feine Bauunternehmungen machen, und manchen erheblichen Beytrag zu feiner vollständigen Biographie, wie A. L. Z. 1791. Erfter Band.

zur Gefchichte merkwürdiger Baumeister und Künstler liefern. In allem diefen Betracht verdient die Arbeit des terung des Gefagten wollen wir einige ins Kurze gefassHn. M. gewifs vorzügliche Aufmerk famkeit. Zur Erläu

te Stellen ausheben :

Wenn

Baugefchmack unter Friedrich Wilhelm I. man die Kirchen und Thürme nebft einigen Vorderseiten von Privathäufern ausnimmt, fo beftand der übrige Bau' aller Haufer in diefem Zeitraume von 26 Jahren, aus Wänden, die von Holz verbunden, und deren Fache ausgemauert waren. Es müffen ganze Wälder in diéfer neuen Stadt verbraucht worden feyn, zumal wenn man die vielen Grundbaue unter der Erde mitrechnet, Alle Häufer mufsten Erker haben; die Monotonie ward auch in Anfehung des äufserlichen Abfärbens beobachtet. Das Auge des Königs war durch die beständige Befchäfftigung mit feinem Garderegiment, welches aus den gröfsten Menfchen aller Erdtheile beftand, dermafsen verwöhnt, dafs ihn auch die neuangelegtenStrafsen nicht anders gefielen, als wenn die Häufer eine in Reihen stehende Anzahl Soldaten vorftellten, wovon die Dacherker über dem zweyten Stockwerke gleichfam den Grenadiermützen glichen. Die menfchliche Leibesgröfse hatte für ihn fo etwas aufserordentlich reizendes, dafs er für einen feiner Commandanten der Stadt, den Hn. v. Rheder, der ein fehr langer Mann war, ein Haus bauete, deffen Stockwerke gewifs coloffal waren, denn fie haben im Lichten 16 Fufs. Es ist noch die heutige Commandantenwohnung. Friedrich II, entfchlofs fich erft 1745, neue Baue in der Stadt, und die Errichtung desjenigen Gebaudes in dem königlichen Weinberg vorzunehmen, das unter dem Namen Sans Souci berühmt genug geworden ist. Damals nannte es der König fein Lufthaus. Knobelsdorf rieth an, dafs, ungeachtet der Anhöhe, die Zimmer mit hohen Gewölben unterzogen, und deren Fussboden nicht auf dem blofsen Erd- oder Sandgrund gelegt wer den möchten; allein er behielt Unrecht. Und fo frafs und nagte in der Folge der fcharfe Sand, obgleich die Feuchtigkeiten von diefer Höhe leicht abfliefsen, doch unaufhörlich an den Unterlagen, den Blindboden, und deren Untertäfelung, dafs es an beftändigen Ausbefferungen nicht fehlen konnte; noch mehr, des Königs Gefundheit mufste ungeachtet alles Kaminfeuers, auf diefem kältenden feuchten Fussboden, deffen Dünfte verfchloffen waren, höchft wahrscheinlich leiden. Eine andere wichtige Arbeit war das Baffin im Luftgarten vorden Schloffe in der Stadt mit der grofsen Gruppe, welche den Neptun mit der Thetis auf einem mit Seepferden befpannten Wagen, verfchiedene fie umgebende Meergötter, Tritonen, Waffernymphen und Syrenen vorftellten; alles von Bley und vergoldet. KunstverständiBb

ge,

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