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Mangel der Berufenen eintritt. Danach ist denn das Gebiet der caduca das einzige, worauf ein Zusammentreffen des ius antiquum und der papischen Bestimmungen vorkommen kann, und auf diesem Gebiete macht aus drei Gründen die Caducität dem Anwachsungsrechte Platz. Der erste dieser Gründe liegt in dem Wesen der Caducität, der andere in einem gewissen Personen gewährten Privilegium, der letzte in der Natur des hinterlassenen Objects. Aus dem ersten Grunde tritt Caducität namentlich nicht ein, wenn die einzelne berufende Disposition pro non scripta gilt. Dieses wird nun in einer Reihe von Fällen ausgeführt. Besondere Beachtung verdient die vom Vf. gegebene Begrenzung des pro non scripto esse, welche auf der Interpretation der 15 D. h. t. beruht. Es kommt hierbei auf die richtige Erfassung der am Ende aufgestellten Regel an: quae in eam causam pervenerunt a qua incipere non poterunt, pro non scriptis habentur. Der Vf. erklärt diesen Satz so, dass causa einen Grund bezeichne, der lediglich im alten Rechte ein Hinderniss bewirke im Gegensatz des blos Factischen, das non posse dagegen die völlige, absolute Unmöglichkeit ausdrücke. Gegen diese Auffassung lässt sich gewiss nichts einwenden und sic hat den Vorzug, dass ihr zufolge die Regel auf alle in der Stelle erwähnten Fälle passt, dass sie dagegen auf den nach der Testamentserrichtung erfolgten physischen Tod, sowie auf Repudiation und Deficireu der Bedingung nicht anzuwenden ist.

Hierauf folgen dann die Fälle, in denen die Caducität in Folge gewährter Privilegien ausgeschlossen ist, die sich aber dem Umfang der Berechtigung nach wieder unterscheiden. Vollständig haben das ius antiquum der princeps und die Augusta so wie die im Testamente eines miles Honorirten. Beschränkt steht es den Eltern und Kindern bis zum dritten Grade zu. Diese Beschränkung wird daraus gefolgert, dass in den Quellen ausdrücklich die Erbeinsetzung erwähnt wird und daraus wohl mit Recht der Schluss gezogen, dass, da die Folge nicht weiter gehen könne, als die Voraussetzung, die Eltern und Kinder das ius antiquum nur in so weit hatten, als sie es in ihrer Erbenqualität ausüben konnten, mithin namentlich eine Anwachsung bei dem Vindicationslegat ausserhalb der Grenzen dieses Rechtes lag. Ausserdem waren sie in Hinsicht des Gegenstandes darin beschränkt, dass ihr Anwachsungsrecht sich nur auf das bezog, was nach Vorschriften des alten Rechtes fiel und dort der Anwachsung Raum liess. Schliesslich wird nun der Fall abgehandelt, wo die Natur des gewährten Rech

tes den papischen Heimfall ausschliesst; dabei aber das ius antiquum in etwas modificirt, nämlich das Legat des ususfructus. Der Vf. reiht die Untersuchung au die Interpretation der 1. 9. D. de usu et usufr. leg. Bei der unbezweifelten Richtigkeit der Annahme, dass die Natur des ususfructus eine Caducitat nicht zulässt, mag nur das mit wenigen Worten berührt werden, was der Vf. über die Modification des ius antiquum hierbei vorbringt. Er stellt nämlich die Ansicht auf, dass nur da, wo bei einem andern Object Caducität eintritt, für das Testament eines paganus, im Gegensatz des ius antiquum die onera des Legats auf den iure antiquo Berechtigten übergingen. Nach der einen Seite des ius antiquum, nämlich, wo das Legat bei dem Belästigten bleibt, ist dieses durch diese Stelle bewiesen und zwar aus dem Gegensatze zu dem testamentum militis, wobei der Uebergang der on era immer stattfinden soll, was daraus folgt, dass zwei Fälle angeführt werden, von denen der eine unter Voraussetzung eines andern Objects Caducität herbeiführt, der andere nicht. Da nun, wo das ius antiquum mit der Caducitat in keiner Verbindung steht, die Legate sine onere deficiren, so ist nicht zu bezweifeln, dass die hiervon beim ususfructus bestehende Ausnahme nur eintritt, wo, liesse es die Natur des Rechtes zu, das Caducitätsrecht zur Anwendung gekommen seyn würde. Für die andere Seite des ius antiquum, Accrescenzrecht bei vorhandener Conjunction, wird die Richtigkeit dieser Aunahme durch den frühern Schluss von dem Verbleiben in der Erbschaft auf jenes constatirt.

Nachdem nun die Unhaltbarkeit von Rosshirts Meinung, dass die re coniuncti als patres das Anwachsungsrecht wie im alten Rechte gehabt haben, dargethan, werden schliesslich die Modificationen des Caducitätsrechts von den Kaisern, Constantin, Constantius und Constanz, Honorius und Theodosius angeführt, deren Verordnungen jedoch die Trennung des Caducitäts- und Anwachsungsrechts in keiner Weise vermindert haben, so dass das papische Recht in seinen unterscheidenden Merkmalen bis zur Zeit Justinians fortbestand.

Bevor nun der Vf. sich zu der Interpretation der 1. un. C. de cad. toll. wendet, wird die von Mayer ausgeführte Ansicht, dass die papischen Bestimmungen bis zur l. un. C. in voller Kraft bestanden, widerlegt. Ueber die Art und Weise, wie die von Mayer vorgebrachten Gründe neutralisirt worden, zu referiren, hält Rec. für überflüssig, da dem einem vom Vf. ange

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führten Zeugniss §. 6 Const. dedit nobis, die schon die vollständigste Widerlegung jener Ansicht enthält, der Rec. nur noch den §. 6 Const. tanta beifügen möchte, wo es heisst: ,,Sed in his nihil de caducis a nobis memoratum est." Was nun die im §.7 enthaltene Erklärung der 1. un. C. de cad. toll. betrifft, so unterscheidet sie sich von allen frühern Erklärungen dadurch wesentlich, dass sie allen Zusammenhang dieser Constitution mit den Bestimmungen der lex Papia leugnet, vielmehr die einzelnen Bestimmungen derselben aus sich selbst und als Resultate einer consequenten Durchführung des alten Anwachsungsrechtes ableitet. Hauptcharakter des letztern war, dass theils mit Nothwendigdass theils mit Nothwendigkeit, theils sine onere accrescirt. In beider Rücksicht soll nach der gewöhnlichen Erklärung unsere Constitution Abweichendes bestimmen und ausserdem scheint die von den Neuern der Constitution zugeschriebene Verordnung, dass auch verbis coniunctis Anwachsungsrecht zustehe, mit dem Wesen des alten Accrescenzrechtes in Widerspruch zu stehen und daher die Annahme natürlicher zu seyn, dass die Constitution sich unmittelbar auf das papische Recht stütze, als dass sie eine Entwicklung des Anwachsungsrechtes enthalte.

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Schon

temnit," auch nur cum onere übergehn." Es kommt nun darauf an, dieses mit dem S. 3 in Einklang zu bringen, wo gesagt wird, dass das, was pro non scripto sey, überall sine onere accresciren solle. Denn der Vf. ist nicht der Ansicht, dass die Worte nisi vacuatis - perveniebant etc. als eine Parenthesis zu betrachten, und somit eine Anwachsung sine onere in der Stelle nicht verordnet sey, bekämpft vielmehr diese Ansicht gegen die von Francke dafür vorgebrachten Gründe. Wenn nun also die Berufung eines der coniuncti pro non scripta gilt, so muss zufolge des §. 3 die Anwachsung sine onere geschehen, während nach den eben berührten Principien das Gegentheil Statt finden zu müssen scheint. Allein ein solcher Widerspruch ist wirklich nur scheinbar; denn das corpus ist dann in Beziehung auf diesen als gar nicht angeordnet zu betrachten. So bleibt denn nur noch das letzte Bedenken zu entfernen übrig, welches darin bestand, dass zufolge der Constitution im Gegensatz des alten Anwachsungsrechts und im Einklang mit papischen Bestimmungen auch den blossen verbis coniunctis anwachsen soll, welches von den meisten neuern Schriftstellern behauptet wird. Von diesen wird Baumeister, welcher seine Ansicht darauf stützt, dass auch nach altem Recht die verbis coniuncti Anwachsungsrecht gehabt haben, abgesondert widerlegt, indem nachgewiesen wird, dass die von demselben aufgestellte Definition der verbis coniuncti

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bestimmten Objecte nach einem auf den Fall ihrer wirklichen eintretenden Concurrenz ausdrücklich festgesetzten Theilverhältniss berufen sind" in der That re et verbis coniuncti bezeichne, so wie die Definition desselben von re et verbis coniunctis:,, solche, die zur gemeinschaftlichen Concurrenz an einem bestimmten Objecte berufen sind, und welche da als mehrere Individuen neben einander genannt oder mit einem Collectivnamen bezeichnet sind, wo der Name des Erben oder Legatars stehen werde, wenn Einer allein berufen wäre," Beispiele von blossen verbis coniunctis enthalten.

Diese Bedenken sucht nun der Vf. zu entfernen. Zuvörderst ist er der Ansicht, dass auch nach dem Rechte der Constitution die Anwachsung mit Nothwendigkeit vor sich gehe und stützt sich hierfür auf dieselbe Stelle, welche die Quelle der entgegenge, die in demselben Satze zur Concurrenz an einem setzten Ansicht ist, nämlich §. 11. C. h. t. Gelungener ist die Beseitigung des zweiten Bedenkens. Er erklärt den Uebergang der onera da wo er vorkommt, aus andern Gründen und zwar gerade aus einer consequenten Fortbildung des Anwachsungsprincips. früher ist es bei dem Anwachsungsrecht vor der lex Julia bemerkt und ausgeführt, dass die re und verbis coniuncti eine Personeneinheit bilden. Hieraus ergab sich für das alte Recht die Folge einer vorzüglicheren Anwachsung solcher Verbundenen. Justinian geht nun noch weiter, wendet sie auch gegen die coniuncti an und folgert die Pflicht die onera zu übernehmen daraus. Denn,, die coniuncti stehen von vorn herein zu einander in einem gewissen Verhältnisse, sie sind in unum corpus redacti, bilden unter sich eine Personeneinheit. Was also diesen coniunctis dadurch, dass die Glieder der Personeneinheit sich vermindern von einander anwächst, legatum augere videtur; nur kann deshalb nach dem Princip, was durch die ganze Constitution waltet: non ferendus est qui lucrum quidem amplectitur, onus autem ei annexum con

Darauf werden die Gründe, welche von denen die nach Justinianeischem Recht ein ius accrescendi der verbis coniuncti annehmen, widerlegt. Gegen den Grund, dass Justinian in der Constitution immer ganz allgemein der coniuncti überhaupt erwähne, und zu einer Beschränkung des Ausdruckes auf re et verbis coniuncti kein Grund vorhanden sey, wird hier noch bemerkt, einestheils, dass es in der Sphäre des Anwachsungsrechtes allgemeiner und fester Sprachge

brauch sey, durch coniuncti ohne Zusatz sowohl die blos wörtlich als auch die blos real verbundenen auszuschliessen 7. 1. §. 3. D. de usufr. accresc.; anderer Seits, dass, da Justinian in den Worten des §. 3. ,,nisi vacuatis coniunctus fuit aggregatus: tunc enim non deficiebat, sed ad illos perveniebat," den Ausdruck coniunctus ohne Rücksicht auf blosse Wortverbindung gebraucht habe, auch das später gebrauchte coniunctivo modo so verstanden werden müsse, indem nicht angenommen werden könne, er habe in den folgenden SS. die aufängliche Redeweise wieder verlassen. Für diese Redeweise wird auch noch ein anderes Zeugniss 1. 23. §. 1. C. de leg. beigebracht. Den Schluss dieser Abtheilung bildet eine Erklärung der 1. 23. pr. C. de leg., wonach diese Constitution, die immer als ein Zeugniss für eine bedeutsame Reform im Anwachsungsrechte ausgegeben, dieses gar nicht berührt. Es wird dariu die Frage entschieden, wenn Jemand bestimmt auf das Ganze einer Sache eingesetzt ist und einzelne Theile desselben nachher an andere vergabt sind, in welchem Verhältniss dann die Berufungen ihrem Gehalte nach stehen? und als Präsumtion sanctionirt, der Erblasser habe durch die blosse Hinzufügung des zweiten Legates das erste minuiren wollen. Darin aber zeigt sich recht deutlich, wie die Constitution das Anwachsungsrecht nicht berühren kann, indem jene Minution dem Conjunctionsprincip gerade entgegengesetzt ist.

Das Endresultat dieser ganzen Ausführung ist, ,, dass von Justinian die selbstständige eigenthümliche Grundlage des alten Anwachsungsrechtes, mit einziger Ausnahme des Belastungsprincips, getreu und selbstständig festgehalten ist und dass namentlich dem papischen Rechte in der geschichtlichen Entwickelung unserer Lehre kein anderer Platz vindicirt werden darf, als der einer in sich abgeschlossenen geistreichen Episode."

Der letzte Abschnitt, welcher vom legatum ususfructus besonders handelt, zeichnet sich durch die darin enthaltene scharfsinnige und consequente Erörterung vorzüglich aus und bildet einen würdigen Schluss des Werkes. Der Vf. stellt den Grundsatz auf, dass es kein eigenes Anwachsungsrecht für den ususfructus gebe, vielmehr die eigenthümlichen Erscheinungen bei der Accrescenz des ususfructus als Produkt der allgemeinen Requisite des Anwachsungsrechts: legatum per vindicationem und praeceptionem, so wie reelle Conjunction und der eigenthümlichen Natur des ususfructus als Factoren ergeben, An einer Reihe von aus den Quellen geschöpften Sätzen

wird dieses durchgeführt. Die Richtigkeit und Consequenz der vorgelegten Erklärungen lässt sich wohl schwerlich bezweifeln. Ref. wird sich daher damit begnügen, einzelne dieser Sätze, an denen die Abweichung von der gewöhnlichen Anwachsung vorzüglich in die Augen springt, mit der vom Vf. gegebenen Erklärung mit wenigen Worten anzuführen. Es gehört dahin zunächst der Satz, dass auch nach erworbenem Rechte noch eine Anwachsung möglich ist.

Erklärt muss hier werden, wie es aus der Eigenthümlichkeit des ususfructus hervorgehe, dass bei dem einmaligen Eintritt des dies cedens durch die hiedurch gegebene Concurrenz das Recht für den coniunctus, in so weit er nicht erworben, nicht consumirt werde. Die eigenthümliche Natur des ususfructus drückt sich hier aus in der Rechtsregel ususfructus cottidie constituitur et legatur. Der dies cedens kann also, weil das Object der Vergabung nur in so weit durch die Concurrenz getrennt werden kann, als es existirt, dieses aber in jedem Augenblick neu entsteht, nicht die Bedeutung haben, dass er das Recht selbst einmal und für immer verwirklicht, sondern nur bemerken, dass der Legatar überhaupt als Subject zu dem immer sich regenerirenden Rechte angesehen wird. Die Concurrenz kann diesen nur immer so lange beschränken als sie existirt und deshalb muss sobald und so weit sie wegfällt, dann und so weit dem Legatar anwachsen. Ein Vernichtungsgrund des Rechtes kann folgerichtig dieses nur ganz zerstören, wenn er überhaupt, wie capitis deminutio die Person rechtsunfähig macht, sonst wirkt er nur so weit, als er das Recht, wie es sich zur Zeit des dies cedens festgestellt hat, trifft. Daher denn der Satz, dass wenn ein coniunctus seinen Concurrenztheil etwa durch Verjährung verloren hat, damit sein Anwachsungsrecht auf nach diesem Verlust etwa eröffnete Theile nicht verloren geht. Nur das einmal Verlorene kann er durch Anwachsung nicht wieder erhalten. Wenn er also seinen Theil verloren und diesen ein Anderer durch Anwachsung gewonnen hat, so kann er, wenn später der letzte wegfällt, nur den Theil gewinnen, den dieser ohne das von ihm Angewachsene gehabt hat. Denn die Anwachsung ist nur darauf gestützt, dass ihm dasjenige ganz vermacht ist, was ihm die Concurrenz des Andern entzogen. Nicht aber die Concurrenz ist es, die ihm seinen Theil entzogen, sondern ein anderer Rechtsgrund, und deshalb kann er ihn durch Wegfallen der Concurrenz nicht wieder gewinnen.

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ERGÄNZUNGSBLÄTTER

ZUR

ALLGEMEINEN LITERATUR

MEDICIN.

Januar 1840.

1) PARIS: P. A. Piorry, Dissertations sur les habitations privées et plan d'un cours d'hygiène. 1838. 204 p. 8.

2) OFEN: Anton Jancovich, Pesth und Ofen

mit ihren Einwohnern in medicinischer und anthropologischer Hinsicht. 1838. 14 u. 261 S. 8. 3) PARIS: F. G. Maillot, Traité des fièvres intermittentes d'après des Observations recueillies en France, en Corse et en Afrique. 1836. 414 p. 8. 4) LONDON: James Inglis, Treatise on english

Bronchocele. 1838. 95 p. 8.

5) PAVIA: Andr. Verga, Diss. inaugur. sulla Opinione del D. Sacchi intorno alla causa del Gozzo che domina in Treviglio. 1836. 27 p. 8. 6) LONDON: John Hogg, London as it is, being a series of Observations on the health, habits, and amusements of the people. 1837. 389 p. 8. 7) PARIS: Baudens, Relation de l'expedition de Constantine. 1838. 73 p..8.

8) PARIS: F. J. Ducoux, Esquisse des maladies epidémiques du Nord de l'Afrique, des causes qui les ont occasionnées et entretenues. 1837. 56 p. 8.

9) PARIS: Worms, Exposé des conditions d'hygiène et de traitement propres à prévenir les maladies et à diminuer la Mortalité dans l'Armée en Afrique. 1838. 170 p. 8.

10) CALCUTTA: John M'Cosh, Topography of Assam. 1837. 166 p. 8.

11) PARIS: A. Bonnet, du Mode de propagation des maladies épidémiques. 1837. 49 p. 8. 12) LONDON: Peyton Blakiston, a treatise on the Influenza of 1837. 1837. 60 p. 8. 13) LONDON: W. Ch. Spooner, a treatise on the Influenza of horses. 1837. 105 p. 8.

Mit der Anzeige einiger medicinischen Topographien und einiger Schriften über endemische Krankheiten einiger Länder verbinden wir die von ein Paar

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Schriften, welche einige Hauptschädlichkeiten betrachten, wie Nr. 1.

Nr. 1. Fast ist ein egoistischer Zweck in dieser Schrift nicht zu verkennen, indem der Vf. so wiederholt versichert, dass seine, offenbar heterogenen, bisherigen Vorträge immer in Beziehung zur Hygieine gestanden, und indem er eine Uebersicht giebt, wie er seine Vorträge über Hygieine halten wolle (wenn er Professor der Hygieine wird?); übrigens geben wir ihm Recht, wenn er die Trennung in Aetiologie, Diätetik und Hygieine tadelt, und sie als Cours d'Etiologie et d'Hygiène vereinigen will, Ref. hat dieses immer gethan. Was nun den Gegenstand seiner Bearbeitung selbst betrifft, so wird man eben nichts vermissen, was man in den gewöhnlichen Bearbeitungen der Aetiologie und medicinischen Polizei findet: weun man aber von einer solchen speciellen Bearbeitung fordert, dass der Vf. alle Quellen benutzt habe, und dass er wenigstens seine nähern Umgebungen aus eigener kundiger Anschauung kenne, so wird man schwerlich befriedigt seyn! Wenn z. B. der Vf. von den Wohnungen der Menschen in den verschiedenen Gegenden der Erde spricht, so wird man es entweder zu weit gegriffen finden, oder, wenn es einmal gegeben werden sollte, so ist die Darstellung höchst unvollständig; der Vf. hat sich begnügt, seine neuesten französischen Seereisen zu benutzen, wie viel mehr hätte ihm ein ausgedehnteres Quellenstudium

liefern können; wenn er von der Geschichte der Wohnungen der civilisirten Völker spricht, und ungefähr wiederholt, was man auch bei Frank findet, so hätten ihm die gewöhnlichsten Handbücher der Archäologie und der Geschichte der Baukunst ganz andere Materialien liefern können; anstatt des Unbedeutenden, was er über die verschiedenen Baumaterialien sagt, hätte er in den neuern medicinischen Topographien der englischen Aerzte ganz andere Bemerkun

gen über den Einfluss der verschiedenen Arten von Bruchsteinen, Backsteinen, pisé Bau finden können, und sein eigenes Vaterland hätte ihm Gelegenheit ge

nug zu Vergleichungen dargeboten; von den Gefahren des faulenden Holzes, des Hausschwammes findet sich kein Wort. Auch fehlt es nicht an hors d'oeuvre's; wer sucht z. B. hier eine (natürlicher Weise höchst unvollständige) Betrachtung des Einflusses der Gebirge, der Ursachen des Kropfs, wer Betrachtungen über den Einfluss der Wälder und der Entwaldung? Der Vf. ist inconsequent, wenn er die Betrachtung der öffentlichen Gebäude im Allgemeinen ausschliesst, und im Einzelnen doch oft auf sie Rücksicht nimmt. Bei der Erwärmung der Wohnungen findet man kein Wort über die Heizung mit Dampf und mit erwärmter Luft, obgleich der Einfluss dieser Heizungsarten auf die Gesundheit neuerlich mehrfach besprochen wurde u. s. w. Doch finden sich natürlicher Weise, wie man von einem so vortheilhaft bekannten Gelehrten erwarten muss, auch viele gute Bemerkungen.

Nr. 2. zeichnet sich als eine der vollständigsten und umsichtigsten medicinischen Topographien, deren Oesterreich überhaupt in neuerer Zeit mehrere erhielt, sehr vortheilhaft aus. Die Topographie muss bei der grossen Mannigfaltigkeit der Bewohner und den Beschäftigungen derselben grosses Interesse darbieten ; leider scheinen aber dem Vf. genauere statistische Vorarbeiten gefehlt zu haben, und die Wirkung verschiedener Constitutionen und Einflüsse auf den Charakter der Krankheiten wird durch fortgesetzte Beobachtungen wohl noch besser erläutert werden können.

Der Vf. von Nr. 3. hat, wie sein Titel zeigt (Ancien médecin des hôpitaux militaires d'Ajaccio et d'Alger, ex-médecin en chef de l'hôpital militaire de Bone) hinreichende Gelegenheit gehabt, die Wechselficber der mittelländischen Meeresküsten kennen zu lernen; er ermüdet durch eine Masse mitgetheilter Krankengeschichten und Sectionen, die am Ende des Neuen doch nicht gar viel enthalten, die indessen von sorgfältiger Beobachtung zeugen. Endemisch in Sumpfländern glaubt der Vf., dass iutermittirende Fieber in nicht sumpfigen Ländern epidemisch vorkommen, wenn ihnen die Witterungsbeschaffenheit vorübergehend den Charakter von Sumpfländern giebt; am gewöhnlichsten brechen sie nach plötzlichem Temperaturwechsel aus. Den schädlichen Stoff findet der Vf. am wahrscheinlichsten in dem organischen Smegma der Sumpfluft, welches Brochi (der erste und verdienteste Beobachter, den der Vf. aber nicht kennt oder nicht nennt), Rigaud de l'Isle, Julia Fontenelle auffanden; über seine Wirkungsart weiss er aber

nicht mehr, als andere. Das Wesen der Fieber sucht der Vf. in einer Irritation des Cerebrospinalsystems, wogegen wir im Allgemeinen nichts einwenden würden, denn auch wir glauben, dass das Gift zunächst auf das Gangliensystem wirkt, und von diesem die Anfälle durch Reizung des Spinalsystems erregt; al lein wenn der Vf. speciell sagt une irritation active et hyperémique," so können wir auf keine Weise einverstanden seyn; diese Ansicht beruht auf einer falschen Deutung der Sectionsergebnisse und auf einer Verwechslung secundärer Leiden mit dem primären, wie das auch in andern Nervenkrankheiten z. B. im Keuchhusten oft geschehen ist.

In Nr. 4. giebt Hr. Inglis Bemerkungen über den endemischen Kropf in England, und besonders nähere Nachweisungen über das Vorherrschen desselben in einigen Distrikten, mit Beziehung auf die geognostische Beschaffenheit derselben, ohne jedoch die übrigen geologischen Verhältnisse gehörig in Rechnung zu bringen; er kömmt daher auch zu keinem genügenden Resultat über seine Ursachen; für einen allgemeinen Bearbeiter werden aber seine Beiträge immer schätzbar seyn.

Nr. 5. Ein Dr. Sacchi hatte behauptet, dass der endemische Kropf in Treviglio im Bergamaskischen von dem Wasser des Flusses Brembo herrühre; der Vf. zeigt, dass diese Ansicht wenigstens voreilig und

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unerwiesen ist.

Nr. 6. Hr. Hogg liefert uns eine zwar allgemein nicht vollständige, aber erfahrungsreiche, dem Einheimischen gewiss, wie dem Auswärtigen willkommene anthropologisch - medicinische Schilderung von London, die im Allgemeinen sehr vorurtheils frei crscheint; etwas sonderbar erscheint es nur, wenn in dem Capitel von der Quacksalberei die Homöopathie als ein monster of the Faust and Freischutz school" bezeichnet wird, und wenn sie von einem Redner in der Versammlung der Englischen Naturforscher und Aerzte neuerlichst als "german nonsense" bezeichnet wird, so regt sich wohl der Wunsch, dass uns doch unsere andern Nachbarn endlich dieselbe Gerech tigkeit widerfahren lassen möchten, wie die westlichen, wo bekanntlich die Commission in der französischen Akademie erklärte, diese Lehre sey keineswegs den deutschen Aerzten aufzubürden, sondern sie sey das Erzeugniss von Quacksalbern und Thoren; Altersschwäche und Sucht zu glänzen findet man überall, und unter den Aerzten aller Nationen giebt es leider Leute, denen der Beutel mehr, als das Gewissen gilt. In der Vorrede zeigt sich der Vf.

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