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ERGÄNZUNGSBLÄTTER

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ALLGEMEINEN LITERATUR-ZEITUNG

Januar 1840.

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Aus derselben Ursache erklären sich die zahlreichen Uebereilungen des Vfs. in philologischer und kritischer Hinsicht. Die grosse Eile, mit welcher die Commentare zu Stande gebracht wurden, verleitete hier zu unhaltbaren Behauptungen, welche auf die ersten Eindrücke des eben Gelesenen hin ohne ruhige und wiederholte Prüfung abgegeben wurden, dort zu einer eben so unwissenschaftlichen Rathlosigkeit in Dingen, welche sich ganz bestimmt entscheiden lasAusserdem vermisst man mitunter denjenigen Scharfsinn, ohne welchen gerade die Erklärung der Paulinischen Briefe nicht gelingen will. Daher findet der Vf. so oft in den scharfsinnigsten Deductionen des Paulus keinen rechten Zusammenhang und in dessen

sen.

Kritisch - exegetischer Commentar über das richtigsten Schlüssen logische Fehler; daher verwiN. T. Fünfte Abtheilung.

1 und 2. Die Rückert'schen Commentare leiden bei

manchen unverkennbaren Vorzügen an mehrern we-
sentlichen Mängeln. Zur Empfehlung gereicht ihnen
die dogmatische Voraussetzungslosigkeit des Vfs.,
sein strenges Festhalten an dem grammatisch-histo-
rischen Gesichtspunkte bei der Erklärung und die Of-
fenheit, mit welcher der wahrheitsliebende Mann
überall die gewonnene Ueberzeugung ausspricht.
Ausserdem finden sich in ihnen manche richtige Be-
merkungen, gelungene Erklärungen und beachtens-
werthe Vorschläge. Die unleugbaren Unvollkommen-
heiten der Rückert'schen Commentare lassen sich fast
alle auf eine gewisse Ungründlichkeit zurückführen,
welche sich aus der Eile erklärt, mit welcher sie
geschrieben wurden.
Man sollte nach dem grossen
Umfange dieser Commentare erwarten, dass sie das
brauchbare exegetische Material mit verhältnissmässi-
ger Vollständigkeit zusammenstellten und gründlich
verarbeiteten. Diess ist aber durchaus nicht der Fall;
sondern weil sie nicht aus mehrjährigen kritisch- und
exegetisch-historischen Studien erwuchsen, erscheint
das in ihnen dargebotene Material als ein zufällig auf-
gegriffenes und ist nicht gehörig durchgearbeitet.
Ergänz. Bl. zur A. L. Z. 1840.

ckelt er sich, besonders in längern Verhandlungen über schwere Stellen, zuweilen in Widersprüche und seiner Erklärung fehlt nicht selten die wünschenswerthe Klarheit und Schärfe. Endlich ist die Darstellung des Vfs. oft ermüdend breit und hält sich nicht überall in dem sich für einen gelehrten Commentar eignenden Tone, sondern verirrt sich zuweilen in Declamation und Pathos. Alle diese Vorzüge und Mängel finden sich auch in den jetzt zu besprechenden zwei Bänden über die schwierigen Briefe an die Korinther.

1 Cor. 1, 21 sind nach I, S. 53 die Worte v tỷ oogia Tov 9ɛov von allen Auslegern missverstanden worden. Sie sollen vermöge der Weisheit Gottes d. h. unter ihrer Leitung und Veranstaltung bedeuten und διὰ τῆς σοφίας auf die Weisheit der Welt bezogen werden, so dass P. sage: nachdem in Folge weiser Veranstaltung Gottes die Welt durch die eigene Weisheit Gott nicht erkannt habe, so habe G. beschlossen, durch die Thorheit der Predigt die Gläubigen zu beglücken. Allein die Beziehung von dia ts oogias auf die Weisheit der Welt, welche dem Vf. mit Winer Gr. S. 364 gemeinschaftlich ist, erweiset sich als falsch durch den Gegensatz διὰ τῆς μωρίας τοῦ κηρύγ Maros und durch das auf ihn hindeutende to σogíav

A

v. 24. Denn wer bedenkt, dass es in der paradoxen Antithese v. 21. dem Ap. auf starke Hervorhebung der oopía Tov Jεov, welche den beabsichtigten Zweck σοφία τοῦ Θεοῦ, nicht erreichte, ankommen musste, kann nicht verkennen, dass durch v tn ooqiu tov so und durch Siù τns oopias dasselbe zweimal, nur in verschiedener Form, gesagt worden ist (vgl. des Rec. Bemerkungen zu Rom. 5, 17 u. 8, 11). P. sagt: denn nachdem bei der Weisheit Gottes (während Gott seine Weisheit hervortreten liess) die Welt Gott nicht erkannt hatte durch die (von Gott geltend gemachte) Weisheit, so hat Gott beschlossen, durch die Thorheit der Predigt die Gläubigen zu beseligen (also das entgegengesetzte Mittel zu wählen). Durch Anwendung seiner Weisheit hatte Gott die Welt nicht zu der das Heil bedingenden Erkenntniss seiner selbst zu bringen vermocht; so griff er dann zu dem entgegengesetzten Mittel und beschloss durch thörichte Predigt, welche freilich den Gläubigen als Weisheit Gottes erscheint v. 24, die Gläubigen zu beglücken. Die nächsten Verse 22-24 erläutern die Worte v. 21 Evdóznσev o Jeds xth. Gott beschloss durch thörichte εὐδόκησεν θεὸς κτλ. Predigt Seligkeit den Gläubigen zu ertheilen (v. 21), da ja Juden Wunder fordern, Heiden Weisheit begehren (v. 22). Wir dagegen (als die von Gott verordneten Verkündiger des reellen Heils) predigen Christus als einen Gekreuzigten, Juden zum Anstoss, Heiden als Thorleit (befriedigen also so wenig das eitle Begehren von Juden als von Heiden), ihnen selbst aber, den Berufenen (oder Gläubigen v. 21), Juden sowohl als Heiden, predigen wir Christus als denjenigen, an welchem Gottes Macht und Weisheit sich zeigt (gewähren also durch die thörichte Predigt gerade denen Befriedigung, welche Gott durch solche beseligen wollte v. 21). Also folgt daraus, dass wir, die christl. Heilsbeten, mit unserer thörichten Predigt nicht bei einseitigen Juden und Heiden, sondern bei den Berufenen und Gläubigen Anerkennung finden, dass Gott beschlossen haben muss, durch thörichte Predigt die Gläubigen zu beglücken (v. 21). Die Verbindung, welche zwischen v. 22 bis 24 und v. 21 besteht, ist vom Vf. verkannt worden. Er verknüpft unter Fiction einer Ellipse von èv v. 22 und 23 zu einem Satze: nad Lovdator u ev-aiἐπειδὴ τοῦσι καὶ Ἕλληνες intovoi, quels dè xt. Keineswegs sind ferner v. 22 oqueta als 'Thatsachen erwähnt, welche die Juden zur Beglaubigung der Lehre Christi verlangt hätten Joh. 6, 30, sondern als ausserordentliche Facta, an welchen sich die Juden bei ihrer Wundersucht und Liebe zum Geheimnissvollen und Aben

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teuerlichen ergötzten Luc. 23, 8. Wenn der Vf. S. 57 zu Xolotov oravouévov erinnert:,, das grosse, aber Χριστὸν ἐσταυρωμένον freilich nicht geglaubte, onutiov der Auferstehung übergeht P. klüglich", so ist zu bedenken, dass die Thorheit der Predigt nach v. 17 u. 18 nur in dem Satze bestand: Christus, der Heilsbringer, hat am Kreuze` geendet, nicht aber in der Wahrheit: der gekreuzigte Heilsbringer ist von den Todten auferstanden. Also war die Erwähnung der Auferstehung hier ganz ungehörig. Ausserdem hätte P. nur in dem Falle hier klüglich über Christi Auferstehung geschwiegen, wenn sie in Korinth bezweifelt worden wäre. Allein gerade das Gegentheil folgt aus 1 Cor. 15, 12 fgg., indem hier die Leugnung der Auferstehung der Todten darum als ungereimt dargestellt wird, weil aus ihr die anderweitige Ungereimtheit folge, Christus sey nicht auferstanden (v. 13), womit der ganze christliche Glaube sein Fundament verliere (v. 14). Die Grundlosigkeit des Vorwurfs I, 60, dass P. 1 Cor. 1, 26 einen Cirkel gemacht habe, ist von Meyer treffend dargethan worden. Derselbe hat sich auch 1 Cor. 1, 14. 15, wo sich P. nach dem Vf. I, 46 eine logische Blösse gegeben hat, mit Erfolg des Ap. angenommen. Bei Erklärung des 7ten Cap. trägt der Vf. manches Seltsame vor, was sich nicht alles damit entschuldigen lässt, dass Hr. R., wie Paulus, über das eheliche Leben nur vom theoretischen Standpunkte aus zu sprechen vermochte (S. 181. not. ). Falsch ist gleich die Behauptung (S. 180), dass v. 1 - 7 von Fortsetzung des ehelichen Lebens in bereits bestehenden Ehen gehandelt werde. Zuerst bemerkt P., es sey gut gar keine fleischliche Gemeinschaft mit einer Frau zu haben (v. 1); da indessen dieselbe durch die Unenthaltsamkeit unentbehrlich werde, so solle zur Vermeidung der Hurerei Mann wie Frau den Geschlechtstrieb in der Ehe befriedigen (v. 2). Nun geht P. auf das Verhältniss in der Ehe und auf die ehelichen Pflichten über v. 3 6. Ausserdem beruht des Vfs. Meinung auf Verkennung der Wortstellung v. 8. Er erklärt hier so, als stände da: Tois de úyúμors (im Gegensatze zu den Verheiratheten, von welchen bisher v. 1-7 die Rede war) éyw etc. Aber P. sagt Atyw de Tois áráμois xth. ich mache aber (um mich nach v. 7 näher zu erklären) den Unverheiratheten bemerklich (vgl. auch Meyer). Ohne Grund nimmt Hr. R. S. 183 an der Ermahnung des Ap. v. 5 Anstoss, dass die Ehegatten nur auf kurze Zeit nach Uebereinkunft aus einem asketischen Zwecke die eheliche Beiwohnung suspendiren sollen, damit sie Satan nicht versuche wegen ihrer Unenthaltsamkeit,

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da doch Jeder die grosse Härte fühlen müsse,,welwelche darin liegen würde, wenn P. in einer Stelle, die, frei von allen Vorwürfen, nichts als freundlichen Rath Unenthaltsamkeit ertheilt, den Korinthern als wirklich vorhanden vorwerfen wollte." Hiergegen bemerkt Hr. Meyer, dass P. Ursache genug gehabt habe, von den (allerdings nicht in dem Rufe der Keuschheit stehenden) Korinthern im Allgemeinen Unenthaltsamkeit zu prädiciren und sie von dieser dieser Seite zu warnen. Aber das Richtige ist diess, dass dem Ap. das Heirathen und Verheirathet seyn selbst schon als Beweis der Unmässigkeit, so wie die Kraft unverheirathet zu bleiben als ein Xáquoua erscheint (vgl. v. 2 u. 7). Hiernach durfte er dann bei den verheiratheten Korinthern, von welchen er spricht, v.5 Unenthaltsamkeit ohne Weiteres voraussetzen. Verunglückt ist die Erklärung, welche Hr. R., um den vermeintlichen Anstoss zu heben, von axoaoía v. 5 gegeben hat. Er lässt dzgacía, was er von zeoúvvvu ἀκρασία, κεράννυμι ableitet, die Nichtvermischung, Nichtbegattung, den Nichtgenuss der ehelichen Lust bedeuten, so dass P. sage: damit euch nicht Satan versuche aus Veranlassung euerer Nichtbegattung. Allein hier wäre vor allen Dingen die Existenz eines von zapávvvu abgeleiteten Substantivs, àzquoía, nachzuweisen gewesen. Denn dxquoia in der Bedeutung von impotentia, intemperantia hängt bekanntlich mit uxquτs zusammen. Sodann hätte gezeigt werden müssen, dass das von zegúvvvu derivirte Substantivum àzquoia die Nichtbegattung bedeute, was an sich schon nicht glaublich ist, da Niemand zquois für uisis in der Bedeutung von Begattung gebraucht hat. Touto v. 6 bezicht Hr. R. ganz richtig auf v. 25 d. h. auf das aus dem angeführten Grunde erlaubte Heirathen v. 2 und auf die den Verheiratheten gegebenen Weisungen v. 3-5 (diess aber, nämlich dass man heirathen und in der Ehe das Bemerkte beobachten solle v. 2 5, sage ich erlaubnissweise, nicht befehlsweise). Diess lehrt ganz deutlich v. 7: denn ich wünsche, dass alle Menschen sind, wie ich, nämlich chelos. Unrichtig aber ist die Annahme, dass durch die Variante 9ha de (volo autem h. e. ut dicum quod sentio) statt 9w yàp der Sinn afficirt werde und dass, wenn man, wie der Vf. gethan, Déλw dè schreibe, v. 6 èv nach Aéyw zu suppliren sey, dem eben v. 7 92w de entspreche. Auf diese eingebildete Ellipse von μὲν kommt der Vf. sehr oft zurück und bringt durch sie die einfachsten Sätze in Verwirrung. Darin, dass toîç yɛyɑunzóo, v. 10. im zwölften Vs. oi hoinoi entgegengesetzt werden (S. 187) kann

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Rec. keine Schwierigkeit finden. Von den unverhei→ ratheten Christen und den christlichen Wittwen v. 8 und 9 geht P. v. 10 u. 11 auf die Christen über, welche sich im Widerspruche mit seinem apostolischen Rathe (v. 6 u. 7) als Christen bereits verheirathet haben (oi yeyaunzóτes), von welchen er nach dem ganzen Inhalte von v. 10 u. 11 voraussetzt, dass sie mit keinem Nicht christen den ehelichen Bund geschlossen haben werden. Von diesen werden v. 12 richtig of honoí, die übrigen Verehlichten, unterschieden, unter welchen natürlich -nur diejenigen verstanden werden können, welche sich, che sie Christen wurden, verheirathet hatten. Unter diesen konnten dann auch, wie v. 12 u. 13 vorausgesetzt wird, gemischte Ehen vorkommen, wenn der eine Theil sich weigerte das von dem andern angenommene Christenthum selbst auch anzunehmen. Das von dem Vf. zur Abstellung der eingebildeten Schwierigkeit getroffene Auskunftsmittel ist seltsam. Er meint, dass P., nachdem er v. 8 f. von Eingehung neuer Ehen abgerathen habe, v. 10 f. von Neuverehlichten mit Rücksicht auf einen bestimmten Fall in Korinth spreche und dann v. 12 durch of 20noi zu den Eheleuten überhaupt übergehe. Der bestimmte, in Korinth vorgekommene, Fall soll der gewesen seyn, dass hier eine neue Ehe, vielleicht zwischen einem ledigen Manne und einer Wittwe geschlossen und von Manchen für unerlaubt gehalten worden war, ausserdem aber, was erst S. 188 nachgetragen wird, der weibliche Theil sich zu trennen wünschte. Da habe dann P. die möglicherweise aus v. 7 u. 8 abzuleitende Consequenz abweisen wollen, es sey eine solche neue Ehe wieder aufzulösen. Dass weder in τοῖς ἀγάμοις und ταῖς χήραις v. 8, noch in Toïs λoinois v. 12, welche vois reraunzoo v. 10 entgegengestellt sind, des Vfs. Vermuthung irgend einen Halt hat, geht aus dem schon Gesagten hervor. Ganz willkürlich aber ist es, oi yɛyaμyzótes die Neuvermählten zu deuten und dass v. 10 u. 11 cher von der Frau, als von dem Manne und von jener umständlicher als von dem Manne gehandelt wird, will auch nichts bedeuten. Dass die Frau cher als der Mann v. 10 u. 11 erwähnt ist, kann blosser Zufall seyn, zumal da gleich darauf, wo von den gemischten Ehen gesprochen wird, eher von dem Manne als der Frau die Rede ist (v. 12 u. 13). Die parenthetische Mahnung aber v. 11 tùr de xai yw μενέτω ἄγαμος, ἢ τῷ ἀνδρὶ καταλλαγήτω dürfte in der Besorgniss des Ap. ihren Grund haben, dass Frauen, die sich etwa in der bisherigen Ehe nicht ganz glücklich fühlten, den apostolischen Rath des P. v. 7 u. 8

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tig, ob man bis dahin Freier oder Sclav sey. Dass das εἰ καὶ δύνασαι ελεύθερος γενέσθαι die Ergänzung von τῇ δουλείᾳ nach μᾶλλον χρῆσαι nothwendig mache, hat sich der Vf. eben so wenig gesagt, als dass dieselbe durch v. 22 nothwendig wird. Der freie Christ steht, da er sich als δοῦλος Χριστοῦ zu betrachten hat, gegen den christlichen Sclaven, welcher, sofern er sich als Freigelassenen Christi denken soll, Christo eine Auszeichnung (die Freilassung) verdankt, im Nachtheile (v. 22). Mit diesem Gedanken lässt sich wohl die Forderung motiviren,` der christl. Sclav solle selbst die angebotene Freiheit verschmähen und ihr seine Stellung als Sclav vorziehen, nur nicht die entgegengesetzte Ermahnung, der christl. Sclav solle die angebotene Freiheit der Sclaverei vorziehen. Der Vf. ergänzt nun mit vielen neuern Auslegern (willkürlich) tỷ ElevJoig nach uhhov yoñou, verbindet (gegen die Wortstellung) zui, was steigernd sey, mit huegos, nimmt dλú adversativ (,, aber wenn du gar frei werden kannst, bediene dich dess noch lieber") und behauptet, dass durch v. 22 nicht v. 21 di el καὶ δύνασαι ἐλεύθερος γενέσθαι μ. χρῆσαι, welche Worte nur beiläufig und parenthetisch gesetzt seyen (!), sondern v. 21 Δοῦλος ἐκλήθης, μή σοι μελέτω begründet werde. Das Missliche seiner Erk!. fühlt Hr. R. selbst, doch meint er, sie könne sprachlich geduldet werden und stellt den Grundsatz auf (S. 196):

zum Vorwande einer Trennung von ihren Gatten benutzen möchten, nur um eine anderweitige ihren Neigungen mehr entsprechende, eheliche Verbindung späterhin einzugehen. Darum sagt P. v. 11: hat sich aber die Frau wirklich getrennt, so bleibe sie (um das Minimum von ihr zu fordern: denn eigentlich sollte sie bei ihrem Manne bleiben v. 10) unverheirathet, oder versöhne sich mit ihrem Manne (gehe aber nicht mit einem andern Manne die Ehe ein). Es ist recht löblich, dass der Vf. auf die historischen Verhältnisse achtet, deren Berücksichtigung auf die Gestaltung der paulinischen Briefe eingewirkt hat, zumal da hierauf von vielen Auslegern viel zu wenig Aufmerksamkeit gerichtet worden ist. Nur ist der Vf. dem andern, jetzt auftauchenden, Extreme verfallen, nach welchem man in den paulinischen Briefen nichts als Anspielungen auf historische Verhältnisse, die man sich zum Theil selbst erst phantastisch zusammengesetzt hat oft im Widerspruche mit dem ganz klaren Texte finden will. Dass sich der Vf. in dieser Hinsicht bei Erklärung der Korintherbriefe der Bildung von Hypothesen mehr, als recht sey, hingegeben habe, sagt er sich in richtigem Gefühle selbst (II, 127), und in der That verdient das Meiste, was er in dieser Beziehung vorgetragen hat, den Namen nicht eben glücklicher Einfälle (vgl. z. B. II, 202. 259. 260.265 f.). Um über die zunächst folgenden, ziemlich leichten, Verse nichts zu sagen, wo sich auch Manches rügen liesse, z. B. die falsche Erklärung von v. 15 iv tionvn,,selbst wenn Sprache und Geist in wirklichem ConxéxkyKev yμus & 9tós (S. 192), die Rathlosigkeit des Vfs. bei v. 17. (S. 193 f.), die willkürliche Deutung von xaños v. 20. (die Lebensstellung, in welcher Jemand berufen wurde S. 195), geht Rec. gleich auf ν. 21 über Δοῦλος ἐκλήθης, μή σοι μελέτω· ἀλλ ̓ εἰ καὶ δύνασαι ἐλεύθερος γενέσθαι, μᾶλλον χρῆσαι), welcher sehr flach behandelt wird. Die richtige Erklärung, nach welcher T dovλtig zu zoñou supplirt wird, will der Vf. nicht gelten lassen, weil t dovλεία τη χρῆσθαι nicht recht passen wolle (aber so gut χρῆσθαι συμφορᾷ, χειμῶνι und Aehnliches gesagt worden ist, eben so gut ist die Phrase xoroda T dovhelg die Sclaverci erdulden) und weil er bezweifelt, ob es mit dem Sinne des P. irgend harmonire, an den Sclaven, der auf rechtmässige Weise frei werden könnte, das Begehren zu stellen, ohne Noth für immer in der widersinnigen Stellung des Sclaven zu verharren. Allein da sich P. die Parusie sehr nahe dachte, so musste er dafür halten, es sey gleichgül(Die

flikte ständen, würde der Geist obsiegen müssen." Dieser hermeneutische Grundsatz ist, wie Meyer sehr wahr erinnert, eben so falsch als gefährlich ; falsch, denn bloss durch gewissenhafte Beachtung der Sprachgesetze kann man sich der einzelnen Gedanken eines der Sprache mächtigen Schriftstellers und durch diese allmählig seines Geistes bomächtigen; geführlich, weil durch ihn subjectiven Voraussetzungen das Uebergewicht über die objectiv nachweisbaren Sprachgesetze eingeräumt, hierdurch der Exegese ihre feste Basis genommen wird und die Geschichte der Auslegung lehrt, dass die kenntnisslosesten und verworrensten Bibelerklärer wenigstens den Geist der biblischen Schriftsteller ergriffen zu haben meinten. Auch was der Vf. hier Pauli Geist genannt hat, ist, wie wir sahen, nichts, als die grundlose Voraussetzung, dass P. sich über ein gewisses Lebensverhältniss in bestimmter Weise geäussert haben müsse. Fortsetzung folyt.)

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ALLGEMEINEN

BIBLISCHE LITERATUR.

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LITERATUR - ZEITUNG

Januar 1840.

1) LEIPZIG, b. Köhler: Der erste Brief Pauli an die Korinther, bearbeitet von L. J. Rückert u. s. w.

u. S. W.

(Fortsetzung von Nr. 1.)

Allerdings hat der Vergleich v. 22 die hinkende Seite, dass libertus alicuius cigentlich den bezeichnet, den sein bisheriger Herr aus seiner Dienstbarkeit freigelassen hat, wogegen Christus den Sclaven nicht minder als den Freien in seinen Dienst genommen hat und in so fern kann auch der Gegensatz, dass der als frei Berufene cin Knecht Christi sey, mehr für glänzend als genau gehalten werden, da ja in der dovλeig TOV XOLTOT Herr und Sclav einander gleich sind (S. 197). Allein es ist doch zu bedenken, dass in dieser Antithese davon, dass der Freigelassene von seinem Herrn aus seinem Dienste entlassen wurde, gänzlich abstrahirt und dafür, wie in Antithesen meistentheils geschieht, ein specieller Gesichtspunkt genommen wird, bei dessen Auffassung die Antithese schlagend ist. Es wird nämlich nur der entgegengesetzte Eindruck ins Auge gefasst, welchen das Bewusstseyn Christ zu seyn, auf den Sclaven und Freien bei Erwägung dieses ihres bürgerlichen Verhältnisses der Sclaverei und Freiheit macht. Den Sclaven hebt das Christenthnm und bewirkt, dass er sich über sein drückendes Sclavenverhältniss hinwegsetzt bei dem Bewusstseyn, er sey ein Freigelassener Christi oder er verdanke Christo, als Christ so frei als jeder Andere indem im Christenthume nichts darauf ankomme, ob man Freier oder Sclav scy Col. 3, 11 (von der,,wahren Freiheit, die nur inwendig, im Geiste, ist und darum des Sclaven Eigenthum seyn kann nicht minder als des Freien" S. 197 ist hier gar nicht die Rede); den Freien dricht es nieder und demiithigt ihn, indem es ihn, wenn er sich stolz erheben und dem Gedanken Raum geben will; du bist ein freier Mann, daran erinnert als Christ dürfe er auf seine bürgerliche Freiheit nicht pochen, da er als solcher zu

zu seyn,

Christus eben in dem untergeordneten Verhältnisse des Sclaven stehe. V. 23 findet Hr. R. in den Worten μὴ γίνεσθε δοῦλοι ἀνθρώπων schon wieder Anspielung auf korinthische Verhältnisse, nämlich auf das dortige,, Parteigetriebe," welches sich an die Namen Paulus, Apollos, Kephas knüpfte 1 Cor. 1, 11. 12.

Dass diese Annalime dem Zusammenhange ganz fern liege erinnert Meyer mit Recht, vermuthet aber selbst, dass P. auf ein in Korinth obwaltendes, uns nur nicht näher bekanntes, Verhältniss ziele. Dass P. durch un yivɛoɛ Sovλoi àv9qwzwv sich nur auf das v. 18-22 Gesagte beziche, ist theils an sich selbst klar, theils aus v. 24 ersichtlich, wo die Mahnung v. 17 recapitulirt wird, an welche sich die vorstehende Verhandlung v. 18-22 knüpfte. Die durch chirurgische Operation die Vorhaut wiederherstellenden Judenchristen, die der jüdischen Beschneidung sich unterwerfenden Heiden christen v. 18 und die sich nach bürgerlicher Freiheit, als nach einem grossen Gute, sehnenden Sclaven waren sämmtlich Menschenknechte. Denn sie fügten sich, wie die beiden ersten, in menschliche Vorurtheile, oder wünschten sich, wie die Letzten, etwas, worauf Menschen hohen Werth legen, um von Menschen geachtet zu werden. P. sagt also die vorstehende Verhandlung kräftig schliessend für einen Preis seyd ihr von Christo zu seinen Sclaven erkauft worden: diese dovhid XoLσTo genüge euch: werdet nicht Menschensclaven dadurch, dass ihr gegen meine Ermahnungen handelt v. 18-22. und menschlichen Vorurtheilen fröhnet. Sehr unbefriedigend ist was der Vf. über 1 Cor. 8, 7. sagt: ἀλλ' οὐκ ἐν πᾶσιν ἡ γνῶσις· τινὲς δὲ τῇ συνει doι (A. B. und einige A. tỷ ovrndɛią) tov eidwlov s ori (B. D. E. F. G. 31. 37. Mt. f., einige alte Ueberss. und viele, besonders latein., Väter os úti τοῦ εἰδώλου) ὡς εἰδωλόθυτον ἐσθίουσι, καὶ ἡ συνείδησις αὐτῶν ἀσθενὴς οὖσα μολύνεται. Er bemerkt nur, dass die nur mögliche Erklärung von tỷ ovvuðýou rov tidalov (durch das Bewusstseyn des Götzen d. h. durch das Bewusstseyn mit dem noch immer geglaub

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