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hier dem ßantio9rte zur Empfehlung, wo sich die Entstehung der abweichenden Formen nachweisen lässt. Weil nämlich va un tis einn vorhergeht, so acμή τις εἴπῃ commodirten gedankenlose Abschreiber das Verbum dem voraufgehenden τὶς: ἵνα μή τις εἴπῃ, ὅτι εἰς τὸ ἐμὸν ὄνομα ἐβαπτίσθη (ἐβαπτίσθην): damit nicht Jemand sage, er sey auf meinen Namen getauft worden (ich bin auf P. Namen getauft worden). Dass man durch die passive Wendung das vom Vf. angegebene Missverständniss habe abschneiden wollen, stellt Rec. in Abrede, da sich őt bei den Lesarten ἐβάπτισα, ἐβαπτίσθητε und ἐβαπτίσθη gar nicht als die Oratio directa einführend betrachten liess. 1 Cor. 9, 15. καλὸν γάρ μοι μᾶλλον ἀποθανεῖν, ἢ τὸ καύχημά μου ἵνα τις κενώσῃ (lieber will ich sterben, als dass mein Rühmen Jemand vernichte) schreibt der Vf. aus B. D.* — ἢ τὸ καύχημά μου οὐδεὶς κενώσει. Abgesehen davon, dass von diesem Texte nur eine unbefriedigende Erklärung gegeben werden kann, dergleichen der Vf. S. 154 f. vorgetragen hat: so ist derselbe, wie Rec. schon anderwärts gezeigt hat, nichts als Glossem der schon verdorbenen Vulgata. Nachdem va ausgefallen war, nahm man vis für das iva Fragpronomen und schrieb ἢ τὸ καύχημά μου τίς Evάoε (so G.); und lateinische Uebersetzer verwechselten gar das Adverbium quam (= †) mit dem Relativpronomen, wie Boern.: quam gloriam meam quis exinaniet? Den Sinn nun von to zaúχημά μου τις κενώσει; stellte man glossematisch durch τὸ καύχημά μου οὐδεὶς κενώσει (Β. D.*), oder durch τὸ καύχημά μου οὐδεὶς [ού] μὴ κενώσει (Α.) dar. Die urkundliche und überdiess durch mehrere historische Indicien in den Varianten gestützte Emendation von 1 Cor. 4, 6— Eva èv quiv pádyte tò μù vnio ἵνα μάθητε μὴ ὑπὲρ ὃ γέγραπται φρονεῖν, ἕνα μὴ ὑπὲρ τοῦ ἑνὸς φυσιοῦodai xatà tov érégov dürfte Hr. M. Vorr. S. XV viel zu rasch mit den Worten zurückgewiesen haben: „Aber so sehr leicht auch statt Eva un irrthümlich ira un geschrieben werden konnte: so nothwendig wäre doch dann von dieser Corruption die Veränderung des φυσιοῦσθαι nicht in φυσιοῦσθε, sondern in groiwode, die Folge gewesen, und der Conjunctiv, nicht der Indicativ, müsste daher in den kritischen Zeugen das Uebergewicht haben. Da sich aber für den Conjunctiv fast gar keine Zeugen finden (nur 44. Chrys. ms.), so kann ich mich nicht entschliessen, der gedachten Emendation beizutreten." aussetzung, dass man bei der Corruption va un φυσιοῦσθαι nicht in φυσιοῦσθε, sondern in φυσιῶσθε habe verändern müssen und dass hiernach quoiwode

Die Vor

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jetzt in den Varianten vorwalten müsste, ist nicht richtig, da einmal, wie von dem bestrittenen Ausleger gezeigt worden, vielen Abschreibern quoiovode nach abweichender Orthographie φυσιοῦσθαι ist und da bei ἵνα μὴ so construirt wurde: ἵνα ἐν ἡμῖν μά v θητε τὸ μὴ ὑπὲρ ὅ γέγραπται φρονεῖν, ἵνα (scil. ἐν tò ö ἡμῖν μάθητε) μὴ ὑπὲρ τοῦ ἑνὸς φυσιοῦσε das ist φυσιοῦσθαι) κατὰ τοῦ ἑτέρου.

Möge uns der verdiente Hr. Vf. recht bald mit seiner zunächst zu erwartenden Erklärung des so schwierigen zweiten Briefs an die Korinther erfreuen! Rostock. Dr. C. F. A. Fritzsche.

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Das vorliegende Werk über die Genesis ist schon zu lange in den Händen des literarischen Publikums und vor demselben schon zu oft besprochen worden, als dass es nöthig scheinen könnte, hier auf eine vollständige Kritik der Ansichten des gelehrten Vfs. einzugehen. Diese neue kritische Bearbeitung erschien zu einer Zeit, wo die wissenschaftliche Forschung ungewöhnlich lange geruht hatte und de Wette's Resultate mehr nur durch Andeutungen als durch ausführliche Darlegungen von Seiten Bleek's und Ewald's berichtigt waren, während einerseits Hartmann in seinen ,,historisch kritischen Forschungen" das errungene Gebiet theilweise wieder aufgab oder ungründlich vertheidigte, andererseits Ranke's Scharfsinn und Tiele's gläubige Buchstabentheologie dasselbe völlig wieder zu erobern und die Exegese auf den Standpunkt der Reformatoren zurückzudrängen den Versuch machten. Hätte hierbei Hr. v. B. weiter kein Verdienst für die Wissenschaft als das der Anregung, wie ihm dies unter allen Umständen verbleibt und sowohl durch die literarische Wasserfluth zur Dämpfung des vermeinten durch v. B. gestifteten kritischen Brandes, als auch durch den 1838 erschienenen Kommentar über die Genesis von Tuch bewiesen wird, so würde schon dies ein bedeutendes Verdienst seyn, wie es in gleichem Maasse weder Rosenmüller noch Schumann sich erworben haben. Allein dem ist nicht so. Zuvörderst schen wir den Vf., dem Rückschritte Rosenmüller's gegenüber, seine Kritik und Exegese von einem richtigen, wissenschaftlichen Standpunkte aus handhaben und denselben durch eine mit Umsicht und umfassender Kenntniss des Orients geführten Untersuchung über Mythologie und Sagen

geschichte (S. XVII-XXXII) rechtfertigen. Nach diesen Prämissen geht der Vf. an die Beurtheilung der über den Pentateuch in utramque partem vorgebrachten Argumente, und bekämpft ebenso siegreich die bekannten Gründe für die mosaische Abfassung des Pentateuch, wie er die mythische Verarbeitung des traditionellen Stoffs überhaupt und die nachmosaische Abfassungszeit des gegenwärtigen Buchs überzeugend darthut. Am Schlusse der Einleitung (S. CLXXVIII ff.) ventilirt der Vf. die Streitfragen über die Form des Pentateuchs, namentlich der Genesis, und zeigt mit richtigem Blicke, wie die Einheit bei der Zusammenfügung aus verschiedenen Bestandtheilen zu vermittelu sey. In allen diesen Dingen kann es die Wissenschaft dem Hn. v. B. nur Dank wissen, dass er seinen Fleiss, seinen Scharfsinn und seine ausgebreitete Gelehrsamkeit diesem Gegenstande zugewandt hat.

Bei dem Allem darf aber nicht verschwiegen werden, dass andrerseits die Wissenschaft sich doch nicht mit den Ergebnissen der Kritik des Hn. v. B. völlig begnügen könne, obschon diese wieder zu einem grossen Theile consequente Folgerungen aus de Wette's Grundlagen sind, und darum Rec. am wenigsten den Vf. für seine Person dafür verantwortlich machen möchte. Um hier nur auf einiges einzugehen, gehört 1) dahin die Ansicht vom historischen Werthe der Stammsage, wobei der Widerstreit gegen buchstäbliche Auffassung auf das andere Extrem führt und abgerechnet die allgemeinsten Resultate, wie z. B. die Verwandtschaft der Israëliten mit den Transeuphratensern u. dgl., jede bestimmte historische Erinnerung leugnen lässt. Vortrefflich ist es allerdings dem Vf. gelungen, die nationalen Beziehungen in den Stammsagen herauszustellen, das innere Band nachzuweisen, welches sie mit dem heiligsten Nationalbewusstseyn yerknüpft und unabweislich die Verarbeitung des Stoff's nach durchgreifenden Nationalideen beweist: aber unmöglich kann hieraus völlige Erdichtung gefolgert werden, wo vielmehr die Erinnerung an Geschehenes einen Gedanken aufnimmt und diesem Einfluss auf die Gestaltung des Erzählten gestattet. Am wenigsten wird man die Ansicht billigen können, welche öfters bei Hn. v. B. hervortritt, dass die Fictionen von den Anordnern der gegenwärtigen Form der Erzählungen ausgehen, dass sie öfters,, sich verrathen", wo eine eindringlichere Untersuchung der Sache ausweist, dass die Erzähler nur Concipienten des traditionell Gebildeten sind und we

der ihnen noch der Volkssage selbst eine Absicht der Verfälschung kann untergeschoben werden. Die neuesten Untersuchungen haben hier den Weg gewiesen, der die bestimmte historische Erinnerung in das Gebiet des Mythischen hinüberführt, und bei allen Spuren mythischer Ausschmückung im Cyklus der volksthümlichen Traditionen noch einen geschichtlichen Kern erwarten lässt, wie schon Bleek (de libri Geneseos origine atque indole historica observationes quaedam contra Bohlenium, Bonn 1836) durch Induction den Beweis zu führen versuchte, dass die Genesis keineswegs alles Historischen zu entkleiden sey. Allerdings haben diese historischen Erinnerungen ihre Grenzen. Unmöglich können sie sich bis zum Paradiese und zur Weltschöpfung hinauf erstrecken, und so bleibt immer noch ein nicht geringer Theil von Erzählungen übrig, in welchem die cben bezeichnete wissenschaftliche Opposition sich mit Hn. v. B. auf gleichem Grund und Boden befinden muss. Es führt uns dies 2) zur Ansicht des Vfs. über die Urgeschichte, welche historisch zu rechtfertigen nur die neueste Buchstabengläubigkeit den ohnmächtigen Versuch gemacht hat. Dass Hr. v. B. hier nicht zu der Absurdität kommt, welche, was andere Völker der biblischen Relation ähnliches darbieten, nur als Entlehnung und Entstellung daraus betrachtet, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Richtig erkennt er hier ein gemeinsames Band welches das nach Zeit und Ort Verschiedene zusammenhält und zu einem grossen Cyklus dem inneren Wesen nach identischer Theorien verbindet. Glänzend ist hier wiederum die Seite, welche es damit zu thun hat die Aehnlichkeiten in den verschiedenen Mythen nachzuweisen, und den ursprünglichen Sinn zu erforschen, den dieselben vom Standpunkte der nichtisraëlitischen Religionen des Orients aus haben. Schlagend ist z. B. der Nachweis, dass die 10 langlebenden Patriarchen Gen. 5 den 10 mythischen Herrschern in der babyl. Tradition parallel laufen, die dort auf Entwickelungsperioden hindeuten; schlagend ist der Nachweis, dass die der noachischen Fluth sehr ähnlichen Fluthsagen bei Indern und Babyloniern von den jährlichen Ueberschwemmungen der Ströme entnommen sind und im Mythenkreise jener Völker eine, auch anderweitig nachweisbare, Uebertragung des jährlichen Kreislaufes der Natur auf die Entwickelung der Welt verbürgen, u. v. a.

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(Der Beschluss folgt.)

ERGÄNZUNGSBLÄTTER

ZUR

ALLGEMEINEN

THEOLOGIE.

LITERATUR ZEITUNG

Januar 1840.

LEIPZIG, b. Breitkopf u. Härtel: Lehrbuch der evan

In

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weniger er etwa die ältern und neuern Schriften, aus welchen jene treuen und wichtigen Belege entlehnt

gelischen Dogmatik von Dr. Karl Hase, H. S. A. sind, im eigenen Besitze hat. Die hiernach folgenden

Kirchenrathe u. ord. Prof. d. Theol. an d. Univers. Jena. Zweite, umgearbeitete Auflage. 1838. XIV u. 649 S. gr. 8. (2 Rthlr. 12 gGr.)

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welchem Verhältnisse diese zweite Auflage" des mit gleichem Titel und gleicher Dedication (an Schubert und Winer) versehen gebliebenen Buches, welche bei gedrängterem Drucke mit deutschen Lettern dennoch um 113 Seiten gewachsen ist, zur ersten, in unserer A. L. Z. Jahrg. 1827. Nr. 53 und 54 recensirten, stehe, hat der Vf. in der durchaus neuen Vorrede näher zu bestimmen unternommen; und Rec. will jetzt dessen eigene Worte, so weit es nöthig ist, als Text zu Grunde legen, um diese Bestimmung durch einige Bemerkungen und Zusätze für den der Sache noch unkundigen Leser etwas deutlicher und vollständiger zu machen. Hr. Dr. H. sagt hier: "Gegen viele Bestandtheile der vorigen Ausgabe, die nur einem jugendlichen Enthusiasmus angehörten, oder doch nicht in ein Lehrbuch gehörten, bin ich ziemlich unbarmherzig verfahren, und Freunde aus jener Zeit (1826) werden vielleicht Einiges in dem neuen Buche vermissen, was in dem alten ihnen lieb war." Diess bezieht sich auf viele freimüthige, mitunter sogar kühne, Sachen und Personen betreffende, Anmerkungen zu den Paragraphen der ersten Auflage, welche jetzt entweder gänzlich weggefallen, oder in die SS. selbst stillschweigend aufgenommen und verwebt sind. Er setzt dort sogleich hinzu: ", Da durch solche Ausmürzungen ein schöner Raum gewonnen wurde, habe ich die dogmengeschichtlichen Citate meist abdrucken lassen." Mit diesem Tausche wird der unparteiliche und ernstlich der hier behandelten Wissenschaft zugewandte Leser des Buchs, obgleich dadurch das Volumen desselben beträchtlich vergrössert worden ist, um desto mehr zufrieden seyn, je

Worte: "Von der ersten Gestalt (dieser Dogmatik) ist fast kein Stein auf den andern geblieben," sind in so fern sichtbar wahr, als nicht nur in sehr vielen einzelnen, im Ganzen unverändert gelassenen Stellen der Ausdruck verbessert wurde, sondern auch in Absicht auf grössere Partien des Buchs, z. B. sogleich in der Einleitung" (nach der ersten Auflage „Prolegomena genannt) der Vf. manche Bereicherung des Inhalts, sowie manche Umstellung der Abschnitte, wonach z. B. in der Christologie der früher dritte Theil,,, Christus im Gemüthe" jetzt zum zweiten gemacht ist, hat eintreten lassen. Doch ist eben so wahr, und vorzüglich wichtig, was Hr. Dr. II. so-. gleich, das Vorige aufhebend, hinzusetzt: „Sollte sich aber Jemand die Mühe nehmen, beide Ausgaben genau mit einander zu vergleichen, so wird sich die Umgestaltung doch mehr scheinbar, als wesentlich, herausstellen, (wie) eine friedliche organische Entwickelung des Neuen aus dem Alten." Rec. sieht sich genöthigt, hinzuzufügen: Eine Entwickelung zwar, aber eine solche, durch welche, nach dem Innern gschätzt, das Neue immer noch das Alte ist; was von ihm weiterhin bewiesen werden soll. Der Vf. versichert nächstdem, dass von dem vorhin Gesagten seine dermalige Lehre über die Sünde, in Rücksicht deren, das Neue vom Alten hart abgebrochen" scy, eine Ausnahme mache. Aber auch hier nimmt er diese Versicherung durch das darauf folgende: Der unbefangene Beobachter wird aber unschwer einsehen, dass auch in diesem Abbrechen sich nur ein Keim entwickelt hat, der schon in der ersten Gestaltung dieser Dogmatik lag, und früh, oder spät, seine Hülle zerbrechen musste," abermals wieder zurück; so dass man am Ende nicht recht weiss, was er mit jenem Abbrechen" eigentlich meinte. Ueber die Beibehaltung des Titelworts evangelische Dog

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nur

matik" erklärt sich Hr. H. ferner dahin, dass dasselbe nicht so genommen werden solle, als wenn hier die Lehre der insgemein so benannten evangelischen Kirche, vorzugsweise getrieben würde," sondern bloss dieses aussage, dass der Vf. in dieser Kirche seine äusserliche, wie seine innere, religiöse Heimath habe, und dass diese Dogmatik für Solche bestimmt sey, welche dieses Vaterhaus mit ihm theilen: WOvon wir eher das Letztere, als das Erstere, in dem Buche selbst begründet finden. Entschiedene und aufrichtige Freunde der eigenthümlichen Lehre der protestantischen, und vornehmlich der lutherischen, Confession werden wegen vieler offen rationalistischen Ansichten und Aussprüche des Vfs. auch in dieser neuen Auflage seiner ,, evangelischen Dogmatik" eben so wohl, als wegen solcher in der alten, jenes,, innere" Daheimseyn mit Recht, stark bezweifeln. Endlich gedenken wir aus der Vorrede des Einzigen noch. Der Vf. hat seinem Vortrage in der neuen Ausgabe noch weit Mehres, als in der ältern, aus der biblischen Theologie, der Symbolik und der Dogmengeschichte einverleibt, worüber er sich hier unter Anderm so ausspricht: "Ich dachte, eine Dogmatik auf historischen Grundlagen zu geben, und ohne diese vermag ich nicht eine Dogmatik zu denken, die dem Charakter dieser Wissenschaft und den Bedürfnissen der Kirche gemäss wäre." Befolgung dieser Maxime ist, neben der Beibringung der ausgeschriebenen Citate, eine vorzügliche Ursache des grössern Umfangs der neuen Auflage geworden. Aber mit der Maxime selbst kann sich Rec. nicht einverstanden erklären. Die durch dieselbe erzeugten Partien der vorliegenden Dogmatik sind, an sich genommen, alle schätzbar, und eine ",evangelische" Dogmatik insbesondere kann, um in ihrer Specialität erkannt zu werden, der Berücksichtigung des Symbolischen sowohl, als des Biblischen, allerdings nicht entbehren; sie muss vielmehr ihre Zusammenstimmung mit der h. Schrift und mit dem betreffenden kirchlichen Bekenntnisse überall nachweisen können, in so weit sie eine historische Grundlage hat.

Die

Dennoch gehört Dogmengeschichte an sich in die Dogmatik selbst nicht, da diese jederzeit als ein Inbegriff von Lehren, nicht aber zugleich als eine Geschichte dieser Lehren zu betrachten ist. Hr. Dr. II. hat indess die ganze ,,specielle Dogmengeschichte" zu einem Inhaltstheile der Dogmatik gemacht.

Die neue, in Materie und Form so stark umgearbeitete, Ausgabe dieses dogmatischen Lehrbuchs durchgängig mit der alten zu vergleichen und nach

solcher Vergleichung zu beurtheilen, gestattet der Raum hier nicht. Auch selbst nur in Absicht auf die beiden,, Haupttheile" des Buchs im Ganzen genommen würde die Ausführung dieses Geschäfts hier unstatthaft seyn. Unser bescheidenes Urtheil über das

selbe begnüge sich demnach damit, dass wir zuvorderst überhaupt der angeführten Versicherung des Vfs., es enthalte diese zweite Ausgabe im Wesentlichen keine andere Religionslehre, als die erste, mit überzeugungsvoller Entschiedenheit beistimmen, dann aber die Behauptung unserer Recension der ersten Ausgabe, dass die, nicht historische, sondern rein philosophische, Grundlage dieser, sich evangelisch nennenden, Dogmatik keine echte Religion enthalte, durch eine im Ganzen angestellte genauere Prüfung derselben beweisen, und dass wir endlich noch über einige besondere Lehrstücke des Buchs, wie sie jetzt erschienen sind, unsere unmassgeblichen Bemerkungen mittheilen.

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In der ersten Auflage war die gesammte Lehre der Dogmatik unter die drei Haupttheile, Anthropologie, Theologie und Christologie, gebracht. Diese Anordnung ihres Planes ist in der zweiten dadurch verändert und, was die Logik dabei betrifft, wirklich auch verbessert, dass die beiden Haupttheile, Anthropologie und Theologie, welche gemeinschaftlich die philosophische Religionstheorie hier ausmachen, unter dem Titel:,, Ontologie" zusammengefasst sind, die,, Christologic" aber, wie früher, die eigenthümliche Christenthumslehre vorstellénd, den zweiten Haupttheil des Ganzen bildet. Was die metaphysische Bedeutung des neu erwählten, aber durch nichts weder erklärten, noch begründeten Namens Ontologie betrifft, so möchte man darin leicht eine Naivetät des Vfs. finden, in wie fern durch denselben die beiden darunter begriffenen Hauptstücke, von dem Menschen und von Gott, nicht nur als blosse Philosophie, was Hr. Dr. H. offen anerkennt, sondern zugleich als zu derjenigen Art von Philosophie, welche vom Begriffe des Seyns, nicht dem des Seynsollens, aus-," und auch nie darüber hinausgeht, mit Einem Worte zu der ,, Naturphilosophie," gehörig, erscheinen, was er ohne Zweifel jetzt eben so wenig, oder vielmehr noch weniger eingestehen würde, als diess in Beziehung auf die erste Ausgabe der Fall war: und also auch in dieser, der metaphysischen, Hinsicht dürfte man wohl jenen Collectivnamen für die vorliegende dogmatische Anthropologie und Theologie als eine Verbesserung an

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führen können.

Für den Grundirrthum der nunmehr offen und richtig bezeichneten philosophischen Religionslehre des Vfs. glaubt Rec. dasjenige, was in diesem ersten, als axiomatisch wahr hingestellten, übrigens beiden Auflagen gemeinschaftlichen, Satze derselben: ", das Wesen der Menschheit ist die aus dem Endlichen zu erschaffende Unendlichkeit," ausgesprochen wird, annehmen zu dürfen. Denn einerseits wird derselbe durch keinen tiefer liegenden unterstützt, sondern durch die ihm beigegebenen Worte: der menschliche Geist, welcher beginnt mit der blossen Kraft zu seyn, hat in sich das Gesetz einer unendlichen Entwickelung seiner selbst," nur erklärt und ausgedeutet, und andererseits ruht auf eben demselben der hier herrschende Begriff der Freiheit, indem es im Contexte sofort weiter heisst: "Diese Kraft (dic, zu seyn), welche zugleich (?) Gesetz ist, nennen wir (der Vf. nebst anderen Naturphilosophen) Freiheit, d. h. ein durch sich selbst in bestimmter Art Seyendes," welcher Freiheitsbegriff sodann der gesammten sowohl Theologie, als Anthropologie dieser evangelischen Dogmatik im Folgenden zu Grunde gelegt ist. Dass aber jener erste Satz etwas Irrthümliches enthalte, leuchtet Jedem ein, welcher unparteilich und aufmerksam erwägt, dass derselbe, auch zusammt und gemäss der ihm beigefügten Deutung, nur in so fern vom Menschen ausgesagt werden könne, als er von der Welt überhaupt gilt, folglich noch keineswegs Etwas, geschweige das Rechte, über das Wesen der Menschheit" insbesondre, d. i. über deren Eigenthümlichkeit, bestimmt: so wie freilich auch die darauf basirte Freiheit Gott und Menschen gemein ist, und eben darum nichts Specifisches für den Letztern bezeichnet. Wie nahe liegt schon bei diesem Eingange zu unserer angekündigten Kritik der Verdacht, dass dem Hn. Dr. H. noch immer für Wahrheit gelte: Gott und Welt, und hiermit auch Gott und der Mensch, sind Eins, d. h. einerlei! Diese Kritik selbst soll den Begriff der Religion, welchen der Vf. als den nach der Vernunft und nach den speciellen Erkenntnissquellen des evangelischen Christenthums einzig giltigen aufstellt, und mit dessen Probehaltigkeit daher der gesammte innere Werth dieser Dogmatik entweder feststeht, oder fällt, dem Vortrage in der zweiten Auflage (S. 5457) gemäss, zum besondern Gegenstande haben. Nach §. 57 ist das Wesen der Religion die Liebe des Menschen zu Gott. Diese Liebe aber,, zu irgend etwas Unendlichen," welches hier ebeu "Gott" ist, beruhet nach den §§. 55 u. 56, auf ,, ciner Kraft" im Menschen, die sich Fremdes (hier

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Doch verfällt hierbei Hr. v. B. nach dem bereits angeführten auf das andere Extrem, in sofern er der Ansicht das Wort redet, dass das Entlehnen der Sagen auf Seiten der Hebräer sey, wobei er die Aehnlichkeiten verfolgend die inneren, radikalen Unterschiede aus dem Auge verliert, ein Umstand, der mehrfach zu unrichtiger Auffassung Aulass gegeben hat. So ist einzig mit der Idee des Hebräerthums eine Schöpfung aus Nichts verträglich, wo Hr. v. B. S. 8. nach Analogie ein Chaos ohne Veranlassung im Texte unterschiebt; so ist der Sündenfall auf den strengsten Jehovismus basirt (s. Tuch z. Gen. S. 52 f.), während v. B. ihn dem Parsismus näher bringt; so ist auch in der Genesis der Gott der hebr. Theokratie, während v. B. wiederholt darin Spuren des Polytheismus findet.

Ebenso

hat das Hebräerthum, um nur dies noch anzuführen, den Gedanken von Entwickelungsperioden der Welt aufgegeben, und darum sind ihm die Patriarchen wirkliche Individuen, ihre hohen Lebensjahre wirkliche, das idealisirte Glück derselben malende, Lebensjahre; die Fluth ist ihm nicht mehr Bild, sondern eine wirkliche Fluth, die der allmächtige Weltrichter zur Züchtigung des Lasters sandte und so dürfte es nicht leicht etwas Verschiedeneres geben, als das innere Wesen der hebr. Urgeschichte verglichen mit den analogen Erscheinungen im übrigen Oriente. Was beweist dies aber? Sicherlich nicht (späte) Entlehnung, sondern selbstständige Entwickelung urgemeinsamer Elemente innerhalb der bestimmten Schranken eines bestimmten Volksbewusstseyns, und dieser Gesichtspunkt dürfte zugleich des Vfs. gelehrte Untersuchungen S. CII u. CXXXVI ff. theils widerlegen, theils wesentlich modificiren. Hierdurch ergiebt sich zugleich, was wir 3) über die Ansicht des Vfs. vom Ursprunge der elohistischen Urschrift urtheilen müssen. Richtig betrachtet er dieselbe als die Grundlage des ganzen Buchs, die erst später wesentliche Erweiterungen erhalten hat, und bleibt hierbei der Vf. auch nicht immer consequent,

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