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ALLGEMEINEN LITERATUR - ZEITUNG

März 1840.

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Der Schein von Anmaasslichkeit, welchen die ersten Worte des Titels auf die vorliegende Schrift fallen lassen könnten, hebt sich dadurch, dass man die selben mit den nächst folgenden Worten in Verbindung denkt, indem der Vf., der Vorrede nach ein der Vorrede nach ein Prediger im Hessen - Darmstädtischen, allerdings der Ueberzeugung ist, dass der Schullehrer (wie eben auch der Geistliche selbst und mancher Andere) seine Vollkommenheit nur erst durch Fortbildung im amtlichen Leben erreichen könne. Dadurch will auch der Vf. dieses sein Buch von andern, welche die Bildung der Schullehrer betreffen, unterschieden wissen, dass dasselbe mehr die Fortbildung als die Heranbildung ins Auge fasse, und demnach eine Mitgabe in das Amt und Leben der Lehrer seyn solle, wenn diese nach Beendigung ihrer Vorbereitung bereits angefangen haben praktisch in einer Schule zu wirken.

Der Vf. erscheint als Mann von hellem Verstande, gediegenen pädagogischen Kenntnissen, und ernstem wohlwollenden Sinne. Er redet zu den Schullehrern in einem Vertrauen erweckenden Tone, und ohne in irgend einer einseitigen Ansicht der Verhältnisse, für oder wider, befangen zu seyn. Wenn es hier und da scheinen will, als wolle er dennoch die Volksschullehrer weiter zu gehen anreizen, als sie können, und dadurch in einen ähnlichen Fehler verfallen, wie der hochverdiente Dinter, der sie auch oft zu hoch nahm; so ist dies mehr die Folge davon, dass der Vf., ob er gleich S. 9 der Vorrede erklärt,

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vorzugsweise auf die Verhältnisse der Landschullehrer Rücksicht genommen zu haben, doch auch den Lehrern an höhern städtischen Schulen zu nützen bestrebt war. Das Buch handelt im 1. Bande, nach einer kurzen Einleitung über das Wesen der Volksschule und die Bestimmung ihrer Lehrer im Allgemeinen, zuerst von der Fortbildung der Lehrer überhaupt und den Mitteln dazu, und stellt dann das Verhalten des vollkommenen Lehrers in der Schule und bei Behandlung der einzelnen Unterrichtsgegenstände ausführlich dar. Der zweite Band hat den Schullehrer in Beziehung auf den kirchlichen Verein, und auf sein bürgerliches, geselliges und häusliches Leben zum Gegenstande. Ein Anhang ist überschrieben: „Der Lehrerbund zur Fortbildung, oder Sammlung von Aufgaben nebst eingestreuten Winken für Lehrervereine zur allseitigen Vervollkommnung des Schullehrerstandes." Neues ist in dem Buche eben nicht zu suchen; dies war auch nicht seine Bestimmung. Vieles findet sich auch darin, was den bereits in das Amt eingetretenen Schullehrern hinlänglich bekannt seyn muss; aber dies war von dem ihnen zunächst geltenden Uebrigen nicht leicht zu trennen. Wir können das Buch den Volksschullehrern im weitern Sinne, für Schulbibliotheken, Lesevereine u. s. w. unbedenklich empfehlen. Es enthält überdies noch einen Reichthum an literarischen Nachweisungen, welche zugleich mit dem vorerwähnten Anhange wohl die Hälfte des Ganzen füllen. Diese Nachweisungen sind in der That zu reichhaltig, in demselben Maasse, in welchem die den Lehrern selbst gegebenen Anleitungen über die Schranken des gewöhnlichen Volksunterrichtes hinausgehen. Zwar ist der Vf. bemüht gewesen, die allgemein wichtigsten Schriften durch Sternchen auszuzeichnen, und wir können ihm in der hiedurch getroffenen Auswahl grösstentheils beistimmen; wiewohl wir auch hin und wieder Bücher vermisst haben, welche nicht fehlen sollten, z. B. beim Lescunterrichte die Anleitung von Stammer; beim Rechnen die Lehrbücher von Kawerau, Koch, Hafer

korn; beim Schreiben die in Merseburg herausgegebenen, besonders durch die Wahl des Stoffes ausgezeichneten Vorlegeblätter, u. dergl. mehr. Indessen trotz jener Unterscheidung des Vorzüglichsten bleibt doch das Streben, zu weit zu gehen, unverkennbar, namentlich in der Geschichte und der sogenannten Weltkunde, auch in der Menge von Aufgaben zu Ausarbeitungen, welche der Anhang (S. 103 bis zu Ende) enthält. Der Vf. hat die Nothwendigkeit, den Volksunterricht materiell zu beschränken, um die Zeit zu dessen formeller Erweiterung zu gewinnen, nicht genug erwogen; und daher fehlt es auch dem Buche an der so höchst nöthigen Anleitung für die Schullehrer, mit Wenigem Viel, d. h. ohne die Breite des Wissens desto mehr für die Tiefe der Geistes- und Gemüthsbildung auszurichten. In Betreff des Religionsunterrichtes behauptet der Vf. sich in einem echten gesunden Rationalismus; nur hätten wir hier unter den literarischen Nachweisungen noch andere Namen zu finden gewünscht, als (Th. 1. S. 152) dic von L. W. Schubert, Chr. Fr. Böhme, und v. Ammon. Auch von dem Beten in der Schule und vor und mit den Schülern war hier mehr zu sagen. Uebrigens ist der Vf. streng gegen die Schullehrer, wie billig, in seinen sittlichen Anforderungen, und dass er der Emancipation des Schullehrerstandes das Wort nicht redet, versteht sich von selbst.

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ESSEN, b. Bädeker: Streitfragen auf dem Gebiete der Pädagogik. Von Dr. F. A. W. Diesterweg, Director des Seminars für Stadtschulen in Berlin. I. 1837. 168 S. 8. (16 gGr.)

Hr. Diesterweg hat sich seit mehrern Jahren als einen rüstigen Kämpfer auf dem Felde der Bewegung im bessern Sinne des Wortes gezeigt und spricht es auch in den ersten Seiten des vorliegenden Buches aus, dass es Kampf geben müsse, und dass der Kampf, wenn es um wichtige Dinge sich handelt, direct, kräftig und derb seyn müsse. ,,Wenn die Kämpfer, sagt er, mit aller ihnen zu Gebote stehender Kraft und Gewandtheit die Streiche führen, wenn die Waffen klirren, die Iliebe regnen und die Funken sprühen, wenn es ein Kampf ist der Kraft mit der Kraft: so fühlt der Zuschauer sich ermuthigt und gekräftigt, und der Kämpfer selbst verlässt, auch wenn er überwunden werden sollte, mit beruhigtem, festem Bewusstseyn die Bahn." Und so meint denn Hr. Diesterweg von jetzt an mehrere Streitfragen auf dem Gebiete der Pädagogik besprechen zu müssen. Wir ehren dieses Bestreben und wünschen nur, dass er nicht auf ihm fremde Gebiete hinüberstreife wie

auf das der Universitäten, wo er sehr unglücklich gefochten hat und wo man auch für ihn kein Interesse zu gewinnen vermochte, da er sein Terrain nicht kannte und nur blinde Fechterstreiche geführt hat.

Wir übergehen daher auch die erste Streitfrage (S. 9-16) über die Universitäten, auf die Hr. Diesterweg nach seinen eigenen Worten nur hingedeutet hat, da demselben auch in unserer A. L. Z. (1836. Nr. 131.) genügend geantwortet worden ist. Die zweite Streitfrage (S. 16-22) behandelt die Lorinser'sche Angelegenheit. Diese wird nach Hu. Diesterweg's Meinung folgende Resultate liefern: 1) vollständige Trennung der Real- und höhern Bürgerschulen von den Gymnasien; 2) Beschränkung der Quantität des Lehrstoffes in den Gymnasien und höhern Bürgerschulen, in jenen besonders in Betreff der Mathematik, Naturkunde und Geschichte; 3) Vereinfachung des Lehrstoffes in derselben Classe durch Verminderung der zugleich zu lesenden Autoren u. s. w.; 4) Aufhebung der Stundengeberci, die durch die Mehrheit und Vielheit der Lehrer an einer und derselben Classe nothwendig entsteht und damit 5) Restauration der Gymnasien als Erziehungsanstalten und 6) Anlegung von Seminarien für die Lehrer an Gymnasien und höhern Bürgerschulen. Ohne uns jetzt auf die Folgen einzulassen, welche Lorinser's Motion haben könnte (sehr bedeutend scheinen dieselben allerdings nicht werden zu wollen), so bemerken wir nur, dass die Diesterweg'schen Vorschläge Nr. 1.2.3.4. bereits von vielen andern Pädagogen ausgesprochen und von den Behörden, so viel es thunlich ist, angenommen worden sind, dass Nr. 5 als Zweck der Gymnasialerzichung bereits seit einer Reihe von Jahren in mehrern deutschen Ländern festgehalten worden ist und dass zu Nr. 6 Hr. Diesterweg ganz vergessen zu haben scheint, dass in Preussen zu Berlin, Halle, Stettin, im Nassauischen zu Idstein und so noch au manchen andern Orten bereits Seminarion zur Bildung künftiger Lehrer bestehen und dass aus den Schullehrer - Seminarien in den verschiedenen deutschen Ländern nicht wenige tüchtige Lehrer für höhere Bürgerschulen hervorgegangen sind.

Den übrigen Theil des Buches nimmt ganz allein der Streit über die wechselseitige Schuleinrichtung ein. Hr. Diesterweg hat dieselbe im Jahre 1836 zu Eckernförde bei Kiel kennen gelernt und in seiner, in demselben Jahre erschienenen,,Pädagogischen Reise" missfällig beurtheilt, da sie im Ganzen ein trauriger, geistknechtender Mechanismus sey und ihre Einfuhrung als ein Rückschritt auf dem Gebiete der Pädagogik angesehen werden müsse, nicht aber als ein

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Vorschritt, wie ihn doch die gleichfalls vorgeschrittene Zeit erfordert. Dagegen waren nur zwei dänische Geistliche, Hartwig Peters und P. J. Könnenkamp, und der Probst Zerrenner in Magdeburg, als heftige Gegner aufgetreten und gegen sie hat Hr. Diesterweg seine Schrift gerichtet. Wir haben uns pflichtmässig der Lectüre derselben unterzogen und die Ueberzeugung gewonnen, dass Hr. Diesterweg hier im Rechte ist und dass der wechselseitige Unterricht für die Schulen Deutschlands, für die seit einer Reihe von Jahren so viel geschehen ist, weder passend, noch wünschenswerth ist, dass er aber in Ländern, wo dem Unterrichtswesen seit längerer Zeit keine grosse Sorgfalt geschenkt ist, wohl nützlich seyn kann, um gewisse Geschicklichkeiten und Fertigkeiten zu erzeugen, dass aber auch sehr tüchtige Lehrer erfordert werden, um das Mechanische bei dieser Methode nicht zu verderblich auf die Schüler einwirken zu lassen: denn die Nachtheile im Allgemeinen lassen sichnicht in Abrede stellen. Das Genauere hierüber, so wie die Beurtheilung der Gegenschriften, die dem Ref. nicht einmal zur Hand sind, muss rein pädadogischen Zeitschriften überlassen werden. Wir sagen nur noch, dass die durch ein ganzes Buch fortgesetzte Polemik mitunter ermüdend und langweilig ist, sich auch des Persönlichen nicht füglich ganz überheben konnte. Hn. Peters Schrift hat den Vf. nur mit Zorn und Verachtung erfüllt, Hn. Rönnenkamp's Buch aber ist eine politische Anklage und durchgehende Verdächtigung der Gesinnungen unsers Vfs., Hn. Zerrenner's Werk endlich enthält eine Menge indirecter, aber Jedermann verständlicher Beschuldigungen und Insinuationen, die weit verletzender sind, als eine offene, gerade Rede. Alles das kann und will sich Hr. Diesterweg nicht gefallen lassen, namentlich nicht von Ha. Zerrenner, dessen Stil,, an breiter Flachheit und an flacher Breite leidet," "dessen Sache nie und nirgends die Tiefe gewesen ist," der andern die Tugenden und Pflichten eines Seminardirectors nicht vorhalten kann, weil er als Seminardirector Hefte dictirte and dictiren liess und schon darum wohl nicht ein Vorbild für Seminaristen seyn konnte, wenn auch seine sonstige Stellung im Leben es gestattet hätte" (S. 126) u. s. w. Eine sehr tüchtige Schlussbemerkung gleichsam ein pädagogisches Glaubensbekenntniss des Ho. Diesterweg beendigt den Streit (S. 152 f.), woran sich dann eine gut geschriebene und durchdachte Abhandlung über die Unterrichtsmethode im Allgemeinen anschliesst. (S. 154-165.) Die darauf folgenden Zusätze sind unbedeutend.

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B.

MAGDEBURG, b. Heinrichshofen: Die wechselseitige Schuleinrichtung, nach ihrem innern und äussern Werthe mit Beziehung auf des Seminar-Directors Dr. Diesterweg Urtheil über dieselbe gewürdigt von C. Ch. G. Zerrenner, der G. Gel. u. Weltweisheit Doctor u. s. w. (folgen sämmtliche Prädicate). 1837. 119 S. (einschliesslich 11 S. Vorwort.) gr. 8. (14 gGr.)

Bekanntlich hatte Hr. Propst Dr. Zerrenner in seiner Schrift,, über das Wesen und den Werth der wechselseitigen Schuleinrichtung (Magdeburg, bei Heinrichshofen 1832)," die Resultate seiner in Eckernförde u. a. a. O. angestellten Beobachtungen über den genannten Gegenstand niedergelegt, und die Einrichtung des sogenannten wechselseitigen Unterrichts als sehr vorzüglich und nachahmungswürdig anerkannt. Dasselbe Urtheil setzte er sodann weiter auseinander, und suchte zugleich vor Missgriffen bei Einrichtung der Schulen für jene Unterrichtsweise zu warnen, in einer zweiten Schrift in demselben Verlage: "Mittheilungen und Winke, die Einführung der wechsels. Schul-Einrichtung betreffend, 1834." Eine ganz entgegengesetzte Ansicht von der Sache hatte Hr. Dir Diesterweg gefasst, und in seiner „Pädagogischen Reise im Sommer 1836 (Berlin bei Plahn)" bekannt gemacht, nicht ohne Beziehung auf Hn. Zerrenner. Diese kleine Schrift hat nun zwar ihre Entgegnung gefunden in den Gegenschriften des IIn. Peters, Prodigers in Flensburg: "Urtheil des D. Diesterweg über die wechsels. Schul- Einrichtung," und des Hn. Rönnenkamp, Pastors in Cosel,,, Beleuchtung des Diesterweg'schen Urtheils über u. s. w.," beide in Altona bei Karl Aue verlegt 1837; indessen hat Hr. Z. dennoch nicht ganz zu der Sache schweigen wollen, nicht blos um des ihn persönlich Berührenden willen, sondern vielmehr um das Wesen und die Vorzüglichkeit der wechs. Schul- Einr. auch an den von Hn. Diesterweg aufgestellten Gegengründen deutlich zu machen. Die Leser erhalten demnach hier eine über den Gegenstand selbst näher belehrende Streitschrift. Der Vf. folgt seinem Gegner, excerpirend, commentirend und wo es passend schien mit kleinen Digressionen, Schritt vor Schritt. Wer bei sich selbst noch nicht zu einem entschiedenen Urtheile über die innere Güte und relative Anwendbarkeit des (wunderlicher Weise so genannten) wechselseitigen Unterrichts gelangt ist (noch sonderbarer lautet der Ausdruck: wechsels. Schuleinrichtung, wohl gar abgekürzt: wechsels. Einrichtung!"), der wird mit Hülfe der vorliegenden Schrift dem Ziele näher kommen, aber zugleich auch sich gestehen, dass das Wahre der Sache wohl noch nicht auf einer

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von beiden Seiten ausschliesslich anzutreffen ist. Am wenigsten freilich auf Hn. Diest.'s Seite; denn dieser hat unstreitig zu flüchtig beobachtet, und allgemeines Urtheil zu rasch ausgesprochen. Aber auch nicht unbedingt auf Seite des Hn. Zerrenner. Denn wenn dieser z. B. die w. Sch. E. für alle zahlreichere Elementar- und Volksschulen wünscht, dennoch aber die Erweiterung der Locale zu dem Ende, in dem Maasse wie die w. Sch. E. sie fordert, aus andern Gründen bedenklich finden würde, so führt dies zuletzt doch nur dahin (worin auch die nicht so unbedingten Vertheidiger der fraglichen Unterrichtsweise und selbst die Gegner derselben übereinstimmen), dass von der w. Sch. E. vieles in den schülerreichen Classen der Volksschulen benutzt werden kann, ohne sic desshalb ganz und in allen ihren Theilen zu copiren. Wenn ferner Hr. D. in dem Verfahren der w. Sch. E. (nach S. 34 der vorliegenden Schrift) die Wirksamkeit des eigentlich anziehenden Principes, namentlich von Seiten des Lehrers, vermisst hat, so will uns die Entgegnung des Hn. Z. hierauf nicht recht befriedigend erscheinen, indem er sagt: "Hört ein Vater auf, der Erzieher seiner Kinder zu seyn, wenn er seine Kinder anweiset und anleitet, da wo er sie nicht alle gehörig überschen kann, ein wachsames Auge auf die Geschwister zu haben? Weiter geschieht ja bei der w. Sch. auch nichts." Das ist eben der der Sache anklebende Mangel, dass nicht mehr geschchen kann, auch wo mehr nöthig wäre, um ", erziehend zu unterrichten!" Und für ganz irrig muss Ref. es erklären, wenn Hr. Z. S. 39 unten versichert, dass bei der w. Sch. E. mehr, als bei der gewöhnlichen Einrichtung, der Lehrer überhaupt und auch unmittelbar auf die Kinder einwirke.

Von S. 88 an hat der Vf. dem eigentlich polemischen Theile seiner Schrift noch Einige pädagogische Mittheilungen und Bemerkungen mit Bezug auf die w. Sch. E." beigefügt. Ilier wird zunächst aufgezählt, was bei der w. Sch. E. wesentlich und unwesentlich sey. Wir vermissen bei dem Erstern die Mittel, wodurch zu verhüten ist, dass die Untergehülfen, während sie mit ihren Rotten beschäftigt sind, nicht zurückkommen in dem, was der Lehrer zu derselben Zeit in der Abtheilung lehrt, zu welcher sie gehören. S. 99, wo über den Missbrauch des Katechisirens gesprochen wird, lesen wir: "In Schulen, in denen ewig (sic) katechisirt wird, findet man sehr häufig nicht nur wenige Kenntnisse, sondern besonders wenige Gewandtheit und Kraft im Selbstdenken" u. s. w. Mit dieser Beobachtung steht

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es nicht ganz richtig. Das erste zwar, der Mangel an materieller Bildung, kann allerdings Folge davon seyn, dass ein Lehrer vor lauter Frageifer nicht zur Sache kommt; das zweite aber, dass die Früchte der katechetischen Lehrart oft die entgegengesetzten von denen sind, welche sie der Theorie nach tragen sollte, ist nicht aus dem Zuviel - katechisiren, sondern lediglich aus dem Schlecht - katechisiren (nach Fragenbildung und Fragenfolge) zu erklären. Noch berührt der Vf. einzelne, anderwärts mehrfach schon gerügte, Fehler der Lehrer beim Unterrichte, und erinnert zuletzt, S. 110 ff., an die höchste Aufgabe der Erziehung. Die hier wieder genommene Beziehung auf Hn. Diesterweg trifft diesen nicht, bei richtiger Erklärung seiner Worte. Es ist hiernächst wahr, dass nicht der Mensch den Menschen ausschliesslich erziehet und bildet,' erziehet und bildet," sondern die Vorsehung, durch alle von ihr dazu in die Natur wie in den Menschen gelegte Mittel. Es ist wahr, dass wenn ein Schullehrer die intellectuelle Bildung seiner Schüler bis zu der nach Umständen möglichen Stufe der Vollkommenheit gebracht hat, nun doch noch dem segelfertigen Schiffe der Steuermann fehlt, ohne welchen es nicht den Wogen und Stürmen hingegeben werden darf," und dass dieser Steuermann kein anderer ist, als der Geist der Religion Jesu, die Idee des wahren Christen," für welche auch der verewigte Schwarz bis zum letzten Hauche seines Lebens mit überzeugender Wärme gesprochen hat. Aber wenn nun der Vf., die Schullehrer erinnernd, dass sie in ihrer Stellung für die Belebung und Befestigung dieser Idee in den Gemüthern ihrer Schüler nur wenig zu thun im Stande sind, dieselben blos anweiset, die ihnen anvertrauten Kinder dahin zu führen, wo jene Idee in ihnen weiter befestigt, genährt und immer neu belebt werden soll, zur christlichen Kirche:" war dies genug für diejenigen, für welche hier geschrieben worden ist? muss sich ihnen nicht der Gedanke aufdringen, dass ein ähnlicher Zuruf an die Lehrer in der Kirche, an die Hirten der Heerde ergehen und von ihnen befolgt werden müsste, um dem Hauptgedanken seine volle Wahrheit zu erhalten? Und war es überdies auch das Rechte, nachdem der Vf. erklärt hatte: Vernunft ist der Steuermann nicht, denn sie ist zwar das Vermögen der Ideen, aber wie mannigfaltig sind diese?" nämlich Ideen der Grösse, des Genusses, der Ehre und Macht u. s. w. Ein Vermögen solcher Ideen ist freilich die Vernunft nicht, nach Kant, dessen Definition der Vf. sich zu eigen gemacht hat.

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E.

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ALLGEMEINEN LITERATUR-ZEITUNG

MATHEMATIK.

März 1840.

ZÜRICH, b. Schulthess: Lehrbuch der reinen Mathematik, von Dr. C. N. Gräffe, Professor der Mathematik. Erster Theil, die Elemente der Arithmetik und Algebra und der ebenen Geometrie enthaltend. 1836. IV u. 365 S. gr. 8. (1 Rthlr. 21 gGr.) Der Vf. scheint vorzugsweise für polytechnische

Anstalten geschrieben zu haben, weshalb er auch alles das beseitigen zu müssen glaubte, was nur für die Theorie Interesse habe. Selten gelingt es in einem solchen Falle, den Anforderungen strenger Wissenschaftlichkeit dennoch ein Genüge zu leisten, und nur gar zu häufig wird die mathematische Strenge dem wahren oder vermeintlichen praktischen Nutzen zum Opfer gebracht. Desto mehr Anerkennung verdient daher ein Werk, wie das vorliegende, welches mit echt wissenschaftlichem Geiste abgefasst, dennoch Alles vermeidet, was den Lerneuden nicht auf geradem Wege weiter zu fördern im Stande ist. Wollten wir ja dem Vf. einen Vorwurf machen, so wäre es der, dass er in dem Bestreben, scharf, bündig und genau sich auszudrücken, mitunter wohl etwas undeutlich, oder doch wenigstens schwerer verständlich wird, als es bei einem Vf. eines Lehrbuches eigentlich der Fall seyn dürfte. Zugleich aber ist der Weg, den der Vf. eingeschlagen hat, sowohl in der Arithmetik, wie in der Geometrie, ein von den gewöhnlichen Wegen so abweichender, dass er unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. erste Abtheilung enthält die Arithmetik und Algebra, mit folgenden Abschnitten. Einleitung. Allgemeine Bezeichnung der Zahlen. Die arithmetischen Operationen. Die positiven und negativen Zahlen. arithmetischen Operationen mit zusammengesetzten Zahlen oder Grössen. Recht gut ausgeführt. Die Rechnungen mit Brüchen. Die Lehre von den Verhältnissen und Proportionen. Um diese Lehre später

Die

Die

weiter anwenden zu können, macht der Vf. einen sonst nicht gewöhnlichen Unterschied zwischen Zahlenproportionen und Grössenproportionen, indem er sagt: „Wir haben bisher die Grössen durch Zahlen repräsentirt und aus diesen Zahlen die Verhältnisse gebildet, die wir in so fern Zahlenverhältnisse nen

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nen wollen. Wenn wir aber unmittelbar die Grössen selbst in dieser Bedeutung mit einander vergleichen, so erscheint die eine als das Maass und die andere als das Auszumessende. Nennen wir jenes D und dieses C, so können wir diese Beziehung ebenfalls mit C: D bezeichnen, und erhalten dadurch ein Grössenverhältniss. Wir wollen annehmen, dass bei dieser Vergleichung irgend eine bestimmte Zahl n hervorgeht, die ausdrückt, wie aus der Grösse D die Grösse C gebildet werden kann; wenn alsdann zwei andere Grössen E und F ein Grössenverhältniss bilden, das dieselbe Verhältnisszahl n giebt, so können wir dieses durch C D E F bezeichnen, und wir erhalten dadurch eine Grössenproportion, während die vorhin betrachteten Proportionen Zahlenproportionen heissen. Denken wir uns, dass die Grösse D in m unter sich gleiche Theile getheilt, und dass mit einem dieser Theile A, als Einheit, die andere C ausgemessen wird, so erhalten wir die Verhältnisszahl mn, und wir können daher C durch mnA repräsentiren, während D durch mA ausgedrückt wird. Theilen wir auf dieselbe Weise die Grösse F in p gleiche Theile, und messen wir mit einem derselben, den wir mit B bezeichnen wollen, die Grösse E aus, so erhalten wir die Zahl pn, und wir können daher E durch pnB und F durch pB ausdrücken. Da aber mnA : mA = n und pnB: pBn, so ist auch mnA: mA — pnB: pB. Wenn daher die Glieder einer Grössenproportion durch Zahlen ausgedrückt werden, sò bilden auch diese Zahlen in der gleichen Ordnung eine Zahlenproportion." Dass diese Deduction scharfsinnig ist, wird Niemand leugnen, wir glauben aber, dass man auf einfachere Weise zu demselben Ziele hätte kommen

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