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laut um Rache schreien, und von den Tagen vor Leipzig datirt sich ein Schuldbrief, wie er noch keine Zeit gedrückt hat."

BERN, b. Fischer: Geschichte des eidgenössischen Freistaates Bern von seinem Ursprunge bis zu seinem Untergange im Jahre 1798. Aus den Urquellen, vorzüglich aus den Staatsarchiven, dargestellt von Anton von Tillier, Landammann. I. Band. 1838. XV u. 358 S. 8. In einem farbigen Umschlage. (1 Rthlr. 16 Ggr.)

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Unter den Specialgeschichten der einzelnen schweizerischen Kantone wird die vorliegende immer einen höchst ehrenvollen Platz einnehmen. Dafür bürgt schon dieser erste Band, der als ein wahres Muster derartiger Ausführungen dienen kann. Diesen Vorzug verdankt er weniger der Wichtigkeit der darin dargestellten Zeitabschnitte, obgleich allerdings Bern als der mächtigste Stand der alten Eidgenossenschaft in der Geschichte derselben nicht nur als einflussreiches Glied, sondern auch als selbstständiger Freistaat stets eine bedeutende Rolle gespielt hat als vielmehr der innigen Vaterlandsliebe des Vfs., seiner hohen amtlichen Stellung, welche ihm die eigentlichen Urquellen zugänglich machte und seiner Begeisterung für Wahrheit und Recht. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Schicksale des Freistaates Bern von seiner Entstehung an bis zu seinem im Jahre 1798 erfolgten Untergange ein der Geschichte anheim gefallenes historisches Ganzes bilden, welches um so mehr den Stoff zu einer unbefangenen Würdigung darbot als sich noch Niemand der mühsamen und schwierigen Arbeit auf eine dem Gegenstande angemessene Art unterzogen hat. Dass eine Geschichte gerade dieses Freistaates nur im Geiste der Vorfahren ohne unzeitige Scheu, ohne verunstaltende und beleidigende Anmaassung noch ungeschichtliche und eben deswegen ungerechte Beurtheilung derselben nach den schwankenden und mitunter verworrenen politischen Begriffen unserer Zeit geschrieben werden durfte, versteht sich von selbst. Diesen Muth hat der Vf. gehabt und es kann nicht genug der Geist des Ernstes, des sittlichen Strebens und der unbestechlichen Wahrhaftigkeit gelobt werden, mit welchem dieser Vorsatz ausgeführt ward. Möchten doch die Berner aller Stände, Geschlechter und Alter, mitten unter ihren jetzigen innern Zerwürfnissen, die treuen Mahnungen zur Einigkeit und uncigennützigen Liebe zum Vaterlande beherzigen, mit denen das Vorwort schliesst! Möchten sie nur stets ihrer Vorfahren eingedenk seyn, der von Erlach, Bubenberg, Hallwyl,

der

Manuel und so vieler Anderer bis zu ihrem letzten Schultheissen, jenem ehrwürdigen Nicolaus Friedrich von Steiger, der im entscheidenden Kampfe für die Unabhängigkeit der Schweiz vergeblich unter fremden Schwertern den Tod suchte! Diese Namen glänzen Alle mit unvergänglichem Ruhme in der Geschichte des Berner Freistaates. Sie haben alle seit seiner frühesten Jugend der Seele ihres Enkels vorgeschwebt. Niemand war geeigneter als er mit altschweizerischer Treue ihre Thaten und ihre Verdienste aufzuzählen. Indem Hr. von Tillier aus dem reichen Schatze der Berner Staats- Archive, der Rathsmanuale, Sprüchbücher, der Missivenbücher und der eidgenossischen Abschiede die Thatsachen selbst und ihren geschichtlichen Zusammenhang schöpfte, begnügte er sich, seine Angaben sorgfältig zu belegen. Mit wenigen Ausnahmen enthielt er sich unnützer polemischer Erörterungen in Betreff abweichender Erzählungen anderer Geschichtschreiber, als z. B. Justinger's, Tschachtlan's, Valerius Anshelm's, Michael Stettler's u. A. m. Zum Ueberflusse erinnert er noch ausdrücklich, dass er auch die Arbeiten späterer Geschichtsforscher, als z. B. die von Alexander von Wattenwyl, von Niedau, Lehncommissars Ryhiner's, Schultheissen Nicolaus Friedrich von Mülinen, Fürsprecher Messener, Altoberamtmann von Mülinen u. s. w. mit benutzt habe. Wir hätten, etwa am Schlusse des Vorworts cine kritische Würdigung aller benutzten Vorarbeiten erwartet, namentlich derjenigen, die sich nicht blos auf einzelne geschichtliche Thatsachen beziehen, sondern wie Wattenwyl (Histoire du Canton de Bern), Ryhiner (Geschichte des Kantons Bern), Walther (Geschichte des Berner Stadtrechts), Sinner (Regionenbuch), von Rodt (Geschichte des Berner Kriegs wesens), Steck (Urkundliche Geschichte des Hauses Neuenburg) u. s. w. entweder ganze Abschnitte oder doch wenigstens ganze Jahrhunderte der Berner Geschichte geschildert haben. Allerdings sind die meisten dieser Schriften noch ungedruckt, doch Mehrere in vielfachen Abschriften weit verbreitet. Zu einer bequemen und klaren Uebersicht über die Richtung und den Gehalt eines jeden Zeitalters entschloss sich Hr. von Tillier die eigentliche pragmatische Geschichte der äussern Begebenheiten von der Schilderung des inneren Entwickelungsganges zu trennen. Aus ähnlichen Ursachen wurden die Jahrhunderte selbst zur Abmarkung der Zeiträume, in welche das Ganze zerfällt, gewählt. Sonach umfasst ein Buch stets den Zeitraum eines ganzen Jahrhunderts. Jedes Buch wird aber wiederum in mehrere Capitel eingetheilt. Diese Unterabtheilungen beziehen sich auf

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ungleiche Zeiträume, je nachdem sie mit diesem oder jenem geschichtlich wichtigen Ereignisse beginnen. Der vorliegende erste Band führt den Leser bis an das Ende des vierzehnten Jahrhunderts, nachdem er im ersten, gleichsam einleitenden Buche S. 1. die Zeiten vor der Gründung der Stadt Bern, mithin die ältesten Zeiten, dann das Haus Zähringen und endlich den Zustand der burgundischen Länder am Ende des zwölften Jahrhunderts zur Zeit der Gründung von Bern so ausführlich dargestellt hat, als die sehr fragmentarischen Quellen es nur immer gestatteten. Das zweite Buch S. 40 umfasst das dreizehnte Jahrhundert, mithin Bern's Gründung und Fortgang bis zum Tode Herzog Berthold's V. von Zähringen (1191-1216), von da bis zum savoyischen Schirm (1218-1266), vom ersten savoyischen Schirm bis zum Tode König Rudolphs (1266-1291), vom Tode König Rudolphs von Habsburg (1291) bis an das Ende des dreizehnten Jahrhunderts. Die Capitel 5, 6 und 7 dieses Buches sind den inneren Angelegenheiten des Berner Gemeinwesens, der Verfassung, der Gesetzgebung, den Gerichten, dem Kriegswesen, den Staatseinkünften und deren Verwaltung, der kirchlichen Verfassung, den Klöstern, den Sitten und dem eigentlichen Bildungszustande gewidmet. Denselben Gang beobachtet das dritte Buch S. 121, welches mit dem vierzehnten Jahrhundert sich beschäftigt. In den drei letzten Capitela 15, 16 und 17 werden die innern Geschichten, die Verfassung, das Kirchenwesen, die Verschönerungen der Stadt Bern, die Sitten und der Bildungszustand geschildert; in den vorangehenden Kapiteln bezeichnen die äussern Verhältnisse des Freistaates, der Kyburger Brudermord (1322), die Erwerbung der Landschaft Hasle (1334), die Schlacht bei Laupen (1339), die Verbindung Berns mit der Eidgenossenschaft (1353), der ewige Bund Berns mit den vier Waldstätten, das erste Erscheinen der fremden Schaaren an der Schweizergrenze (1365), der Guglerkrieg (1375), der Kyburger Krieg (1382), der Österreichische und Freiburger Krieg (1386) und der Züricher Friede (1389) die Unterabtheilungen oder Kapitel. Eingedenk des uns vergönnten Raumes müssen wir uns hier mit diesen allgemeinen Andeutungen begnügen. Es ist uns vorgekommen als wenn Bern's Verhältnisse zum deutschen Reiche nicht immer mit der erforderlichen Bestimmtheit angedeutet worden wären. Sollte nicht das Werk des Reichsfreiherrn von Jan, betitelt: Staatsrechtliches Verhältniss der Schweiz zu dem deutschen Reiche von dem Ursprunge der Eidgenossenschaft bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Nürnberg und Altorf 1801

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aus verrichten" ,, entwähren" ,, Gewährde." Ohne Erläuterung bleibt aber den meisten Lesern der nachstehende S. 138 entlehnte Satz unverständlich: "Hier findet sich die erste urkundliche Nachricht von dem Udel oder Eigenthum in der Stadt, welches Ausbürger, die nicht Tellen bezahlten, ankaufen mussten." Noch bemerken wir, dass auf diesen ersten Band noch vier Bände folgen werden und dass das Ganze in zwei Ausgaben, auf Druckpapier und auf Velinpapier erscheint. Der Subscriptionspreis für deu ersten Band beträgt 30 Batzen auf Druckpapier und 40 Batzen auf Velinpapier. Das Register oder vielmehr Verzeichniss der Kapitel ist nicht paginirt.

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1) MÜNSTER, Druck u. Verlag der Coppenrath. Buch- u. Kunsth.: Sammlung fragmentarischer Nachrichten über Christoph Bernard von Galen, Fürstbischof zu Münster; von Dr. Eberhard Wiens, Prof. am Gymnasium zu Münster. Erster Band. 1834. VIII u. 465 S. 8. Nebst einer Charte. (2 Rthlr.)

2) Ebendas.: Beiträge zur Geschichte des Münsterschen Schul-Wesens. Von Eberhard Wiens, Prof. am Gymnas. zu Münster u. Mitgl. des Vereins für Geschichte u. Alterthumsk. Westfalens. Erstes Heft. 1839. XIV u. 136 S. 8.

Christoph Bernhard von Galen, welcher von 1650 bis 1670 die Würde eines Fürsten und Bischofs von Münster bekleidete, gehört zu den geschichtlichen Meteoren; denn es dürfte nicht leicht seyn, ihm cin Gegenbild eines Fürsten an die Seite zu stellen, der, wie er, im geistlichen Stande zu einer bedeutenden Höhe des Lebensalters herangestiegen, mit einem Male sich zu einer kriegerischen Thätigkeit hinwendet, diese nicht bloss nothgedrungen, sondern mit Vorliebe ergreift, und in diesem fremdartigen Felde so Bedeutendes, ja Ungewöhnliches leistet; der an der Spitze eines kleinen, dabei sehr herabgekommenen, und zugleich durch innere Misshelligkeiten beunruhigten Staates, nicht bloss seinen minder mächtigen Nachbarn zu imponiren wusste, sondern sich

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III. Der Bischof im Bunde mit England gegen die vereinigten Niederlande im J. 1665-1666. (S. 99371.) Unter den Buchstaben A-I werden hier verschiedene, grösstentheils urkundliche Beiträge zur Erläuterung einzelner wichtiger und bis jetzt noch nicht ganz aufgeklärter Punkte jenes merkwürdigen Feldzuges mitgetheilt. Um nicht zu weitläufig zu werden, müssen wir uns die specielle Aufzählung der einzelnen Stücke versagen, und zeichnen nur, als den bei weitem wichtigsten und interessantesten Bestandtheil dieses Abschnittes aus: B. Briefwechsel des Königs von Frankreich Ludwig XIV. und seines Staatssekretairs Lionne, mit dem Grafen d'Estrades, französ. Gesandten im Haag. (S. 144-219.) Für die Kenntniss der damaligen Politik ist dieser Briefwechsel überaus merkwürdig, wiewohl auch in ihm, seiner Natur nach, nicht alles klar vorliegt, und dessen Inhalt zu seiner Erläuterung oft einer tieferen Kenntniss der politischen Conjuncturen seiner Zeit bedarf. Der Herausg. äussert hierüber in des Vorrede (S. IV.):,, Die... Briefe des Königs von Frankreich und seiner Minister... erfodern zur Entdeckung ih res wahren, oft tief versteckten Sinnes durchgängig eine genaue Kenntniss der giftigen Politik, womit damals das französische Kabinet die europäischen Völker und insbesondere die deutschen Fürsten zu verstricken, und seinen geheimen Zwecken dienstbar zu machen suchte. Eine klare, auf das Einzelne angewandte Entwickelung dieser Politik, wenn sie der nöthigen Beweiskraft nicht ermangeln soll, gehört zu den

schwierigsten Aufgaben der Geschichte, weil es sich hier um Gesinnungen und Absichten handelt, und zwar um Gesinnungen und Absichten sehr schlauer, höchst gewandter Geister. Darin liegt denn vermuthlich auch der Grund, dass selbst grössere Geschichtswerke sich hierüber ziemlich im Allgemeinen halten, und ausser einigen dürftig unerwiesenen Andeutungen, nichts Genügendes, oder auch ganz Falsches anbieten. Ich habe mich daher genöthigt gesehen, diesen Gegenstand in einer besondern Abhandlung zu erörtern, ... worin ich aus König Ludwigs und seiner Minister eigenen Worten bis zur höchsten Evidenz darthun werde, dass diese Krone, obgleich beiden kriegführenden Theilen befreundet, dennoch Beider Feind und Verderber war." Es ist zu bedauern, dass der Vf. sein Versprechen, die hier bezeichnete Abhandlung nächstens vorzulegen, bis jetzt noch nicht erfüllt hat! Hinsichtlich des hier mitgetheilten Briefwechsels, zu dessen Erläuterung die versprochene Abhandlung vorzüglich dienen soll, müssen wir bedauern, dass der Vf. die Briefe nicht in ihrer Grundsprache, sondern nur in Uebersetzungen und Auszügen mitgetheilt, und dabei nicht angegeben hat, wo sich die Originale befinden. Diese Angabe sollte bei Mittheilungen dieser und ähnlicher Art nie unterlassen werden, da begreiflich ein grosser Theil ihrer Glaubwürdigkeit davon abhängi; und warum der Vf. gerade hier und in dem nachher zu erwähnenden Falle, anstatt des Urtextes blosse Uebersetzungen gab, ist vorausgesetzt, dass ihm jener wirklich vorgelegen, um so weniger zu erklǎren, als er gleich darauf (C.) des Grafen de Guiche Bericht von dem Feldzuge der holländischen Armee gegen den Bischof von Münster (S. 220-292), bei dem es auf streng wörtliche Autenticität weit weniger ankommen konnte, in französischer Sprache einrückt. IV. Ueber das zu Dorsten beschlossene westfälische Auch in diesem Schutzbündniss. (S. 372-384.) Aufsatze, dessen Gegenstand in eine, dem münsterisch-holländischen Kriege zunächst vorangehende Zeit gehört, wird uns wieder ein Beispiel französischen Truges und Verrathes vorgeführt. 1 jetzt nur wenig bekannte Sache ist diese. Dem Bischof von Münster war es gelungen, durch seine Vermittelung, zu Dorsten, im Februar 1665, durch einen Vertrag die langwierigen Streitigkeiten zwischen Kur-Brandenburg und Pfalz- Neuburg, die Clevische Erbschaft betreffend, zu Ende zu bringen. Da nun diese Unterhandlungen einen so günstigen Fort-* gang hatten, so hielt er dies für eine schickliche Gelegenheit, einen noch wichtigeren Plan ins Werk zu

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setzen. Der Bischof ven Münster war seit 1654 Mitglied der sogenannten rheinischen Allianz, welcher 1658 auch Frankreich beigetreten war, oder, richtiger zu sagen, sich an deren Spitze gestellt hatte. Diese Allianz genügte theils dem nach Unabhängigkeit strebenden Sinne des Bischofs nicht, weil sie ihre, obgleich von zu verschiedenartigen Interessen geleitete Mitglieder, doch insgesammt von Frankreich abhängig machte; theils war sie ihm auch desshalb lästig, weil er, wie alle katholische geistliche Fürsten Deutschlands das Bedürfniss fühlte, sich an das Haus Oesterreich anzuschliessen, dem doch ein Bündniss deutscher Fürsten mit Frankreich nicht anders als sehr missfällig seyn konnte. Durch eine engere Verbindung zwischen den drei bedeutendsten Fürsten des westfälischen Kreises, Kur-Brandenburg, Münster und Pfalz- Neuburg, als deren nächster Zweck die Wiederherstellung und Beschützung der damals sehr gestörten Integrität dieses Kreises dargestellt wurde, sollte nun, der Absicht des Bischofs nach, ein rein deutsches Bündniss vorbereitet, und theils durch dessen allmälige Erweiterung, theils durch Nachahmung desselben mittels ähnlicher Verbindungen in andern Reichskreisen, die rheinische Allianz mit der Zeit ganz aufgelöst, und gegen die Plane Frankreichs in Deutschland ein mächtiges Gegengewicht gebildet werden. Der Anschlag des Bischofs ging anfangs glücklich von statten; das von ihm beantragte westfälische Schutzbündniss bedurfte zu seiner Wirklichkeit fast nur noch der Ratification der betheiligten Höfe; aber Frankreich hatte davon Kunde bekommen, und so unverfänglich auch der ausgesprochene Zweck des Bischofs war, so ahnete man doch dort sehr richtig die weiteren Folgen. Die von dem Vf. (leider ebenfalls nur in Uebersetzung, und ohne Angabe der Quelle) mitgetheilten Briefe decken uns nun die arglistigen Intriguen auf, durch die es dem französischen Hofe gelang, mittels geheimer Einwirkung auf den Kurfürsten von Brandenburg, das Bündniss kurz vor dessen Abschlusse zu hintertreiben. So stand Frankreich zu allen Zeiten dem Wohle Deutschlands feindselig entgegen, und scheute nicht die niedrigsten Kunstgriffe arglistischen Truges und Verrathes, um jede Regung deutscher Kraft und Einheit, von welcher Seite sie sich auch zeigen mochte, wo möglich, im Keime zu ersticken; und doch kann es heute noch Menschen geben, die, blind gegen alle Lehren der älteren und neueren Geschichte, sich und andere mit der thōrichten Einbildung täuschen, das Heil Deutschlands von Frankreich zu erwarten!

V. Des Bischofs Ansicht über die zweckmässigste Kriegsweise gegen den Christen-Erbfeind. (S. 385— 386.) VI. Nachrichten über die Pest, welche 1666 die Anordnung der Pestmesse in Münster veranlasste. (S. 381-415.) Diese beiden Stücke sind von geringerer Erheblichkeit, und in Ansehung ihres Inhaltes, dem grösseren Theile nach, nicht neu. Das letztere giebt uns nicht nur die vom Bischof Christoph Bernhard erlassenen Pestordnungen, die uns seine Regierung in einem sonst weniger beachteten Felde, dem der Medicinal-Polizei, zeigen; sondern auch Excerpte, die Erscheinungen jener Pest in verschiedenen andern Theilen Europa's betreffend, von denen wir dahin gcstellt seyn lassen, ob sie sich hier am rechten Orte befinden.

VII. Verschwörung des Johann Adam von der Kette, gegen das Land und Leben des Bischofs. Febr. 1673. (S. 416-458.) Dieses letzte Stück halten wir, in Beziehung auf die Geschichte des Bischofs Christoph Bernhard, wieder für eine der wichtigsten Mittheilungen dieses Bandes. Die hier erläuterte Thatsache gehört in den Verlauf des zweiten, von Christoph Bernhard gegen Holland geführten Krieges. Der Kaiser hatte damals den Kurfürsten von Cöln und den Bischof von Münster, die, in Gemeinschaft mit Frankreich, die vereinigten Niederlande bekriegten, mit welchen letzteren der Kaiser selbst im Bunde stand, für Reichsfeinde erklärt, und an alle in ihrem Heere dienende Kriegsleute ein Avocatorium erlassen. Hieran knüpfte der, aus Münster gebürtige, aber bei dem Grafen von Harrach in Diensten stehende, von der Kette, den gefährlichen Anschlag, Heer und Land gegen den Bischof aufzuwiegeln, die Stadt Münster und andere feste Plätze den Kaiserlichen in die Hände zu liefern, und sich der Person des Bischofs selbst zu bemächtigen; dieser Plan wurde aber kurz vor der Ausführung entdeckt, und endete verderblich für seine Theilnehmer. Bisher kannte man zwar den blutigen Ausgang des von der Kette, die Ursache desselben lag aber sehr im Dunkel, ja es war sogar noch zweifelhaft, ob er wirklich durch ein erwiesenes Verbrechen herbeigeführt, oder ein Akt blosser tyrannischer Willkür des Bischofs gewesen. Aus den hier gegebenen aktenmässigen Mittheilungen, wiewohl sie keineswegs für vollständig gelten können, wird die Sache doch in so weit aufgeklärt, dass man deutlich sieht, es habe wirklich eine, bereits ziemlich weit verzweigte Verschwörung für die oben angedeuteten Zwecke bestanden, mit welcher der Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres, Bournonville, bekannt und

einverstanden war; gegen das Leben des Bischofs war sie eigentlich nicht gerichtet; nur im äussersten Nothfalle würde man (wie der Vf. selbst annimmt) auch dieses angetastet haben. Ob und wie weit der kaiserliche Hof selbst bei diesem Unternehmen betheiligt war, ist, aus leicht erklärlichen Gründen, nicht zu ermitteln. Freilich bleibt, wenn auch Kette's Schuld in der Hauptsache vollständig erwiesen ist, immer noch die Frage zu beantworten, ob der Bischof recht daran that, ein Kriminalverfahren gegen ihn anzuwenden, ohne auf seine Einwendung, dass er in auswärtigen Diensten stehe, und deshalb das Münstersche Gericht gegen ihn inkompetent sey, zu achten?

Als Anhang giebt der Vf. nun noch die Erläuterung der beiliegenden Charte, oder vielmehr des Planes der Belagerung von Münster durch den Bischof Christoph Bernhard im J. 1660. Sowohl der Plan als die Erklärung desselben sind aus einer überaus seltenen gleichzeitigen Schrift des bischöflichen Hofkaplans Joh. Jordanäus (Motuum Monasteriensium novissimique belli et pacis synoptica enarratio etc. 1661) entlehnt, wiewohl die Charte, nach einer am Schlusse beigefügten Bemerkung, nicht von Jordanäus selbst entworfen, sondern im verkleinerten Massstabe nach einer andern, von Heinr, von Lennep gestochenen, und vermuthlich von Pictorius gezeichneten Charte kopirt ist. Der S. 460 genannte Oberst hiess nicht Meinard Hagen, sondern Meinartzhagen,

Minder verdienstlich dürfte man wohl das unter Nr. 2. genannte, neuere Werkchen desselben Vfs. finden. Zwar giebt es Beiträge zur Geschichte des Münsterschen Schulwesens aus einem Zeitraume, für welchen die nähere Kunde desselben bisher fast ganz fehlte; allein der grössere Theil derselben ist von sehr geringfügigem Inhalte, und kann, wie sich sogleich zeigen wird, nur als Beleg für die in jenen Zeiten herrschende Geschmacklosigkeit von einiger Bedeutung seyn. Der Vf. giebt nämlich, nach einer Einleitung, worin hauptsächlich von den Prüfungsfeierlichkeiten des Münsterschen Gymnasiums zur Zeit der Jesuiten die Rede ist, I. ein weitläufiges, bei der feierlichen Entlassung der Metaphysiker (der Schüler der obersten Gymnasialklasse) im J. 1697 öffentlich vorgetragenes, und mit Gesängen unterbrochenes Gespräch (S. 1-65), das zwar für diese Art von Unterhaltungen höchst charakteristisch, aber zugleich ein wahrer Ausbund von Geschmacklosigkeit ist. Es wird nämlich darin eine Prüfung über die in den Kreis der jesuitischen Schulstudien aufgenommenen philosophischen Disciplinen, persiflirt und karrikaturmässig dargestellt, so dass auf die vorgelegten Fragen lächerliche, meistens einzelne der theilnehmenden Schüler spöttisch anzichende Antworten ertheilt werden. Jedes Prüfungsfach beschliesst eine Cantio musica. In der Prüfung selbst ist die Grundsprache lateinisch,

an,

fällt aber nicht nur häufig in das sogenannte Küchenlatein, sondern ist auch mit deutschen, französischen u. a. Brocken vermischt; die Gesänge sind meistens deutsch, oft aber auch lateinisch oder aus beiden Sprachen gemengt. Der Vf. thut diesem Machwerke zu viel Ehre wenn er es (S. IX.) scherzhaft und launig findet, denn in einer fast ununterbrochenen Reihe, grober Spässe, schlechter Witze und anderer Absurditäten sind einzelne wirklich gute Einfälle so sparsam versteckt, dass man sie deshalb fast bemitleiden möchte; die Schüler legen einander gegenseitig allerlei Spottnamen bei; der eine wird wegen seiner rothen Haare, ein anderer wegen seiner grossen, ein dritter wegen seiner kleinen Leibesgestalt lächerlich gemacht, Bier, Tabak, Würste u. dergl. mit Vorliebe allegirt u. s. w.; und die ernsthafte Abschiedsrede des Professors (S. 51-56) nimmt sich zwischen jenen Harlekinaden fast ungehörig aus. Welchen Begriff muss man sich von dem Geschmack und der Bildung einer Zeit machen, die solche langweilige und geistlose Possenreissereien zur Unterhaltung der Schuljugend und einer aus den angeschensten Personen geistlichen und weltlichen Standes bestehenden VerEs folgt sammlung öffentlich aufführen liess!

II. die Synopsis (Inhaltsanzeige) eines Trauerspiels: Agathonles und Amynt, welches im J. 1769 bei der Prämienvertheilung im Gymnasium der Jesuiten zu Münster aufgeführt wurde (S. 67-76), und III. eines in demselben Jahre von der weiblichen Schuljugend zu Ludinghausen aufgeführten allegorischen Lustspiels: Das durch Murcia entführte, aber der Göttin Pullas glücklich hergestellte Schulkind (S. 7780); beide nur in so fern bemerkenswerth, als sie uns von der Einrichtung der jesuitischen Schulkomödien einen Begriff geben, von denen sich wenige erhalten haben, die aber freilich 1769 ihren alten wesentlichen Charakter nicht ganz mehr gehabt haben dürften. Wenig bedeutend ist auch IV. die Nachricht von einer Schulfeierlichkeit am Vorabende des Nikolaus festes (S. 81-83), welche an das, an andern Orten gewöhnliche, und in einer ganzen Literatur von Schriften besprochene Gregoriusfest erinnert. Den wichtigsten Theil des ganzen Büchleins bilden dagegen die beiden letzten Abschnitte (S. 84-192), welche uns mit der, in der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts, hauptsächlich durch den gelehrten Dechant Everwin Droste zu Stande gebrachten Regeneration der Martini-Schule, und der Verfassung derselben bekannt machen. Von dieser Schule war bis jetzt gar nichts bekannt; der Vf. verdient daher um so mehr Dank für diese wirkliche Bereicherung, nicht bloss der Münsterschen Specialgeschichte, sondern selbst der Geschichte des deutschen Schulwesens überhaupt, als die mitgetheilten Nachrichten auch schon an sich sehr interessant siml. Der Anhang, die Stiftungsfeier einer Münsterschen - Junggesellen - Societät betreffend, hat nur ein ganz beschränktes, lokales Interesse.

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