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Πελληναίων, Κορινθίων, Αθηναίων (unter Voraussetzung irgend einer Ellipse) nennt, so nahm er unseren fraglichen Titel als den Complex eines Volumen, das die gedachten (oder vielmehr ihnen ähnliche) Einzelschriften vereinigte. Indessen hat zuerst Passow (Opuscul. n. 8) durch scharfsinnige Kombination einen festen Standpunkt aufgewiesen, welcher die Rechte des Stoffes mit dem grammatischen Gesetz in Eintracht zu bringen verspricht. Indem er vom Toixágaros ausging, dem Buche, welches der boshafte Soph st Anaximeres unter dem Namen seines Gegners Theopomp ausstreute, worin die heftigsten Schmähungen auf die drei Hauptstaaten Griechenlands gehäuft waren: schien ihm die Annahme nicht zu gewagt, dass Dicäarch, ohnehin für die Spartanische Verfassung begeistert, einen Tonolitixos apologetisch jenem Libell entgegenstellte: um so mehr als ein unverächtliches Zeugniss des Josephus auf Sinnverwandtschaft beider Namen deute; was bereits auch von Pflugk über Theopomp p. 47 vermuthet worden. Diese Schlussfolge hält der Verf. p. 9. für richtig und die Konjektur für geistreich; aber in wenigen Fächern trügt der Schein so blendend als in der Philologie, wofür gerade der vorliegende Fall eine Bestätigung geben kann. Erstlich ist die Aehnlichkeit der beiden Titel ohne sicheren Anhalt: Toxúguvos sollte Symbol für den Cerberus, den schmähsüchtigen oder geifernden Historiker seyn, Τριπολιτικός hat darauf keinen näheren Bezug als eben die erste Sylbe oder jedes Compositum mit rois gewährt. Zweitens widerspricht den Absichten Passow's die Acusserung Joseph's (wenn wir ihn sogar als Zeugen in einer litterarischen Frage gelten liessen) aufs bestimmteste: nachdem er Theopomp's Invektiven auf Athen, die des Polykrates auf Lacedämon erwähnt hat, fügt er einen dritten Mann hinzu, ó de tòv Tolπολιτικὸν γράψας, οὐ γὰρ δὴ Θεόπομπός ἐστιν, ὥς τινες οἴονται, καὶ τὴν Θηβαίων πόλιν διέβαλε. Hieraus liesse sich nur folgern, dass der Autor seine Kenntniss von Hörensagen empfing, wenn er den irgendwo vernommrenen Titel Τριπολιτικός mit Τρικάρανος verwechseln und einen einzelnen Punkt als wesentlichen Inhalt der Schrift bezeichnen konnte; denn xai ist ihm drittens, nicht eine dritte Materie neben zwei anderen. Diesen Uebelstand räumt selbst der Verf. p 11 ein; wir denken auch, dass der Einwand von Näke triftig sey, welcher nicht einzusehen vermochte, wesshalb der Verf. des Bios Elúdos, der in abgesonderten Politieen die Hauptstaaten geschildert hatte, sie nochmals in einer eigenen, zumal antiquarischen Schrift zusammenfassen wollte. Demnach fallen die Bücher des Anaxime

nes und Dicäarch gleichgültig aus einander, und das mühsam gepflegte Problem stände noch auf demselben Fleck wie vor Jahrhunderten. Unser Vf. hat im Angesicht so vieler Missgriffe einen neuen und sinnvollen Weg betreten, doch seine Darlegung (p. 11-34) mit zu verschiedenen Beiwerken und Anhängen durchzogen, als dass ein Auslaufen in alle solche Winkel uns statthaft und zuträglich wäre. Nur ein paar Missverständnisse möchten wir im voraus beseitigen. Im Suidas fand er unter anderen Schriften des Philistus einen Titel noòs ròv Toxúpavov, dicht neben dem gleich sonderbaren 2óyov neoì Navxoúτews: nun würden zwar die meisten wie Göller urtheilen, man wisse nicht was solche Dinge den Historiker Philistus angingen und liesse darum den fraglichen Trikaranos auf sich beruhen; aber Hr. Osann, nur zu sehr vom Triebe geleitet soviel als möglich zu erklären und jedem Räthsel des Alterthums mittelst Kombinationen oder ähnlicher Daten eine Seite abzugewinnen, meint alles Ernstes, dass Philistus, wiewohl bei weitem der ältere, polemisch auf den Trikaranos des Anaximenes entgegnet habe; dass er ferner geneigt sey des letzteren Schrift als Rede zu betrachten und deshalb (was die Gracität verbietet) πρὸς τὸν Τρικάρανον λόγον zusammennehmen hiesse. Dafür spricht indessen nicht einmal der äusserliche Schein: Philistus starb 355 in einer

Zeit, als Anaximenes, ein Genosse Alexander's des Grossen, kaum hervorgetreten seyn konnte; der Trikaranos dieses Mannes setzt die Philippischen Historien des Theopomp voraus, welche lange nach dem Tode des Syrakusanischen Staatsmannes ausgegeben waren; und, um anderes zu verschweigen, Philistus befasste sich mit keinem Uebungstück der Rhetoren, sondern mit der vaterländischen Geschichte.

(Die Fortsetzung folgt.)
MEDICIN.

LEIPZIG, b. Weidmann: De Iritide. --
Fr. A. ab Ammon etc.

(Beschluss von Nr. 84.)

Scripsit

Viertes Kap. Die Iritis serosa s. anterior s. superficialis geht gewöhnlich in Keratitis serosa über. Hierbei entstehen in der Regel auf der vorderen Fläche der Iris und der hinteren der Cornea neue Blutgefässe, die aus dem Orbiculus ciliaris zu entspringen scheinen. Dass man aus ihrem Verlaufe, ihrer Gestalt und Farbe die Ursache der Krankheit selbst erkennen könne, leugnet der Verf. mit Recht. Diagnosc, Prognose, Aetiologie und Therapie werden genau angegeben und dann die Iritis serosa rheumatica und

die I. seroso - cachectica mixta beschrieben.

5. Kap. Zur Iritis parenchymatosa gehören, ausser der, fast nur durch Verwundung entstandenen, einfachen Form, die Iritis arthritica und syphilitica und die Complicationen, die I. syphilitico - mercurialis, syphiliticoarthritica, syphilitico - scorbutica, scrophuloso-syphilitica, scrophuloso - psorica und plicosa. Die Symptomatologie dieser verschiedenen Formen ist wichtig, indem wir oft erst aus der Gestalt der Pupille, Farbe der Iris u. s. w. eine der genannten, schon längere Zeit im Körper verborgenen Dyskrasien entdecken. Die hier und in den klinischen Darstellungen gegebenen Abbildungen erläutern die Beschreibungen und geben Zeugniss von der Nothwendigkeit derselben in Schriften über Augenkrankheiten. Im 6. Kap. wird von der Iritis serosa posterior (Uveitis Simeons) gehandelt. Selten mag sie ohne Complication vorkommen und findet sich meistens mit der chronischen Entzündung der Linsenkapsel verbunden. Der Vf. nennt diese Complication: Iridoperiphalitis. Auch diese Form ist selten und kommt in der Regel nur bei alten cachektischen Personen, bei Neigung zu Blutcongestionen nach dem Kopfe und den Augen (daher in den klimakterischen Jahren am häufigsten) vor.

B-r.

BONN, b. König: Geschichte der Augenheilkunde als Einleitung in das Studium derselben, von A. G. van Onsenoort, Med. et Chir. Dr., ehemaligem Generalstabsarzte, Mitgliede mehrerer gelehrten Gesellschaften u. s. w. Aus dem Holländischen

übersetzt. Mit einer Vorrede versehen von Dr.

C. W. Wutzer, Geheimen Medizinalrath und Professor in Bonn. 1838. Nebst Namenregister. 88 S. 8. (10 gGr.)

Der Verf. giebt in diesem kleinen Werkchen, das zum Theil wenigstens, den Inhalt einer Rede ausmachte, die er bei Uebernahme des Lehramtes der Augenheilkunde zu Löwen hielt, eine gedrängte Uebersicht dessen, was sich auf dem Gebiete dieser Wissenschaft bis zu unsern Tagen herauf zugetragen. Nachdem er von der Wichtigkeit des Auges und seiner Function gesprochen, wendet er sich zu jenen Anfängen der hier in Rede stehenden Kunst, wo sie noch einen Theil der Priestergeheimnisse ausmachte. Gering war und blieb lange Zeit die Cultur derselben, das zeigt sich bei der Musterung, die der Verf. über

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die Völker des Alterthums in dieser Beziehung abhält, nur bei den Indern scheint auch diese Kunst schon in der grauen Vorzeit sich des Gedeihens erfreut zu haben. Später schwur man auch in der Augenheilkunde, so wie in den verwandten Wissenschaften, lange Jahre hindurch auf Galen's, Celsus und Paulus von Aegina Worte, bis Paré zuerst selbstständig auftrat. Im 15. Jahrhundert und namentlich im 16. gewann die Ophthalmologie viel durch anatomische Untersuchungen des Auges, jedoch war sie noch immer durch abergläubische Meinungen entstellt, und befant sich grösstentheils in den Händen der Priester und anderer Laien. Camper erst vindicirte die Augenheilkunde den Aerzten als Eigenthum, wofür sein Manuscript oculorum fabrica et morbis commentaria 1768", das unser Verf. der Vergessenheit entzogen, und dessen Echtheit er bewiesen, am deutlichsten zeugt. Von Richter demnächst und Bell datirt der Verf. den Aufschwung der Ophthalmologie, mit dem sie, immer zunehmend an Bedeutung durch die Arbeiten der ausgezeichnetsten Lehrer, zu ihrer jetzigen Höhe gelangte. Die Wichtigkeit der eigens der Ophthalmologie bestimmten Schulen wird dann auseinandergesetzt, und die Leistungen in diesem Fache werden je nach den einzelnen Ländern durch Nennung der Heroen angedeutet; schliesslich werden auch noch auf mehreren Seiten die Bestrebungen und Erfolge für die einzelnen Theile der Wissenschaft durch die Anführung der betreffenden Schriftsteller repräsentirt. Ein Verzeichniss der vornehmsten Originalwerke, welche über die Lehre von den Augenkrankheiten im Allgemeinen handeln, reiht sich der kurzen Geschichte an, und ein Register der darin vorkommenden Namen macht den

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Beschluss.

Als Geschichte der Ophthalmologie ist das Werk des sonst bekannten und verdienstvollen Hrn. Verfs. von ganz untergeordnetem Werthe, da es viel zu dürftig und lückenhaft ausgefallen; nur als eine Sammlung der Literatur auf diesem Gebiete könnte es von Nutzen seyn, da, wo die Angabe der Werke fehlt, dieselben doch nach dem Namen der Verfasser bald zn finden seyn möchten; freilich findet sich auch fast in jedem Handbuche eine reichliche Angabe der Litteratur. Unter den noch wirkenden Lehrern der Wissenschaft (S. 30) sind Dzondi und Unger, obgleich längst gestorben, noch genannt, was der Hr. Uebersetzer zu ändern nicht hätte unterlassen sollen. Druck und Papier sehr gut.

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ALLGEMEINE

LITERÄRGESCHICHTE.

LITERATUR ZEITUNG

Mai 1840.

CASSEL U. LEIPZIG, b. Krieger: Beiträge zur Griechischen und Römischen Litteraturgeschichte von Dr. Friedrich Osann u. s. w.

(Fortsetzung von Nr. 85.)

Wer er den Artikel des Suidas unbefangen prüft,

überzeugt sich bald, dass er 'die Notiz von zwei verschiedenartigen Männern enthalte. Noch weniger stimmt Ref. einer Auslegung bei, welche p. 28 in Bezug auf eine Stelle Plutarch's vorgetragen wird. Was Plato zum Lobe der geometrischen Regel in der Welt und der göttlichen Ordnung geäussert hatte, meint Plutarch aus seiner Neigung für Lykurgus und Spartanische Gesetzlichkeit herleiten zu dürfen, worin ja (wie er im folgenden noch ausführlicher darthut) die geometrische Proportion überwog: öọa μý tí oo ngosήκον ὁ Πλάτων καὶ οἰκεῖον αἰνιττόμενος λέληθεν, ἅτε δὴ τῷ Σωκράτει τὸν Λυκοῦργον ἀναμιγνύς, οὐχ ἧττον ἢ τὸν Πυθαγόραν ᾤετο Δικαίαρχος. Jedermann sieht nun wohl, dass in gewohnter Brachylogie @ ZwzoúTε avτòv úvaμugvóva hinzugedacht werde und der Sinn auf folgendes hinausläuft: Plato hat in tiefer Symbolik zur Sokratischen Philosophie die Weisheit Lykurg's gesellt, sowie Dicäarch urtheilte dass er auch Pythagorische Dogmen mit jener verbinde; nämlich Plato im Phädon unter der Figur des Simmias, Dicäarch aber im Lesbiacus, worüber man das nähere in diesem Buche p. 44 ff. antrifft. Der Verf. dagegen hofft ein Fragment für den Tripoliticus zu gewinnen, und indem er den Text als verfälscht ansieht (denn es müsse wenigstens us to heissen), bietet ihm seine Interpretation folgende Resultate: Plato's Sokrates habe jenen Satz ebenso wohl im Geiste des Lykurg als des Pythagoras gesprochen (auf den letzteren aber lässt sich Plutarch gar nicht ein); ferner Dicäarch den gedachten Satz in einer politischen Erörterung über die beste Staatsform, das heisst die Spartanische, angewandt, woraus sich unwillkürlich die Vermuthung bilde, dies sey in keiner anderen Schrift als im Tripoliticus geschehen; ja mehr als Vermuthung, eine Beziehung von grosser Evidenz. Doch

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hier ist keineswegs der Ort, bei solchen Trugschlüssen zu weilen: wir dürften sie vielmehr vergessen, wenn die Hypothese des Verf. über den Tripoliticus genügt. Sie gründet sich auf Photius, welcher den Dialog eines Anonymus (des Petrus nach Mai, dessen Demonstration gar wenig,, zur Ueberzeugung" führt, wie schon aus den triftigen Einwürfen von Niebuhr erhellt) noi nokitixйs las; dort war eine neue, aus den früheren gemischte Staatsform unter dem Namen yévos Sıxaiaoyixòv empfohlen. Natürlich erinnert der Klang an Dicäarch, und Mai verglich Cicero's Brief ad Att. II, 16, wo der (in Moralphilosophie gehörende) Streit zwischen jenem und Theophrast über den Vorzug des praktischen Lebens vor dem beschaulichen erwähnt ist; aber niemand weiss von Theorieen und Idealen, die Dicäarch auf dem Gebiete der Politik aufgestellt hätte, und noch weniger glaubt man dass ein Byzantiner, den Photius wie einen gewöhnlichen Mann ohne Ruhm und Gelehrsamkeit abfertigt, den Peripatetiker sich zum Führer erlesen mochte, während ihm weit näher lag sein politisches Gebilde mit anmuthiger Anspielung auf einen bekannten Stadtnamen zuigyía (der Platonischen Kuhhinoλıç analog) zu benennen. Hr. 0. fühlt nun wohl die Schwäche solcher Kombinationen; dennoch baut er auf Cicero, und kein Werk schien ihm für Dicäarch passender, um einen aus drei Elementen verschmolzenen Staat, nach Massgabe der Spartanischen Verfassung, oder ein yévos Sızanaqɣızòv zu entwickeln; woran er manches das gewiss oder wahrscheinlich in denselben Kreis gehöre, reiht, mit dem widerstrebenden sich nach Mögligkeit abfindend (wenn z. B. in Cic. de Republ. nichts von Dicäarch's Ansicht vorkommt, "" so mag dieses seinen besonderen Grund haben"), aber auch einiges nützliche aus den alten Theorieen über den vollkommenen Staat p. 19 ff. anschliesst, zugleich mit der Vermuthung, dass Cicero den Traktat unsers Autors bei den Büchern 'de gloria zu benutzen dachte. Leider sind wir trotz so ernstlicher Zurüstungen auf keinen sicheren Boden gelangt. Uebrigens ist Ref. geneigt, mit Rücksicht auf andere Titel des Dicäarch, ToolTixos von irgend einem Peloponnesischen ToíΤριπολιτικός Τρί

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Toλç abzuleiten, wohin jener die Scene des Dialogs thun wir gegenwärtig gut die beiderseitigen Massen versetzt hätte.

aus einander zu halten, und mit den Ansichten von der Natur der Seele und von den Schicksalen des Menschengeschlechts, vereinzelt wie sie herüber gekommen sind, uns zu begnügen; um so mehr als sie keinen höheren Standpunkt verrathen und den Dicăarch als Materialisten und Gelehrten, nicht als philosophischen Denker zeigen. Denn umsonst sucht man in ihnen,, die Selbständigkeit" auf, die er im Widerspruch mit seinem Meister bewiesen haben soll; wenn aber der Vf. p. 46 (und wiederholt p. 56) sogar Themistius Or. IV. p. 105. (346 ed. Dind.) hierauf deutet, wo Dicäarch einer derer ist, welche dem Aristoteles aufsässig waren, so widerlegt ihn der blosse Anblick der Stelle: Πλάτωνος δὲ οὐ μέχρι νῦν καταβοῶσιν ὡς τρὶς πλεύσαντος εἰς Σικελίαν ἐπὶ χρήμασι καὶ τραπέζῃ; Κηφισοδώρους δὲ καὶ Εὐβουλίδας καὶ Τιμαίους, Δικαιάρχους καὶ στρατὸν ὅλον τῶν ἐπιθεμένων Αριστοτέ λει τῷ Σταγειρίτῃ πότ ̓ ἂν καταλέξαιμι εὐπετῶς, ὧν καὶ λόγοι ἐξικνοῦνται εἰς τόνδε τὸν χρόνον, διατηροῦντες τὴν ἀπέχθειαν καὶ φιλονεικίαν; Wem sollte hier im Schwarme der boshaften Verläumder, welche den Charakter des grossen Philosophen antasteten, die Beziehung auf irgend wissenschaftliche Stellung des Dicäarch beifallen? wer zweifelt noch diesen Mann, dessen Pietät niemand in Anspruch nahm, aus dem garstigen Chore zu entfernen und dafür mit Luzar Anuozápas einzusetzen? Dies also bei Seite geschoben, wären die erheblichsten Dogmen unseres Peripatetikers folgende. Vom alten Satze, den Plato's Phadon in seinem vollen Lichte dargethan hatte, dass die Seele dem Einklang einer Lyra gleiche, ausgehend erklärte er die Seele für die Harmonie der vier Elemente, für stofflos und ohne Substantialität; sie sey demnach vom Körper untrennbar und bilde mit ihm einen Organismus, der nach beiden Seiten hin cinerlei Wesen und Eigenschaften besitze. Für ihn fiel mithin die Unsterblichkeit fort, oder, wie Cicero und andere nach dem Buchstab sich äussern, er hielt die Seele für sterblich und alles individuellen Daseyns unfähig. Indem ihm nur die Weltseele blieb (Cic. vim omnium eam, qua vel agamus quid vel sentiamus, in omnibus corporibus vivis aequabiliter esse fusam), musste die Seele des Menschen in stetem Wandel und Kreislauf dergestalt befangen seyn, dass sie sich als Naturkraft in jede Gestaltung aufgelöster und erneuerter Körper einschloss und ebenso gleichgültig dieser Gemeinschaft entband; wieweit sie zugleich organisirend eingriff, ist nicht bezeugt. Folglich schloss Dicäarch, wie auch Gellius erzählt, mit dem Satz von

Mit günstigerem Erfolge sind die Untersuchungen über die nächstfolgenden Bücher des Dicäarch ausgeführt, worüber wir in grösster Kürze berichten. Zweitens also (p. 35-56), 4εoßiαzós, oder von der Seele; und als Fortsetzung (bis p. 64) Kopivianós, θιακός, oder de interitu hominum. Unser Peripatetiker hatte sich nicht mit den tiefsinnigen Problemen der Spekulation beschäftigt, welche von seinem Meister auf alle Gebiete des natürlichen und sittlichen Lebens ausgedehnt waren, sondern auf diejenigen Fragen sich beschränkt, welche den philosophischen Denker (überhaupt anziehen durften, nämlich die durch den Zwiespalt zwischen Plato und Aristoteles mächtiger angeregte Forschung über Wesen und Unsterblichkeit der Seele. Dass er nun in zwei getrennten Werken περί ψυχῆς handelte sagt Cicero klar, zugleich mit der näheren Bestimmung, dass drei Bücher eines Corinthiacus und ebenso viele seines Lesbiacus, beide in dialogischer Form, verschiedene Punkte derselben Materie besprachen. Doch in welchem Zusammenhange und Bezuge zu einander diese beiden Dialoge standen, lässt sich bezweifeln; denn die Spuren einer zweithciligen Erörterung, nach Art der Aristotelischen, wonach ein metaphysischer oder dogmatischer Vortrag durch populare oder polemische Darstellung der schwebenden Fragen fortgesetzt wäre, mangeln völlig. Selbst wenn man die Anordnung des Vfs. in allen Stücken billigt, und mit ihm (nach dem Vorgange von Heeren) als Resultat des Lesbiacus anerkennt, dass die Seele sterblich seyn solle, für den Corinthiacus aber (worin jene Schrift blos ergänzt sey) als Hauptsatz, dass der Seele für sich selbst keine Existenz zukomme, sondern sie im nie vergehenden Menschengeschlechte sich stets erhalte, wenn also Ergebnisse, die doch unmittelbar von einander bedingt seyn mussten, in verschiedene Kreise gerissen werden kann das Bedenken nur wachsen, ohne den gewünschten Ausgang zu finden. Freilich kommen uns genauere Citationen nicht zu Hülfe; aber schon deshalb weil wir keinen Grund haben, unnöthig die vorhandene Schwierigkeit zu vergrössern, scheint das rathsamste den spekulativen Theil in den Lesbiacus zu verlegen, alles dagegen was in die Geschichte der Seele eingriff mit dem Corinthiacus zu verbinden, und einem einzelnen Buche des letzteren vorzugsweise den Titel anzueignen, der bei Cicero de Offic. II, 5 vorkommt, Est Dicaearchi liber de interitu hominum. Indessen wie man immer hier entscheiden mag,

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der Metempsychose; was der Vf. p. 54 hier zur Rechtfertigung sagt und über den Vorgang des Aristoteles bemerkt, lassen wir auf sich beruhen. Aber mit gutem Grunde fasst er alsdann die drei ergänzenden Stellen Cic. de Off. II, 5. Varr. R. R. II, 1. Censorin. 4 zusammen, im Widerspruch mit denen, welche sie zur Einleitung des Bios 'Eliúdos rechneten. Das Resultat ist die unvergängliche Fortdatier des Menschengeschlechts, das trotz der vielfachsten physischen Unfälle oder Erdumwälzungen und der noch zahlreicheren Uebel, die aus Vernichtungskriegen flossen, unzerstörbar in stetem Stufengange sich entwickelt habe, a summa memoria gradatim descendisse ad hanc aetatem. Indessen dass nun der Philosoph auch die Unendlichkeit des Weltalls und der menschlichen Existenz annahm und deshalb sein Korinthischer Dialog in mancherlei Gänge der Seelenlehre sich vertiefte, scheint eine voreilige Folgerung zu seyn, und ebenso wenig vertraut man den daran geknüpften Muthmassungen.

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Der dritte Punkt гs neqiodos, oder die Erdtafeln (p.65-76) begreift die Notizen über Dicäarch's geographische Studien; ihr Werth ist aber ungleich. Sicher ist die Bemerkung, dass negíodo vs beschreibende Texte hiessen, welche seit den Zeiten des Hekataus zu den Landcharten oder nívaxes verfasst und fortwährend durch jüngere Nachrichten erweitert wurden; mehrere der citirten Stellen zugleich mit der unten p. 103 vorgetragenen Ansicht stehen bereits bei Bernhardy Grundr. d. Griech. Litt. I. 75. Unsicher dagegen ist die Hypothese, worauf der Vf. mehrfach baut, dass Dicãarch selber eine solche Schrift herausgab. Zwar beruft er sich auf die dem Anschein nach unzweifelhaften Worte des Lydus de mensibus p. 264 ἀλλὰ καὶ Δικαίαρχος ἐν περιόδῳ γῆς ἐκ τῆς Ατλαντικῆς θαλάττης τὸν Νεῖλον ἀναχεῖσθαι βού Aber die Deutung derselben muss dieselbe seyn, welche die Forscher längst auf die ähnliche Citation des Hesiodus (s. Göttling Hesiod. p. XXX) angewandt haben: dass nämlich in den von allerlei Händen bereicherten лoíodo Angaben aus Hesiodus, Dicäarch u. s. w. vorkamen. Hicfür beweist auch Cicero ad Att. VI, 2 Peloponnesias civitates omnes muritimas esse Dicacarchi tabulis credidi; nämlich auf der Charte, welche zum Bíos gehörte, waren aus grosser Bequemlichkeit die Städte des Peloponnes insgesammt, zur Verwunderung des Römischen Redners, an das Meer gerückt, und zwar durch denjenigen, der eine vom Dicäarch hingeworfene Acusserung zu wörtlich deutete. Diese fand aber Cicero nicht

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in einem geographischen Hauptwerke desselben, sondern im Buch über die Höhle des Trophonius, und des Paradoxon wegen (sagt er) istum ego locum totidem verbis a Dicaearcho transtuli; folglich fehlte jener Charte (was auch der Vf. p. 72 im Widerspruch mit p. 69 fühlt) ein entsprechender Text, also das wesentliche Merkmal einer nepíodos yns. Diese wollen wir daher streichen, unbesorgt ob uns ein Sammelplatz für,, die zerstreuten sonst in der Luft hängenden geographischen Notizen sich darbieten werde. Genug Schriften von Dicäarch sind verloren gegangen, ohne dass ihre Titel sich ermitteln liessen; und wenn der bei Suidas genannte, Καταμετρήσεις τῶν ἐν Iehoлovvijo dowv nur einigen Glauben verdient, so müssen mancherlei Abtheilungen sich mit den Angaben über Kugelgestalt der Erde, Höhenmessungen und ähnliche Punkte der mathematischen Geographie beschäftigt haben. Doch führt die vermeinte лegíodos zur beiläufigen Ansicht von der jetzigen Avayo ap ǹ Tis Elúdos, worüber Hr. O. bis p. 106 sein ehemals abgegebenes Urtheil nochmals bekräftigt. Das Resultat dieser umständlichen Analyse oder Duplik, gerichtet gegen A. Buttmann, welcher die gedachte Schrift auch in ihrem heutigen Zustande für echt und ursprünglich erklärt, und eine schon an sich paradoxe Meinung mit den unzulänglichsten Mitteln zu behaupten 'sucht, wiederholt nur auf indirectem Wege den überall feststehenden Satz, dass eine so dürre, farblose, scholastische Skizze mit der wissenschaftlichen Würde des Dicäarch im grellesten Widerspruch erscheint, dass sie zu viel Ungereimtheiten in Form und Anlage, zu grobe Verstösse im Stil, Metrum und in Prosodie häuft, um in solcher Armuth höherem Anspruch zu genügen. Schade dass die Beweisführung, die dem Objekt durch mancherlei Breiten und Beisätze der Polemik verloren geht, nicht genug des positiven liefert, um die muthmassliche Zeit des schülerhaft zusammengestoppelten Kompendiums zu erkennen. Man sollte glauben, sie sey cher früh als spät, wo ganz andere Lehrbücher galten, begonnen worden; begonnen sagen wir wohl am sichersten, denn dass diese jetzt unvollendete Kompilation nichts eingebüsst habe, möchte man nicht blos darum voraussetzen, weil niemand im Alterthum sie kennt oder gebraucht, sondern auch weil ein wirklich gelesenes Werk unmöglich in so formloser Gestalt allen Gesetzen des Rhythmus und Ausdrucks zum Trotz verbleiben konnte, ohne durch Nachbesserung und Interpolation zurecht gerückt zu werden. Jetzt braucht man nur auf die Versuche der Kritiker hinzublicken wie sie durch

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