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2) HALLE, Gebauersche Buchhandlung: Vorakademische Buchdruckergeschichte der Stadt Halle. Eine Festschrift von Gustav Schwetschke. Mit einem Anhange: 1) Ehren-Rettung des sächsischen Merseburg, als des Druckorts,,Marsipolis" und,,Merssborg" von 1473, und mithin als der ältesten norddeutschen Druckstätte., 2) Supplementarisches zu Hain, Ebert, Schaab und Wetter, und zwei Tafeln Abbildungen. VIII u. 126 S. in 4. (2 Rthlr. 16 gGr.)

Der Vf. dieser Schrift hat sich seit mehreren Jahren ernstlich mit bibliographischen Forschungen beschäftigt, deren Ergebnisse zum grössten Theile noch ungedruckt sind, theils im vergangenen Jahre zu einer kleinen Gratulationsschrift de Donati minoris fragmento Halis nuper reperto excursus, über welche Eckstein im Se

nen die nur noch in einem einzigen Exemplare zuDresden vorhandene Ausgabe des niederdeutschen Reineke de Voss von 1517, die niederdeutsche freie Uebertragung von Sebastian Brants Narrenschiff (1519) und der Reineke von 1539.-Dies ist eine gedrängte Uebersicht des in dem Buche vorliegenden reichen Stoffes, an deren Schluss Ref. nicht umhin kann, rühmend die Sorgfalt hervorzuheben, welche der Vf. nicht blos in dem historischen Theile seiner Arbeit, sondern auch in den Beschreibungen der einzelnen Druckwerke und in den Nachweisungen über anderweitige Notizen, namentlich über die Sammlungen, in welchen dieselben sich finden, und in der Genauigkeit, mit welcher der Abdruck zahlreicher Urkunden (es sind 31 am Ende des Buches hinzugefügt) besorgt ist, durchweg gezeigt hat, Eine sehr schätzenswerthe Zugabe zu den historischen Untersuchungen über die Rostockische Typographie liefert der Anhang über das Leben und die amtliche Tha-rapeum Nr. 3, p. 44 berichtet hat, Veranlassung gaben, tigkeit des Nicolaus Baumann in Meklenburg und dessen Antheil an der Herausgabe des niederdeutschen Reineke Voss. Der erste Abschnitt, ganz aus zuverlässigen archivalischen Quellen geschöpft, bietet des Neuen sehr viel da. Bereits 1507 kommt Baumann unter dem Namen,,Nicolaus der Schreiber" als solcher bezog er 30 Gulden festen Gehalt; 1513 erhielt er eine Bestallung auf Lebenszeit, 1515 war er sicher in Rostock ansässig, wo er im Monat April des Jahres 1526 starb. Was nun den Reineke Voss anlangt, so versteht es sich heut zu Tage von selbst, dass nach Jacob Grimms classischen Untersuchungen nicht mehr nach Erfinder und Dichter dieses Werks, sondern nur nach dem Verfasser der niederdeutschen Bearbei

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tung gefragt werden darf. Mehrere Jahrhunderte haben diese Ehre dem Nicolaus Baumann zugesprochen; Peter Lindbergs chronicon Rostochiense p. 173, eine handschriftliche Nachricht des Rostocker Berend Frese und besonders Rollenhagens Vorrede zum Froschmäuseler sind die Zeugen dafür; auch Lisch findet es mehr als wahrscheinlich, dass diese Nachrichten begründet seien. Dem Ref. scheint die Sache noch sehr zweifelhaft und namentlich die Identität des Heinrich von Alcmar und des Baumann auf so schwachen Füssen zu stehen, dass nur dem Patriotismus des Hrn. Vf. ein solches Resultat zu Gute gehalten werden kann. . Der Druck des Werkes ist correct, die hinzugefügten lithographirten Facsimile's von Druckerzeichen und Lettern gut.

theils in vorliegender Festschrift veröffentlicht werden. Obgleich ein grossartigerer Beginn der Halleschen Typographie erst in das letzte Decennium des sechszehnten Jahrhunderts und die eigentliche Blüthe derselben in das vorige Jahrhundert fällt, welches der Vf. von seinem Werke ausgeschlossen hat, so hatte doch Halle auch in der Zeit, welche hier behandelt worden ist (bis zur Begründung der Universität 1694), bedeutende Druckwerkstätten aufzuzeigen und einzelne Erzeugnisse derselben sind wegen ihrer glänzenden Ausstattung und ihrer grossen Seltenheit der genauen Beachtung der Bibliographen vorzüglich würdig. Wie nun überhaupt die Geschichte der Buchdruckerkunst in dem Herzogthum Sachsen (ausser einem gründlichen Beitrage dazu über Erfurt, welchen Dr. Förstemann in den Sächsischen ProHistoriographen gefunden hat, so ist auch die Hallesche vinzialblättern1839, Nr.72 fgg. geliefert hat) noch keinen Buchdruckergeschichte bis jetzt nur oberflächlich behandelt worden und selbst der fleissige Chronist des Saalkreises v. Dreyhaupt hat diesem Gegenstande nicht weitschichtigen Werks auf das glänzendste bewährt. Eidie Sorgfalt gewidmet, die er in andern Theilen seines nige Nachrichten gab Joh. Georg Kirchner in den 1740 erschienenen,,Oeffentlichen Jubelzeugnissen", aus denen das in der ,,so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst" Th. 3, S. 289 fgg. Mitgetheilte entlehnt ist. So war dies Feld eigentlich noch ganz unangebaut. (Die Fortsetzung folgt.)

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(Fortsetzung von Nr. 111.)

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drucken liessen. S. 20 kommt der Vf. zu dem ersten, bestimmten Halleschen Drucke aus dem Jahre 1520 und beschreibt ihn mit der Ausführlichkeit, welche, ganz abgesehen von jener Ehre, das wegen seiner Holzschnitte sehr geschätzte Werk

verdient. Der Titel desselben ist:

Oortzeich

Der Verfasser musste so ein neues Werk liefern, nus (denn so heisst es, nicht blos Vorzeichnus,

und die Hülfsmittel sich selbst zusammentragen. Er hat mit ausserordentlicher Sorgfalt die Handschriften des rathhäuslichen Archivs, namentlich die alte Bürgermatrikel, so wie hiesige und auswärtige Bibliotheken durchsucht, auch den oft vernachlässigten Frankfurter Mess- Verzeichnissen die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt und nach mehrjähriger, gewiss mühevoller Arbeit die umfangreichen Materialien zusammengebracht, die nun wohlgeordnet in 28 Kapiteln vorliegen. Nachdem einiges Allgemeine über die Verbreitung der Buchdruckerkunst besonders in Norddeutschland vorausgeschickt ist, characterisirt der Vf. im zweiten Kapitel die Halleschen Zustände beim Ausgange des 15. Jahrhunderts in wenigen, aber sichern und bezeichnenden Zügen. Einen Halleschen Druck der Sermones fratrum Bohemorum aus dem 15. Jahrh., welcher nach Kirchner auf der hiesigen Marien-Bibliothek sich befinden soll, weist Hr. S. als apokryphisch zurück, wobei ihm um so cher Glauben zu schenken ist, weil er sämmtliche, ziemlich zahlreiche Incunabeln jener Bibliothek untersucht und genau verzeichnet hat. Der sonst Rewiczky'sche, jetzt Spencersche Lucan Halae 1472 in 4. beruht auf einem Betruge (s. Ebert's Lexic. Nr. 12322); ob Leimbachs Practica 1499 zu Halle gedruckt ist, wird als problematisch hingestellt, da das einzige bekannte Exemplar auf der öffentlichen Bibliothek zu Lübek nicht mehr hat aufgefunden werden können. Noch im Anfange des 16. Jahrhunderts scheint keine Druckerei in Halle bestanden zu haben, da die Erzbischöfe Ernst und Albrecht ihre Breviarien zu Leipzig und Nürnberg

wie S. 23 gedruckt steht) vnd zeeigung des hochlobwirdigen heiligthums der Stifftkirchen der heiligen Sanct Moritz vnd Marien Magdalenen zu Walle; es enthält nach Freytag 118 Blätter und findet sich in einem blos des Titelblattes beraubten Exemplare auf der Marienbibliothek. Ein zweites, leider auch unvollständiges Exemplar, das nur 86 Blätter enthält, befindet sich in dem Besitze des Dr. Weber zu Halle, ist aber dem Vf. unbekannt geblieben, was um so mehr zu beklagen ist, weil der darin erhaltene erste Titel namentlich in der ersten Zeile und den Verzierungen der Initialbuchstaben ganz anders aussieht, als des Vfs. Facsimile, das einzig auf einer sonst ganz glücklichen Combination beruht. Bei der Seltenheit des Buches sind neue Abdrücke, einer zu Wittenberg 1617, der andere in Dreyhaupt's Chronik I. S. 833-866 veranstaltet worden, die aber in artistischer Hinsicht dem hoch im Preise stehenden Originale, welches in des Geheimeraths v. Ludewig Auction mit 7 Thalern bezahlt wurde, weit nachstehen. Dass Martin Landsberg der Drucker sey, wie einige mit Bestimmtheit behauptet haben, lässt der Vf. mit Recht dahin gestellt. Eine deutsche Uebersetzung von Melanchthon's loci durch G. Spalatin 1525 ist ausserdem das einzige sichere Product einer Halleschen Presse in den ersten Decennien des 16ten Jahrhunderts; bei zwei andern Schriften von 1528 und 1538 ist es zweifelhaft, da die gleichnamigen Ortschaften zu Irrthūmern und Verwechselungen allzuleicht Veranlassung geben. So sehr auch Kardinal Albrecht bemüht

war, Halle zu einem Sitze der Wissenschaften zu machen und selbst eine Universität, der Wittenberger entgegen, daselbst zu begründen beabsichtigte, so war doch die Neigung der Halleschen Gelehrten zu Luther's Lehre zu stark, als dass des Kardinals antireformatorische Pläne einen glücklichen Erfolg hätten haben können. Erst mit dem Beginn der Halleschen Reformation erscheint der erste namentlich bekannte Buchdrucker Hans Frischmuth, von welchem ein aus dem Jahre 1542 datirtes gerichtliches Document, ein Vertrag mit dem Leipziger Schriftgiesser Thomas Hoen, aus dem Original S. 38 mitgetheilt ist. Er druckte 1543 Joh. Spangenberg's kleinen Catechismus und die Haustafel mit einer Vorrede von Justus Jonas. Welchen bösen Verfolgungen er in Halle wegen seiner Anhänglichkeit an Luther ausgesetzt war, lässt sich aus den vom Vf. übersehenen Briefen Luthers bei de Wette Bd. V. S. 505 und 515 schliessen, auf welche Hr. Dr. Förstemann in einer sehr gründlichen Beurtheilung dieser Schrift in der Preuss. Staatszeitung 1840 Nr. 136 aufmerksam gemacht hat. Die ununterbrochene Reihe Hallescher Typographen beginnt mit Achatius Lieskau, der von 1572-1595 (denn noch in diesem Jahre erschien Achatii Gobelii antidotarii castrensis Part. I.) gedruckt hat. Urban Gaubisch (Gubisius) geb. 1502, der zu Leipzig und namentlich auf dem Graben zu Eisleben eine rühmlichst bekannte Druckerei hatte, scheint eine Filialanstalt in Halle angelegt zu haben, aus welcher Hr. S. drei, Hr. Förstemann vier Drucke anführt. Des Halleschen Rectors Joh. Rivius loci communes philosophici sind Glauchae, suburbio Salinarum Saxonicarum anno 1579 in Folio erschienen, aber weder der Drucker noch die sonstige Thätigkeit einer in jener Vorstadt bestehenden Officin ist näher bekannt. Die Bürger - Matrikel zählt in der folgenden Zeit als Buchdrucker auf: Paul Gräber, Wolfgang Meissner, von dem übrigens noch ein Druck von 1596 existirt, Hans Bockstedt (ob Rockstedt ?) 1598, Erasmus Hynitszch, Bürger seit 1607, Christoph Bissmarck 1611, Peter Schmid (Faber) 1615, der von Magdeburg nach Halle gezogen. zu seyn scheint. Im 19. Kapitel kommt der Verf. zu den durch mehrere Generationen fortgepflanzten Salfeldschen Buchdruckereien, deren Folge Ref. zu leichterer Uebersicht also darstellt: 1) Christoph Salfeld (geb. zu Quedlinburg 1599, gest. 1. Sept. 1670), ward 1632 Bürger. 2) Christ. Salfeld's Wittwe, geb. Radicke, deren Officin 1704 Fr. Andr. Hübner kaufte. 3) David Salfeld (1652–1686), fürstl. Magdeburgischer Hofbuch

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drucker. 4) Dessen Bruder Christoph, Churfürstl. Brandenburgischer Hof- und Magdeburgischer Regierungsbuchdrucker, geb. 1653; die Wittwe seines Sohnes, der gleichen Vornamen mit dem Vater hatte, hinterliess eine Druckerei ihren Erben, welche sie 1757 an Joh. Christoph Mich. Vester verkauften. 5) Joh. Andr. Salfeld geb. 1655, dessen Officin 1707 an Stephan Orban, welcher hauptsächlich für die Cansteinsche Bibelanstalt druckte, gelangte. Das 20. Kapitel behandelt die Oelschlegelsche Druckerei; sie befand sich in einem 1471 gebauten Hause, das in seiner alterthümlichen Gestalt (wie eine, dem Titel vorgestellte, saubere Lithographie zeigt) noch jetzt erhalten und überdies als Luthers Herberge im Jahre 1545 historisch merkwürdig ist. Die folgenden Drucker, Joh. Rappoldt (1650), Christian Vester 1662, Carl Walther 1673, Josua Stegmann werden nur kurz erwähnt, weil der Vf., was bei der Menge gar nicht zu missbilligen ist, die Aufzählung der aus den verschiedenen Pressen hervorgegangen Drucke mit dem Anfange des 17. Jahrhunderts unterlassen hat. Nachdem noch drei fälschlich für Hallenser gehaltene Drucker zurückgewiesen sind, schildert der Vf. in Kap. 26 den artistischen und wissenschaftlichen Standpunkt der Halleschen Typographie; jener ist nicht grade zu rühmen, denn schlechtes Papier, stumpfe Lettern, graue Druckfarbe, übel gewählte Formate finden sich hier wie damals allgemein in Deutschland; sonst aber vereinigte die Stadt, welche bis 1680 Sitz der Landes fürsten, bis 1714 auch der Landesregierung war, eine Menge namhafter Gelehrten, deren Werke die Thätigkeit der Officinen in Anspruch nahm, ehe die Universität sich zu schöner Blüthe entfaltete und fast den ersten Rang unter den Pflanzstätten gründlichen Wissens einnahm. Doch dieser Zeiten Geschichte hat der Vf. ausgeschlossen von seinem Planc. Möchte er in Zukunft auch dieses schwierige Werk unternehmen und die Hoffnungen recht bald erfüllen, die er S. 8 erweckt; damit würde er sich alle Freunde der Bibliographie und Litterargeschichte von Neuem zu lebhaftem Danke verpflichten. Nachdem wir so dem Werke in seinen einzelnen Theilen gefolgt sind und überall die gewissenhafte Sorgfalt erkannt haben, mit welcher Hr. S. auch das Kleinste und scheinbar Geringfügige genauer Untersuchung unterworfen hat, bleiben einige Worte über die Anhänge zu sagen, zu denen wir auch Kap. 27 u. 28, als der eigentlichen Aufgabe fremd, zählen müssen. Denn das erstere weist die in Halle sich fin

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denden Gutenberg's, einen Fust und die Familie

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Schäffer nach, ohne jedoch den Zusammenhang der selben mit der Familie der Erfinder der Buchdruckerkunst bestimmt zu behaupten; andere berühmte Drucker, die aus Halle stammten, werden hinzugefügt. Kap. 28 behandelt die in Halle gefeierten typographischen Secularfeste, eigentlich nur das im J. 1740 unter glänzender Theilnahme der Universität und der gelehrten Schulen begangene, von dessen Sollemnitäten die ,,Jubelzeugnisse" eine weitläufige Beschreibung liefern. Der eigentliche erste Anhang vindicirt der sächsischen Stadt Merseburg die Ehre der ersten norddeutschen Druckstätte mit so überzeugenden Gründen, dass Ebert's Irrthum, den er noch in der Allgem. Encyclopädie Bd. XIV. S. 234 behauptete, keinen ferneren Beifall finden und Marsipolis und Merrsborg von Keinem weiterhin für das Schwäbische Meersburg gehalten werden wird. Schon die Beachtung der süddeutschen Aussprache der Endsylbe burg hätte Ebert von seinem Irrthume abbringen müssen. Der zweite Anhang liefert aus der an 300 Nummern betragenden Anzahl von Incunabeln, welche die hiesige Marienbibliothek besitzt, Nachträge zu Hain und Schaab, namentlich über das 1490 zu Mainz von Peter Schöffer gedruckte Psalterium, von dem der Verf. die obere Hälfte eines Blattes als Buchdecke verbraucht fand. Wie nun das ganze Werk ein erfreuliches Zeugniss ablegt für den regen Eifer, mit welchem der Verf. die Kunst, die er practisch übt (er ist Besitzer der schon seit 100 Jahren blühenden Gebauerschen Buchdruckerei), auch wissenschaftlich durchforscht, und für den Patriotismus, mit welchem er die Interessen seiner Vaterstadt vertritt, so namentlich auch die äussere Ausstattung, die zierlichen Typen, der saubere und correcte Druck, das schöne Papier, der nette Einband, was alles zusammen die Benennung einer Festschrift vollkommen rechtfertigt. Denn der festlichen Zeit des Jubiläums (tempori sacro, offenbar mit Bezug auf Horat. carm. sec. v. 4.) hat die Inschrift des Einbandes das Werk geweihet.

3) STETTIN, b. A. F. Bülow: Die Geschichte der Buchdruckerkunst in Pommern. Von D. Gottlieb Mohnike, Consistorial- u. Schulrathe u. Superintendenten der Kirchen und Schulen in Stralsund u. s. w. VI u. 138 S. in 8. (1 Rthlr.) Nach Pommern ist die Buchdruckerkunst erst im zweiten Jahrhundert nach ihrer Erfindung gekommen und hat lange Zeit hindurch einen rein provinziellen Character gehabt. Dennoch ist ihre Geschichte schon mehrfach bearbeitet und ausser den Jubiläums

schriften aus dem Jahre 1740 haben Oelrichs und Levezow in mehreren Monographien schätzbare Beiträge dazu geliefert. Auf den Wunsch des Verlegers entschloss sich der Vf., welcher schon 1833 eine Geschichte der Buchdruckereien in Stralsund bis zum Jahre 1809 herausgegeben hatte, zur Bearbeitung dieser kurzen Geschichte der Typographie in Pommern, zu der ihn seine Bekanntschaft mit der Litterargeschichte überhaupt und mit der Pommerschen Geschichte insbesondere vor allen andern befähigte. Da jedoch erst seit 1569 die Kunst im Lande geübt wurde, so ist es natürlich, dass es sich hier weniger um Beschreibung bibliographischer Seltenheiten (obgleich dieselben nicht ganz ausgeschlossen und namentlich von wichtigen Drucken, wie Bibeln, Kirchenordnungen u. a. sehr genaue Notizen mitgetheilt sind), als vielmehr um die Geschichte der Meister, welche die Kunst geübt haben und in deren Familien sie meist durch mehrere Geschlechter fortgeerbt ist, und um den Wechsel der Officinen selbst handelt. Insofern besitzen wir hier nun von Pommern eine Schrift, wie von keinem andern Lande, da diese mit treuer Benutzung der gedruckten und sorgfältiger Einsicht zahlreicher handschriftlicher Hülfsmittel die Geschichte von den ersten Anfängen der Buchdruckerkuust bis auf die allerneuesten Zeiten herab verfolgt. Der Vf. geht topographisch zu Werke und behandelt zuerst acht Städte in Vor- und Hinterpommern (S. 14-48) und dann fünf Städte in Neu-Vorpommern (bis S. 86). Die grössere Zahl dersel

ben hat erst im laufenden Jahrhunderte Buchdruckereien erhalten, theils um amtliche Bekanntmachungen der Regierung, theils um Wochenblätter oder Aehnliches von beschränkterem Interesse zu drucken, wie Cöslin 1816, Stolp 1825, Demmin 1832, Anclam und Pasewalk 1833, Putbus 1835, Wolgast 1839. Wichtiger sind Stettin, Greifswald, Barth und Stralsund, wo 1569, 1581, 1582, 1628 die ersten Pressen eingerichtet wurden, denen im siebzehnten Jahrhundert noch Colberg (1658) und Stargard (1671) hinzuzufü– gen sind. Da aber die Thätigkeit derselben in den früheren Zeiten sich hauptsächlich auf das Land selbst beschränkte, da ferner die Aufzählung der Buchdrukkerfamilien, die mit den genausten biographischen Daten ausgestattet ist, uns hier zu weit führen würde, so begnügen wir uns im Allgemeinen auf den im ganzen Buche bewährten Fleiss des Vfs. hinzuweisen und dasselbe als ein Muster von Provinzialgeschichten allen denen zu empfehlen, welche gleiche Arbeiten, an denen es leider noch sehr fehlt, beabsichtigen.

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Auch die äussere Ausstattung des Buches ist gut und namentlich der dem Titel vorgeschickte neue Abdruck des seltenen Blattes: Labyrinthus Gryphologicus in laudem celebratissimae cassiterographorum artis, welches der Stralsunder Drucker Michael Meder aus Ulm 1682 lieferte trotz aller Schwierigkeit des Satzes, welchen die Spielerei machen musste, sehr wohl gelungen.

Ref. verbindet hiermit die Anzeige einer zweiten Schrift des gelehrten Verf's., welche gleichfalls als eine Gabe zur vierten Jubelfcier der Typographie auf dem Titel angekündigt wird:

4) LEIPZIG, b. Cnobloch: Die Brüderschaft des gemeinsamen Lebens. Ein Beitrag zur Geschichte der Kirche, Litteratur, Pädagogik des vierzehnten, funfzehnten und sechszehnten Jahrhunderts von G. H. M. Delprat, Pastor der französischen Gemeine u. Schulephorus zu Rotterdam. Deutsch bearbeitet u. mit Zusätzen u. einem Anhange versehen von Dr. Gottlieb Mohnike, Consistorial u. Schulrathe u. s. w. XV u. 185 S. gr. 8. (1Rthl.) Die öffentliche Wirksamkeit des fratres bonae voluntatis oder vitae communis hat fast zwei Jahrhunderte hindurch gedauert; eine Menge Städte der Niederlande waren der hauptsächlichste Schauplatz ihrer Thätigkeit, die sich allmählich auch nach Münster, Cöln, Wesel, Osnabrück, Herford, Hildesheim, Rostock und nach andern norddeutschen Städten erstreckte. Die Brüderschaft hat die Begründung und Blüthe vieler Schulen befördert und namentlich um das niedere Schulwesen wesentliche Verdienste sich erworben, weil sie für den Unterricht im Lesen und Schreiben keinen Lohn begehrte, jedem ihre Anstalten öffnete und für die nöthigen Hülfsmittel zur Erwerbung von Kenntnissen sorgte. Die vornehmsten Beförderer eines verbesserten Unterrichts im sechszehnten Jahrhundert haben mit den Fraterhäusern in Verbindung gestanden, angesehene Humanisten sind aus ihren Schulen hervorgegangen. Ja auch auf die kirchliche Volksaufklärung haben sie kräftig eingewirkt, weil sie die Landessprache zu Ehren brachten, verlangten, dass auch den Laien die heiligen Schriften in die Hände gegeben würden und überall auf ein durch die That sich bewährendes Christenthum drangen. Des Thomas a Kempis berühmtes Buch de imitatione Christi würde in dieser Beziehung allein der Brüderschaft den Dank

der Nachwelt sichern. Eine vollständige Geschichte dieser Brüderschaft war längst Bedürfniss; manche Gelehrte, wie Mosheim, haben das Vorhaben nicht ausgeführt und es ist in der That mit so eigenthümlichen Schwierigkeiten verknüpft, dass nur ein niederländischer Gelehrter, dem die zahlreichen handschriftlichen Quellen und die in unsern Gegenden seltenern Bücher zur Hand sind, zu einer glücklichen Lösung der ohnehin sein Land vornehmlich berührenden Aufgabe sich berufen fühlen konnte. Die Gesellschaft der Künste und Wissenschaften zu Utrecht (Provinciaal Utrechtsche Genootschap van Kunsten en Wetenschappen) stellte eine Untersuchung über die Wirksamkeit dieser Brüderschaft als Preisaufgabe. Hr. Past. D. unternahm die Beantwortung der Frage und seine Schrift, von der er mit seltener Bescheidenheit redet, wurde als die vorzüglichste von jener Gesellschaft gekrönt und unter dem Titel: Verhandeling over de Broederschap van G. Groote, en over den Invloed der Fraterhuizen op den wetenschappelijken en godsdienstigen Toestand voornamelijk van de Nederlanden, na de XIV. Eeuw zu Utrecht 1830 herausgegeben. Wenige Jahre nachher (1834) erschien Ullmann's ebenso sehr durch Gelehrsamkeit als treffliche Darstellung sich auszeichnende biographische Monographie über Johann Wessel, in welcher die Einrichtung und Tendenz der Brüderschaft in allgemein geistiger und ascetischer Beziehung mit Berücksichtigung jenes Vorgängers Luthers und mit sorgfältiger Benutzung jenes holländischen Werks gleichfalls entwickelt worden ist. Trotz dem darf eine deutsche Uebersetzung der Delpratschen Schrift nicht als ein überflüssiges Werk betrachtet werden, da sie die Geschichte des Ordens überhaupt, die Einrichtungen und Gesetze desselben und endlich den Einfluss der Brüderschaft in einem einfachen Vortrage erzählt und Vieles uns zugänglich macht, was in Holland zerstreut in den Bibliotheken lag; ja die deutsche Bearbeitung ist nur ein Act der Reciprocität, weil die im Uebersetzen deutscher Werke unermüdlichen Holländer auch Ullmanns Werk in ihre Muttersprache übertragen haben. Hr. Mohnike hat sich also ein unbestreitbares Verdienst dadurch erworben, dass er jenes Werk für die deutschen Gelehrten bearbeitet und mit litterarhistorischen Noten und Anhängen bereichert hat, welche von Neuem die oft schon gezeigte gründliche Bekanntschaft des Uebersetzers mit der Litterar- und Kirchenhistorie in glänzender Weise bewähren.

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(Die Fortsetzung folgt.)

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