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Diese seit 1835 dem Baron v. Sina gehörenden Schwefelquellen beschrieb der Vf. schon im J. 1836 in franz. Sprache und wurde die Schrift vom Ref. in diesen Blättern angezeigt. In vorliegender Abhandlung finden wir eine Bearbeitung derselben in deutscher Sprache, die uns die von dem für Ungarns Wohl stets thätigen v. Sina gemachten Verbesserungen (unter ihnen vorzüglich die Erbauung eines neuen, dem zu Ischl ähnlichen Badehauses) und Berichte über die sich jährlich mehrende Frequenz von Badegästen mittheilt. Auch jetzt noch hält der Vf. den innerlichen Gebrauch der Schwefelwasser zur Unterstützung der Badekur für ein schwaches Hülfsmittel, weil das Wasser in kleinen Quantitäten gar keine Wirkung (?), in grossen aber Verdauungsbeschwerden hervorbringe eine Behauptung, die durch die Beobachtungen an anderen Schwefelthermen nicht bestätiget wird. Ref. möchte, besonders bei chron. Hautkrankheiten, den äusserlichen Gebrauch des Schwefels uicht ohne den innerlichen, weil durch diesen erst bleibende Heilung erlangt wird. - Uebrigens verdient der Vf. unseren Dank, dass er wiederholt auf diese wirksamen Schwefelthermen und den wenig kostspieligen und doch so angenehmen Aufenthalt daselbst aufmerksam machte.

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42) BRESLAU, b. Gosohorsky; WARMBRUNN, im Bade Inspections Büreau: Die Thermen zu Warmbrunn im schles. Riesengebirge, beschrieben von Dr. Joh. Wendt, K. Preuss. Geh. Med.Rathe, Prof. d. Med. u. prakt. Arzte in Breslau, Ritter u. s. w. Mit einem Stahlstiche. VIII u. 320 S. gr. 8. (1/2 Rthlr.)

1840.

Die Modesucht, alle Krankheiten mit kaltem Wasser heilen zu wollen, hat von dergleichen Kuranstalten eine solche Menge erzeugt, dass sie wie Pilze der Erde zu entspriessen scheinen und die

denn wer

berühmtesten Thermen verlassen bleiben; wollte Thermen gebrauchen, wenn die Mode Krenen vorschreibt? Diesen Wahn zu bekämpfen, tritt der Vf. in die Schranken und will in vorliegender Schrift die Therme zu Warmbrunn in ihrer Glorie zeigen. Prof. Nees v. Esenbeck bearbeitete die Flora, Prof. Goeppert den geognostischen, Prof. Fischer den chemischen, Prof. Stenzel und Dr. Preiss den geschichtlichen und endlich der Vf. den medizinischpraktischen Theil. Was zu des Vfs. Arbeit die Recensenten sagen werden, ist ihm gleichgültig, da derselbe seit langer Zeit jede Recension einer medizinischen Schrift gewissenhaft vermeidet; dessen ungeachtet glaubt er, der geniale Vf., dass das Recensentenwesen der allerneuesten Zeit, besonders in dem Gebiete der praktischen Medizin zu einem leichtfertigen Gewerbe herabgesunken und so schlecht (,, das Honorar zu erbeuten, sein Müthchen zu kühlen und sich in einigem floskelreichen Unsinne zu ergehen, das ist grösstentheils der Zweck und die Bedeutung desselben") geworden sey, dass jede ernste Benuzzung solcher Erzeugnisse ein sündhafter Zeitverlust sey. (Selig sind, die da nicht sehen und doch glauben!) Rec., der bei andern Anzeigen auch zu dem Vf. der Schrift redete, muss sich also diesmal ganz allein an das Publicum ohne den Schriftsteller wenden. Der Vf. schrieb besonders für Aerzte und gebildete Nichtärzte und leitet sein Werk mit einer Betrachtung über den Gebrauch warmer und kalter Bāder ein, die indessen auf Gründlichkeit keinen Anspruch machen wird. Die Nachtheile der sogenannten Gräfenberger Wasserkur mögen die schles. wohl mehr als andere Aerzte beobachten; so erzählt der Vf., dass danach Schlagflüsse, Seelenstörungen und Herzkrankheiten, bei Gichtischen Cataracten nichts Seltenes seyen. Hinsichtlich der Mineralbrunmen und deren Nachbildung befremdet den Vf., wie der Wahn, man könne die Natur in ihrem geheimsten Walten bei Formation der Quellen ergründen, nur einen Augenblick feste Wurzel fassen könne. (Die Geschichte der artesischen Brunnen scheint vor den Augen des Vf. spurlos vorübergegangen zu seyn.)Es folgt die Geschichte Warmbrunus und seiner Quellen. Interessant ist der Brief Caspar Hoffmanns in Frankfurt a. d. O. an den Leibmed. Dr. Paul Luther in Dresden, der des ersteren Ansichten über diese Quellen im J. 1569 angiebt. Flora (S. 41 - 114); Geognosic (S. 115 — 169); das Chemische in den J. 1836 und 1839 (S. 170 — 181). Die Resultate der letzten Analyse wichen von denen der im J. 1836 angestellten nur unbedeutend ab; der Gesammtrückstand war etwas geringer, der Gehalt an schwefels. Natron etwas grösser. Gyps fand sich nicht, wohl aber Spuren von Eisen. Ueberhaupt glaubt Prof. Fischer, dass in den Mineralquellen zu Zeiten einzelne Stoffe vorkommen können, die später wieder fehlen und deshalb von ihm zufällige genannt werden. (Die Fortsetzung folgt.)

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ALLGEMEINE

MEDICIN.

LITERATUR - ZEITUNG

Junius 1840.

Brunnen- und Badeschriften. 42) BRESLAU, b. Gosohorsky; WARMBRUNN, im Bade- Inspektions- Bureau: Die Thermen zu Warmbrunn im schles. Riesengebirge beschrieben von Dr. Joh. Wendt u. s. w.

Selbst

(Fortsetzung von Nr. 106.)

elbst das Verhältniss der fixen Bestandtheile zum Wasser kann sich in verschiedenen Jahren oder selbst Jahreszeiten ändern und manchmal die Quelle nur eine verdünnte Auflösung der gesammten Bestandtheile darstellen. (Eben hierauf fussen die Anhänger der künstlichen Nachbildung der Mineralwasser, indem sie durch ihr Präparat eine stets gleiche Quantität von Heilstoffen dem Körper zuführen. Ref.) Hr. Ritter Wendt giebt uns nun seine Erfahrungen über die Wirkungen des Schwefels und der schwefelhaltigen Mittel. Der Schwefel soll den Zusammenhang krankhafter Gebilde lösen und auflockern und deshalb seine Anwendung nie mit Krankheiten, denen eine bedeutende Entmischung und Auflösung der Safte zum Grunde liege, sich vertragen; deshalb befinden sich die von Syphilis durch Merkur Geheilten bei zu frühem Gebrauche schwefelhaltiger Thermen schlechter, sie leiden oft an erneuerten bösen Zufällen. (Ref. glaubt, dass diese Verschlimmerung nur davon herrühre, wenn der in solchen Fällen häufig sich bildende Reizzustand, der sich ja selbst bis zum Merkurialfieber steigern kann, nicht genug beachtet und während desselben die Thermalkur eingeleitet wurde. Dieses spricht aber nicht für die sogen. Auflösung der Säfte, sondern im Gegentheil von der noch mehr aufregenden Wirkung des Schwefels, die auch, wie der Vf. später sagt, seinen Gebrauch bei heftiger Aufregung der Gefässthätigkeit und fieberhaften Krankheiten verbietet. Vermehrung der Plastizität des Blutes und Auflösung der Säfte, wie passen diese Wirkungen des Schwefels zusammen? Wie die günstige Wirkung des Schwefels bei chronischen Katarrhen, Lungenschleimflüssen - eines Mittels, das den Zusammenhang krankhafter Gebilde auflockern soll? Ref.) In dem Abschnitte, die An

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und Gegenanzeigen für die W. Thermen enthaltend, erklärt Hr. W., dass da, wo das (?) Vigor vitae nicht überwiegend, sondern geringer ist, die Thermen immer wohlthätig wirken werden und sich deshalb Gichtbrüchige, an Contracturen und an Unvermögen der Glieder (?) Leidende und Ofenhocker aller Art (Ref. gesteht, dass eine 23 jährige Praxis ihn diese Art von Kranken nicht kennen lehrte) in ihrem Elemente befinden". Jeder aus gichtischer Cachexie entstandener, krankhafter Zustand, mit Ausnahme der hitzigen, von Fieber und wirklicher Gelenkentzündung begleiteten Gicht, findet an den Thermalquellen zu Warmbrunn wohlthätige Hülfe. (Auch diese wird nicht durch Auflösung der Säfte erlangt, sondern nur durch Zurückführen des chronischen Zustandes in den acuten, die eigentliche Gichtkrise, indem hierzu der Gesammtorganismus kräftig angeregt wird. Sache des Arztes ist es, zu beurtheilen, ob dieses Anspornen zweckmässig und gefahrlos für den Kranken ist; denn häufig verschwinden die äusseren Erscheinungen, um an anderen, wichtigeren Orten desto kräftiger hervorzutreten. Nicht selten beschliessen Hirn- und Lungenschlag ein solches erzwungenes Heilbestreben der Natur. Ref.) Nur die Skrofelsucht (Hufelands äussere Skrofeln; denn die inneren nennt W. Tuberkelkrankheit) ohne Gefässreizung und Gastrizismus passt für die Thermalkur, bei welcher die Anwendung der süssen Molken empfohlen wird. Unter den langwierigen Hautkrankheiten wird auch des Aussatzes gedacht, gegen welchen schon Pansa (1618) die Thermalkur widerrieth. W. glaubt, dass so wenig jetzt die Syphilis und die durch sie entstandenen Hautausschläge für Warmbrunn passen, dieses auch früher gegen den Aussatz nicht genützt haben könne, weil dieser in Syphilis übergegangen sey (?). Von den übrigen chron. Hautkrankheiten werden die gichtischen, scrofulösen, herpetischen und die von Stokkungen im Unterleibe herrührenden sicher (?) geheilt. Die Krätze sieht der Vf. als eine dyskrasische und contagiöse Krankheit an und glaubt, dass durch das Zurücktreten derselben von der äusseren Haut gefahrvolle Krankheiten entstehen können; dessen

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ungeachtet räth er anstatt der langsamen Kur mit schwefelhaltigen Bädern zur Bewirkung einer rasch erzeugten, oberflächlichen Entzündung und Mortification der Haut. Von den Krätzmilben erzählt er: ,, Der Zufall wollte, dass einige Lazzaroni und ähnliche Müssiggänger sich am heissen Gestade des mittelländischen Meeres sonnten, und aus den Geschwüren ihrer fetten Krätze zur Unterhaltung kleine Milben zogen, welche, später mikroskopisch untersucht, sich als lebendige Wesen eigenthümlicher Art zu erkennen gaben." Von Neuerungssüchtigen sey nun die Krätzmilbe als Ursache der Krätze proklamirt und die Krankheit als örtliche angesehen. (Spricht die vom Vf. angegebene Behandlung nicht für gleiche Ansicht? Gehört die Erzählung zum floskelreichen Unsinne? Ref.) Die Erzeugung der Krätzmilben hält er mit der von Maden in Geschwüren für gleich! Nach kurzer Erwähnung der für Warmbrunn geeigneten chron. Metallvergiftungen spricht der Vf. über die chronischen Krankheiten der Harnwerkzeuge (Blasenhämorrhoiden, Blasenschleimfluss u. s. w.), die Lähmungen (die nach Apoplexie entstandenen, mit Blödsinn oder Epilepsie gepaarten u. s. w. gehören nicht nach Warmbrunn), die Krankheiten der weibl. Zeugungstheile (W. hält, in Widerspruch mit Hausleutner die Badekur in Warmbrunn für gefährlich bei Schwangern, welche früher abortirten. Ref. sprach sich bei einer früheren Gelegenheit für die Zweckmässigkeit derselben in bestimmten Fällen aus.). Der Abschnitt über die zweckmässigste Gebrauchsweise der Thermen enthält Vorschriften für die Kurgäste, welche durch die vom Badearzte dem speciellen Kranken gegebenen überflüssig, selbst schädlich sind; z. B.:,, Wer an Kopfschmerzen, Brustbeklemmung und ähnlichen Zufällen deutlicher Congestion leidet, thut gut, nur kurze Zeit zu baden und sich so allmählig daran zu gewöhnen". Versteht denn der Kranke, ob seine Kopfschmerzen von Congestion oder von Gastrizismus herrühren, ob die Brustbeklemmung nicht Blähungen u. s. w. zur Ursache hat? Muss denn nicht der Badearzt die Dauer des Bades bestimmen? - Der Badefriesel ist nach W. in Warmbrunn nicht kritisch, sondern nur Folge der Hauterregung. Die Diät ist gut angegeben. Wollne Bekleidung der Haut wird nicht blos den Kurgästen, sondern auch jedem, dem Einflusse der Witterung sich aussetzenden Gesunden als Schutzmittel gegen ein Heer von Krankheiten angerathen. Die nicht zu heissen Sommerwonate hält W. für die der Thermalkur gün

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43) BRESLAU, b. Gosohorsky: Beobachtungen über die Heilkraft der Bäder zu Wurmbrunn, gesammelt während der Brunnenzeit des J. 1839 von B. Preiss, Dr. d. Med. u. s. w. 1840. IX u. 185 S. 8. (20 gGr.).

Der Vf., seit 1839 zweiter Badearzt Warmbrunns, beschäftigte sich schon mehr als 10 Jahre mit dessen Thermen und trägt in der vorliegenden Schrift seine Beobachtungen auf das J. 1839 mit über. Er glaubt durch sie zu bestätigen, dass Warmbrunns Thermen, ausser ihren allgemeinen, sanft belebenden, alle Funktionen des organischen Lebens kraftvoller stimmenden Wirkungen, noch in besonders genauer Beziehung stehn zu dem Pfortadersysteme (indem sie das von diesem ausgehende excessive Venenleben regeln und die für die Organe der Chylopoëse nachtheiligen Folgen ausgleichen); 2) zu dem Lymph- und Drüsensysteme (durch Anregung und Bethätigung ihrer Functionen, damit die durch Torpor bedingte Ueberfüllung von zur Assimilation bestimmten und nicht gehörig verarbeiteten Ernährungsstoffe gehoben werde); 3) zu dem Hautsysteme (Ausgleichung der Störungen des polaren Verhältnisses zwischen äusserer und innerer Haut) und 4) zum Nervensysteme (sie setzen die directe krankhafte Steigerung des Lebens in der sensiblen Nervensphäre herab und erheben die nicht zu tief gesunkene Energie in der Irritabilitätssphäre des Nervensystems, besonders aber führen sie die Nerventhätigkeit, wenn sie durch spezifisch materielle Krankheitsstoffe alienirt, gehemmt oder unterdrückt ist und dabei eine gesteigerte Action in der Arterie nicht statt findet, zur Normalthätigkeit). Hämorrhoiden und Gicht gehören zu der ersten Sphäre und der Vf. rühmt, wie sein älterer College Hausleutner, die Thermalkur. Zu 2) rechnet der Vf. vorzüglich die Skrofeln, deren Entstehen er in normwidrig gehindertem Rückbildungsprozesse der Leber in der Uebergangsperiode vom Säuglings- ins Kindesalter sucht und diese Idee weiter ausführt. Die torpide Form wird in Warmbrunn immer geheilt, während die zur Lungentuberkulose sich hinneigende, erethische, der grössten Aufmerksamkeit und Sorgfalt, wie des genauesten Ermessens aller Nebenum

stände bedarf, wenn die Thermalkur angewendet wordenen Kreise des Lebens und Wirkens und überwerden soll. Die Beziehung der Thermen zu dem Hautsysteme bringt jährlich eine grosse Menge Rheumatischer nach Warmbrunn. Dem Rheuma geht das innere Moment der Gicht, das Pfortaderleiden, ab, obschon es später auch entstehen kann und den Rheumatismus in Gicht umwandelt. Auch in Beseitigung der Lähmungen und nicht veralteten Contracturen als Folgekrankheiten des chron. Rheumatismus zeichneten sich die Thermen aus. Der Vf. erörtert dann die verschiednen, in diesen Abschnitt gehörenden Hautkrankheiten, die häufig bei der Thermalkur verschwinden, nicht selten aber auch nach kurzer Frist wieder erscheinen. Den Beschluss dieser interessanten Betrachtungen und Beobachtungen machen die Störungen des Nervenlebens. Ueber die chron. Metallvergiftungen, mit Ausnahme der Hydrargyriasis, hat der Vf. noch zu wenig Erfahrungen. Wir freuen uns vorliegende Schrift den Aerzten empfehlen zu können, obschon wir nicht in allen Punkten mit dem Vf., dessen Ansichten eine längere Erfahrung gewiss läutern wird, einverstanden sind.

Behr,

44) WIESBADEN, in d. Hassloch. Buchh.: Dr. A. II. Peez, über den Werth Wiesbadens und einiger anderer Curorte Deutschlands in Bezug auf Wintercuren und als Winteraufenthalt für Kranke und Schwächliche. 1840. XVIII u. 190 S. 8. (18 gGr.)

Diese Schrift zerfällt in drei Abtheilungen: in der ersten wird die Nothwendigkeit der Winter- Badeund Brunnen - Curen erörtert und Wiesbaden als Winter-Curort empfohlen; in der zweiten empfiehlt Peez Wildbad und Cannstadt zu Wintercuren und zum Winter Aufenthalt für Kranke, und in der dritten verbreitet er sich über climatische Heilmittel überhaupt und theilt uns vergleichende Bemerkungen über das südliche Frankreich und Italien, sowie über Wiesbaden in jener Beziehung mit.

Nachdem der Vf. zunächst die Fortschritte der Medicin in den letzten Decennien gewürdigt und auf die Uebereinstimmung der Aerzte Europa's bei Behandlung acuter Krankheiten aufmerksam gemacht hat, zeigt er uns welche bedeutende Differenz dagegen bei der Therapie chronischer Krankheiten statt findet. Hat z. B. der englische Arzt die Hoffnung aufgegeben seinen Kranken durch Arzucien herzustellen, so schickt er ihn in einen mildern Himmelsstrich, entreisst ihn dadurch einem ihm feindlich ge

Er

gibt ihn der allmälig umgestaltenden Kraft grosser Naturpotenzen: Erkennt der deutsche Arzt das Princip jener mächtig erweckbaren autokratischen Naturhülfe durch Reisen, Klima u. s. w. auch an, so setzt ihn das Studium der Heilquellen seines Vaterlands dagegen in den Stand jenes autokratische Heilverfahren mit arzneilicher Behandlung durch Trinken oder Baden zu verbinden und gewiss erreicht er schneller, sicherer und gründlicher sein Ziel. Leider aber beschränkt er die Zeit der Cur nur auf die Sommermonate und verliert dadurch im Winter die errungenen Vortheile bei Behandlung chronischer Uebel. fürchtet sich der Jahreszeit halber die Keime grosser Uebel durch sofortigen Gebrauch der IIeilquelle zu unterdrücken und versäumt dadurch den einzig glücklichen Zeitpunkt zu dauerhafter Heilung; er sieht sich genöthigt Curen, die im Winter in wenigen Wochen beendigt seyn würden, wegen der Fortschritte des Uebels im nächsten Sommer auf einige Monate zu verlängern und raubt dadurch den Kranken Geld und Zeit. Es gibt Leiden, deren Heilbarkeit an einen bestimmten, oft sehr beschränkten Zeitraum gebundeu ist, jenseit welchem kein Heil mehr liegt und es darf nicht jede Beziehung des Krankheitsproducts zur primitiven Krankheit erloschen seyn, der Körper muss das pathologische Product noch als einen ihm fremden Zustand betrachten, muss dagegen noch von innen heraus reagiren, wenn solche Kranke an Thermen noch heilbar seyn sollen. Die Anwendung der Therme hänge deshalb nie von den Stadien der Jahreszeit, sie hänge stets von den Stadien der Krankheit ab! Besteht jene Reaction des Körpers bei Lähmung oder Verkrümmung eines Glieds z. B. nicht mehr, so sucht der Kranke vergeblich an Thermen Heilung, wenn nicht aus neuen krankmachenden Einflüssen dieselbe primitive Krankheit aufs neue entsteht, deren Product jene unheilbaren Leiden sind. In diese Kategorie fallen nach dem Vf. vorzüglich die Gelenkverkrümmungen nach acutem Rheumatismus oder acuter Gicht. Der Winter war es hier, der die Periode des Uebergangs zur Unheilbarkeit bildete und ungenützt verstrich.

Dass Wintercuren in Wiesbaden schon von frühster Zeit bis auf unsere Tage mit grossem Erfolge gebraucht wurden, beweist uns der Vf. theils durch Citate, theils durch eigene langjährige Erfahrung. Er sah unter den Krankheitsformen, die im Winter in seine Behandlung kamen, keine qualitative, wohl aber eine quantitative Differenz. Weder in den Er

scheinungen, welche Sommer- und Winter-Curen darboten, noch in den Resultaten derselben bemerkte er einen Unterschied. Dieselben Evolutionsacte fanden im Winter, wie im Sommer statt, nur zeigten sich im Sommer mehr Hautkrisen, während im Winter sich die Ausscheidungen mehr dem Urin - Apparate zuwendeten. Die Reise im Winter hält der Vf. scinen Erfahrungen nach nur dann für gefährlich, wenn der Kranke Entzündungsdisposition edler Organe in sich trägt. Die Vorsichtsmaassregeln, die der Vf. im Winter Reisenden gibt, sind die bekannten. Die Einrichtung für Winterbäder sind in Wiesbaden so getroffen, dass jede nachtheilige Einwirkung von den Badenden abgehalten wird, die Badecabinette sind an den Wohnzimmern und heizbar, die Vorplätze, Gänge und Treppen der Häuser, die zu Winter - Badeanstalten eingerichtet sind, so verschlossen, dass nicht die geringste Zugluft statt finden kann.

Der Brunnen wird im Winter im Zimmer getrunken, wenn Kranke sehr schwächlich sind; Mittags 11 Uhr an der Quelle von Kräftigern und zwar beinah in seiner vollen Wärme. Die Bäder lässt Peez früh zwischen 11 und 12 Uhr oder in Fällen, die grosse Vorsicht gebieten, Abends 45 Stunden nach dem 5 Stunden nach dem Mittagsessen nehmen; im letztern Falle dürfen die Kranken entweder das Zimmer gar nicht verlassen, oder sie müssen selbst zu Bette gehen. Die Temperatur der Bäder ist dieselbe wie im Sommer. DoucheBäder erfordern im Winter die meiste Vorsicht gegen Erkältungen, Dampfbäder werden am zweckmässigsten gegen Abend angewendet. Zwei Stunden nach gewöhnlichen Bädern kann der Kranke ohne Bedenken wieder ausgehen. Zu Spatziergängen eignen sich die Umgebungen der Quellen und des Curplatzes, an welchem die nach Süden gelegene Colonnade zu einem Wintergarten eingerichtet wird.

Nächst Wiesbaden empfiehlt der geehrte Vf. vorzugsweise Cannstadt und Wildbad zu Wintercuren wegen ihrer Lage und trefflichen Einrichtung; sie sind der Gegenstand der im zweiten Abschnitt mitgetheilten Abhandlung.

Im dritten Abschnitt spricht der Vf. über climatische Heilmittel überhaupt und die Krankheiten durch welche sie indicirt werden; dann theilt er uns seine aus reicher Erfahrung geschöpften Bemerkungen über das südliche Frankreich und Italien, so wie über Wiesbaden in obiger Beziehung mit.

Er nimmt zwei Arten von Kranken an, die, Resignation auf Heilung in den Wegen der Arzneikunde mit sich tragend, in mildern Himmelsstrichen Heilung ihres zerfallenden Organismus zu suchen genöthigt sind. Die erste Reihe bilden jene, deren Grundleiden durch keinen pathologischen Zustand eines lebenswichtigen einzelnen Organs gebildet wird, sondern sich mehr durch ein allgemeines Siechthum characterisirt. Sie trägt das Gepräge allgemein erhöhter Reizbarkeit des Gesammtorganismus und eines mehr oder weniger ausgebildeten Erschöpfungszustandes, dessen Wurzeln in der Lebensweise, in dem Berufe, in psychischen Einflüssen, in vorhergegangenen schwe

ren Krankheiten und grossem Blutverluste u. s. f. zu suchen sind. In diese Rubrik fallen auch topische Entzündungen, Entzündungen, die sich im Spätsommer zu dieser excedirenden Reizbarkeit gesellten und eine durch climatische Einflüsse bedrohte Reconvalescenz vcranlassen könnten; ferner Hysterie oder die sog. nervöse Hypochondrie, die soweit entwickelt sind, dass der Wille die Anfälle von Krampf und trüber Gemüthsstimmung nicht mehr zu beherrschen vermag, ja selbst manche Entwickelungskrankheiten, in welchen die Ausbildung des Körpers ungleich vor sich geht.

Gesellt sich zu den ebengenannten allgemeinen Zuständen und Krankheits- Anlagen noch ein wirklich topisches Leiden oder eine specifische Kachexie z. B. Syphilis, so bilden diese Kranken die zweite Reihe jener, für deren physisches Bestehn und Wiedergenesung ein milderes Winter - Klima durch Umstimmung der constitutionell gewordenen Anlage nöthig ist und unter diesen stehen Brustkranke oben an. Neben der Entfernung aus dem Bereiche des positiv Schädlichen fordern diese Kranke zugleich Elemente und Einflüsse, welche ihnen realen Nutzen bringen und sich als Heilmittel gegen ihre Leiden verhalten, kurz ein Heilmittel, welches wir ein klimatisches nennen wollen.

Das allen oben genannten Kranken zusagende Klima muss sich durch einen etwas tiefen mittlern Barometerstand, mit welchem ein zugleich stets mässig tiefer Hygrometerstand verbunden zu seyn pflegt, auszeichnen. Das hieraus resultirende Luftverhältniss wird sich demnach durch ein wohlthät ges mittleres Feuchtigkeitsverhältniss characterisiren. Grosse Verschiedenheit des Barometerstandes sind bei solchen Ortslagen eine grosse Seltenheit. Je höher der Thermometerstand an einem solchen Orte ist, desto mehr entspricht er seiner Bestimmung, besonders dann, wenn der tiefere Thermometerstand, wo er eintritt nicht durch kalte Nord-, Nord-Ost- oder Nord-West- Winde hervorgerufen wird. Es muss also ein solcher Ort gegen diese Winde durch mässig hohe Berge, die ihn wallartig umlagern abgeschlossen, dagegen den wärmern Winden des Stoffwechsels wegen zugänglich seyn. Ein Thermometerstand von 4-10 Gr. R. unter 0 erweist sich nie nachtheilig, wenn er nicht plötzlich und am Tage unter dem Zuströmen kalter Winde eintritt, denn das Thermometer steigt am Tage dann stets wieder bis zu 1, 2 und mehrere Grad Wärme und der Kranke kann dann die freie Luft geniessen. Die Stadt, die zum Winter-Aufenthalt gewählt wird, muss frei von Endemien seyn, ihre Strassen müssen möglichsten Schutz gegen kalte Winde gewähren ohne der Sonne den Zutritt zu versagen, die Wohnungen müssen geräumig, bequem und leicht zu heitzen seyn, die Spatziergänge müssen leicht abtrocknen und dürfen nicht von kalten Winden bestrichen werden. Nicht blos der Körper, sondern auch Geist und Gemüth müssen je nach den Bildungsstufen und Gewohnheiten der Individualitäten ihre Befriedigung finden.

(Der Beschluss folgt.)

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